Ausgabe I / 2005 - Schleswig-Holsteinischer Fussballverband eV
Ausgabe I / 2005 - Schleswig-Holsteinischer Fussballverband eV
Ausgabe I / 2005 - Schleswig-Holsteinischer Fussballverband eV
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
12 01 - <strong>2005</strong><br />
STORY<br />
Dienstende nach 38 Jahren<br />
Mit Ulrich Lind beendet der dienstälteste Kreisgerichtsvorsitzende seine Tätigkeit<br />
Fotos: Gusner<br />
Der Ulli Lind von heute zeigt es unmissverständlich<br />
an: Am 9. Mai <strong>2005</strong> geht nach<br />
langen Jahrzehnten eine der profiliertesten<br />
Karrieren zu Ende.<br />
Gerade in Zeiten, in denen ehrenamtliches<br />
Engagement nicht<br />
unbedingt „in“ ist, fällt es besonders<br />
ins Auge, wenn sich jemand über<br />
Jahrzehnte engagiert hat. Am 9. Mai<br />
dieses Jahres geht aber nun auch<br />
eine beispielhafte Ära zu Ende:<br />
Ulrich „Ulli“ Lind beendet nach 38<br />
Jahren als Kreisgerichtsvorsitzender<br />
im KFV Kiel seine Tätigkeit und wird<br />
sich auf dem Verbandstag in Kiel verabschieden.<br />
„Es war insgesamt eine<br />
sehr lange Zeit, die jetzt aber abläuft“,<br />
kommentiert er den selbst bestimmten<br />
Zeitpunkt seines Ausscheidens.<br />
Eigentlich kam der am 28. Januar 1933<br />
in Oldenburg/Holstein geborene Ulli<br />
Lind erst spät zum Fußball. Ab 1946<br />
begann er bei Comet Kiel in der B-Jugend,<br />
spielte durch bis in die A-Jugend<br />
und beendete dann auch schon seine<br />
aktive Fußballer-Laufbahn. „Mit 18<br />
Jahren habe ich 1951 als Spieler aufgehört<br />
und einen Schiedsrichterlehrgang<br />
gemacht“, blickt der heute 72-jährige<br />
Lind auf eine lange Karriere zurück.<br />
Selbst an die erste Begegnung unter seiner<br />
Leitung erinnert er sich noch: „Das<br />
war ein A-Jugend-Spiel zwischen Comet<br />
Kiel und SW Elmschenhagen.“ Über die<br />
Kreisebene ging es 1954 in den Bezirk,<br />
1963 auf Landesebene und 1977 (nur<br />
wegen Erreichens der vorgeschriebenen<br />
Altersgrenze) in den Bezirk zurück, wo<br />
Ulli Lind noch bis 1994 Spiele leitete.<br />
In insgesamt 43 Jahren hat er als einer<br />
der profiliertesten Unparteiischen des<br />
Bezirkes I in etwa 1330 Spielen für<br />
den nötigen „Pfiff“ gesorgt.<br />
SHFV Fußball-Magazin<br />
Karriere und Erfolg<br />
Parallel zur Schiedsrichterei begannen<br />
zwei andere Karr-ieren: 1967<br />
wurde er mit 34 Jahren Kreisgerichtsvorsitzender<br />
(damit zugleich auch Mitglied<br />
im Vorstand des KFV Kiel) und 1985<br />
Protokoll-führer im Verbandsgericht des<br />
SHFV. Und nach dem Ende der aktiven<br />
Zeit als Schiedsrichter 1994 wechselte<br />
er auch noch „nahtlos“ über und wurde<br />
Schiedsrichterbeobachter. Neben seiner<br />
langjährigen Tätigkeit „in schwarz“<br />
stand Ulli Lind zweifellos als Kreisgerichtsvorsitzender<br />
im zentralen Blickpunkt<br />
des Geschehens.<br />
Sein Credo: „Wer dem Kreisgericht<br />
angehört, sollte im Verein keine Ämter<br />
mehr haben.“ Diese gab er selbst bei<br />
Comet Kiel ab, als er in die Funktionärsebene<br />
wechselte. Schadlos, denn er<br />
wurde trotzdem Ehrenmitglied bei<br />
Comet. Wurden zu Beginn seiner Tätigkeit<br />
als Kreisgerichtsvorsitzender noch<br />
alle Fälle mündlich verhandelt („Oftmals<br />
bis spät in die Nacht hinein“), so wurde<br />
Mitte der 70er Jahre für „Normalfälle“<br />
das schriftliche Verfahren eingeführt.<br />
Aus praktikablen Gründen: „Es minimierte<br />
sich die Anzahl der Sitzungen.<br />
Aufmarsch von Ulli Lind (m.) zum letzten Spiel<br />
der Saison 1993/94 im Seniorenbereich<br />
(Bezirksklassen-Eiderstaffel) am 25. Mai 1994<br />
zwischen Fortuna Stampe (r.) und<br />
dem Polizei SV Neumünster.<br />
Wegen eines klaren Sachverhaltes wie<br />
beispielsweise einem absichtlichen<br />
Handspiel reicht das schriftliche Ver-<br />
fahren, zumal rechtliches Gehör gewährleistet<br />
ist“, erläutert Lind diese<br />
Umstellung. Bei der Urteilsfindung und<br />
der Bemessung des Strafmaßes profi-<br />
tierte er übrigens auch von der Kompe-<br />
tenz seiner Beisitzer-Kollegen, die häufig<br />
auch die Schiedsrichterei aus eige-<br />
ner Erfahrung kennen: „Wir wissen<br />
selbst, wie es uns ergangen ist.“<br />
Hinsichtlich der „Qualität“ der zu<br />
verhandelnden Vergehen hat sich bei<br />
Ulli Lind über die vielen Jahre hinweg<br />
eine klare Beurteilung herauskristallisiert:<br />
„Der Fußball ist ein Spiegelbild<br />
der Gesellschaft. Der Respekt vor den<br />
Schiedsrichtern und der von Spie-lern<br />
untereinander ist nicht mehr so ausgeprägt,<br />
wie vor zwanzig Jahren. Es ist<br />
einfach schwieriger geworden“, lautet<br />
die Einschätzung des Mannes, dem in<br />
seiner nicht immer einfachen Tätigkeit<br />
als Kreisgerichtsvorsitzender („Auf dem<br />
lastet immer eine besondere Verantwortung“)<br />
viel Lebens-, aber auch eine<br />
über 50-jährige Berufserfahrung (bis<br />
1998) zuletzt als Verwaltungsleiter und<br />
Geschäftsführer der Klinik Waldwiese<br />
in Kiel zu Gute kam.<br />
Eine weitere Erkenntnis: „Härtere Bestrafungen<br />
haben auch keine durchschlagenden<br />
Erfolge gebracht. In der<br />
Regel sind wir mit vier Wochen Sperre<br />
und einer Geldstrafe ausgekommen.“<br />
Dass seine mit Sachverstand, Sachlichkeit<br />
und Gerechtigkeit verkündeten<br />
Entscheidungen bei manchen „Sündern“<br />
nicht gut ankamen und zu-weilen<br />
mit Arroganz verwechselt wurden, liegt<br />
wohl in der Natur der Sache.<br />
Besonders geschätzt hat Lind den<br />
Umstand, dass es im Kreisgericht Kiel<br />
gegenüber manch anderen Gremien<br />
keine große personelle Fluktuation<br />
gab: „Das trug zu einer kontinuierlich<br />
guten Linie bei, diente der Rechtssicherheit<br />
und machte uns letztendlich<br />
immer berechenbar.“ In der Tat, denn<br />
in all den Jahren ließ sich die Anzahl<br />
der Berufungen gegen Urteile an zwei<br />
Händen abzählen, worauf Ulli Lind<br />
nicht ohne Stolz verweist. Zum „atmosphärisch<br />
vernünftigen Miteinander“