Biographien Wuhrsträssler (PDF, 3.6 MB) - Stiftung Trudi Demut und ...
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Silvio Mattioli<br />
Eisen- <strong>und</strong> Stahlplastiker<br />
* 2. 2. 1929 Winterthur<br />
+ 3. 4. 2011 Zürich<br />
Atelier an der Wuhrstrasse von 1953 bis 1968<br />
Silvio Mattioli wurde 1929 in Winterthur-Töss geboren, wo<br />
er im Schatten der eisenverarbeitenden Maschinenindustrie<br />
aufwuchs. Von seiner Mutter wurde er in katholische Messen<br />
gezerrt. Beides hasste er <strong>und</strong> beides prägte ihn: Das<br />
Eisen wie auch das Sakrale wurden wesentliche Bestandteile<br />
seiner Werke.<br />
In Winterthur erlernte er zuerst das Handwerk des Grabsteinhauers.<br />
Davon angewidert, wandte er sich zunächst<br />
der Malerei zu <strong>und</strong> reiste auf van Goghs Spuren in die Provence.<br />
Doch angesichts des grossen Vorbildes versenkte<br />
er vor van Goghs berühmter Ziehbrücke seine Bilder, die<br />
ihm misslungen schienen, in einem Kanal bei Arles.<br />
Dort griff ihn der Schweizer Bildhauer Hans Aeschbacher<br />
auf <strong>und</strong> machte ihn zu seinem Gehilfen. Die Archaik<br />
Aeschbachers wies Mattioli einen Weg zu eigenen Menschendarstellungen<br />
jenseits von Tradition <strong>und</strong> Konvention.<br />
Anfang fünfziger Jahre entstanden voluminöse Frauentorsi<br />
sowie Tiere in Stein <strong>und</strong> Holz.<br />
Mit dreissig erkannte Mattioli, welches Material ihm entsprach,<br />
das harte Metall. Von 1953 bis 1968 arbeitete <strong>und</strong><br />
lebte er an der Wuhrstrasse, anschliessend zog er in ein<br />
Bauernhaus in Schleinikon (ZH), das seine Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsstätte<br />
wurde. Dort baute er seit 1970 seine metallenen<br />
Grossplastiken, die in der ganzen Schweiz an öffentlichen<br />
wie privaten Standorten aufgestellt wurden <strong>und</strong> für Aufsehen<br />
sorgten.<br />
Es entstanden monumentale Werke wie die 14 Meter lange<br />
„Komposition“ im Park der heutigen Axa-Versicherungen in<br />
Winterthur (1970). Prominent wahrgenommen wurde seine<br />
bunte „Stahlkathedrale“ an der Ausstellung Eisen 89 in<br />
Dietikon, wo täglich Tausende Bahnreisende vorbeifahren.<br />
Ab 1990 wendete sich Mattioli vermehrt kleineren geschmiedeten<br />
Werken zu.<br />
Seiner Ehe mit Heidi Mattioli entstammen zwei Söhne, Pietro<br />
<strong>und</strong> Enrico (+1991).<br />
In seiner zweiten Ehe mit Ruth Mattioli (+ 2002) wurde<br />
Tochter Katharina geboren.<br />
Interpretationen:<br />
Silvio Mattioli gehörte zur Gründergeneration der Schweizer<br />
Eisenskulptur kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Eisen<br />
war die materielle Gr<strong>und</strong>lage zweier grauenhafter Kriege,<br />
<strong>und</strong> Mattioli begann diesen Stoff, der nicht als künstlerisch<br />
brauchbar galt, zu formen. Dabei beabsichtigte er, das<br />
„Marsische Material“ von der tragischen Belastung zu befreien<br />
<strong>und</strong> es von seiner Unterwerfung unter eine rein mechanische<br />
Welt zu lösen. (nach R. Oppenheim).<br />
Im Unterschied zu den Eisenplastikern Luginbühl <strong>und</strong><br />
Tinguely interessierte Mattioli nicht das mechanische Funktionieren.<br />
Ihm ging es um das Körperhafte. Seine Plastiken<br />
sind Strahlungszentren von Energie. Und das Schmieden<br />
ein geradezu mythischer Vorgang, der nebst physischer<br />
Kraft die ganze Emotionalität forderte.<br />
Zitat:<br />
«Ja, ich musste mir nicht langwierig <strong>und</strong> mühselig die Fertigkeiten<br />
des Schmiedens aneignen. Es lag mir im Blut. Ich<br />
erinnere mich genau an das erste in den Raum geschmiedete<br />
Eisen. Es war eine ganz elementare Erfahrung, ein<br />
Schmieden ins Nichts hinein, eine Bewegung, eine hyperbolische<br />
Linie in die Leere, die eigentlich erst Raum<br />
schaffte.»<br />
(Silvio Mattioli)<br />
Quellentexte:<br />
– “Mit Feuer <strong>und</strong> Flamme – Plastisches Schaffen von 1949 bis<br />
2004/ Roy Oppenheim <strong>und</strong> Abt Daniel Schönbächler / Huber Verlag,<br />
Frauenfeld 2004<br />
– „Laudatio für Silvio Mattioli“, Vernissage vom 17.4.10 Galerie<br />
Weiertal / Dr. Matthias Frehner / Kunstmuseum Bern<br />
– „Einer, der macht, was er machem muss“ / Adrian Mebold /<br />
Der Landbote 17. 4.10<br />
– „Das Eisen zum Singen bringen“ /Adrian Mebold /<br />
Der Landbote 8. 4.11<br />
– www.sikart.ch / Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft