Thermenland Magazin Ausgabe 58

RAT & TAT
KREISVERKEHR
Wer schon einmal in unserem schönen Pocking
war, dem dürfte diese elegante Form der Verkehrsregelung
nicht fremd sein. Nie zuvor sah
ich in so viele gestreckte Mittelfinger und grantige
Gesichter. Bei manchen Verkehrsteilnehmern
könnte man meinen, sie warten förmlich
auf den Moment menschlicher Entladungen,
souverän stehend, innehaltend, bis auf beiden
Seiten frei wird!
Den Linksabbiegern möchte ich hiermit einmalig
meine Hochachtung aussprechen, es gehört
schon einiges dazu, diese Form der Abkürzung
zu nehmen.
Nicht zu vergessen jene Fahrzeuglenker, deren
Gesichter hinter Rauchwolken verschwinden,
die nur auf Verdacht die nächste Kurve nehmen.
Und natürlich die unzähligen, wiederkäuenden
Fastfood-Vernichter. Das Lenkrad in der rechten,
Pommes und Burger in der Linken, das Ketchup
im Gesicht …eine logistische Meisterleistung!
Grundsätzlich ist das Prinzip des Kreisverkehrs
ja eines der stimmigsten Konzepte, um den Verkehr
zu regeln. Einfädeln, im Fluss des Ganzen,
aufeinander Rücksicht nehmen, in Bewegung
bleiben.
Ich komme allerdings aus einer Generation, die
mit klaren Ansagen aufwuchs.
Mit Ampeln, Kopfnüssen und
verbindlichen Vereinbarungen.
Man könnte Gewalt dahinter vermuten. Dabei
kamen die meisten von uns doch relativ unbeschadet
durch diese Zeit. Doch die Zeiten
haben sich nun mal geändert!
Dennoch kann man immer wieder beobachten,
wie schwer sich so manch einer mit Regeländerungen
tut. Mehr denn je ist Anpassungsfähigkeit,
Wendigkeit und Rücksichtnahme gefragt.
Das bereitet offensichtlich Probleme, die sich
spätestens im Berufs- und Wochenend-Verkehr,
teils aggressiv, entladen.
Daher sind unsere verbalen Auswürfe im Sog
alltäglicher Verkehrswege vielleicht sogar therapeutisch
wertvoll und überlebensnotwendig,
um unkontrollierte Gefühlsausbrüche an der
falschen Stelle zu vermeiden und um der
anwachsenden Lebens-Geschwindigkeit und
den sich stetig anhäufenden, strategiebefreiten
Mit-Erdlingen auf eine Art zu trotzen…
Wie das Wetter, so schafft auch der Verkehr auf
die simpelste Art eine Grundlage, um mit wildfremden
Menschen ins Gespräch zu kommen.
Dabei steht das Verkehrschaos oft nur als
momentaner Platzhalter für politisches Geschwafel
und persönliche Elendsbekundungen.
Zumal ein hohes Verkehrsaufkommen auch
durchaus positiv zu werten ist. Es zeugt von
einer gesunden Frequenz.
Fahrer sind nicht nur Menschen,
sie sind auch potentielle Kunden!
Durch genaue Bedarfs-Analysen und kluge
Geschäfts-Strategien sorgen mutige Unternehmer
für ein gesundes Wirtschaftswachstum in
Pocking. Das ist zuletzt mit der Outlet-Einkaufspassage
im Fachmarktzentrum schon sehr gut
gelungen. Ein interessantes Sortiment erhöht
natürlich auch das Verkehrsaufkommen.
Sollte es nun doch, widererwarten, relativ zügig
zu einer Westumfahrung und einer zusätzlichen
Südeinfahrt nach Pocking City kommen, werden
wir kurzzeitig ganz schön blöd aus der Wäsche
schauen. Wir werden uns wohl, während wir die
freie Fahrt durch die Stadt genießen, einen
neuen Bösewicht suchen müssen, der herhält
für unser emotionales Staumaterial.
Da ist es doch gut zu wissen, dass auch unsere
Westumfahrung mit einem Kreisverkehr geregelt
werden soll.
So können wir uns auch weiterhin, leicht angesäuert
im Kreis drehen, aber mit dem Bewusstsein,
dass alles im Leben einen Sinn hat. Zumindest
um als tauglicher Gesprächsstoff beim
nächsten Arztbesuch, während der Wartezeit
beim hiesigen Bäcker oder nur zum kleinen
small talk an der Tanke beim Huber Gustl herzuhalten.
Insgesamt sehe ich nun doch recht friedlich
auf unser überschaubares Pockinger Verkehrs-
Chaos und die vielen, teils spuckenden und
schimpfenden Fahrer. Es gibt doch wirklich
Schlimmeres …
und bedenken Sie:
Sollten Sie einmal
eine Kreisausfahrt
verpassen, drehen
Sie einfach noch
eine Runde!
In diesem Sinne,
allzeit gute Fahrt!
Ihre Sabine Beham
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