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CRUISER im September 2016

Gender-Marketing: Wie unser Umfeld uns Geschlechterrollen zuweist. Ausserdem: Die ausführliche Buchrenzension von Sunil Manns neustem Buch, Ellen DeGenres im grossen Interview und...was macht eigentlich "The Nanny" Fran Drescher?

Gender-Marketing: Wie unser Umfeld uns Geschlechterrollen zuweist. Ausserdem: Die ausführliche Buchrenzension von Sunil Manns neustem Buch, Ellen DeGenres im grossen Interview und...was macht eigentlich "The Nanny" Fran Drescher?

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cruiser<br />

DAS<br />

september <strong>2016</strong> CHF 7.50<br />

GRÖSSTE<br />

SCHWEIZER<br />

GAY-MAGAZIN<br />

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XXX<br />

1<br />

Von Superhelden<br />

und Prinzessinnen.<br />

Wie unser Umfeld uns<br />

Geschlechterrollen<br />

zuweist.<br />

Exklusiv <strong>im</strong> Interview<br />

Ellen DeGeneres<br />

Gayromeo, Grindr & Co.<br />

Was es für Alternativen gibt<br />

Sunil Mann<br />

Sein neues Buch


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3<br />

Editorial<br />

Liebe Leser<br />

In neuer Frische von der Sommerpause zurück! Wir haben die Sommermonate genutzt, um den<br />

«Cruiser» noch spannender und gehaltvoller zu machen, daher werden wir ab dieser Ausgabe noch<br />

mehr auf fesselnde Reportagen rund ums Gay-Life setzen. Neu sind beispielsweise auch unsere<br />

Buchrezensionen, welche wir ab dieser Ausgabe regelmässig veröffentlichen werden.<br />

Spannend in der Sommerpause war für uns das Interview mit Ellen DeGeneres. Dass die Frau reden kann, wissen wir spätestens<br />

seit ihrer gleichnamigen Talkshow. Dass sie aber auch was zu sagen hat, wird auf Seite 8 deutlich. Ellen ist nicht nur eine<br />

Persönlichkeit, sie hat auch eine. Viel Spass mit dem neuen Cruiser!<br />

Herzlich; Haymo Empl<br />

Chefredaktor<br />

inhalt<br />

4 Thema Gender-Marketing<br />

8 Interview Ellen DeGeneres<br />

11 Kultur Update<br />

12 News National & International<br />

14 Kultur Sunil Mann<br />

16 Kultur Buchrezension<br />

17 Kolumne Mirko!<br />

18 Kolumne Bötschi klatscht<br />

19 News International & National<br />

22 Cruiser bei Männerzone<br />

24 Kolumne Michi Rüegg<br />

26 Serie Sexualität in<br />

Geschichte & Literatur<br />

29 Ratgeber Dr. Gay<br />

30 Kolumne Thommen meint<br />

31 Serie Ikonen von Damals<br />

34 Reportage Begegnung<br />

schwuler Männer<br />

36 Reportage Gay-Cruises<br />

<strong>im</strong>pressum<br />

<strong>CRUISER</strong> MAGAZIN PRINT<br />

ISSN 1420-214x (1986 – 1998) | ISSN 1422-9269 (1998 – 2000) | ISSN 2235-7203 (Ab 2000)<br />

Herausgeber & Verleger Haymo Empl, empl.media<br />

Infos an die Redaktion redaktion@cruisermagazin.ch<br />

Chefredaktor Haymo Empl | Stv. Chefredaktorin Birgit Kawohl<br />

Bildredaktion Haymo Empl, Nicole Senn<br />

Bilder Bilddatenbank. Alle Bilder, soweit nicht anders vermerkt, mit Genehmigung der Urheber.<br />

Art Direktion Nicole Senn | www.nicolesenn.ch<br />

Redaktion Print Vinicio Albani, Anne Andresen, Thomas Borgmann, Bruno Bötschi,<br />

Andreas Faessler, Mirko, Moel Maphy, Michi Rüegg, Alain Sorel, Peter Thommen.<br />

Korrektorat | Lektorat Birgit Kawohl<br />

Anzeigen anzeigen@cruisermagazin.ch | Christina Kipshoven | Telefon +41 (0) 31 534 18 30<br />

WEMF beglaubigte Auflage 11 539 Exemplare<br />

Druck Druckerei Konstanz GmbH<br />

Wasserloses Druckverfahren<br />

REDAKTION UND VERLAGSADRESSE<br />

empl.media, Haymo Empl<br />

Winterthurerstrasse 76, 8006 Zürich<br />

redaktion@cruisermagazin.ch<br />

Telefon 044 586 00 44 (vormittags)<br />

<strong>CRUISER</strong> MAGAZIN ONLINE<br />

Herausgeber & Verleger Haymo Empl, empl.media<br />

Infos an die Online-Redaktion online@cruisermagazin.ch<br />

Haftungsausschluss, Gerichtsstand und weiterführende<br />

Angaben auf www.cruisermagazin.ch<br />

Der nächste Cruiser erscheint am 7. Oktober<br />

<strong>CRUISER</strong> september <strong>2016</strong><br />

10:16


4 Thema<br />

Gender-Marketing<br />

Sind wir nicht alle<br />

ein bisschen rosa?<br />

Gender-Marketing macht schon<br />

aus Jungen Superhelden und aus<br />

Mädchen Prinzessinnen. Denn<br />

die Klischees sind so allgegenwärtig,<br />

dass wir sie bewusst kaum<br />

wahrnehmen.<br />

<strong>CRUISER</strong> september <strong>2016</strong>


Thema<br />

Gender-Marketing<br />

5<br />

VON Anne Andresen<br />

S<br />

ein Shampoo fragt ihn: Wie willst du<br />

dich heute fühlen? Und es verspricht,<br />

dass er durch die Dusche die pulsierende<br />

Kraft spüren werde, die in seinem<br />

Körper steckt. Wenn das kein guter Anfang<br />

für einen Tag ist! Mir als Frau hingegen wird<br />

von meinem Shampoo empfohlen, mich zurückzulehnen,<br />

mich zu entspannen und mal<br />

so richtig verwöhnen zu lassen. Auch nicht<br />

schlecht. Aber was, wenn ich heute ein Meeting<br />

habe? Ich fände es schön, würde mein<br />

Shampoo mir auch mal einen Energiekick<br />

verschaffen, aber dann müsste ich zu dem<br />

markant-männlichem Duft greifen. Will ich<br />

aber nicht.<br />

Nun ist es so, dass man meinen könnte,<br />

geschicktes Marketing fängt seine Kunden<br />

da ab, wo es sie erreichen kann. Männer wollen<br />

doch männlich, Frauen weiblich sein –<br />

oder etwa nicht? Stopp: Was bedeutet denn<br />

männlich, was weiblich? Ist es in meine Gene<br />

geschrieben, dass ich mich entspannen will?<br />

Was daraus resultiert, dass ich zur rosa Flasche<br />

gegriffen habe? Ist es so, dass ich Pastelltöne<br />

und Pink bevorzuge? Warum? Noch<br />

Anfang des letzten Jahrhunderts war rosa<br />

die traditionelle Farbe für Buben – bereits<br />

vor einigen Jahren berichteten sowohl «Die<br />

Welt» als auch die «Süddeutsche Zeitung»<br />

darüber. Einmal mehr zeigt das: Auch bei<br />

Geschlechterfragen ist nichts in Stein gemeisselt.<br />

Und doch bemüht man sich allerorts<br />

und besonders in der Werbung penetrant,<br />

gerade die Geschlechtsidentität und<br />

mit ihr best<strong>im</strong>mte Eigenschaften und Vorlieben<br />

als naturgegeben zu betrachten. Weil<br />

es sich gut verkauft.<br />

Dank Gender-Marketing weiss er, dass sein Shampoo pulsierende Kraft in ihm wecken wird.<br />

Wo wir schon bei der Natur sind: Es ist<br />

wie mit dem Huhn und dem Ei. Was war zuerst<br />

da: Das Bedürfnis oder der Slogan? Als<br />

das erste Deodorant verkauft werden sollte –<br />

für Männer wie für Frauen – wurde den Menschen<br />

überhaupt erst bewusst, dass nasse Flecken<br />

unter den Armen unansehnlich sind.<br />

Davor – man glaubt es bei aller Aufregung<br />

um Jogi Löws Achselschweiss bei der Europameisterschaft<br />

kaum – war es völlig ok mit<br />

durchnässten Achseln herumzulaufen, weil<br />

es draussen einfach verdammt heiss war an<br />

diesem Tag. Und nichts schafft es so gut wie<br />

die Werbung, die von ihr in uns geweckten<br />

Bedürfnisse zu Natur zu machen. Bevor es<br />

ein Produkt gab, war mir meist nicht bewusst,<br />

dass ich es brauchen würde – doch als<br />

es dann da war, schien es sonnenklar: Wie<br />

konnte ich all die Jahre mit einem Kugelschreiber<br />

schreiben, der für Männerhände<br />

designt war? (Für alle, die eine Erklärung<br />

wollen, sei Ellen DeGeneres Beitrag zu den<br />

«Bic Pens for women» dazu wärmstens empfohlen.)<br />

Und als ich in einer Frauenzeitschrift<br />

von diesem genialen Werkzeug in<br />

pinkem Blümchendesign erfuhr, da fiel es ➔<br />

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6<br />

Thema<br />

Gender-Marketing<br />

mir wie Schuppen von den Augen warum ich<br />

vordem nie einen Nagel in die Wand geschlagen<br />

hatte. Und doch möchte man einräumen:<br />

Jaja, aber, es gibt doch Unterschiede zwischen<br />

Männern und Frauen <strong>im</strong> Verhalten, und man<br />

sieht es doch auch tatsächlich schon bei Jungen<br />

und Mädchen. Zunächst einmal kommen<br />

wir alle nackt und mit einem winzig<br />

kleinen Unterschied zur Welt (die meisten<br />

zumindest). Wir bringen ein paar Fähigkeiten<br />

wie schreien, essen und verdauen mit.<br />

Was dann kommt, ist ein Lernprozess. Forscher<br />

unterscheiden deshalb zwischen «sex»,<br />

dem biologischen Geschlecht, und «gender»,<br />

dem sozialen Geschlecht. Ausser dem winzigen<br />

Unterschied ist alles Weitere demnach<br />

nicht Natur, sondern gesellschaftliche Norm.<br />

Und unsere Umwelt ist nun einmal so strukturiert,<br />

dass sie einen grossen Unterschied<br />

zwischen den Geschlechtern macht.<br />

«Du hast aber hübsche Haare,<br />

wie eine Prinzessin!»<br />

jetzt Ärztin geworden!»), wird auch das Int<strong>im</strong>leben,<br />

das eigentlich zunächst einmal jedem<br />

privat gehört, ganz automatisch vom<br />

Umfeld nach natürlichen Ursachen durchforscht.<br />

Aus unserer Perspektive kopiert<br />

dann nicht etwa das Mädchen Minnie<br />

Mouse’s Pose aus der Müslischale, sondern<br />

es bekommt am nächsten Geburtstag wieder<br />

Minnie Mouse geschenkt, weil diese genauso<br />

ist «wie Mädchen eben so sind». Und wir<br />

vergessen dabei, wie früh wir schon als Kinder<br />

sozialisiert werden.<br />

Das Baby isst dann aus einer Müslischale,<br />

aus der ihm Minnie Mouse in<br />

schüchtern-aufreizender Pose entgegenlächelt,<br />

während bei seinem Geschwisterchen<br />

Spiderman die Milchtasse hochklettert. Es<br />

hört von überall: «Du hast aber hübsche<br />

Haare, wie eine Prinzessin!», während sein<br />

Geschwisterchen fleissig übt, gegen den<br />

Fussball zu treten, den es geschenkt bekommen<br />

hat. Und wenn ein Junge gern mit Puppen<br />

spielt, ertappen sich die Eltern dabei,<br />

wie sie ihm zu Weihnachten eine Werkbank<br />

schenken, damit er das auch mit auf<br />

den Weg bekommt.<br />

Rückblickend betrachtet hört man<br />

über schwule Kollegen dann von Verwandten:<br />

«Ja doch, er war schon als Kind anders,<br />

er hatte so eine blühende Phantasie.» Wie<br />

auch die Berufswahl gerne <strong>im</strong> Nachhinein<br />

durch frühe Neigungen in der Kindheit glorifiziert<br />

wird («Sie hat schon <strong>im</strong>mer ihre Kuscheltiere<br />

untersucht, kein Wunder, ist sie<br />

Spezielles Werkzeug <strong>im</strong> Blümchendesign für<br />

Frauen soll ihnen Lust aufs Handwerkern<br />

und aufs Kaufen machen.<br />

<strong>CRUISER</strong> september <strong>2016</strong>


Thema<br />

Gender-Marketing<br />

7<br />

Natürlich sind Menschen unterschiedlich.<br />

Und das Geschlecht ist sicher<br />

ein Faktor, wie viele andere winzige Unterschiede,<br />

die zwischen Menschen bestehen:<br />

Der eine ist eben eher ein Draufgänger,<br />

während der andere ruhig und besonnen<br />

handelt. Das Problem sind nicht allein<br />

die Schubladen, sondern dass diese dann<br />

noch mit allem anderen möglichen<br />

Kr<strong>im</strong>skrams gefüllt werden, der da nicht<br />

hinein gehört: So wird die Jungenschublade<br />

aussen blau angepinselt und mit Spiderman<br />

und anderen Muskelpaketen befüllt,<br />

die ihm sagen: Sei kräftig, sei mutig, sei<br />

draufgängerisch, trau dich etwas. Ist dann<br />

das Fächlein für Schwule einfach aussen<br />

genauso blau, innen aber mit Plüschtieren<br />

und Barbies gefüllt? So einfach kann die<br />

Welt sein. Organisationen wie «pinkstinks»<br />

setzen sich dafür ein, dass Mädchen<br />

und Jungen gleichberechtigt spielen<br />

und aufwachsen können. Dabei geht es<br />

nicht darum, dass jeder Junge gerne mit<br />

Puppen spielen muss, sondern dass er ganz<br />

einfach auch die Möglichkeit dazu bekommt,<br />

das für sich auszuprobieren.<br />

Heute gibt es genug Menschen, die in<br />

keine Kategorie passen wollen und ihrer aufgeräumten<br />

Umwelt damit das Leben schwer<br />

machen: Wohin mit dem Zeug, das in keine<br />

Schublade passt, wenn man sein Oberstübchen<br />

doch nur mit Kommoden ausgestattet<br />

hat? Man könnte entrümpeln und mal vernünftige<br />

Möbel anschaffen, anstatt weitere<br />

Kommoden zu kaufen, auf deren Kästchen<br />

dann bi- ,trans-, cis-, pan- und anderes steht.<br />

Doch solange die Welt aus Schubladen besteht,<br />

muss man wohl wenigstens für diese<br />

erst einmal Aufkleber besorgen.<br />

Es gibt Menschen, die in keine Kategorie passen wollen.<br />

Denn gleichzeitig suchen wir alle nach<br />

unserem Platz in der Welt. Wo Schubladen<br />

und Kategorien fehlen, finden wir keinen<br />

Halt. Wer sind wir denn noch, wenn wir<br />

uns keiner Gruppe mehr zugehörig fühlen<br />

können? Wir definieren uns dann zur Not<br />

einfach selbst: Nicht nur in unserer Sexualität,<br />

sondern auch in unserem Lifestyle:<br />

Wir sind queer, wir sind vegan, wir sind<br />

pansexuell, wir sind analog, statt digital<br />

und wir sind Buddhisten, statt Christen.<br />

Wir sind Frauen, aber Familienernährer<br />

und wir sind Hausmänner. Wir sind Mädchen<br />

und spielen Fussball, wir sind trotzdem<br />

nicht lesbisch. Oder aber wir sind es,<br />

aber das Eine hat mit dem Anderen nichts<br />

zu tun. In etwas hineingeboren zu sein, gilt<br />

nicht mehr – per Definition lässt sich alles<br />

ändern. Bis wir irgendwann feststellen,<br />

dass dies in neuem Durcheinander endet.<br />

Und endlich andere Möbel kaufen, die keine<br />

Schubladen mehr haben. Ein Grossteil<br />

der Menschen rennt aber auch heute noch<br />

in das Spielwarengeschäft Franz Carl Weber,<br />

um dort gefragt zu werden: «Für ä<br />

Bub oder für äs Meitli?» Man antwortet:<br />

«Äh, eigentlich egal, lieber weder rosa noch<br />

blau.» Und entweder der Verkäufer ist ratlos,<br />

weil er nicht weiss, in welche Richtung<br />

er einen schicken soll, oder man bekommt<br />

dann zur Antwort: «Grün und gelb haben<br />

wir nicht.» Ach so.<br />

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8<br />

Interview<br />

Ellen DeGeneres<br />

«Trump ist<br />

ein Rüpel»<br />

Cruiser durfte Pop-Ikone Ellen DeGeneres interviewen. Die Gallionsfigur der<br />

LGBT-Bewegung über Jetlag, Fische, kurze Haare und die aktuelle Politik in<br />

den USA.<br />

Von Team Cruiser<br />

«<br />

Ich glaube, ich habe meinen Jetlag in<br />

diesem Moment überwunden. Bei all<br />

den anderen Journalisten sind mir<br />

fast die Augen zugefallen. Sie haben<br />

Glück!», beginnt Ellen das Gespräch. Eigentlich<br />

sollte DeGeneres ihren Film<br />

«Dory» promoten, welcher in Europa eben<br />

angelaufen ist. Aber sie scheint auch offen<br />

für andere Fragen zu sein.<br />

Irgendwie ist die Situation surreal: Da<br />

sitzt 1000 Kilometer entfernt eine Frau vor<br />

Skype, eine Popkultur-Ikone, eine Frau, die<br />

mit ihrem Coming-Out in den 1990er Jahren<br />

eine Vorreiterin der Lesben- und<br />

Schwulenbewegung war. Eine Frau, deren<br />

Karriere durch dieses Coming-Out massiv<br />

eingebrochen ist und die dann ein grandioses<br />

Comeback gefeiert hat mit einer Talkshow,<br />

deren Einschaltquoten einst «Oprah»<br />

Konkurrenz machten.<br />

Und jetzt, wo Oprah Winfrey Geschichte<br />

ist, ist Ellen wahrscheinlich die<br />

mächtigste Person <strong>im</strong> Fernsehgeschäft. Ihr<br />

YouTube-Kanal, «Ellen Tube», kann mehr<br />

als 8 Milliarden Zugriffe verzeichnen. Ob<br />

ernst zu nehmende und weniger ernst zu<br />

nehmende Celebrities – alle lieben Ellen<br />

und wollen unbedingt neben ihr auf der<br />

Couch sitzen.<br />

Aber die 58-Jährige ist nun eben auch<br />

auf der Kinoleinwand präsent, als St<strong>im</strong>me<br />

von «Dorie», dem liebenswerten Doktorfisch.<br />

Bereits 2003 war «Dorie» beziehungsweise<br />

Ellen der eigentliche Star des Pixar-<br />

Kinohits «Findet Nemo».<br />

Da sitzt nun also Ellen; sie sieht sehr<br />

stylish aus in ihrer knittrigen Paisley-Bluse<br />

und Jeans. Und auch wenn wir eigentlich<br />

über einen Fisch reden (müssen, so wollte<br />

es eigentlich das Management) – letztendlich<br />

schafft es Ellen trotzdem, hoch politisch<br />

zu werden.<br />

<strong>CRUISER</strong> september <strong>2016</strong>


Interview<br />

Ellen DeGeneres<br />

9<br />

ihre Herkunft. Das ist auch eine ganz organische<br />

Weiterführung, denn <strong>im</strong> ersten Film<br />

ging es ja darum, Nemo zu finden. Jetzt erfahren<br />

wir mehr über sie, wo kommt sie her,<br />

wie wurde sie zu der Person, die sie ist –<br />

hilfsbereit, <strong>im</strong>mer um andere besorgt. In<br />

diesem Film geht es um ihre ganz persönliche<br />

Reise: Wo ist meine He<strong>im</strong>at? Warum<br />

bin ich hier? Jeder von uns möchte irgendwo<br />

hingehören, wir möchten wissen, wo<br />

unsere Wurzeln sind, unseren Platz in der<br />

Welt finden. Dorie lernt sehr viel über sich.<br />

Das ist lustig, süss und berührend.<br />

«Eine Frau mit schlecht<br />

geschnittenen Haaren<br />

soll eine Lesbe sein?»<br />

Cruiser: Ellen, warum hat es eigentlich so<br />

lange gedauert, bis eine Fortsetzung von<br />

«Findet Nemo» realisiert wurde?<br />

DEGENERES: Das habe ich mich auch gefragt.<br />

Alle anderen Pixar-Filme bekamen<br />

eine, nur «Nemo» nicht.<br />

Hast du damit gerechnet, deinen eigenen<br />

Film zu kriegen?<br />

DEGENERES: Das habe ich nicht erwartet.<br />

Ich habe nie gross dafür gekämpft – zumindest<br />

nicht öffentlich [sie lacht], nur hinter<br />

den Kulissen. Nein, <strong>im</strong> Ernst, ich wollte <strong>im</strong>mer<br />

wissen, wie es mit Marlin, Nemo und<br />

Dorie weitergeht, aber ich hätte nie gedacht,<br />

dass es einen Film geben wird, der sich um<br />

Dorie dreht.<br />

Ich finde es toll, dass sich der Film auf<br />

Dorie konzentriert, auf ihre Geschichte,<br />

Der Film erscheint zu einem perfekten Zeitpunkt<br />

– mit allem, was in der Welt gerade<br />

passiert. Wir alle brauchen eine Dosis Dorie.<br />

Wir müssen die Welt mit ihren Augen sehen,<br />

mit diesem staunenden Opt<strong>im</strong>ismus. Hat das<br />

die Arbeit an dem Film zu etwas Besonderem<br />

gemacht?<br />

DEGENERES: Absolut, gerade bei allem,<br />

was derzeit passiert, ist ein Film mit einer<br />

positiven Botschaft genau das, was wir brauchen.<br />

Ein Film, der uns alles Schl<strong>im</strong>me da<br />

draussen vielleicht etwas vergessen lässt.<br />

Wenigsten <strong>im</strong> Kino …<br />

Dorie ist perfekt. Sie ist opt<strong>im</strong>istisch,<br />

hat keine Vorurteile, sie ist süss, empathisch<br />

und sie hat Freunde, die ganz anders aussehen<br />

als sie selbst. Solche schönen Sachen eben. ➔<br />

<strong>CRUISER</strong> september <strong>2016</strong>


10<br />

Interview<br />

Ellen DeGeneres<br />

Es wurde ja viel über die angeblich schwulen<br />

und oder lesbischen Charaktere in Pixar-<br />

Filmen gesprochen. Wir vom Cruiser haben<br />

das aber nie so wirklich sehen oder spüren<br />

können. Denkst du, dass wir irgendwann<br />

in Zukunft einen «Gay-Charakter» in einem<br />

Pixar-Film sehen?<br />

DEGENERES: Es könnte bereits schwule<br />

Charaktere gegeben haben. «Es könnte» –<br />

wohlgemerkt. Aber ich glaube nicht, dass es<br />

die Frau mit den kurzen Haaren war. Das<br />

war einfach eine Frau mit kurzen Haaren –<br />

und schon behauptete jemand, sie sei lesbisch.<br />

Ich kenne Lesben – und das war keine.<br />

[lacht] Ich denke, ich weiss, wovon ich rede.<br />

Ich habe das zunächst auch nie so gesehen.<br />

Als von dem lesbischen Paar gesprochen<br />

wurde, habe ich mir den Film noch<br />

einmal angeschaut. Und alles was ich sehen<br />

konnte, war eine Frau mit kurzen – schlecht<br />

geschnittenen – Haaren. Ich war echt entsetzt.<br />

Ist es so, wie die Welt Lesben sieht?<br />

Vielleicht waren das einfach zwei Frauen,<br />

die nebeneinandergestanden haben, vielleicht<br />

waren es Freundinnen, vielleicht waren<br />

ihre Ehemänner gerade unterwegs und<br />

haben das getan, was Ehemänner halt so tun.<br />

Ich habe auch Männer gesehen, die beieinanderstanden,<br />

vielleicht waren es schwule<br />

Männer. Ich hoffe nur, dass es in diesen Filmen<br />

viele unterschiedliche Arten von Paaren<br />

gibt und viele unterschiedliche Formen<br />

von Sexualität, sodass alle repräsentiert sind.<br />

Apropos unterschiedliche Formen der<br />

Sexualität: Ellen, wir sind hier in Europa<br />

etwas beunruhigt über Donald Trump. Es ist<br />

ja erschreckend, wie populär er bei euch da<br />

drüben ist.<br />

DEGENERES: Ja, das ist wirklich schockierend.<br />

Was wäre, wenn er Präsident würde?<br />

DEGENERES: Das wäre möglicherweise das<br />

Schl<strong>im</strong>mste, was unserem Land seit langem<br />

passiert ist. Es wäre eine echte Katastrophe,<br />

wenn ein tyrannischer Rüpel an die Macht<br />

käme. Und genau das ist er, ein tyrannischer<br />

Rüpel, das ist vielleicht ein harter Ausdruck,<br />

aber er ist wahr. Er behauptet, er sagt, was er<br />

denkt, und dass er sich nur gegen Angriffe<br />

und Beschuldigungen verteidigt. Aber das<br />

nehme ich ihm nicht ab. Und ich bezweifle<br />

sehr stark, dass er der nächste Präsident der<br />

Vereinigten Staaten sein wird.<br />

«Dass wir damals Bush<br />

gewählt haben, war<br />

eine unverantwortliche<br />

Dummheit.»<br />

Na ja, das Land hat ja auch Bush gewählt,<br />

oder?<br />

DEGENERES: Das war eine unverantwortliche<br />

Dummheit auf einem ganz anderen Niveau.<br />

Ich glaube nicht, dass die Menschen so<br />

dumm sind und das noch einmal tun. Ich bin<br />

ziemlich sicher, dass die nächste Präsidentin<br />

<strong>im</strong> Weissen Haus Hillary Clinton heisst.<br />

Die erste lesbische Frau in einem Pixar-Film?<br />

Ellen bezweifelt das.<br />

Und wenn nicht? Er hat ja eine grosse<br />

Anhängerschaft.<br />

DEGENERES: Sie muss gewinnen. So einfach<br />

ist das. Sie muss gewinnen oder wir haben<br />

ein echtes Problem.<br />

Was für eine Präsidentin wäre Hillary? Sie<br />

kennen sie.<br />

DENEGERES: Ich kenne sie nicht sehr gut,<br />

aber soweit ich das sehe, ist sie ideal für den<br />

Job geeignet. Sie hat Erfahrung. Sie weiss viel<br />

und sie ist intelligent. Bill ist übrigens auch<br />

erstaunlich talentiert und clever (lacht).<br />

Würdest du denn für ein politisches Amt<br />

kandidieren? Die Menschen hören dir zu,<br />

du bist für viele ein Vorbild.<br />

DEGENERES: Ich kann mir nichts Schl<strong>im</strong>meres<br />

vorstellen. Das wird nie, nie passieren.<br />

© COURTESY OF DISNEY<br />

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KULTUR<br />

Update<br />

11<br />

© COURTESY OF DISNEY<br />

KULTUR<br />

Bob Mizer versüsst uns den Spätsommer<br />

Im Jahr 1945 begann Bob Mizer, stramme<br />

junge Männer am «Muscle Beach» <strong>im</strong> kalifornischen<br />

Venice zu fotografieren. Im Dezember<br />

des gleichen Jahres gründete er die<br />

Athletic Model Guild, um seine Fotografien<br />

zu vermarkten. Damit begann die Glanzzeit<br />

der sogenannten «physique photography».<br />

Auch vor Mizer gab es bereits Bodybuilder<br />

deutige Schwulenmagazin Amerikas, mit<br />

dem er seine Fotos von heterosexuellen Bodybuildern<br />

einer dankbaren Leserschaft in<br />

aller Welt nahebrachte. Ende der fünfziger<br />

Jahre hatte Mizer über tausend Männer fotografiert<br />

und war vom Strand in ein grosszügig<br />

eingerichtetes Atelier in Los Angeles<br />

umgezogen, wo er seine Modelle mit Rückprojektionen<br />

und Requisiten wie griechischen<br />

Säulen, römischem Kopfschmuck<br />

und dem berühmten Glasgeschirr seiner<br />

Mutter effektvoll nach Hollywood-Manier<br />

in Szene setzte. Im Jahr 1957 brachte er einen<br />

Katalog mit all seinen Männern unter<br />

dem Titel «1000 Model Directory» heraus.<br />

Im Jahr 1968 folgte ein zweiter Band. Die<br />

kleinen 98-Seiten-Büchlein wurden umgehend<br />

zu Sammlerstücken, doch die Fotos –<br />

ein Dutzend je Seite – waren so klein, dass<br />

es ebenso frustrierend wie erregend war, sie<br />

zu betrachten.<br />

Bob Mizer. AMG: 1000 Model Directory. Hrsg.<br />

Dian Hanson. Erschienen <strong>im</strong> Verlag TASCHEN<br />

als Hardcover in zwei Bänden (<strong>im</strong> Schuber mit<br />

DVD), 1048 Seiten. ISBN 978-3-8365-5029-1<br />

(Deutsch, Englisch, Französisch). Beispielsweise<br />

bei Orell-Füssli für CHF 94.90<br />

Relaunch der Website schwulengeschichte.ch<br />

Seit einigen Wochen erscheint die Website<br />

schwulengeschichte.ch in neuem Gewand, optisch<br />

und inhaltlich. Damit hat die Website<br />

nach fast sieben Jahren einen völlig neuen<br />

Look bekommen.<br />

Mit Hilfe des neuen und frischen Erscheinungsbildes,<br />

mit der Einbindung von sozialen<br />

Netzwerken, mit der inhaltlichen Erweiterung<br />

und mit neuen Biografien von<br />

Persönlichkeiten der Schweizer Schwulengeschichte<br />

will der Verein nicht nur bisherige<br />

Zielgruppen verstärkt erreichen, sondern auch<br />

eine breitere Öffentlichkeit und vermehrt auch<br />

junge Schwule ansprechen. Dadurch soll das<br />

persönliche und gesellschaftliche Bewusstsein<br />

und Männer, die sie fotografierten, doch die<br />

AMG-Fotos waren anders, unterschwellig<br />

provokant und eindeutig an ein schwules<br />

Publikum gerichtet. Die Kerle waren nicht<br />

gänzlich nackt, aber sie zeigten so viel, wie es<br />

die Gesetze 1945 zuliessen.<br />

1951 hob Mizer das «Physique<br />

Pictorial» aus der Taufe, das erste unzweifür<br />

die Vielfalt an Lebensentwürfen von<br />

Schwulen und für die Entwicklung schwulen<br />

Lebens in der Schweiz geschärft werden. Der<br />

finanzielle Aufwand für die Neuerungen beläuft<br />

sich auf rund 50 000 Franken. Davon<br />

konnten bis jetzt gut 10 Prozent aufgebracht<br />

werden. Die bisherigen ungedeckten Kosten<br />

sind durch ein zinsloses, rückzahlbares Darlehen<br />

gesichert. Will heissen: schwulengeschichte.ch<br />

brauch dringend Geld.<br />

Wie toll die Seiten geworden sind und wie<br />

wichtig die Inhalte, gibt’s unter<br />

www.schwulengeschichte.ch zu sehen.<br />

Dort kann auch direkt gespendet werden.<br />

Kennst du deine Geschichte?<br />

Die Website schwulengeschichte.ch erzählt die Geschichte<br />

der Emanzipation homosexueller Menschen<br />

in der Schweiz. Auf über 1800 Seiten gibt es viel zu<br />

lesen und zu entdecken.<br />

Hilf mit, diese Geschichte fortzuschreiben und lebendig<br />

zu erhalten. Mit deiner Unterstützung können wir<br />

die Webseite weiterführen und erweitern.<br />

Verein schwulengeschichte.ch, 8000 Zürich<br />

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12<br />

NEWS<br />

National & International<br />

NEWS<br />

Neue «Stop Syphilis»-Kampagne Macho City-Shop wird 30<br />

Noch <strong>im</strong>mer nehmen die Syphilis-Fälle in<br />

der Schweiz kontinuierlich zu. Viele der<br />

bestätigten Meldungen betreffen Männer,<br />

die Sex mit Männern (MSM) haben. Aus<br />

diesem Grund führt die Aids-Hilfe<br />

Schweiz <strong>im</strong> Oktober <strong>2016</strong> zum vierten Mal<br />

eine Gratis-Syphilis-Testaktion in der<br />

Gay-Community durch. Wir vom Cruiser<br />

weisen schon jetzt darauf hin, damit man<br />

sich rechtzeitig <strong>im</strong> Oktober einen Termin<br />

frei nehmen kann. Denn: Seit 2006 verzeichnet<br />

die Schweiz einen stetigen Anstieg<br />

der bestätigten Syphilis-Fälle. Im<br />

Jahr 2014 z. B. gingen 1057 Syphilis-<br />

Meldungen ein.<br />

Auch in Deutschland sieht es nicht besser<br />

aus: Syphilis-Infektionen haben 2015 in<br />

Deutschland einen neuen Höchststand erreicht.<br />

Das Berliner Robert Koch-Institut<br />

registrierte 6834 diagnostizierte Fälle. Das<br />

seien 19 Prozent mehr als <strong>im</strong> Vorjahr (5722<br />

Fälle), heisst es dort <strong>im</strong> Infektionsepidemiologischen<br />

Jahrbuch des Instituts.<br />

Über die Hälfte davon wurden auf sexuelle<br />

Kontakte unter Männern zurückgeführt.<br />

Frühzeitig erkannt ist Syphilis gut<br />

heilbar. Männer, die Sex mit Männern haben,<br />

sind besonders gefährdet und sollten<br />

sich regelmässig testen lassen. Das geht<br />

schnell, anonym und ist <strong>im</strong> Oktober bei<br />

ausgewählten Teststellen gratis.<br />

Mehr auf www.aids.ch.<br />

Es ist schon eine Leistung, wenn ein Laden<br />

30 Jahre überlebt. Das funktioniert nur,<br />

wenn dahinter viel Herzblut, Können und<br />

Biss steckt. Der Macho City-Shop hat das<br />

alles und noch mehr. Daher beginnen auch<br />

ab <strong>September</strong> diverse Aktionen und Festivitäten,<br />

um den runden Geburtstag zu feiern.<br />

Die Machos und die Cruisers sind geschichtlich<br />

miteinander eng verbunden,<br />

denn vor 30 Jahren entstand aus der Not<br />

eine Tugend: Da Markus Christen & Co.<br />

vom Macho in der damaligen Zeit nur<br />

schwer Insertionsmöglichkeiten fanden,<br />

haben die Herren seinerzeit den Cruiser auf<br />

die Beine gestellt. Mehr dazu und ein ausführliches<br />

Gespräch folgt in der Cruiser<br />

Ausgabe «November».<br />

Ikone Bruce Weber dreht Werbefilm für neues Parfum<br />

Dylan Blue heisst der neue Duft aus dem<br />

Hause Versace Pour Homme. Und weil man<br />

mit reinen Geruchsbeschreibungen wenig<br />

anfangen kann, hat Versace Bruce Weber für<br />

den Werbespot verpflichtet. Weber ist international<br />

bekannt für seine Werbekampagnen<br />

für Calvin Klein, Abercrombie & Fitch<br />

oder beispielsweise Ralph Lauren. Bruce<br />

Weber über seine Kampagne: «Ich habe gerade<br />

in letzter Zeit viele Martial Arts-Filme<br />

Das allererste Inserat vom Macho in der<br />

allerersten Cruiser-Ausgabe von 1986.<br />

gesehen. Es scheint, als ob die Akteure ständig<br />

miteinander konkurrieren, sich gegenseitig<br />

<strong>im</strong>mer beweisen wollen (…) Ich dachte,<br />

es wäre doch eine interessante Idee, Fotos<br />

oder auch einen Film über diese Art von Beziehung<br />

zu machen».<br />

Der Duft ist ab sofort <strong>im</strong> Handel erhältlich, den<br />

heissen Clip gibt’s beispielsweise auf Youtube:<br />

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<strong>CRUISER</strong> september <strong>2016</strong>


NEWS<br />

National & International<br />

13<br />

Start Up sagt den grossen<br />

Klingenherstellern den<br />

Kampf an<br />

Beinahe jeden von uns hat schon mal der<br />

Schlag getroffen. Nämlich <strong>im</strong>mer dann,<br />

wenn es darum geht, Ersatzklingen für<br />

einen Markenrasierer zu kaufen. Gut 20<br />

Franken kosten be<strong>im</strong> Grossverteiler acht<br />

Stück der Gillette-Mach-3-Klingen, jene<br />

des Modells Fusion Pro Glide mit fünf<br />

Klingen rund 40 Franken.<br />

Als Konsument blieb und bleibt einem<br />

also nichts anderes übrig, als die teueren<br />

Produkte zu kaufen. Webshops wie der von<br />

Shavemaster gehen aber nun einen anderen<br />

Weg. «Shavemaster»- Gründer Thomas<br />

Gmünder hat monatelang diverse Klingenhersteller<br />

kontaktiert und rasiert, was das<br />

Zeug hält. Gmünder: 20 «Freiwillige» testeten<br />

die Dinger einen Monat lang. Und eindeutig<br />

gewonnen hat dann die zukünftige<br />

Shavemasterklinge.<br />

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14<br />

Kultur<br />

Sunil Mann<br />

Von eifrigen Detektiven und frechen<br />

Schutzengeln<br />

Er n<strong>im</strong>mt’s <strong>im</strong> Leben<br />

gerne gemütlich und<br />

mag’s harmonisch.<br />

Aber wenn es ums<br />

Schreiben geht, brennt<br />

in ihm der pure Ehrgeiz.<br />

Sunil Mann ist unter<br />

anderem mehrfach ausgezeichneter<br />

Kr<strong>im</strong>iautor<br />

aus Zürich und legt die<br />

Handlungen <strong>im</strong> Milieu<br />

fest, in dem er selbst<br />

viele Jahre gelebt hat.<br />

© Andreas Faessler<br />

Von Andreas Faessler<br />

N<br />

ein, wie ein bodenständiger Berner<br />

Oberländer sieht Sunil Mann nicht<br />

aus. Der Buchautor klingt auch nicht<br />

so, aber er kann. Und das nicht zu knapp.<br />

Sunils Eltern waren aus Indien in die Schweiz<br />

gezogen und haben sich <strong>im</strong> Kanton Bern niedergelassen.<br />

Geboren ist Sunil in Zweis<strong>im</strong>men<br />

und aufgewachsen in Spiez am Thunersee.<br />

Doch ist der urchige Oberländer-Dialekt<br />

schon lange abgeebbt – der heute 44-Jährige<br />

lebt seit bald drei Jahrzehnten in Zürich. Am<br />

Kreuzplatz <strong>im</strong> Kreis 8 teilt er sich mit seinem<br />

Partner Piero, mit dem er seit sechs Jahren liiert<br />

ist, eine Wohnung. Zuvor hatte Sunil<br />

knapp 20 Jahre <strong>im</strong> Chreis Cheib verbracht, hat<br />

die Zürcher Club- und Gay-Szene in ihrer<br />

Hochblüte miterlebt oder besser gesagt mitgemacht.<br />

Viele Zürcher, die heute in ihren 30ern<br />

und 40ern sind, erinnern sich noch lebhaft an<br />

die Laby- oder Aera-Zeiten. So auch Sunil.<br />

«Ich bin froh, dass ich Zürich noch so erlebt<br />

habe. Damals war hier einiges los.» Aus den<br />

Erfahrungen dieser Lebensphase schöpft<br />

Sunil <strong>im</strong>mer wieder gerne für sein leidenschaftliches<br />

Hobby, das zugleich Berufung<br />

Erfolgs-Autor Sunil Mann über den Dächern von Zürich <strong>im</strong> Kreis 4.<br />

und Beruf ist: Der ambitionierte Schriftsteller<br />

lässt seine Geschichten fast <strong>im</strong>mer ausgehend<br />

vom Kreis 4 spielen. Figuren, Orte, Handlungen,<br />

ja gar subtile Feinheiten sind häufig von<br />

seiner Zeit <strong>im</strong> Langstrassenquartier inspiriert.<br />

Der Raum, den er braucht<br />

Doch erstmal von vorn: Seine Liebe zum<br />

Schreiben scheint Sunil direkt in die Wiege<br />

geplumpst zu sein – selbstredend wurde es<br />

zu seinem stärksten und meistgeliebten<br />

Schulfach. Seine begonnenen Studien in Zürich<br />

nach der Matura brach Sunil schnell<br />

wieder ab, doch um nicht ohne Abschluss zu<br />

bleiben, absolvierte er die Belvoirpark-Hotelfachschule.<br />

Doch ein Beruf <strong>im</strong> Gastgewerbe<br />

oder in einem Hotelbetrieb stand für ihn<br />

weitgehend ausser Frage – wie sollte ihm so<br />

ein Job das ausgiebige Schreiben ermöglichen,<br />

dem er sich bereits seit seiner Mittelschulzeit<br />

in Interlaken verschrieben hatte?<br />

Eine passende Zweitbeschäftigung<br />

fand Sunil bei der Swiss als Cabin Crew<br />

Member. Die langen Pausen zwischen den<br />

Flugsegmenten und auch die Aufenthalte an<br />

den Destinationen gewährten ihm von Anfang<br />

an den Raum, den er für seine Passion<br />

als Schriftsteller benötigt. «Wenn es nämlich<br />

ums Schreiben geht, dann bin ich richtig<br />

ehrgeizig», betont Sunil, der sich sonst<br />

als gemütlichen Typ beschreibt, welcher<br />

sein Leben lieber auf einem «Easy going»-<br />

Level hält und gelegentlich manche Dinge<br />

mit einer eher laschen Haltung angeht – das<br />

Schreiben wohlbemerkt ausgenommen.<br />

Sunil selbst zeichnet gar das Bild eines<br />

Lebensstils, der zumindest vordergründig<br />

unaufgeregt klingt, beschreibt seine solide<br />

Beziehung, bei der beide fest <strong>im</strong> Leben stehen<br />

und ihren Jobs nachgehen. «Das klingt<br />

vielleicht etwas langweilig», schmunzelt er.<br />

«Aber es st<strong>im</strong>mt für uns beide genau so,<br />

<strong>CRUISER</strong> september <strong>2016</strong>


Kultur<br />

Sunil Mann<br />

15<br />

© Andreas Faessler<br />

wie’s ist.» Wir erinnern uns: Seine Zürcher<br />

Partyzeit hat er eh hinter sich gelassen, «je<br />

ne regrette rien», und das sei gut so, sagt er<br />

dazu. Ihm bleibt jetzt auch <strong>im</strong> Privatleben<br />

der Raum, den er braucht, um zu schreiben.<br />

Und wenn mal wieder eine Story fertig ist,<br />

so ist sein Freund Piero der erste, der sie zu<br />

lesen kriegt. «Er muss, ob er will oder<br />

nicht», sagt Sunil und grinst. «Piero dürfte<br />

allerdings manchmal ruhig etwas kritischer<br />

sein», findet er.<br />

Den Chreis Cheib abgebildet<br />

Wer Sunil Mann schon gelesen hat, weiss,<br />

worum es in seinen Geschichten geht. Sein<br />

«Steckenpferd» – wenn man es denn so nennen<br />

will – ist eine Kr<strong>im</strong>ireihe mit dem indischstämmigen<br />

Privatdetektiv Vijay als<br />

Protagonisten, der seine Detektei selbstverständlich<br />

<strong>im</strong> Kreis 4 hat. Und hier laufen alle<br />

Handlungsstränge <strong>im</strong>mer wieder zusammen,<br />

selbst wenn die Exkurse bis nach Indien<br />

reichen. Üblicherweise läuft alles ohne<br />

blutige Horrorszenarien und brachiale Gewalt<br />

ab. Oft spielt der Autor mit süffiger Witzigkeit,<br />

Schalk und Sarkasmus. Landläufige<br />

Vorurteile und Klischees werden bewusst<br />

bedient oder auch entkräftet.<br />

«Der Kreis 4 eignet sich natürlich bestens<br />

als Schauplatz für Kr<strong>im</strong>inalgeschichten.<br />

Die sozialen Strukturen sind hier besonders<br />

ausgeprägt, Kulturen aus aller Welt leben<br />

hier nebeneinander. Ich habe sehr gerne hier<br />

gewohnt.» So erkennt der Leser in den Schilderungen<br />

auch viele Lokale und Schauplätze,<br />

ja gar real existierende Figuren. So beispielsweise<br />

die Männerzone an der<br />

Kernstrasse. Der Laden heisst natürlich anders<br />

<strong>im</strong> Buch, und auch aus dem Inhaber<br />

Melchior wird kurzerhand ein Balthasar.<br />

Doch jeder, der hier schon mal war, erkennt<br />

die Männerzone sofort. Sunils Kr<strong>im</strong>inalromane<br />

geben ein authentisches Abbild des<br />

Zürcher Stadtkreises 4 und der dortigen<br />

kunterbunten gesellschaftlichen Verhältnisse,<br />

dabei berücksichtigt er gar deren Wandel<br />

in den letzten Jahren.<br />

Naturgegeben vermittelt Sunil Mann<br />

den multikulturellen Hintergrund der<br />

Hauptfigur besonders glaubhaft. «Allerdings<br />

ist Vijay fünf Jahre jünger als ich», sagt Sunil<br />

mit grossem Augenzwinkern. Den ersten<br />

Vijay-Kr<strong>im</strong>inalroman «Fangschuss» brachte<br />

Sunil Mann 2010 auf den Markt. Ein Volltreffer<br />

– er bedeutete seinen Durchbruch.<br />

Jährlich folgte ein weiteres Buch mit Vijays<br />

aufregenden Fällen, jeweils vom Dortmunder<br />

Grafit-Verlag herausgegeben. Nun liegt<br />

mit «Schattenschnitt» der sechste Teil dieser<br />

Romanreihe vor (siehe Rezension auf Seite 16).<br />

«Dass das Vorbild der Figur<br />

Vijay sein Schöpfer selbst<br />

ist, liegt auf der Hand.»<br />

Ein Kinderbuch-Debut<br />

Probiert habe er in seiner Autorenlaufbahn<br />

bereits alle erdenklichen Stilrichtungen,<br />

sagt Sunil, «doch das Kr<strong>im</strong>i-Genre liegt mir<br />

einfach», zieht er den Schluss. Auch werde<br />

er die Bücherreihe mit Vijay für unbest<strong>im</strong>mte<br />

Zeit weiterführen. Sein Ziel: jährlich<br />

eine neue Ausgabe. «Ich brauche einen<br />

gewissen Druck, der mich vorantreibt.» Er<br />

wolle dauernd gefordert sein. «Also, jedenfalls<br />

wenn es ums Schreiben geht», präzisiert<br />

er.<br />

Doch sich einzig Vijays Abenteuern<br />

zu widmen, wäre irgendwann selbst einem<br />

leidenschaftlichen Kr<strong>im</strong>iautoren wie Sunil<br />

Mann zu eintönig. Fast zeitgleich mit<br />

«Schattenschnitt» erscheint Manns erstes<br />

Kinderbuch. Auch wenn er selbst keine<br />

möchte – «ich habe Kinder gerne», sagt der<br />

44-Jährige. «In meiner Familie gibt es Kinder.<br />

Und in mir selbst steckt auch eins. Das<br />

habe ich jetzt ausgegraben.» Dieses bei<br />

Orell-Füssli erscheinende Kinderbuch ist<br />

Manns Erstling dieser Art. Es handelt von<br />

einem frechen Schutzengel, der lernen<br />

muss, wie man Verantwortung übern<strong>im</strong>mt.<br />

«Ich bin sehr gespannt, wie es ankommt»,<br />

sagt Sunil. Und wer weiss, vielleicht gibt es<br />

dereinst gar einen Familienroman von<br />

Sunil Mann. «Sowas kann ich mir nämlich<br />

durchaus vorstellen. Dicke Bücher für ältere<br />

Frauen.» Denn erstaunlicherweise fänden<br />

sich bei seinen Lesungen jeweils auffallend<br />

viele Damen reifen Alters. Ob’s<br />

wirklich an seinen Büchern liegt oder einfach<br />

an seiner sympathischen Ausstrahlung<br />

und seinem Charme?<br />

Jetzt aber stehen erstmal mehrere<br />

Lesungen aus «Schattenschnitt» auf dem<br />

Programm. In Berlin, Hamburg und Frankfurt.<br />

«Ich möchte noch mehr Fuss fassen in<br />

Deutschland», sagt Sunil zuversichtlich.<br />

Schattenschnitt ist ab sofort <strong>im</strong> Handel<br />

erhältlich. Cruiser verlost sechs Exemplare<br />

auf www.cruisermagazin.ch<br />

Eine ausführliche Buchkritik gibt’s auf der Seite 8.<br />

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<strong>CRUISER</strong> september <strong>2016</strong>


16<br />

Kultur<br />

Buchrezension<br />

Weniger ist manchmal<br />

mehr<br />

Von Birgit Kawohl<br />

M<br />

it «Schattenschnitt» legt Sunil<br />

Mann <strong>im</strong> August <strong>2016</strong> bereits seinen<br />

sechsten Roman um seinen<br />

sympathischen Protagonisten Vijay Kumar<br />

vor. (Siehe Artikel auf Seite 15) Sunil Mann,<br />

in dessen Adern ebenso indisches Blut fliesst<br />

wie in denen seines Helden, hat sich dieses<br />

Mal viel vorgenommen, zu viel vielleicht?<br />

Zur Story: Vijay, bei dem es <strong>im</strong> Privaten<br />

zur Zeit nicht opt<strong>im</strong>al läuft – sein dementer<br />

Vater kann von seiner Mutter nicht mehr zu<br />

Hause versorgt werden und muss in ein Zürcher<br />

Pflegehe<strong>im</strong>, die Beziehung zu seiner<br />

Freundin Manju scheint sich auf einem Tiefpunkt<br />

zu befinden – stolpert einmal mehr<br />

über ein Verbrechen und somit über einen<br />

neuen Fall. Bei der auf offener Strasse Überfallenen<br />

handelt es sich um die Filmemacherin<br />

Pina Gilardi, die offenbar für einen Dokumentarfilm<br />

ein zu heisses Eisen angefasst hat.<br />

Nach und nach stossen der Privatdetektiv,<br />

unterstützt von seinem Freund, dem Journalisten<br />

José, und Miranda, seiner brasilianischen<br />

Freundin, in die Untiefen eines Medikamentenskandals,<br />

der seine Kreise von Zürich<br />

bis nach Indien zieht. So weit, so gut.<br />

«Einmal mehr gelingt es<br />

Sunil Mann, das LGBT*-Milieu<br />

Zürichs, insbesondere<br />

des Kreis 4, in seinen<br />

vielen Facetten lebendig<br />

darzustellen.»<br />

Einmal mehr gelingt es Sunil Mann,<br />

das LGBT*-Milieu Zürichs, insbesondere<br />

des Kreis 4, in seinen vielen Facetten lebendig<br />

darzustellen. Trotzdem hat man als Leser<br />

schnell das Gefühl der Überfrachtung,<br />

denn nicht nur, dass die Tote natürlich in<br />

einer lesbischen Beziehung lebt, nein, selbst<br />

bei seinem Ausflug nach Indien trifft Kumar<br />

auf seine Cousine, die seine Mutter als<br />

<strong>CRUISER</strong> september <strong>2016</strong><br />

Ehefrau für ihn auserkoren hat, und diese<br />

Cousine ist, tatarata: lesbisch, wagt dies<br />

aber nicht ihren Eltern zu sagen und ist somit<br />

heilfroh, dass Vijay nicht an ihr interessiert<br />

ist.<br />

Überhaupt der Trip nach Indien. Kumar<br />

hält es für dringend notwendig, sich die<br />

Orte, an denen die Tote recherchiert hat,<br />

selbst anzusehen und fliegt dafür kurzfristig<br />

nach Indien. Das gelingt ihm allerdings nur,<br />

weil die Tochter der Angestellten der Botschaft<br />

in Bern ein riesiger Fan von ihm ist.<br />

Eines Zürcher Detektivs, der in einem winzigen<br />

Büro hockt, das er zudem noch mit<br />

seiner Freundin als Wohnung nutzt?<br />

Den Hintergrund für die ganze Geschichte<br />

bilden übrigens die Hijras, das so<br />

genannte dritte Geschlecht in Indien. Hiermit<br />

greift Mann einmal mehr und sehr folgerichtig<br />

ein Thema der Gesellschaftspolitik<br />

auf. Aber muss er dafür so grosse Kreise<br />

ziehen? Den meisten Lesern wird es bekannt<br />

sein, dass es in jeder Gesellschaft<br />

Ausgrenzungen von andersartigen und<br />

speziellen Lebens- und Daseinsformen gibt.<br />

Dass dies in Ländern, die zum Teil noch<br />

durch sehr strenge gesellschaftlichen Regularien<br />

best<strong>im</strong>mt sind, wie zum Beispiel Indien<br />

mit seinem weiterhin existenten Kastensystem,<br />

zu teilweise lebensbedrohenden<br />

Diskr<strong>im</strong>inierungen führt, ist sicherlich<br />

auch kein Gehe<strong>im</strong>nis. Eine Verknüpfung<br />

von Pharmaskandal und dem Schicksal der<br />

Hijras, gepaart mit aufklärerischen Ansprüchen,<br />

n<strong>im</strong>mt dem Roman leider einen<br />

Grossteil der Leichtigkeit, die man sonst<br />

von Sunil Manns Romanen gewohnt ist. Es<br />

ist sicherlich etwas Ehrenwertes, sich um<br />

die Rechte von Unterdrückten zu kümmern<br />

und ihnen eine Plattform zu geben. Dies ist<br />

allerdings nicht unbedingt das, was – vor<br />

allem in diesem Umfang – der Leser von<br />

einem Kr<strong>im</strong>inalroman erwartet.<br />

Fazit: Der Roman hält den Ansprüchen<br />

stand, wenn es um die Schilderungen<br />

des Zürcher Milieus geht. Er ist sicherlich<br />

auch gut recherchiert, was die Hintergrundgeschichte<br />

angeht. Insgesamt wirkt<br />

das Ganze aber durch das Aufgreifen zu<br />

vieler relevanter Themen (HIV-Positive,<br />

medizinische Versuche, Übergriff auf eine<br />

Lesbe, Hijras, indische Mafia) zu konstruiert<br />

und unglaubwürdig. Das ist schade,<br />

denn an vielen Stellen, z. B. als es um die<br />

Schilderung der Schwierigkeiten des Vaters<br />

<strong>im</strong> He<strong>im</strong> geht oder auch bei der Beschreibung<br />

der ziemlich abgefuckten, aber <strong>im</strong>mer<br />

interessanten Randgestalten <strong>im</strong> Kreis 4,<br />

gelingt es Mann, den Leser auf eine kurzweilige<br />

Art zu unterhalten.<br />

Buchtipp<br />

Sunil Mann: Schattenschnitt. Ca. CHF 15.90<br />

(Kindle-Edition: 9,99 €). 320 Seiten.<br />

ISBN 9783894254766.<br />

Cruiser verlost sechs Bücher; Alle Infos<br />

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KOLUMNE<br />

Mirko!<br />

17<br />

Ich heisse Mirko und ich bleib<br />

no nes bitzli!<br />

Mirko ist der neue Cruiser-Kolumnist.<br />

Temperamentvoll, direkt und – nun ja:<br />

aus Dietikon.<br />

VON Mirko<br />

D<br />

a les ich, dass die Schweizer voll auf<br />

Balkan-Sound abfahren, und ich<br />

denke: Hab’ ich was verpasst? Ja,<br />

war cool, dass an der Pride Züri eüsi DJ<br />

Countessa auf dem Wagen von #undetectable<br />

für die Balkanbeats sorgte. Die Frau kann<br />

öppis. Ha. Übrigens habe ich am Anfang<br />

schon ein bisschen schräg geschaut wegen<br />

dem #undetectable. Aber denn hanis<br />

tschecket. Die Message war ja nicht zu<br />

übersehen und eüse Sound ned züberhöre.<br />

Da haben auch noch einige gelernt, was<br />

Spass macht.<br />

Wenn wir schon dabei sind: Ich habe<br />

also begriffen, Positive ausgrenzen geht gar<br />

nicht, schon alleine weil’s einfach keinen<br />

Sinn macht. Aber vom Ausgegrenztsein<br />

weiss ich auch etwas. Die blöden Witze über<br />

die Trainerhosen der Jugos damals, als ich<br />

noch Kind war und die Schweizer alle in<br />

Schwarz rumliefen und sich supercool fanden,<br />

das habe ich schon noch nicht vergessen.<br />

Gerade darum dachte ich, als ich das las,<br />

wie geil die Schweizer auf Balkan-Sound<br />

sind: Habe ich etwas verpasst? Dann kam<br />

das Züri Fäscht und ich hörte das Jammern<br />

von ein paar Schwulen, dass sie auf der Strasse<br />

dumm angemacht worden seien. Und ich<br />

hörte die Kommentare und da waren sie wieder,<br />

man sch<strong>im</strong>pfte über die Jugos und die<br />

Agglo. Am Züri Fäscht seien sowieso nur die<br />

«Nicht jeder, der dich<br />

anlacht, findet dich toll.»<br />

und die seien halt hinterm Mond und pöbelten<br />

rum. Als ob das so einfach wäre. Ich<br />

arbeite <strong>im</strong> Büro, meine Mutter arbeitet an<br />

der Kasse <strong>im</strong> Migros und mein Vater hat ein<br />

Hauswartsbetrieb. Aber bei uns sagen die<br />

Menschen noch, was sie denken. Ich höre<br />

die Sachen noch tagtäglich, die die anderen<br />

da schiints nur am Züri Fäscht hören. Das<br />

geht voll ab. Und weglose kann ich nicht.<br />

Ich bin mittendrin. Das ist mein Leben.<br />

Real Life, äbe. Ich schau’ auch drauf, dass<br />

an der Arbeit und zuhause nicht zu viel von<br />

meinem Freizeitvergnügen mit andern<br />

Jungs bekannt wird. Und das sind sicher<br />

nöd nur Jugos, chasch mir glaube! Ja, ich<br />

fahr’ jeden Abend in die Agglo. In der Stadt<br />

kann ich mir nichts leisten. Also, tschecksch<br />

ou öppis? Es ist nämlich ziemlich spiessig<br />

und protzig, wenn ihr über die Agglo<br />

sch<strong>im</strong>pft. Das nur näbebii. Was ich hier<br />

loswerden wollte: Es ist nicht alles nur<br />

superschön und supernett. Nicht jeder, der<br />

dich anlacht, findet dich toll. Nur weil er<br />

nicht sagt, was er über dich denkt, heisst<br />

das noch lange nicht, dass er dich mag. Und<br />

nur weil alle deine Facebook-Freunde jeden<br />

Mist liken, den du postest, heisst das noch<br />

nicht, dass die Welt so denkt wie du. Ich<br />

find’s gut, dass ich noch live höre, wie andere<br />

denken. Dann bleib ich wach.<br />

Ach, wer ich bin? Ich heisse Mirko, lebe<br />

bei meinen Eltern in Dietikon und bin gerne<br />

hier, gerne in Dietikon und gerne in Züri mit<br />

euch. Den Rest verzell ich euch in den nächsten<br />

Monaten. Denn ich glaube, ich bleibe<br />

noch ein bisschen hier <strong>im</strong> Cruiser!<br />

<strong>CRUISER</strong> september <strong>2016</strong>


18<br />

KOLUMNE<br />

Bötschi klatscht<br />

Lesben sind<br />

doof<br />

Lesben sind doof, wird oft behauptet. Sogar<br />

die Lesben selber sagen es. Bleibt die Frage:<br />

Warum ist das so?<br />

VON BRUNO BÖTSCHI<br />

V<br />

or ein paar Wochen war ich zu einer<br />

Lesben-Party eingeladen. Ich traf<br />

wunderbare Freundinnen, coole<br />

Frauen, einen hässigen Boxer und zwei, drei<br />

giftige Blicke. Wir tanzten die halbe Nacht.<br />

Das Verhältnis zwischen Lesben und<br />

Schwulen war noch nie so entspannt wie<br />

heute. Trotzdem wurde ich vor der Party<br />

ausdrücklich gewarnt, was dort alles Schl<strong>im</strong>mes<br />

passieren könne. Ha, die Lesben bekommen<br />

sich <strong>im</strong>mer irgendwann in die Haare.<br />

Mir wollte das nicht mehr aus dem<br />

Kopf gehen. Hetis reden schlecht über Lesben.<br />

Schwule reden schlecht über Lesben.<br />

Lesben reden schlecht über Lesben. Irgendwann<br />

wurde ich hässig und fing an zu<br />

recherchieren. Im Internet fand ich folgenden<br />

Text:<br />

«Lesben sind doof, unsozial, tauchen<br />

aber trotzdem ausschliesslich in Gruppen ab<br />

zehn auf, motzen nur rum, ziehen sich hässlich<br />

an, haben wahlweise hässliche Frisuren<br />

oder gar keine …<br />

…und humorlos sind Lesben auch.<br />

Trotzdem lachen sie sehr laut. Und auch<br />

sonst sind sie laut und ungehobelt. Manieren<br />

haben sie nicht …»<br />

Während ich den Blogeintrag mit dem<br />

Titel «Lesben sind doof» las, fuhr es mir kalt<br />

den Rücken hinunter. Vorurteil reihte sich<br />

an Vorurteil:<br />

«…Lesben lieben Tiere mehr als Menschen.<br />

Vor allem finden sie Menschen doof,<br />

die keine Lesben sind und sich weigern, wel-<br />

<strong>CRUISER</strong> september <strong>2016</strong><br />

che zu werden. Lesben haben bei allen möglichen<br />

Themen einen Beissreflex …<br />

…Ich weiss gar nicht, warum ich mich<br />

mit denen überhaupt abgebe und beschäftige.<br />

Ach so, bin auch eine. Hm. Scheisse. Und nun?»<br />

Ja, was nun? – Wir sind weiter als vor<br />

30 Jahren. Viele Menschen haben aber <strong>im</strong>mer<br />

noch Vorurteile <strong>im</strong> Kopf – gegenüber Lesben<br />

sowieso. Lea DeLaria, lesbischer Star der<br />

TV-Serie «Orange Is the New Black», sagte <strong>im</strong><br />

«Spiegel»: «Sexualität hat damit zu tun, wer<br />

wir sind. Und wenn das fremd erscheint oder<br />

anders, ist es bedrohlich.»<br />

«Lesben und Schwule<br />

müssen bis heute gegen<br />

Vorurteile und<br />

Diskr<strong>im</strong>inierung ankämpfen.»<br />

Vorurteile sind bequem. Wenn wir Menschen<br />

begegnen, die uns auf den ersten Blick<br />

fremd erscheinen, macht uns das unsicher. Mit<br />

Vorurteilen lässt sich das überspielen.<br />

Lesben und Schwule müssen bis heute<br />

gegen Vorurteile und Diskr<strong>im</strong>inierung ankämpfen.<br />

Wir dürfen vieles nicht, was für<br />

Heteros Alltag ist. Das Kind der Partnerin/<br />

des Partners dürfen wir nicht adoptieren.<br />

Wer als Schwuler Blut spenden will, muss<br />

beweisen, dass er ein Jahr lang wie ein<br />

Mönch gelebt hat. Händchen halten wird<br />

Lesben und Schwulen – sogar in Zürich –<br />

nicht ohne vorhergehendes Prüfen der Umgebung<br />

empfohlen.<br />

Jetzt könnte man vielleicht glauben,<br />

wer weiss, wie sich Diskr<strong>im</strong>inierung anfühlt,<br />

habe weniger Vorurteile. St<strong>im</strong>mt aber<br />

nicht. Dass Minderheiten gegen Minderheiten<br />

mit Schuhen treten, ist nichts Neues.<br />

«Wir denken nicht <strong>im</strong> Traum daran,<br />

Homosexualität als etwas Normales zu akzeptieren»,<br />

sagte die deutsche Fernsehmoderatorin<br />

und lesbische Feministin<br />

Bettina Böttinger kürzlich <strong>im</strong> «Stern».<br />

Und das Schreckliche: Hetis akzeptieren<br />

es nicht, aber auch viele Lesben und<br />

Schwulen tun es nicht.<br />

Schwule machen Lesben nieder. Lesben<br />

motzen über Lesben, Lesben über<br />

Schwule. Mich macht das traurig. Gopferdorri!<br />

Warum machen wir uns das Leben<br />

gegenseitig schwer? Warum ignorieren wir<br />

unsere Belange?<br />

Ich weiss es nicht. Aber ich weiss, dass<br />

ich künftig lautstark ausrufen werde, wenn<br />

wieder irgendjemand über diese ach so doofen<br />

Lesben motzt. Und wenn die Person danach<br />

<strong>im</strong>mer noch keine Ruhe geben will, werde<br />

ich sie niederschreien. Lesben sind cool.<br />

www.brunoboetschi.ch<br />

Der ganzen Text «Lesben sind doof» kann auf der<br />

Blogseite www.schrankgeschichten.wordpress.com<br />

nachgelesen werden.


NEWS<br />

National & International<br />

19<br />

NEWS<br />

Picknick-Erlebnis in Zürich<br />

Wir vom Cruiser fanden die Idee noch witzig<br />

und daher stellen wir sie vor:<br />

Sei es zum Hochzeitstag, Heiratsantrag<br />

oder als einzigartiges Geschenk – das<br />

stilvolle Butler-Picknick am Zürichsee lässt<br />

Männerherzen garantiert höherschlagen.<br />

Und so funktioniert es: Ein professioneller<br />

Butler chauffiert die Gäste in der L<strong>im</strong>ousine<br />

an ihren Wunschort am Zürichsee. Während<br />

diese einen Champagner-Apéro mit<br />

Amuse-Bouche geniessen, schafft er ein<br />

st<strong>im</strong>mungsvolles Ambiente. (Wie das genau<br />

aussieht, ist dann Sache des Butlers,<br />

aber er lässt sich natürlich auch von euch<br />

inspirieren …)<br />

Aus dem Picknickkorb zaubert der<br />

Butler exquisite Köstlichkeiten aus dem Restaurant<br />

Opera wie etwa ein Duo von Morchel-<br />

und Gemüseterrine serviert mit Chutney<br />

oder schottischen Rauchlachs mit<br />

Meerrettich auf Pumpernickelbrot. Das hat<br />

schon beinahe etwas Königliches, finden<br />

wir. Denn: Stets in der Nähe, jedoch mit der<br />

Diskretion eines Royal Guards, erfüllt der<br />

persönliche Bedienstete während des Picknicks<br />

jeden Wunsch und sorgt für ein unvergleichlich<br />

romantisches Sommererlebnis.<br />

Billig ist das alles natürlich nicht<br />

(ab CHF 495.– für zwei Personen), aber<br />

einzigartig und originell. Das Angebot gibt’s<br />

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<strong>CRUISER</strong> september <strong>2016</strong>


20 NEWS<br />

National & International<br />

Maskennacht <strong>im</strong> «Renos Relax»<br />

Manche mögen es gerne unerkannt; dies<br />

kann einen besonderen Reiz haben. Im<br />

«Renos Zürich» fallen am 5. Oktober die<br />

Hüllen - dafür werden Masken übergezogen.<br />

Nicht die venezianischen Firlefanzmasken,<br />

wie man sie beispielsweise aus dem Film<br />

«Eyes Wide Shut» sondern die praktischen<br />

Staubmützen.<br />

Also die, die auch gerne bei Banküberfällen<br />

getragen werden. Soweit wird es aber<br />

nicht kommen, <strong>im</strong> Gegenteil: Man darf eine<br />

sehr entspannende Atmosphäre erwarten.<br />

Ab 18.00 Uhr geht’s los und wie schon<br />

in anderen Jahren zuvor wird Wert aufs Ambiente<br />

gelegt.<br />

Maske ist Pflicht, ergo herrscht an diesem<br />

Abend auch kein regulärer Saunabetrieb. Wer<br />

keine Maske hat, kann diese am Empfang<br />

beziehen. Zusätzlich wird die ganze Sauna<br />

noch verdunkelt, damit sich alle, die wollen,<br />

auch ohne Handtuch bewegen können.<br />

Übrigens: man kann sich auch direkt finden<br />

und via Webseite von Renos einen Termin über<br />

doodle abmachen. So geht das Erkennen –<br />

wenn man denn will – auch mit Maske etwas<br />

leichter.<br />

Renos Relax, Kernstrasse 57, 8004 Zürich<br />

www.renos-relax.ch<br />

Mittwoch<br />

5. Oktober<br />

18 - 24 Uhr<br />

Maske ist Pflicht ab 18 Uhr<br />

Masken bei uns erhältlich!<br />

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NEWS<br />

National & International<br />

21<br />

Wonderworld Club Edition Vol. 3<br />

Bereits zum dritten Mal präsentiert das<br />

Wonderworld-Team seine Partyreihe<br />

Club-Edition in der alten Kaserne in<br />

Zürich.<br />

Die DJ’s Ambient P., Vasco und Bobby<br />

Bellai sorgen dabei mit ihren Beats für<br />

den passenden Sound. Mit einem perfekten<br />

Mix aus Progressive, Techhouse und<br />

Tribalhouse heizen sie das Partyvolk<br />

mächtig auf und bringen die Tanzfläche<br />

zum Kochen.<br />

Eine grandiose Lichtshow, umwerfende<br />

Deko und heisse Tänzer kompletieren<br />

das Party-Erlebnis.<br />

Wonderworld am 24. Sept. in der alten Kaserne.<br />

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CO_P<br />

22<br />

Cruiser zu Besuch bei …<br />

Männerzone<br />

Die Zeiten ändern sich, die<br />

Bedürfnisse nicht<br />

Die Männerzone ist längst eine Institution in Zürich geworden. Aber wer steckt<br />

eigentlich dahinter? Cruiser wollte mehr wissen.<br />

Von Team Cruiser in Zusammenarbeit mit «Männerzone»<br />

S<br />

eit 2003 wird die Erfolgsgeschichte<br />

der «Männerzone» geschrieben. Betritt<br />

man den Laden an der Kernstrasse<br />

in Zürich, fällt einem sofort das enorme<br />

Sort<strong>im</strong>ent auf, aber auch die gute Laune von<br />

Pius und/oder Melchior. Die beiden sind die<br />

Seele der «Männerzone» und betreiben den<br />

Laden und die gleichnamige Bar mit einer<br />

Leichtigkeit, die unangestrengt und natürlich<br />

wirkt. Aber dahinter steht ein hartes<br />

Stück Arbeit. «Wir hatten so um 2002 die<br />

Idee einer neuen Bar. Der legendäre «Barfüsser»<br />

wurde damals wegen Umbau geschlossen<br />

und es entstand eine Art Vakuum für<br />

das Stammpublikum des «Barfüsser», erinnert<br />

sich Melchior. Und Pius ergänzt: «Es<br />

sollte eigentlich nichts Grosses sein, einfach<br />

was Gemütliches für Freunde und Bekannte.»<br />

Es wurden aber schnell mehr als nur ein<br />

paar «Freunde und Bekannte» und: man<br />

hatte damals keine Bewilligung für einen<br />

kommerziellen Barbetrieb. «Das wurde<br />

dann <strong>im</strong> Sommer zum Problem, denn es<br />

wurden einerseits <strong>im</strong>mer mehr Leute, andererseits<br />

standen diese an den warmen Tagen<br />

auf der Strasse. Und <strong>im</strong> Kreis 4 kann man<br />

einen solchen Betrieb sowieso nicht lange<br />

gehe<strong>im</strong> halten», so Melchior weiter. Ergo war<br />

man schnell auf der Suche nach einer neuen<br />

Lokalität – die Kombi «Laden und Bar»<br />

wollte man beibehalten – grösser sollte es<br />

sein. Und eben: legal.<br />

«Man wählte uns aus über 20 Bewerbern<br />

für ein neues Lokal aus», erinnert sich<br />

Melchior. Der Rest ist schnell erzählt – die<br />

«Männerzone» wurde ein Erfolg; so sehr,<br />

dass das damalige Trio Melchior, Pius und<br />

Andy überrollt wurden. Schnell war der Barbetrieb<br />

aus dem Zürcher Nightlife nicht<br />

<strong>CRUISER</strong> september <strong>2016</strong><br />

mehr wegzudenken. Und auch das Sort<strong>im</strong>ent<br />

des Ladens konnte sich etablieren.<br />

Kommerziell wichtiger ist denn auch der<br />

Shop: «Wir sind bei der Bar <strong>im</strong>mer noch<br />

enorm günstig, ein Bier kostet in der<br />

«Männerzone»-Bar CHF 5.50. Es müssen<br />

also sehr viele Getränke verkauft werden,<br />

damit sich der Aufwand lohnt.» Gut also,<br />

«Wir wurden vom Erfolg der<br />

Männerzone überrollt.»<br />

dass der «Männerzone»-Shop nach wie vor<br />

ein Hotspot ist. Woran liegt das? Die Antwort<br />

wird be<strong>im</strong> Cruiser -Besuch gerade nonverbal<br />

von Pius geliefert: Ein Paar interessiert<br />

sich für ein Leder-Outfit und probiert<br />

dieses an. Pius bringt den beiden charmant<br />

aber best<strong>im</strong>mt bei, dass eine Nummer grösser<br />

wohl besser wäre. «Und das ist genau der<br />

Unterschied zum Online-Shopping: Viele<br />

Kleider und Outfits müssen einfach anprobiert<br />

werden», sagt Melchior. «Es gibt<br />

manchmal Kunden, die zielstrebig auf die<br />

Kleidergrösse «S» zusteuern. Wir müssen<br />

dann eingreifen, weil wir ja wollen, dass sich<br />

der Kunde in unseren Outfits wohlfühlt und<br />

gut aussieht. Da kommt Melchior letztendlich<br />

auch seine Tätigkeit <strong>im</strong> Bereich «Mode»<br />

zugute; er war vor seinem Leben in der<br />

«Männerzone» nämlich einst bei einem Herrenmodeausstatter<br />

tätig. Apropos Mode:<br />

Wer setzt denn eigentlich die Trends? «Der<br />

Markt an sich ist ja eher klein. Daher können<br />

Pius und Melchior vor ihrem Shop an<br />

der Kernstrasse.<br />

unsere Lieferanten auch auf unsere Inputs<br />

reagieren, die wir wiederum teilweise von<br />

den Kunden erhalten.» Ausserdem würde<br />

man sich dann und wann auch auf Messen<br />

inspirieren lassen, fügt Pius an.<br />

Während des Gesprächs mit dem Cruiser<br />

in der Männerzone fällt auf, wie viele<br />

Kunden Pius und Melchior be<strong>im</strong> Namen<br />

kennen (und umgekehrt) – in vielen Fällen<br />

herrscht beinahe eine gewisse Vertrautheit.<br />

In der «Männerzone» werden Fetischartikel<br />

verkauft, das hat notabene etwas Int<strong>im</strong>es.<br />

M<br />

S<br />

T<br />

W<br />

F<br />

P<br />

B<br />

8<br />

T<br />

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F


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Cruiser zu Besuch bei …<br />

Männerzone<br />

23<br />

«Sexualität ist etwas sehr Persönliches, oft<br />

hören wir natürlich auch, was <strong>im</strong> Schlafz<strong>im</strong>mer<br />

oder wo auch <strong>im</strong>mer läuft. Oder<br />

eben nicht. Daher gilt bei uns quasi schon<br />

fast ein ärztliches Schweigegelübde», sagt<br />

Pius. Und Melchior ergänzt: «Was in der<br />

«Männerzone» passiert, bleibt in der<br />

«Männerzone».» Früher gab es in Zürich<br />

für sämtliche Vorlieben Treffpunkte und<br />

entsprechende Partys. Heute ist das anders:<br />

Gleichgesinnte finden sich in Internetforen,<br />

Dates werden online vereinbart. Stirbt die<br />

Fetischszene aus? «Wir beobachten, dass<br />

sich die Vorlieben etwas geändert haben»,<br />

sagt Melchior. «Früher kaufte man sich<br />

beispielsweise ein komplettes Lederoutfit<br />

inklusive Krawatte. Heute kauft sich der<br />

«junge Ledermann» oft nur noch eine Lederhose<br />

/ Harness und kombiniert dann<br />

selbst. Unser Hauptlieferant ist Mister B.<br />

ein Label aus Amsterdam. Das gleiche gilt<br />

für Sportsgear: Man will die Klamotten<br />

auch auf der Strasse oder <strong>im</strong> Gym tragen<br />

können.» Entsprechend haben die Jungs<br />

von der Männerzone auf die Nachfrage reagiert.<br />

«Barcode Berlin beispielsweise<br />

«Wir wissen, was <strong>im</strong><br />

Schlafz<strong>im</strong>mer läuft.<br />

Oder eben nicht.»<br />

kommt bei uns sehr gut an und die haben ihr<br />

Angebot klar auf die «Sports-Fetisch-<br />

Kunden» ausgerichtet. Und schon wieder<br />

kommt ein Kunde in die «Männerzone» …<br />

Es sieht ganz danach aus, als ob die Erfolgsgeschichte<br />

weitergeschrieben wird.<br />

Im Sort<strong>im</strong>ent ist beispielsweise auch<br />

«Blackstyle» und «Cellblock13» zu finden.<br />

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24<br />

KOLUMNE<br />

MICHI RÜEGG<br />

Körperkontakt als Ausdruck<br />

von Höflichkeit<br />

Michi Rüegg n<strong>im</strong>mt eine gewisse physische<br />

Annährungen unter Männern als solche wahr.<br />

<strong>CRUISER</strong> september <strong>2016</strong><br />

VON Michi Rüegg<br />

D<br />

ie arktischen Inuit – wie man Esk<strong>im</strong>os<br />

zur Zeit nennt, in denen wir<br />

nichttranssexuellen Menschen «cisgender»<br />

heissen – diese Inuit begrüssen einander<br />

mit gegenseitigem Nasenspitzenreiben.<br />

Das hat praktische Gründe. Wenn<br />

nämlich der gesamte Körper mit Eisbärenund<br />

Babyrobbenfell bedeckt ist, stellt die<br />

Nase die einzige Möglichkeit des Hautkontaktes<br />

dar. Das Prinzip Haut-auf-Haut findet<br />

sich bei den meisten Begrüssungsritualen<br />

wieder – allen voran dem hierzulande verbreiteten<br />

Händeschütteln.<br />

In meiner Jugend reichte als Begrüssung<br />

zwischen zwei männlichen Teenagern<br />

ein angedeutetes Kopf-nach-hinten-Werfen.<br />

Wer int<strong>im</strong>e Nähe zu seinen Freunden demonstrieren<br />

wollte, konnte kurz seine Faust<br />

gegen die fremde Faust drücken.<br />

Küssen tat man als Teenager eh nicht.<br />

Vielleicht die Mutter, wenn’s sein musste.<br />

Aber das war irgendwie eklig. Heterosexuelle<br />

Klassenkameraden küssten manchmal<br />

Mädchen, aber die meisten schafften auch<br />

das nicht. Männer, die andere Männer küssten,<br />

kannte ich bis dahin nur von Feiern mit<br />

Blutsverwandten.<br />

Während meiner ersten Ausflüge ins<br />

schwule Zürich Ende der Neunzigerjahre<br />

bemerkte ich, dass Männer sich dre<strong>im</strong>al auf<br />

die Wange küssen. Links, rechts, links. Wurde<br />

man hernach nicht gerade von einer Jugendbande<br />

verprügelt, konnte man nach<br />

dem Küsschen-Küsschen-Küsschen durchaus<br />

ein gepflegtes Gespräch führen. Die Küsserei<br />

hatte insofern nur eine sexuelle Komponente,<br />

als dass sie ein Ausdruck der<br />

sexuellen Identität war.<br />

Zwei Jahre darauf wagte ich mich vom<br />

schwulen Zürich ins schwule Amerika. Meine<br />

Versuche, neue Bekannte dre<strong>im</strong>al abzuküssen,<br />

gelangen mir dort nicht <strong>im</strong>mer.<br />

Häufiger setzten amerikanische Männer zu<br />

einer sanften Umarmung an. Ich hatte den<br />

«hug» kennengelernt.<br />

Nachdem englische Profifussballer<br />

und ihre Nachfahren <strong>im</strong> Geiste erfolgreich<br />

die Metrosexualität etabliert und den durchschnittlichen<br />

Heteromann mit einer Wahrnehmung<br />

für den eigenen Körper ausgestattet<br />

hatten, änderte sich auch hierzulande<br />

vieles. Der heterosexuelle Durchschnittsmann<br />

begann, auf sein Äusseres zu achten,<br />

erwarb teure Haarschnitte und beschritt<br />

erstmals Parfumabteilungen in Kaufhäusern.<br />

In der Folge entkrampfte sich das Verhältnis<br />

des Mannes zu seinem eigenen Körper<br />

und er begann, nicht nur sich selber <strong>im</strong><br />

Spiegel zu betrachten, sondern auch andere<br />

Männer. Vor allem solche, die (Phase 1)<br />

mehr Muskeln, (Phase 2) den schöner betonten<br />

Körper und (Phase 3) die effektiveren<br />

Körperbehaarungsmethoden hatten. Gewisse<br />

Männer begannen in der Folge, andere<br />

Männer genauso intensiv zu betrachten wie<br />

Frauen, wenn auch mit noch mehrheitlich<br />

unterschiedlichen Absichten.<br />

Im Wissen um diese Entwicklungen,<br />

deren Zeugen wir in den vergangenen zwanzig<br />

Jahren geworden sind, können wir nun<br />

die zeitgenössischen Begrüssungsrituale<br />

besser verstehen. Dafür müssen wir aber erst<br />

festhalten, dass das Dreierküssli unter<br />

Schwulen zwar noch existiert, aber eher altbacken<br />

wirkt. Wie Küss-die-Hand in Österreich.<br />

Wie Halloween und der Santa Claus<br />

ist auch der «hug» als populärkulturelles Importgut<br />

über den Ozean zu uns gewandert.<br />

Heute huggen wir viel mehr als früher. Und<br />

wer dem Hug eine int<strong>im</strong>ere Note verleihen<br />

möchte, der ergänzt ihn um einen singulären<br />

sanften Wangenkuss.<br />

Der Hug ist dermassen populär und sexuell<br />

unverfänglich geworden, dass mittlerweile<br />

auch Teenager jedwelchen Geschlechts sich<br />

gegenseitig huggen, ohne von ihren Altersgenossen<br />

verprügelt zu werden. Neulich war ich<br />

bei Bekannten zu Besuch, die zwei Söhne <strong>im</strong><br />

Teenager-Alter haben. Beide haben mich herzlich<br />

zur Begrüssung umarmt. Ohne mir heftig<br />

auf den Rücken zu hauen, sondern ganz liebevoll.<br />

Das macht man jetzt offenbar so.<br />

«Wer heute noch dre<strong>im</strong>al<br />

küsst, outet sich als<br />

Traditionalist.<br />

Die Fortsetzung der körperlichen Annährung<br />

zwischen sexuell unverfänglichen<br />

Teenagern findet ihren Ausdruck übrigens in<br />

bemerkenswerten Ritualen. So weiss ich von<br />

jungen, an sich heterosexuellen Männern, die<br />

mit ihren besten männlichen Freunden<br />

durchaus mal vor dem Fernseher kuscheln.<br />

Was Mädchen schon lange durften, ist also<br />

mittlerweile auch ein Männerrecht.<br />

Es ist schön, dass die Gleichberechtigung<br />

der Geschlechter in beide Richtungen<br />

Früchte trägt.


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4<br />

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11<br />

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<strong>CRUISER</strong> september <strong>2016</strong>


26 SERIE<br />

Homosexualität in Geschichte & Literatur<br />

Kapitän hatte nur Augen für den<br />

tropfnassen<br />

Passagier …<br />

<strong>CRUISER</strong> september <strong>2016</strong><br />

Das Schiff kenterte und riss den jungen<br />

Passagier Sebastian ins Meer. Nur gut,<br />

dass unweit davon ein anderer Kapitän<br />

exakt auf Kurs war: Antonio. Der Dramatiker<br />

William Shakespeare war in seinen<br />

Werken nicht nur Schöpfer heterosexueller<br />

Liebespaare wie Romeo und Julia, sondern<br />

auch von schwulen Figuren, so in seiner<br />

Komödie «Was ihr wollt».


SERIE<br />

Homosexualität in Geschichte & Literatur<br />

27<br />

VON ALAIN SOREL<br />

S<br />

ebastian sah die Riesenwelle heranrollen.<br />

Er war etwas über zwanzig,<br />

topfit und reaktionsschnell. Er band<br />

sich an einen Mast. Als der Segler auseinanderbrach,<br />

trug der Balken Sebastian durch<br />

die Fluten. Damit war er zwar noch längst<br />

nicht gerettet, aber die Angst, die ihn beherrschte,<br />

galt weniger der eigenen Person<br />

als seiner Zwillingsschwester Viola, die mit<br />

ihm an Bord gewesen war. Sie waren sich innig<br />

zugetan, was sich auch äusserlich zeigte,<br />

glichen sie sich doch wie ein Ei dem andern.<br />

Hatte sie überlebt?<br />

Retter in der Not<br />

Von Viola sah Sebastian weit und breit keine<br />

Spur. Er schloss verzweifelt die Augen und<br />

liess sich treiben. Da drang plötzlich ein anderes<br />

Geräusch an sein Ohr, ein Geräusch<br />

wie das Klatschen von Rudern. Als er aufblickte,<br />

sah er ein Boot auf sich zuhalten, das<br />

sich winzig ausnahm vor einem hoch aufragenden<br />

Frachter. Starke Arme hoben Sebastian<br />

in den Kahn. Auf dem Mutterschiff<br />

wurde er vor den Kapitän geführt, der sich<br />

als Antonio vorstellte. Er habe Trümmer <strong>im</strong><br />

Wasser entdeckt und be<strong>im</strong> Näherkommen<br />

auch den Menschen am Mast. Sebastian<br />

spürte, dass er seinem Lebensretter gegenüberstand,<br />

der die richtigen Worte fand, um<br />

den Schiffbrüchigen zu trösten. Gleichzeitig<br />

geschah noch etwas ganz anderes: Bei Antonio<br />

schlug die Liebe ein wie der Blitz.<br />

Die Begegnung zwischen Antonio<br />

und Sebastian in William Shakespeares<br />

1601/1602 uraufgeführter Komödie «Was ihr<br />

wollt» war wie geschaffen, um eine homoerotische<br />

Komponente einzubauen. Die<br />

passte zu diesem Schauspiel der Maskeraden,<br />

Spiegelfechtereien und verwischten<br />

Identitäten der Geschlechter. Der englische<br />

Dramatiker war ein Meister der Verklausulierungen<br />

und Anspielungen. Sie kamen ihm<br />

umso mehr zustatten, als er in der Epoche<br />

der mächtigen Königin Elisabeth I. lebte. In<br />

ihrer Ära war es zweckmässig, die eigenen<br />

Worte genau abzuwägen.<br />

<strong>2016</strong> ist das Jahr von Shakespeare: Er<br />

starb vor 400 Jahren 52-jährig in Stratfordupon-Avon<br />

(Warwickshire, England). Er hat<br />

noch viel berühmtere dichterische Geschöpfe<br />

geschaffen als Antonio und Sebastian: ausser<br />

Romeo und Julia auch etwa den eifersüchtigen<br />

Othello oder die teuflische Lady Macbeth.<br />

Eine Kabine genügt<br />

Der schwule Antonio handelte in seinem Leben<br />

auch erotisch stets nach dem Motto<br />

«Volle Kraft voraus». Immer wieder hatte er<br />

den einen oder anderen Matrosen in seine<br />

Kabine bekommen. Aber keiner dieser Burschen,<br />

so dünkte ihn, konnte sich mit dem<br />

messen, den er vor dem Tod bewahrt hatte.<br />

Die klatschnasse Kleidung, die an Sebastians<br />

Leib klebte, machte ihn für Antonio nur<br />

noch anziehender. Am liebsten hätte er jetzt<br />

an einer einsamen Insel angelegt, einer Insel<br />

nur für sie zwei, und seine Besatzung weiterfahren<br />

lassen. Das machte er nicht, aber <strong>im</strong>merhin:<br />

Drei Monate blieben die zwei nun<br />

zusammen, Tag und Nacht, wie Antonio<br />

später einmal sagte. So unbegrenzt war das<br />

Meer, aber für zwei Männer, die sich gern<br />

haben, ist Raum in der kleinsten Kabine …<br />

Für den Kapitän hätte dieser Zustand<br />

ewig währen dürfen. Aber schliesslich<br />

William Shakespeare liebte es eindeutig<br />

zweideutig.<br />

brachte er Sebastian aufs Festland, nach Illyrien,<br />

das von Herzog Orsino regiert wurde.<br />

Bei aller Zuneigung zu Antonio: Sebastian<br />

wollte Nachforschungen nach seiner Schwester<br />

Viola anstellen, für die er sich verantwortlich<br />

fühlte, und deshalb den Hof Orsinos<br />

aufsuchen. Für Antonio wäre es riskant<br />

gewesen, Sebastian zu begleiten, weil er damit<br />

rechnen musste, von der Polizei des<br />

Fürsten festgenommen zu werden. Denn da<br />

war noch eine alte Rechnung offen aus den<br />

Zeiten des Seekriegs, in dem Antonio gegen<br />

die Galeeren des Herzogs gekämpft hatte. So<br />

nahmen sie Abschied voneinander. ➔<br />

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<strong>CRUISER</strong> september <strong>2016</strong>


28<br />

SERIE<br />

Homosexualität in Geschichte & Literatur<br />

Das Stück «Was ihr wollt» wird seit Dekaden<br />

erfolgreich <strong>im</strong> Theater aufgeführt.<br />

Mehr als nur Triebe<br />

In seinem Stück zeichnete Shakespeare Antonio<br />

als einen Mann, dem der Sinn nicht<br />

nach weiteren Auseinandersetzungen mit<br />

den Leuten des Herzogs stand. Aber gleichzeitig<br />

war seine Liebe zum Freund stärker als<br />

alle Bedenken und so eilte er ihm<br />

nach – <strong>im</strong> festen Willen, ihn notfalls in der<br />

Hauptstadt zu beschützen. Was Antonio anspornte,<br />

auf sich selbst keine Rücksicht zu<br />

nehmen, waren tiefe Gefühle und «nicht<br />

bloss Trieb … (obschon genug, / Um mich<br />

auf einen längern Weg zu ziehn)», wie es in<br />

der alten deutschen Übertragung bezeichnenderweise<br />

heisst. Der Trieb spielte schon<br />

ein wenig mit, wie das die Klammerbemerkung<br />

ohne Weiteres einräumt. Aber die<br />

Worte darin dachte Antonio nur, sie wären<br />

ihm nie über die Lippen gekommen.<br />

In der Stadt angekommen, trennten<br />

sich die beiden Freunde für ein paar Stunden.<br />

Antonio wollte – wen wundert es – vorab<br />

ein Nachtquartier für sie beide auskundschaften.<br />

Sebastian lieh er einen Beutel Geld<br />

für Einkäufe seiner Wahl.<br />

«In der kleinsten Kabine ist<br />

Raum für zwei Männer.»<br />

Als Antonio Minuten später jenen jungen<br />

Mann bedroht sah, von dem er sich<br />

selbst über alle Massen geliebt wähnte, eilte<br />

er ihm mit seinem Degen sofort zu Hilfe.<br />

Dabei wurde der Kapitän von Polizisten erkannt<br />

und dingfest gemacht. Notgedrungen<br />

bat er den andern um die Rückgabe des<br />

Geldbeutels, doch der schien von der Börse<br />

nichts zu wissen, ja Antonio nicht einmal zu<br />

kennen. Der Kapitän fühlte sich von Sebastian<br />

schmählich verleugnet. Als jedoch Antonio<br />

vor den Herzog geführt wurde, tauchte<br />

plötzlich Sebastian auf, eilte freudestrahlend<br />

auf Antonio zu und bekannte sich vor versammeltem<br />

Hofstaat zu dieser Freundschaft.<br />

Antonio war total verwirrt.<br />

Aber nur kurz, denn ihm und allen anderen<br />

fiel nun etwas auf: eine frappante<br />

Ähnlichkeit zwischen Sebastian und dem<br />

Herold des Herzogs, Cesario. Der Herold<br />

war aber niemand anderes als – Viola, die<br />

wie ihr Zwillingsbruder Sebastian aus dem<br />

Meer gerettet worden war, es dann aber für<br />

sicherer gehalten hatte, in Männerkleidern<br />

und unter dem Namen Cesario in den Dienst<br />

des Herzogs zu treten.<br />

Antonio hatte in der fälschlichen Annahme,<br />

er habe Sebastian vor sich, Viola mit<br />

dem Degen verteidigt gegen einen Angreifer,<br />

der felsenfest davon überzeugt gewesen war,<br />

er habe Cesario gestellt und könne ihm einer<br />

privaten Angelegenheit wegen endlich<br />

einen Denkzettel verpassen. Selbstverständlich<br />

hatte Viola/Cesario den Kapitän nie gesehen<br />

und deshalb gar nicht kennen können.<br />

Frau wird Mann wird Frau … Man<br />

kann sich vorstellen, wie Shakespeare be<strong>im</strong><br />

Schreiben schmunzelte.<br />

Bruder und Schwester fielen sich in die<br />

Arme. Seine eigene Zukunft sah Sebastian<br />

ohne grosse Euphorie an der Seite einer Gräfin.<br />

Konventionen halt, Standesregeln. So<br />

sticht in der Komödie als Verfremdung eine<br />

tragische Figur hervor: der alleingelassene<br />

Antonio, den einsamen Homosexuellen verkörpernd,<br />

wie es ihn bis auf den heutigen<br />

Tag gibt.<br />

Homosexualität in Geschichte<br />

und Literatur<br />

Mehr oder weniger versteckt findet sich das<br />

Thema Männerliebe in der Weltgeschichte, der<br />

Politik, in antiken Sagen und traditionellen Märchen<br />

– aber auch in Wissenschaft, Technik,<br />

Computerwelt. Cruiser greift einzelne Beispiele<br />

heraus, würzt sie mit etwas Fantasie, stellt<br />

sie in zeitgenössische Zusammenhänge und<br />

wünscht bei der Lektüre viel Spass – und hie<br />

und da auch neue oder zumindest aufgefrischte<br />

Erkenntnisse. In dieser Folge: eine dramatische<br />

Rettung auf hoher See – und ihre Folgen.<br />

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RATGEBER<br />

Dr. Gay<br />

29<br />

Dr. Gay<br />

VON Vinicio Albani<br />

Er will sich nicht binden<br />

Seit einiger Zeit bin ich in einen<br />

Mann verliebt, der sich nicht<br />

binden will. Wir sind oft gemeinsam<br />

unterwegs, haben Sex,<br />

machen gemeinsam Ferien und<br />

geniessen die Zweisamkeit. Er<br />

sagt, dass wir vielleicht in ein paar<br />

Jahren den nächsten Schritt<br />

planen können, momentan möchte<br />

er es aber so belassen. Es läge<br />

nicht an mir. Mir ist klar, dass<br />

ich nichts erzwingen kann, aber<br />

ich merke, dass ich ihm viel<br />

bedeute. Wie kann ich das Warten<br />

erträglicher machen?<br />

Samuel (29)<br />

Wie gefährlich ist<br />

ein Gloryhole?<br />

Vor kurzem war ich in einem<br />

Sexkino. Dort hatte es in einer<br />

Kabine ein Loch in der Wand.<br />

Ich steckte meinen Penis durch<br />

und derjenige auf der anderen<br />

Seite hat mich geblasen. Nun<br />

habe ich Angst, mich mit HIV<br />

infiziert zu haben. Vielleicht hatte<br />

er noch Spermareste <strong>im</strong> Mund?<br />

Muss ich mir Sorgen machen?<br />

Patrick (25)<br />

Hallo Samuel<br />

Das klingt für mich so, als hättet ihr bereits<br />

eine Beziehung. Ihr unternehmt viel gemeinsam<br />

und geniesst die Zweisamkeit.<br />

Sogar der Sex kommt nicht zu kurz. Wenn<br />

er noch Zeit braucht und sich momentan<br />

nicht binden will, liegt es an dir, ob du ihm<br />

diese geben willst oder nicht. Es ändert<br />

aber nichts daran, dass ihr beide viel zusammen<br />

seid. Und das scheint dir <strong>im</strong><br />

Grunde ganz gut zu gefallen. Ist es für dich<br />

wichtig, eurer gemeinsamen Zeit den Beziehungsstempel<br />

aufzudrücken? Versuche<br />

es zu geniessen, ohne die Frage, ob ihr nun<br />

ein Paar seid oder nicht. Wenn er bereit ist,<br />

wird er auf dich zukommen. Sollte dich der<br />

momentane Zustand aber belasten, wäre<br />

vielleicht etwas Abstand angebracht. Die<br />

Frage ist, was du willst. Wie du dich auch<br />

entscheidest: rede mit deinem Angebeteten<br />

und involviere ihn in deine Entscheidung,<br />

ohne ihn zu bedrängen oder unter Druck<br />

zu setzen.<br />

Alles Gute, Dr. Gay<br />

Hallo Patrick<br />

Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.<br />

Sich blasen lassen, birgt kein HIV-Risiko,<br />

auch nicht durch ein sogenanntes Gloryhole.<br />

Selbst wenn der Bläser Spermareste <strong>im</strong><br />

Mund gehabt hätte, wäre die Menge zu<br />

klein und zu verdünnt für eine HIV-Infektion.<br />

Blasen kann aber ein Risiko für andere<br />

sexuell übertragbaren Infektionen (STI)<br />

wie z.B. Syphilis, Chlamydien, Tripper oder<br />

Hepatitis bedeuten. Lass dich darum gegen<br />

Hepatitis A und B <strong>im</strong>pfen und gehe bei Anzeichen<br />

von Brennen, Juckreiz oder Ausfluss<br />

<strong>im</strong> Anal- oder Genitalbereich zum<br />

Arzt. Es kommt vor, dass STI auch ohne<br />

Symptome auftreten. Je nach dem, wie dein<br />

Sexleben aussieht, kann daher eine regelmässige<br />

Routinekontrolle Sinn machen.<br />

Auf drgay.ch findest du unter «Deine<br />

Gesundheit» Testempfehlungen. Die<br />

Checkpoints sind eine gute Adresse für<br />

Tests, Impfungen und persönliche Beratung.<br />

Infos findest du unter mycheckpoint.ch.<br />

Alles Gute, Dr. Gay<br />

DR. GAY<br />

Dr. Gay ist eine Dienstleistung der Aids-Hilfe<br />

Schweiz. Die Fragen werden online auf<br />

www.drgay.ch gestellt. Ein Team von geschulten<br />

Beratern beantwortet dort deine Fragen,<br />

welche in Auszügen und anonymisiert <strong>im</strong><br />

«cruiser» abgedruckt werden.<br />

<strong>CRUISER</strong> september <strong>2016</strong>


30<br />

KOLUMNE<br />

Thommen meint<br />

Niemand hat etwas gegen<br />

Homosexuelle!<br />

Interessant ist, dass es <strong>im</strong>mer wieder Leute gibt, die öffentlich gegen<br />

uns sch<strong>im</strong>pfen, aber «persönlich nichts» gegen uns haben.<br />

VON PETER THOMMEN<br />

E<br />

ine Cousine von mir ist von einer<br />

Freikirche zur anderen bei den<br />

«Mennoniten» angekommen, einer<br />

Glaubensgemeinschaft aus der Täuferbewegung<br />

des 16. Jahrhunderts. Ihr Sohn hat<br />

mit 30 sein Coming-out gewagt. Als ich ihr<br />

theologisch-liberale Texte zur Homosexualität<br />

zusandte, schrieb sie mir genervt zurück,<br />

sie brauche sowas nicht, «als Mutter<br />

hätte sie damit kein Problem». Frau «unterwirft<br />

sich» also einer Sekte und hat gleichzeitig<br />

«als Mutter» kein Problem mit der<br />

Homosexualität ihres Sohnes?<br />

Ich habe schon früher hier darauf hingewiesen,<br />

dass die meisten Leute, die Sex mit<br />

dem gleichen Geschlecht haben, ebenso<br />

«einfach» und «separat» denken wie die<br />

meisten heterosexuell Orientierten. Denen<br />

genügt das. Bei homosexuellen Jungs von<br />

Zugewanderten ist mir schon <strong>im</strong>mer aufgefallen,<br />

dass ihre Kultur das eine, aber ihre<br />

Orientierung hier «etwas ganz anderes» ist.<br />

Magnus Hirschfeld wies schon 1914 in<br />

seinem Buch mit dem Kapitel über die Geschichte<br />

der religiösen Verfolgung darauf hin,<br />

dass die anti-homosexuellen Gesetze ursprünglich<br />

nicht gegen Homosexuelle gerichtet<br />

waren, sondern darauf, die «Heterosexuellen»<br />

vor «solchen Handlungen zu bewahren».<br />

Denn eine «homosexuelle Identität» gab es in<br />

vorgeschichtlicher Zeit gar noch nicht. Es war<br />

einfach «Männerliebe».<br />

<strong>CRUISER</strong> september <strong>2016</strong><br />

An einer Diskussion kürzlich in Zürich<br />

meinte ein Junghomo, er wolle nicht mehr<br />

«schwuler Wichser» genannt werden, sondern<br />

«nur noch Wichser, wie alle anderen<br />

auch». Er weiss natürlich nicht, dass diese<br />

Bezeichnung für sich allein vor mehr als<br />

hundert Jahren für homosexuell tätige Männer<br />

verwendet wurde. Sie war eine der gegenseitigen<br />

Praktiken, die in alten Gesetzen<br />

nicht bestraft wurde, diese verboten nur den<br />

Analverkehr.<br />

«Wir sollten generell bei<br />

ethnologisch-kulturellen<br />

Vergleichen vorsichtig sein.»<br />

Wir sollten generell bei ethnologischkulturellen<br />

Vergleichen vorsichtig sein, mit<br />

der Interpretation des jeweiligen Homosexualitätstabus<br />

und dem öffentlichen Umgang<br />

damit. Bei Hermann Tertilts Studie<br />

einer Jugendbande (1) bin ich auf die<br />

guppenspezifische Funktion der (öffentlichen)<br />

Zuschreibung von Homosexualität<br />

anderen gegwenüber gestossen. Sie dient der<br />

sozialen Dominanz über und Unterwerfung<br />

untereinander, so etwa wie der SM-Kult<br />

unter gewissen Homosexuellen und dieser<br />

ist sogar zwischen Männern und Frauen<br />

teilweise üblich. Das sei aber «nicht ernst gemeint«,<br />

heisst es jeweils.<br />

Alles heute «zum Fetisch Erklärte» hat<br />

eine psychische, soziale und historische Vergangenheit,<br />

die auch fürderhin beachtet<br />

werden sollte. Viele «einfach Denkende» haben<br />

mir <strong>im</strong>mer wieder vorgeworfen, ich solle<br />

mir «nicht so einen Kopf» darüber machen.<br />

Die Differenz zwischen dem kulturellen<br />

und dem persönlichen Anspruch der<br />

Homosexuellendiskr<strong>im</strong>inierung kann aber<br />

mit diesen Kenntnissen verständlicher werden.<br />

Dass Reggae-, Dancehall- und andere<br />

Musiker mit alten Drohungen in ihren öffentlichen<br />

Auftritten heute wieder «spielen»<br />

heisst aber nicht, dies zu entschuldigen. So<br />

ist Capleton 2008 in Basel in ein Wespennest<br />

getreten, als er wie gewohnt AUCH über das<br />

Feuer und das Verbrennen von Schwulen<br />

singen wollte – offiziell «nicht ernst gemeint»<br />

(stopmurdermusic.ch). Einige Jahre vor seinem<br />

Auftritt in Basel war nämlich ein<br />

Schwuler in einer WC-Kabine mit Benzin<br />

übergegossen und wirklich grausam angezündet<br />

worden. Damals hatte sich die ganze<br />

Stadt und Politik darüber öffentlich empört.<br />

Aber das hatten die jungen, un-verantwortlich<br />

Organisierenden nicht gewusst. So kurz<br />

ist eben ein «kollektives Gedächtnis» – selbst<br />

in einer Stadt. Best<strong>im</strong>mte «kulturelle Vorstellungen»<br />

in eine andere Kultur hinein zu<br />

tragen, kann Probleme aufflammen lassen.<br />

Es ist schwer, die breite Strasse des einfachen<br />

Denkens zu verlassen – ich weiss.<br />

Aber genauso, wie die Heterosexuellen ihren<br />

«Fortpflanzungs- und Ehekult» demografisch<br />

überdenken müssen, muss auch in der<br />

Homosexualität, an der auch viele andere<br />

noch beteiligt sind, <strong>im</strong>mer wieder einiges<br />

überdacht werden – auch in der Hierarchie<br />

unter Diskr<strong>im</strong>inierten oder Emigrierten.<br />

Wer erinnert sich noch an den Überfall<br />

<strong>im</strong> Admirals Pub in London 1999? Oder an<br />

den Angriff auf die Bar Noar in Tel Aviv<br />

2009? Oder an Überfälle in Argentinien in<br />

den 80ern? Wer kennt die Repressionen unter<br />

dem Franco-Reg<strong>im</strong>e in Spanien? (Alles<br />

recherchierbar <strong>im</strong> Internet.)<br />

1) Tertilt, Hermann: Türkish Power Boys.<br />

Ethnographie einer Jugendbande, st 2501, 1996,<br />

260 S. (siehe besonders ab Seite 189)


IKONEN<br />

VON DAMALS<br />

31<br />

Ikonen von<br />

damals<br />

In unserer Serie stellen<br />

wir Ikonen aus vergangenen<br />

Dekaden vor,<br />

berichten über gefallene<br />

Helden und hoffnungsvolle<br />

Skandalsternchen<br />

aus längst vergangenen<br />

(Gay-)Tagen. Fran<br />

Drescher ist weder<br />

«gefallen» noch<br />

«vergangen». Und<br />

längst eine Ikone.<br />

VON Haymo Empl<br />

W<br />

ir erinnern uns: In den 90ern hallte<br />

der Schlachtruf «Miss Fiiiiine»<br />

durch die Sitcom-Landschaft und<br />

irgendwie mochten wir alle «Die Nanny».<br />

Sofort wurde klar, dass Fran Drescher – die<br />

Darstellerin von «Die Nanny» – definitiv<br />

den «Gay-Factor» hatte. Auch wenn damals<br />

noch nicht so ganz klar war, weshalb. Aber<br />

der Reihe nach:<br />

«Fran Drescher war nicht<br />

nur Hauptdarstellerin,<br />

sondern auch Produzentin<br />

und Autorin»<br />

17 Jahre ist es inzwischen her, dass die<br />

letzte Klappe in den Culver Studios in Washington<br />

fiel. Die Sitcom wurde vor Livepublikum<br />

aufgezeichnet und das Ende von<br />

«Die Nanny» war sehr dramatisch: Fran ➔<br />

<strong>CRUISER</strong> september <strong>2016</strong>


32<br />

IKONEN<br />

VON DAMALS<br />

Drescher schliesst die Tür und aus war’s. In<br />

über 146 Folgen entzückte sie die Fans: Fran<br />

Drescher war nicht nur Hauptdarstellerin,<br />

sondern auch Produzentin und Autorin der<br />

Kultserie und war für 13 (!) Emmy Awards<br />

nominiert. Fran spielte die Rolle einer Kosmetikverkäuferin,<br />

die sich durch Zufall einen<br />

Job <strong>im</strong> Haus des Broadway-Produzenten<br />

Maxwell Sheffield angeln konnte. Als Kindermädchen<br />

war sie für die drei Kinder Maggie,<br />

Brighton und Grace verantwortlich – buhlte<br />

aber hauptberuflich um den Hausherrn.<br />

Seit «Die Nanny» 1999 abgesetzt wurde,<br />

hat sich <strong>im</strong> Leben von Fran Drescher viel<br />

getan. Eben feierte sie bei der New York Fashion<br />

Week Herbst/Winter <strong>2016</strong>/17 ihr Laufstegdebüt.<br />

In einem bodenlangen, roten<br />

Abendkleid von «La Petite Robe di Chiarra<br />

Boni» machte sie <strong>im</strong> Namen der «American<br />

Heart Association’s Go Red For Women Red<br />

Dress Collection» darauf aufmerksam, dass<br />

es viele Frauen gibt, die von einem Herzleiden<br />

betroffen sind und dies nicht wissen.<br />

Am Event sah die Schauspielerin gut aus.<br />

Das war nicht <strong>im</strong>mer so, denn privat musste<br />

sich Fran Drescher nicht nur mit einem<br />

Krebsleiden kämpfen und ist daher auch <strong>im</strong><br />

Bereich der Krebsvorsorge aktiv. Und zuvor:<br />

Scheidung. Und hier erklärt sich nun auch<br />

der «Gay-Factor» von «Die Nanny»: Ihr Ehemann<br />

Marc Peter Jacobson schrieb unter anderem<br />

die Drehbücher und war – so stellte er<br />

selbst dann relativ spät fest – schwul. Was<br />

natürlich für einen ziemlichen Wirbel sorgte.<br />

In einem Interview sagte Fran Drescher:<br />

«Wir waren bei der Heirat gerad’ etwas über<br />

Fran Drescher zeigt sich aus Instagram gerne mit ihrem Ex-Mann, der sich 1999 als schwul outetete …<br />

…und er wiederum zeigt sich selbst auch gerne mit ihr …<br />

<strong>CRUISER</strong> september <strong>2016</strong><br />

…und was er hat.<br />

Bilder: Instagram


IKONEN<br />

VON DAMALS<br />

33<br />

20 Jahre alt, also eigentlich noch Kinder und<br />

wussten nicht, wer wir wirklich sind. Wir<br />

haben aber in unserer Ehe viel zusammen<br />

erlebt und es war eine gute Zeit.» Weniger<br />

gut war ein traumatiserendes Erlebnis <strong>im</strong><br />

Jahr 1985: Damals drangen bewaffnete Einbrecher<br />

in ihr Zuhause in Los Angeles ein.<br />

Einer räumte die Wohnung leer, der andere<br />

vergewaltigte Drescher vor den Augen ihres<br />

gefesselten Mannes. Über dieses Erlebnis berichtet<br />

sie unter anderem in ihrer Autobiographie<br />

«Enter Whining» von 1996.<br />

Marc Peter outete sich nach der Scheidung<br />

<strong>im</strong> Jahr 1999 und lebt nun offen gay. Es<br />

folgte daraus die Sitcom «Happily Divorced» –<br />

Fran verarbeitet dort in zwei Staffeln die Trennung<br />

von ihrem schwulen Ehemann, mit welchem<br />

sie in der Sitcom aus finanziellen<br />

Gründen unter einem Dach leben muss. Auch<br />

hier haben – wie bei der «Nanny» – die beiden<br />

das Drehbuch geschrieben. Dass Fran Drescher<br />

und Marc Peter Jacobson auch heute noch bestens<br />

befreundet sind, sieht man anhand der<br />

zahlreichen Instagram-Fotos. Drescher ist dort<br />

«Fran Drescher und Marc<br />

Peter Jacobson auch heute<br />

noch bestens befreundet.»<br />

mehr mit Marc Peter zu sehen (und ihrem<br />

Hund) als mit dem aktuellen Partner. Überhaupt<br />

weiss man von der aktuellen Beziehung<br />

wenig. Wikipedia hält sich ebenfalls zurück:<br />

On <strong>September</strong> 7, 2014, Drescher and<br />

scientist, entrepreneur Shiva Ayyadurai<br />

participated in a ceremony at Drescher›s<br />

beach house. Both tweeted that they had<br />

gotten married, and the event was widely<br />

reported as such. Ayyadurai later said it<br />

was not «a formal wedding or marriage»,<br />

but a celebration of their «friendship in a<br />

spiritual ceremony with close friends and<br />

her family».<br />

Ob nun verheiratet oder nicht, wissen<br />

wir also nicht wirklich. Tatsache ist<br />

aber, dass Fran Drescher auf ihren Fotos<br />

in den sozialen Medien äusserst bodenständig<br />

und fröhlich wirkt (und ein<br />

bisschen geliftet). Und genau das scheint<br />

das Erfolgsgehe<strong>im</strong>nis der lebenslustigen<br />

Schauspielerin zu sein. Also das Bodenständige,<br />

nicht das Lifting …<br />

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Bilder: Instagram


34<br />

Reportage<br />

BSM<br />

Begegnungen jenseits von Gayromeo,<br />

Grindr und Co.<br />

Einfach zusammen sein, gemeinsam eine entspannte Zeit verbringen mit<br />

persönlichem Austausch und bei unterschiedlichen Aktivitäten – in der<br />

Gruppe «Begegnung Schwuler Männer» (BSM) treffen Gleichgesinnte auf<br />

«althergebrachtem» Weg aufeinander. Dies seit 30 Jahren.<br />

Von Andreas Faessler<br />

H<br />

omosexuelle Männer treffen sich<br />

heute hauptsächlich <strong>im</strong> Internet,<br />

unverbindlich, oberflächlich, kurzfristig.<br />

Wer diesem Trend lieber entsagt,<br />

geht auf einschlägige Partys, n<strong>im</strong>mt an<br />

Clubbings teil oder setzt sich – so richtig<br />

«altmodisch» – in eine Gaybar. Manche suchen<br />

Gleichgesinnte diskret nachts in<br />

Parks, auf öffentlichen Toiletten oder an<br />

Autobahnrastplätzen. Man nennt all das<br />

schlicht «Szene». Fast kriegt man den Eindruck,<br />

schwule Männer würden heutzutage<br />

nur mehr über die genannten Kanäle<br />

und Wege Kontakt zueinander finden, dabei<br />

spielen sexuelle Absichten oft eine nicht<br />

unwesentliche Rolle. Einen ganz anderen<br />

Weg geht BSM, die Gruppe «Begegnung<br />

Schwuler Männer». Sinn und Zweck sind<br />

bereits <strong>im</strong> Namen definiert: Homosexuelle<br />

(und auch bisexuelle) Männer treffen sich,<br />

um gemeinsam allerlei Aktivitäten nachzugehen.<br />

Ohne konkretes Ziel begegnet man<br />

einander, tauscht sich aus, kommt ins Gespräch,<br />

untern<strong>im</strong>mt gemeinsam etwas –<br />

kurzum: Man ist einfach unter sich und verbringt<br />

eine gemeinsame Zeit.<br />

1987 gegründet<br />

Die BSM-Gruppe ist 1987 entstanden, als es<br />

freilich noch kaum interaktive Möglichkeiten<br />

für das Networking gab. Das einstige reformierte<br />

Zentrum Leuenberg <strong>im</strong> Kanton<br />

Baselland, heute Seminarhotel, war erste<br />

He<strong>im</strong>stätte für die Begegnung schwuler und<br />

bisexueller Männer. Seit 2001 ist die Organisation<br />

als Verein eingetragen, und ab 2003<br />

hat diese <strong>im</strong> von Jesuiten geführten Lassalle-<br />

Haus in Bad Schönbrunn oberhalb der Stadt<br />

Zug einen neuen Ort für die jährlichen<br />

Begegnungstage gefunden.<br />

Nun mag man sich fragen, warum homosexuelle<br />

Menschen sich ausgerechnet ein<br />

«Man ist einfach unter<br />

sich und verbringt eine<br />

gemeinsame Zeit.»<br />

religiöses Zentrum für ihre Treffen aussuchen.<br />

«Die Initiantin des ersten BSM-Treffens<br />

vor 30 Jahren war Seminarleiterin der<br />

reformierten He<strong>im</strong>stätte Leuenberg. Sie hatte<br />

erkannt, wie viel unsägliches Leid durch<br />

christliche Institutionen an homosexuell<br />

empfindenden Menschen zu verantworten<br />

war», erklärt Daniel Frey, Sprecher BSM.<br />

«Sie persönlich sorgte dafür, dass das erste<br />

Treffen der neu gegründeten Gruppe auf<br />

einem ‹kirchlichen Boden› stattfindet.» Damals<br />

sei es für die Teilnehmenden besonders<br />

<strong>CRUISER</strong> september <strong>2016</strong>


Reportage<br />

BSM<br />

35<br />

Raum für Austausch<br />

Seit jeher sind es jährlich zwischen 70 bis<br />

100 Männer, welche sich für die Begegnungstage<br />

anmelden, sagt Daniel Frey. Diese<br />

Zahl sei seit Jahren mehr oder weniger<br />

stabil. «Wir machen die Erfahrung, dass<br />

die Männer es schätzen, sich genau so geben<br />

zu können, wie sie sind. Sie erleben ein<br />

Wochenende, an dem sie ausschliesslich<br />

mit Männern zusammen sind.» Ihnen gefalle<br />

vor allem, nicht etwa in der virtuellen<br />

Welt, sondern in der Realität einander zu<br />

begegnen, sich zu unterhalten und gemeinsam<br />

Aktivitäten nachzugehen.<br />

Das Programm umfasst neben<br />

Spielabenden und einer Wanderung diverse<br />

Workshops wie eine Fotowerkstatt, Theater,<br />

Tanz, Singen, aber auch Sinnliches wie Yoga,<br />

Meditation und Berührung. «Lebensfreude<br />

und Spass kommen nicht zu kurz. Es bleibt<br />

für die Teilnehmenden genügend Raum für<br />

den gegenseitigen Austausch und für persönliche<br />

Kontakte», erklärt Daniel Frey. Und<br />

aus diesen Begegnungstagen sind auch schon<br />

Paare hervorgegangen, weiss er.<br />

«Analoge» Begegnungen: Bei BSM trifft man sich ganz klassisch. Und das macht<br />

einen Riesenspass.<br />

wichtig gewesen, sich mit Homosexualität in<br />

der Gesellschaft und der eigenen schwulen<br />

Identität auseinanderzusetzen, so Frey weiter.<br />

Und auch wenn heute vor allem das Zusammensein<br />

von Gleichgesinnten <strong>im</strong> Vordergrund<br />

stehe, gebe es noch <strong>im</strong>mer<br />

Teilnehmer, die Verletzungen durch Glaubensgemeinschaften<br />

ausgesetzt sind oder<br />

zunächst versucht haben, ihre homosexuellen<br />

Anteile zu verdrängen, um der Erwartungshaltung<br />

ihres Umfeldes zu entsprechen.<br />

Somit würden diese bei BSM einen<br />

geschützten Rahmen finden, wo sie in lockerer<br />

Atmosphäre mit anderen Männern in<br />

Kontakt kommen könnten, welche selbstbewusst<br />

<strong>im</strong> Leben stehen und nicht den gesellschaftlichen<br />

Vorurteilen entsprechen. Und<br />

mit dem katholischen Lassalle-Haus Bad<br />

Schönbrunn habe man eine Lokalität gefunden,<br />

wo die Teilnehmer von BSM herzlich<br />

aufgenommen würden.<br />

Voneinander lernen<br />

Die diesjährigen Begegnungstage <strong>im</strong> Oktober<br />

werden mit einer Plauderrunde eröffnet, welche<br />

ein besonders wichtiges Thema aufgreift,<br />

nämlich, dass Jung und Alt voneinander viel<br />

lernen können. «Vor allem, wenn die Männer<br />

akzeptieren, dass sie in ganz verschiedenen<br />

Lebensphasen mit anderen Aufgaben stehen»,<br />

führt Frey aus. Beispielsweise könnten die Älteren<br />

lernen, dass sie die heutige Jugend ihre<br />

eigenen Erfahrungen machen lassen müssen<br />

und dass diese ein anderes Lebensumfeld und<br />

Kommunikationsverhalten hat. «Für den<br />

überwiegenden Teil der Schwulen unter 30<br />

hingegen sind die Freiheiten, die sie haben,<br />

selbstverständlich», erklärt Frey weiter. «Ihnen<br />

ist nicht bewusst, dass die ältere Generation<br />

dies hart erkämpfen musste.»<br />

Die 30. BSM findet am Wochenende vom<br />

21., 22. und 23. Oktober statt. Alle Details zum<br />

Programm und Anmeldung unter bsm-info.ch.<br />

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36<br />

Reportage<br />

Gay-Cruises<br />

Gay Cruises sind<br />

<strong>im</strong> Trend<br />

Früher eher unspektakulär, heute beinahe ein<br />

«Must». Cruiser sticht in See und entschuldigt<br />

sich für das Wortspiel.<br />

Auf den Gay-Cruises wird allerhand geboten; natürlich auch diverse Motto-Partys. Jeder kann,<br />

muss aber nicht mitmachen. Leben und leben lassen ist das Motto auf hoher See.<br />

Von Briand Bedford<br />

D<br />

ie jährliche «The Cruise», die von den<br />

Partybetreibern des «La Demence»-<br />

Club in Brüssel organisiert wird, ist<br />

<strong>2016</strong> bereits zum sechsten Mal in Folge in See<br />

gestochen. Es war tatsächlich eine ganz besondere<br />

und magische Zeit, die ich mit weit<br />

über 2000 Passagieren verbringen durfte. Die<br />

meisten gay, <strong>im</strong> bunten Altersmix zwischen<br />

18 und 65 Jahren. Genauso gemischt die Nationalitäten:<br />

83 Staaten waren vertreten – ein<br />

absoluter Rekord für «The Cruise». Die grösste<br />

Gruppe an Bord kam aus Frankreich,<br />

gefolgt von Deutschland und Belgien. Sogar<br />

Homosexuelle aus dem Iran und Saudi-<br />

Arabien, also Ländern, in denen es unmöglich<br />

ist, offen homosexuell zu leben und zu überleben,<br />

waren auf dieser Kreuzfahrt vertreten,<br />

die an der spanischen Küste entlangführte.<br />

In diesem Jahr startete die siebentägige<br />

Reise von Barcelona und führte mit Tagesbesuchen<br />

über Malaga, Cadiz, Ibiza, Valencia<br />

wieder zurück nach Barcelona. Die Route<br />

ändert sich jährlich, liegt jedoch grösstenteils<br />

<strong>im</strong> Mittelmeer.<br />

Unser Schiff, die «Sovereign of the<br />

Seas», wurde in Frankreich 1989 als ein Teil<br />

der «Royal Caribbean»-Line gebaut. Zu dieser<br />

Zeit war die «Sovereign» das grösste<br />

Kreuzfahrtschiff überhaupt. 2008 kaufte das<br />

Unternehmen Pullmantur die «Sovereign».<br />

Das Schiff mit seinen 820 Besatzungsmitgliedern<br />

kann bis zu 2324 Passagiere in<br />

1162 Kabinen beherbergen.<br />

Die Partys an Bord sind legendär<br />

Die nachmittäglichen T-Dances und<br />

nächtlichen Partys an Bord sind legendär.<br />

Das jeweilige Motto dieser Veranstaltungen<br />

wird den Passagieren ein paar Monate<br />

vor der Abfahrt bekanntgegeben. Im Gegensatz<br />

zur sich ständig wechselnden Route<br />

der Cruise wiederholen sich die beliebtesten<br />

Mottopartys wie «Wo kommst Du<br />

her?» jedes Jahr und bieten eine ausgezeichnete<br />

Gelegenheit, um mit den Erstteilnehmern<br />

an Bord in Kontakt zu kommen<br />

und die Freunde von vorherigen<br />

Reisen wiederzusehen. Weitere Themen<br />

sind Klassiker wie «White Party» und<br />

«Disco Party» sowie der legendäre<br />

«Ladies-T-Dance».<br />

<strong>CRUISER</strong> september <strong>2016</strong>


Reportage<br />

Gay-Cruises<br />

37<br />

Viele Passagiere erzählten mir, dass sie<br />

ungefähr 200 Euro für ihre Kostüme ausgegeben<br />

haben, die sie eigens für diese Kreuzfahrt<br />

besorgten, unabhängig davon, ob sie<br />

als gestandene Kreuzfahrtpassagiere oder<br />

als Neulinge dabei waren. Bei allen Events<br />

stellt man fest, wie sehr sich die Passagiere<br />

mit ihren Kostümen Mühe geben und daher<br />

geht für viele die Magie, die von «The Cruise»<br />

ausgeht, bereits zu Hause mit den Vorbereitungen<br />

los. Klar, dass man an Bord denn<br />

auch zuerst von einer waschechten Dragqueen<br />

begrüsst wird, in unserem Fall war<br />

das «Miss Koka», ein Naturtalent, unglaublich<br />

amüsant. Sie war einer meiner persönlichen<br />

Lieblinge an Bord.<br />

Essen als fester Programmpunkt<br />

Der zweite Tag dieser Vergnügungsreise war<br />

ein Seetag, und fast alle Passagiere waren auf<br />

dem Deck und genossen die Sonne, die<br />

Schw<strong>im</strong>mbäder und die grandiose Lounge-<br />

Musik von DJ Dikky Vendetta aus den<br />

Niederlanden. Ich fing den Tag mit einem<br />

entspannten Frühstück <strong>im</strong> Restaurant an.<br />

Das Buffet-Frühstück <strong>im</strong> Panorama-<br />

Restaurant auf dem Deck 11 war <strong>im</strong>mer sehr<br />

voll, aber für Leute wie mich eine ideale Gelegenheit,<br />

die Mitreisenden be<strong>im</strong> Essen zu<br />

beobachten. Was sie essen und auswählten<br />

war sehr interessant, denn es ist nicht einfach,<br />

einem Haufen schwuler Männer aus 83<br />

Nationen mit ihren Sonderwünschen das<br />

Richtige zu servieren. Mich auf jeden Fall<br />

überzeugte das Angebot an Bord, es gab sogar<br />

zuckerfeie Desserts.<br />

Essen war wichtig an Bord, aber auch<br />

die Kommunikation: Für viele wohl die<br />

Hauptbeschäftigung schelchthin. Überhaupt<br />

war eine grosse «Einigkeit» an ➔<br />

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38<br />

Reportage<br />

Gay-Cruises<br />

Auf den Gay-Cruises wird allerhand geboten; natürlich auch diverse Motto-Partys. Jeder kann, muss aber nicht mitmachen. Leben und leben<br />

lassen ist das Motto auf hoher See.<br />

Bord zu beobachten … Warum kann die<br />

schwule Welt nicht <strong>im</strong>mer so vereint und<br />

sorgsam sein?<br />

Internationale Verbundenheit<br />

Man konnte diese Harmonie unter den Passagieren<br />

beispielsweise auch während des<br />

«T-Dances» am zweiten Nachmittag unter<br />

dem Motto «Wo kommst Du her?» beobachten.<br />

Unglaublich viele sehr kreative und<br />

fantasievolle Schwule an Bord zeigten sensationelle<br />

Kostüme.Diese Party war ein Eisbrecher<br />

zwischen den Nationen und zugleich<br />

ein Freundefinder.<br />

Es folgten noch viele weitere Partys in<br />

dieser Woche und natürlich war auch am<br />

Abend <strong>im</strong>mer etwas los; beispielsweise mit<br />

LaDiva. Sie war ein weiteres Juwel an Bord<br />

und ist eine der wenigen Drag Queens, die ich<br />

kenne, die tatsächlich sehr gut singen kann.<br />

Nach den Shows folgten dann jeweils die Mitternachts-Specials<br />

und natürlich durfte auch<br />

ein ‹Dark-Room› nicht fehlen; eine Art Freiluftdunkelkammer<br />

auf Deck 11. Nach dem<br />

Sonnenuntergang packte das Schiffspersonal<br />

die Sonnenliegen in vertikalen Stapeln weg<br />

und bedeckte sie mit Tarnnetzen und kreierte<br />

so ein völlig einzigartiges Dunkelkammer-Areal.<br />

Die Unkompliziertheit, das «Miteinander»<br />

und das «unter sich Sein» ist ein<br />

schönes Gefühl. Man(n) kann sich kleiden,<br />

wie man will – egal, ob ein komisches Kostüm<br />

passend zum jeweiligen Motto oder aber<br />

ein Latex Jockstrap oder einfach Sportsgear –<br />

das ist alles okay, denn man gehört zu einer<br />

grossen Familie und dies ist auf die netteste<br />

Art gemeint, die man sich vorstellen kann.<br />

Ich fühlte mich während meiner besten Woche<br />

des Jahres genauso und kann es nicht erwarten,<br />

meine Koffer für «The Cruise 2017»<br />

endlich erneut zu packen!<br />

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Hinweis<br />

Es werden diverse Kreuzfahrten für Gays angeboten.<br />

Am besten lässt man sich bei Pink Cloud<br />

beraten: www.pinkcloud.ch<br />

BEGEGNUNG SCHWULER MÄNNER<br />

22. und 23. Oktober <strong>2016</strong> | Infos: bsm-info.ch<br />

<strong>CRUISER</strong> september <strong>2016</strong>


XXX<br />

XXX<br />

39<br />

Ab November <strong>2016</strong> ist es soweit!<br />

Cruiser und Mannschaft Magazin bündeln die Kräfte für<br />

ihre Werbepartner und bilden die erste medienübergreifende<br />

Kooperation der Schweizer LGBT-Medien.<br />

Redaktionell bleiben beide Magazine unabhängig.<br />

Cruiser und Mannschaft Magazin starten<br />

ihre Zusammenarbeit<br />

Ab November <strong>2016</strong> können Werbeformate in beiden Publikationen<br />

platziert werden. Eine einheitliche Preisstruktur,<br />

attraktive Kombi-Packages und ein Ansprechpartner für beide<br />

Magazine ermöglichen eine landesweite Abdeckung,<br />

ohne doppelten Aufwand. Mit Mannschaft Magazin als<br />

führendes Lifestyle-Magazin und Cruiser als erfolgreiches<br />

Zürcher Magazin wird eine Auflage von 22 000 Exemplaren<br />

erreicht.<br />

Beide Magazine bleiben weiterhin<br />

redaktionell unabhängig<br />

Die Zusammenarbeit fokussiert ausschliesslich auf den Bereich<br />

des Medienmarketings – redaktionelle Inhalte sowie die<br />

unabhängige, inhaltliche Ausrichtung der beiden Magazine<br />

bleiben bestehen.<br />

Mit Mannschaft Magazin als<br />

zuverlässigen Partner <strong>im</strong> Bereich<br />

Inseratemanagement freuen wir<br />

uns auf eine spannende und erfolgreiche<br />

Zusammenarbeit. Dabei<br />

bleiben die Werte jedes Magazins<br />

bestehen – und unsere Leser<br />

können sich weiterhin auf die bekannten<br />

Inhalte freuen»<br />

—<br />

Haymo Empl<br />

Geschäftsführer und Chefredaktor Cruiser<br />

Mannschaft Magazin ist neu Ihr Ansprechpartner<br />

für beide Magazine und Sie können von Kombi-<br />

Angeboten profitieren. Die Medientarife für beide<br />

Publikationen sind ab Mitte <strong>September</strong> verfügbar.<br />

Beide Magazine können weiterhin auch separat<br />

gebucht werden.<br />

KONTAKT<br />

Christina Kipshoven<br />

—<br />

+41 (0) 31 534 18 30<br />

christina@mannschaft.com<br />

—<br />

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Ich suche nicht irgendwen,<br />

daher suche ich auch nicht irgendwo.<br />

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