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Kultur<br />

BLUTBAD<br />

im Fischerdorf<br />

Brittens Oper „Peter Grimes“ in <strong>Dortmund</strong><br />

Das Hauptproblem in Benjamin Brittens 1945 uraufgeführter Oper<br />

„Peter Grimes“ ist die Titelfigur: Der an der Ostküste Englands lebende und<br />

arbeitende Fischer wird von seinen Mitbürgern abgelehnt. Eine Ablehnung,<br />

die durch den Text nicht weiter erläutert wird – ebenso wenig wird die<br />

Tatsache näher beleuchtet, warum Grimes seine Lehrjungen (die Handlung<br />

der Oper beginnt mit einer Gerichtsverhandlung, in der sich Grimes für den<br />

Tod seines letzten Lehr jungen verantworten muss) so schlecht behandelt.<br />

EINE GESPALTENE PERSÖNLICHKEIT<br />

In der neuen <strong>Dortmund</strong>er Inszenierung von<br />

Tilman Knabe wird Peter Grimes – übrigens<br />

exzellent dargestellt und gut gesungen von<br />

Peter Marsh, als gespaltene Persönlichkeit<br />

dargestellt, als eine Art Dr. Jekyll und Mr.<br />

Hyde. Knabe macht das dadurch deutlich,<br />

dass sich zeitweise zwei Grimes auf der<br />

Bühne befinden, der eine im Grunde gut,<br />

der andere aber abgrundtief böse. Anders<br />

als in Brittens Vorlage stößt Grimes den<br />

Fischerjungen im zweiten Akt nicht an den<br />

Rand der Klippen, von denen er ins Meer<br />

stürzt, sondern der Junge liegt erstochen<br />

in einer riesigen Blutlache in seinem Bett.<br />

Tilman Knabe führt die Personen stringent,<br />

zeichnet die Einwohner des kleinen<br />

Fischerortes als lieb- und teilweise gefühllos,<br />

einige neigen sogar zum Kannibalismus<br />

und tun sich an einer Leiche gütlich.<br />

Also keine Inszenierung zum Zurücklehnen,<br />

wofür die Oper aber auch nicht<br />

gedacht ist. Das Bühnenbild von Annika<br />

Haller und die Kostüme von Eva-Mareike<br />

Uhlig siedeln die Handlung in der Gegenwart<br />

an und zeigen eine schäbige und ärmliche<br />

Welt, in der es vor allem darum geht,<br />

zu überleben. Ebenso wie der Kiosk „Ocean<br />

View“ mit seinen billigen Plastikstühlen<br />

und Stapeln von leeren Bierkästen ist die<br />

von Auntie geführte Kneipe „The Boar“<br />

mit einem in die Jahre gekommenen Kühlschrank<br />

und einem Funken sprühenden<br />

Sicherungskasten wenig einladend.<br />

MISS MARPLE AN DER OSTKÜSTE<br />

An der Seite von Peter Marsh agiert die<br />

hervorragende Emily Newton als Ellen<br />

Orford – die Einzige übrigens, die zu Grimes<br />

hält und bereit ist, ihm eine Chance<br />

zu geben. Sangmin Lee stellt einen kraftvollen<br />

Kapitän Balstrode dar, Fritz Steinbacher<br />

führt als Bob Boles seine Rolle als<br />

Fischer und Methodist an den Rand der<br />

Karikatur, während Morgan Moody ein<br />

überzeugender Ned Keene ist. Auntie, die<br />

Wirtin des „Boar“, findet in Judith Christ<br />

eine adäquate Darstellerin. Man merkt an<br />

ihrer und ihrer Nichten (überzeugend:<br />

Tamara Weimerich und Ashley Thouret)<br />

Aufmachung, dass es in der Kneipe nicht<br />

nur um Bierverkauf geht, während die<br />

Witwe Mrs. Sedley, gut verkörpert von<br />

Martina Dike, so eine Art Miss Marple ist,<br />

die als Hobbydetektivin ihre Nase gern in<br />

anderer Leute Angelegenheiten steckt.<br />

Auch mit Chor und Extrachor der Oper,<br />

musikalisch bestens vorbereitet durch<br />

Manuel Pujol, hat Tilman Knabe offenbar<br />

intensiv gearbeitet, sodass die Sängerinnen<br />

und Sänger einen sehr differenzierten<br />

szenischen Hintergrund bilden.<br />

Die <strong>Dortmund</strong>er Philharmoniker unter<br />

der Leitung von Gabriel Feltz schaffen<br />

eindrucksvolle Klangbilder und einen fein<br />

gesponnenen Klangteppich für die Sängerinnen<br />

und Sänger. Stehende Ovationen<br />

nach der Premiere. n<br />

Text: Martina Lode-Gerke<br />

Fotos: Thomas M. Jauk, Stage Picture<br />

1<strong>02</strong> Sommer <strong>2016</strong> · top magazin DORTMUND

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