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Das Artland-Magazin.<br />
Abriss Schade & Co im Sommer 2000 Foto: Archiv Mitschke Der alte Wasserturm der Bundesbahn Foto: Stadtmuseum Abriss der Gaststätte Tepe<br />
dachte. Aber das kennt man ja, man<br />
nennt es den Vorführeffekt. Etwas später<br />
hatte Hubert sich wieder beruhigt und<br />
der Turm hatte am Ende doch verloren.<br />
Bei seinen Abbrucharbeiten ist so manches<br />
Mal etwas danebengegangen. Da<br />
ist er zum Beispiel, als er eine Ruine des<br />
Zweiten Weltkrieges am Zoppoter Weg<br />
abreißen sollte, mitsamt seinem Bagger<br />
durch die Kellerdecke gerutscht, aber er<br />
hatte auch da Glück, sagte er. „Ist nicht<br />
viel kaputt gegangen.“<br />
Dann fiel mir noch ein Zitat von ihm<br />
ein und ich fragte: Hubert, was hat es<br />
eigentlich mit dem Spruch auf sich „Ich<br />
mache in drei Wochen aus Quakenbrücks<br />
Altstadt einen großen Parkplatz.“?<br />
Er kicherte und meinte: „Dieser blöde<br />
Spruch verfolgt mich, seitdem ich ihn<br />
gesagt hatte. Ich saß in der Kneipe und<br />
trank mein Bier, als sich am Tisch so ein<br />
paar Sesselfurzer einer Partei mit dem<br />
großen C über die Belebung der Innenstadt<br />
unterhielten. Dabei sagten sie<br />
immer wieder: „Es fehlt in der Altstadt<br />
an Parkplätzen.“ Dann bin ich aufgestanden,<br />
bin zu ihnen gegangen, habe mein<br />
leeres Bierglas auf den Tisch gestellt und<br />
gesagt: „Gebt mir drei Wochen und ich<br />
mache euch aus der Altstadt einen große<br />
Parkplatz.“ „Da ist denen die Kinnlade<br />
runtergefallen und diese blöden Gesichter<br />
werde ich nie vergessen.“<br />
Die Zeit rannte uns davon und ich sagte,<br />
wir machen mal Schluss für heute, aber<br />
ich komme wieder. Es gibt ja noch so<br />
einiges, was Du zu erzählen hast und<br />
glaube mir Hubert, das interessiert die<br />
Menschen und es wird gelesen.<br />
Er nickte und meinte: „Na da bin ich ja<br />
mal gespannt.“ Ich lächelte und verabschiedete<br />
mich.<br />
Als ich Hubert das letzte Mal besuchte,<br />
saß er in seinem Bett. Er hatte, wie ich es<br />
auch nicht anders erwartet hatte, wieder<br />
einen Spruch auf den Lippen. „Na mein<br />
Junge, du kannst von mir wohl nicht<br />
genug kriegen? Komm her und setz dich<br />
zu mir.“ Ich sagte ihm, dass wir seine<br />
Geschichte drucken werden und dass<br />
der Artikel im nächsten Heft veröffentlicht<br />
wird. Hubert freute sich, lachte und<br />
meinte: „Da werden dann aber einige<br />
Augen machen und sich das Maul zerreißen.<br />
Aber eine Bitte habe ich noch an<br />
dich, schreibe bitte diesen Satz mit auf:<br />
„Oberschlesien ist mein liebes Heimatland,<br />
wo vom Annaberg man schaut ins<br />
weite Land.“<br />
Am 1. Juli 2015 hatte Hubert seine Firma<br />
an seinen Enkel Hubert überschrieben,<br />
der das Unternehmen nun fortführt. Ich<br />
wollte diese Geschichte eigentlich in der<br />
letzten Ausgabe 2015 des <strong>MQ</strong>+ Magazins<br />
veröffentlichen, wie ich es ihm auch<br />
versprochen hatte. Doch wir hatten uns<br />
in der letzten Redaktionssitzung darauf<br />
geeinigt, dass wir diesen Artikel zurückstellen.<br />
Aber ich freue mich, dass Huberts<br />
Familie mir erlaubt hat, dieses nun doch<br />
veröffentlichen zu dürfen. Wenn ich an<br />
Hubert denke, sehe ich ihn nicht mit<br />
einem Vorschlaghammer in der Hand.<br />
Ich sehe ihn mit Cordhose, kariertem<br />
Hemd, Pullunder, Cordhut und Zigarre<br />
auf seinem Bagger.<br />
Ich wollte noch so viel mit ihm besprechen,<br />
aber die Zeit war gegen uns.<br />
Hubert Mitschke ist am 20. Oktober 2015<br />
verstorben.<br />
Hubert, Werner Jansen, Sohn Kalli<br />
und Mitarbeiter Peter Buron<br />
vor den Resten der Fa. Schade & Co.<br />
im August 2000<br />
Foto: Archiv Mitschke<br />
12 | mq Ausgabe Frühjahr <strong>2016</strong>