hu wissen (pdf) - Exzellenzinitiative - Humboldt-Universität zu Berlin
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Was halten Sie von einer Frauenquote?<br />
Nickel: Quote hil� , das ist meine Meinung! Aber nur, wenn sich<br />
auch die Rahmenbedingungen ändern. Frauen machen nicht<br />
Karriere um jeden Preis.<br />
Allmendinger: Ich bin davon überzeugt, dass ich in meinem Leben<br />
– ohne es <strong>zu</strong> <strong>wissen</strong> – sehr häufi g eine Quotenfrau war. Ich<br />
bin aber auch überzeugt davon, dass ich einen Unterschied machen<br />
kann. Wenn quotierte Frauen das Gefühl haben, etwas für<br />
andere Frauen bewegen <strong>zu</strong> können, halte ich eine Quote für<br />
sehr sinnvoll. Natürlich sind die ersten Sit<strong>zu</strong>ngen in männlich<br />
dominierten Gremien grässlich. Alle kennen sich, keiner unterhält<br />
sich mit einem. Da muss man durch, und Frauen dürfen<br />
sich dafür auch nicht <strong>zu</strong> schade sein. Quotenfrauen können die<br />
Rahmenbedingungen ändern und rekrutieren selbst mehr<br />
Frauen. Man muss handeln, appellieren hil� da nicht.<br />
Schon rufen Kritiker nach einer Männerquote, da junge Akademiker<br />
im Wettbewerb gegen quotierte Wissenscha� lerinnen<br />
immer das Nachsehen hätten.<br />
Nickel: Das ist eine Überzeichnung, die jede empirische Studie<br />
widerlegen könnte.<br />
Allmendinger: Es wird einfach mal Zeit, dass Männer sehen,<br />
dass sie mit Frauen konkurrieren müssen und ihr Ticket nicht<br />
von vornherein bekommen. Wenn alleine schon der Wettbewerb<br />
als Anmaßung verstanden wird, dann ist das nichts anderes<br />
als männliche Larmoyanz.<br />
»Frauen können sich weniger<br />
auf ihre Netzwerke verlassen,<br />
da <strong>zu</strong> wenige Frauen in Spitzenpositionen<br />
sind«<br />
»Women can’t rely so much on<br />
their networks because there aren’t<br />
enough women in top positions«<br />
Stichwort demografi scher Wandel. Wird sich das Problem in einigen<br />
Jahren nicht von selbst lösen, da jede Arbeitskra� gebraucht<br />
wird?<br />
Allmendinger: Ich habe 1988 Großorchester untersucht. In der<br />
DDR wurden beispielsweise viel mehr Orchester gegründet als<br />
es Musiker gab. Da sollte man denken, dass Musikerinnen engagiert<br />
werden, wenn ein Mangel herrscht. Weit gefehlt. Es wurden<br />
Musiker aus anderen sozialistischen Ländern geliehen. Erst<br />
nachdem der männliche ausländische Arbeitsmarkt abgegrast<br />
war, wurden Frauen gefragt. Dieses Szenario kann wieder eintreten.<br />
Frauen in Führungspositionen sind keine Selbstläufer,<br />
ebenso wenig wie Männer in typischen Frauenberufen. Dabei<br />
würde ein ausgeglichenes Verhältnis der Geschlechter auch den<br />
Gehaltsstrukturen gut tun.<br />
Nickel: Frauen wollen doch keine besseren Männer werden. Sie<br />
wollen keine 16-Stunden-Schichten. Sie wollen Karriere, Familie,<br />
Freunde, Freizeit…<br />
Allmendinger: … das ist übrigens der einzige Weg, der uns auch<br />
<strong>zu</strong> einer längeren Lebenserwerbstätigkeit führt. Frauen sind<br />
Vorreiter für lebbarere Arbeitsverhältnisse.<br />
GENDER / GENDER<br />
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