einSteiger 2015
Regionaljournal einSteiger
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Die gezeigten Funde stammen vom<br />
Bullenheimer Berg, haben jedoch nichts mit<br />
den gegenwärtigen Grabungen zu tun.<br />
Sie werden im Mainfränkischen Museum<br />
in Würzburg aufbewahrt<br />
auf dem<br />
Bullenheimer Berg<br />
Wie Vorgeschichtler in der Erde lesen<br />
Text: Judith Marschall, Fotos: Hanns Peter Bacherle (Reportage), Josef Röll, Mainfrämkisches Museum (Funde),<br />
Jürgen Langhammer (Luftaufnahmen), wikipedia (Goldhut)<br />
Die Iphöfer Ausstellung brachte<br />
erstmals alle Funde aus dem Mainfränkischen<br />
Museum Würzburg,<br />
dem Germanischen Nationalmuseum<br />
Nürnberg und der Archäologischen<br />
Staatssammlung München<br />
zusammen. Dazu gehören Schmuck<br />
(Arm- und Beinringe), Achskappen,<br />
die von Nägeln in Form von<br />
Wasservögeln gehalten wurden, mit<br />
Schlagstempeln (so genannten Punzen)<br />
verzierte Goldblechfragmente<br />
(Teile eines Goldhutes?) – freilich<br />
auch Alltagsgegenstände wie Nadeln,<br />
Pfeilspitzen, Beile oder Sicheln<br />
und ebenso etliche leicht gewölbte<br />
Zierscheiben für das Pferdegeschirr<br />
oder als Teile der Schutzbewaffnung.<br />
Die Anfänge der vorgeschichtlichen<br />
Forschung am Bullenheimer<br />
Berg gehen auf das Jahr 1973<br />
zurück. Damals wurde entdeckt,<br />
dass das rund 32 Hektar große<br />
Hochplateau vollständig von einer<br />
Wallanlage umgeben ist. Archäologen<br />
gehen davon aus, dass die<br />
befestigte Höhensiedlung oberhalb<br />
von Bullenheim ihre Blüte in der<br />
Endphase der Urnenfelderzeit (zirka<br />
880 bis 800 v. Chr.) erlebte. Dieser<br />
Begriff ist aus der Bestattungskultur<br />
abgeleitet, wobei nach der<br />
Verbrennung die Asche der Toten<br />
in Keramikgefäßen auf mehr oder<br />
weniger ausgedehnten Friedhöfen<br />
beigesetzt wurde.<br />
Stammt der Berliner Goldhut<br />
vom Bullenheimer Berg?<br />
Leider wurde rund 2850 Jahre<br />
später nicht nur die Wissenschaft<br />
auf die zur Gemeinde Ippesheim<br />
gehörende ehemalige Höhensiedlung<br />
aufmerksam. Auch Privatleute<br />
pflegten hier ein seltsames Hobby:<br />
In den USA war in den 60er Jahren<br />
die Schatzsuche mit Minensuchgeräten<br />
in Mode gekommen. In<br />
Würzburg oder Kitzingen stationierte<br />
Soldaten hatten solche<br />
Geräte mit nach Deutschland<br />
gebracht und durchforsteten mit<br />
ihren Metalldetektoren das Gelände.<br />
Dadurch beschädigten sie das<br />
Bodendenkmal. Zugleich entstand<br />
ein Schwarzmarkt für Funde aus der<br />
Bronzezeit.<br />
Für Spaziergänger ist der<br />
Tafelberg oberhalb von Ippesheim,<br />
der Bullenheimer Berg, einfach ein<br />
Stück Wald, an dessen Rand sich<br />
ein toller Weitblick auf fruchtbare<br />
Ebenen und die Windräder an<br />
den Ausläufern des Steigerwalds<br />
auftut. Der Weinparadiesweg oder<br />
der Keltenerlebnisweg führen hier<br />
vorbei, ein Abstecher zur Ruine<br />
der Kunigundenkapelle oder zum<br />
vom Steigerwaldclub errichteten<br />
Aussichtsturm ist möglich. Viele<br />
Ausflügler nutzen die Weinparadiesscheune<br />
zur Einkehr.<br />
Für Archäologen ist das Bergplateau,<br />
das von Seinsheim aus über den<br />
Kapellenberg zu erreichen ist, ein<br />
Eldorado, gerade, was die Kultur der<br />
späten Bronze- oder Urnenfelderzeit<br />
(1300 – 800 v. Chr.) anbelangt. Die<br />
Münchener Archäologin Monika<br />
Hagl spricht sogar davon, dass die<br />
Bronzedepotfunde vom Bullenheimer<br />
Berg „aufgrund ihrer Quantität<br />
und Qualität die übrigen Hortfunde<br />
Süddeutschlands bei weitem überragen“.<br />
Weitreichende Handelsbeziehungen<br />
Eine Ausstellung, die im Iphöfer<br />
Knauf-Museum 2012 zu bewundern<br />
war, trug den Titel „Mythos<br />
Bullenheimer Berg“. Denn die<br />
Burganlage muss in der Endphase<br />
der Bronzezeit überregional bedeutsam<br />
gewesen sein, schreibt Museumsleiter<br />
Markus Mergenthaler im<br />
Begleitband zur Ausstellung. Die<br />
stadtartige, von einer Mauer umgebene<br />
Befestigungsanlage „erforderte<br />
eine gut organisierte Herrschaft mit<br />
weitreichenden Beziehungen.“ In<br />
der Höhensiedlung sei goldglänzende<br />
Bronze in größerem Umfang<br />
verarbeitet worden, obwohl es dafür<br />
in der Region kein Rohmaterial<br />
gab. Dieses, so Mergenthaler, sei<br />
vermutlich über den Main „von weit<br />
her herangeschafft worden“. Die<br />
Erzeugnisse dieser Produktion seien<br />
daher sehr wertvoll gewesen.<br />
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