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Die gezeigten Funde stammen vom<br />

Bullenheimer Berg, haben jedoch nichts mit<br />

den gegenwärtigen Grabungen zu tun.<br />

Sie werden im Mainfränkischen Museum<br />

in Würzburg aufbewahrt<br />

auf dem<br />

Bullenheimer Berg<br />

Wie Vorgeschichtler in der Erde lesen<br />

Text: Judith Marschall, Fotos: Hanns Peter Bacherle (Reportage), Josef Röll, Mainfrämkisches Museum (Funde),<br />

Jürgen Langhammer (Luftaufnahmen), wikipedia (Goldhut)<br />

Die Iphöfer Ausstellung brachte<br />

erstmals alle Funde aus dem Mainfränkischen<br />

Museum Würzburg,<br />

dem Germanischen Nationalmuseum<br />

Nürnberg und der Archäologischen<br />

Staatssammlung München<br />

zusammen. Dazu gehören Schmuck<br />

(Arm- und Beinringe), Achskappen,<br />

die von Nägeln in Form von<br />

Wasservögeln gehalten wurden, mit<br />

Schlagstempeln (so genannten Punzen)<br />

verzierte Goldblechfragmente<br />

(Teile eines Goldhutes?) – freilich<br />

auch Alltagsgegenstände wie Nadeln,<br />

Pfeilspitzen, Beile oder Sicheln<br />

und ebenso etliche leicht gewölbte<br />

Zierscheiben für das Pferdegeschirr<br />

oder als Teile der Schutzbewaffnung.<br />

Die Anfänge der vorgeschichtlichen<br />

Forschung am Bullenheimer<br />

Berg gehen auf das Jahr 1973<br />

zurück. Damals wurde entdeckt,<br />

dass das rund 32 Hektar große<br />

Hochplateau vollständig von einer<br />

Wallanlage umgeben ist. Archäologen<br />

gehen davon aus, dass die<br />

befestigte Höhensiedlung oberhalb<br />

von Bullenheim ihre Blüte in der<br />

Endphase der Urnenfelderzeit (zirka<br />

880 bis 800 v. Chr.) erlebte. Dieser<br />

Begriff ist aus der Bestattungskultur<br />

abgeleitet, wobei nach der<br />

Verbrennung die Asche der Toten<br />

in Keramikgefäßen auf mehr oder<br />

weniger ausgedehnten Friedhöfen<br />

beigesetzt wurde.<br />

Stammt der Berliner Goldhut<br />

vom Bullenheimer Berg?<br />

Leider wurde rund 2850 Jahre<br />

später nicht nur die Wissenschaft<br />

auf die zur Gemeinde Ippesheim<br />

gehörende ehemalige Höhensiedlung<br />

aufmerksam. Auch Privatleute<br />

pflegten hier ein seltsames Hobby:<br />

In den USA war in den 60er Jahren<br />

die Schatzsuche mit Minensuchgeräten<br />

in Mode gekommen. In<br />

Würzburg oder Kitzingen stationierte<br />

Soldaten hatten solche<br />

Geräte mit nach Deutschland<br />

gebracht und durchforsteten mit<br />

ihren Metalldetektoren das Gelände.<br />

Dadurch beschädigten sie das<br />

Bodendenkmal. Zugleich entstand<br />

ein Schwarzmarkt für Funde aus der<br />

Bronzezeit.<br />

Für Spaziergänger ist der<br />

Tafelberg oberhalb von Ippesheim,<br />

der Bullenheimer Berg, einfach ein<br />

Stück Wald, an dessen Rand sich<br />

ein toller Weitblick auf fruchtbare<br />

Ebenen und die Windräder an<br />

den Ausläufern des Steigerwalds<br />

auftut. Der Weinparadiesweg oder<br />

der Keltenerlebnisweg führen hier<br />

vorbei, ein Abstecher zur Ruine<br />

der Kunigundenkapelle oder zum<br />

vom Steigerwaldclub errichteten<br />

Aussichtsturm ist möglich. Viele<br />

Ausflügler nutzen die Weinparadiesscheune<br />

zur Einkehr.<br />

Für Archäologen ist das Bergplateau,<br />

das von Seinsheim aus über den<br />

Kapellenberg zu erreichen ist, ein<br />

Eldorado, gerade, was die Kultur der<br />

späten Bronze- oder Urnenfelderzeit<br />

(1300 – 800 v. Chr.) anbelangt. Die<br />

Münchener Archäologin Monika<br />

Hagl spricht sogar davon, dass die<br />

Bronzedepotfunde vom Bullenheimer<br />

Berg „aufgrund ihrer Quantität<br />

und Qualität die übrigen Hortfunde<br />

Süddeutschlands bei weitem überragen“.<br />

Weitreichende Handelsbeziehungen<br />

Eine Ausstellung, die im Iphöfer<br />

Knauf-Museum 2012 zu bewundern<br />

war, trug den Titel „Mythos<br />

Bullenheimer Berg“. Denn die<br />

Burganlage muss in der Endphase<br />

der Bronzezeit überregional bedeutsam<br />

gewesen sein, schreibt Museumsleiter<br />

Markus Mergenthaler im<br />

Begleitband zur Ausstellung. Die<br />

stadtartige, von einer Mauer umgebene<br />

Befestigungsanlage „erforderte<br />

eine gut organisierte Herrschaft mit<br />

weitreichenden Beziehungen.“ In<br />

der Höhensiedlung sei goldglänzende<br />

Bronze in größerem Umfang<br />

verarbeitet worden, obwohl es dafür<br />

in der Region kein Rohmaterial<br />

gab. Dieses, so Mergenthaler, sei<br />

vermutlich über den Main „von weit<br />

her herangeschafft worden“. Die<br />

Erzeugnisse dieser Produktion seien<br />

daher sehr wertvoll gewesen.<br />

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