Biographien Wuhrsträssler (PDF, 3.6 MB) - Stiftung Trudi Demut und ...
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Otto Teucher<br />
Bildhauer <strong>und</strong> Maler<br />
* 18. 6. 1899 Luzern<br />
+ 13. 6. 1994 Zürich<br />
Mitbegründer der Künstlergenossenschaft<br />
Wuhrstrasse<br />
Otto Teucher wuchs im thurgauischen Neukirch-Egnach<br />
auf. Schon als Knabe träumte er davon, Bildhauer zu<br />
werden, doch der Erste Weltkrieg machte solche Wünsche<br />
vorerst zur Illusion. Otto Teucher musste dafür sorgen, wie<br />
er materiell überlebte.<br />
Im väterlichen Malergeschäft schloss er eine Lehre als<br />
Flachmaler ab <strong>und</strong> arbeitete dann als Innenausstatter <strong>und</strong><br />
Dekorationsmaler. Doch besuchte er in den Wintermonaten<br />
wiederholt Kurse an der kunstgewerblichen Abteilung der<br />
Gewerbeschule St. Gallen.<br />
Nach seiner Heirat 1930 liess sich Teucher im Dorf Comano<br />
im Tessin nieder. Der Südkanton erschien damals vielen<br />
Künstlern als gelobtes Land, man lebte hier billig, <strong>und</strong> das<br />
milde Klima versprach ein leichtes Dasein. Teucher hielt<br />
sich dort mit Landschaftsmalerei über Wasser.<br />
Als ihm ein Atelier in Paris günstig angeboten wurde, griff<br />
er zu <strong>und</strong> nutzte den Aufenthalt in der Kulturmetropole, um<br />
sich die Gr<strong>und</strong>begriffe der Bildhauerei beizubringen: Er<br />
besuchte die Académie de la Grande Chaumière. Nach<br />
seiner Rückkehr ins Tessin entstanden die ersten figürlichen<br />
Skulpturen.<br />
1936 übersiedelte Teucher nach Zürich, hier fand er im<br />
noch ländlich anmutenden Kalkbreitequartier Wohnung<br />
<strong>und</strong> Atelier. Er lernte den Bildhauer Otto Müller kennen <strong>und</strong><br />
gründete mit ihm <strong>und</strong> dem Maler Max Truninger die Wohn-<br />
<strong>und</strong> Ateliersiedlung <strong>und</strong> Künstlergenossenschaft an der<br />
Wuhrstrasse.<br />
Seit 1949 unterrichtete Otto Teucher an der Zürcher Kunstgewerbeschule<br />
Zeichnen, Malen <strong>und</strong> Plastik. Teuchers<br />
Wirken an dieser Schule, wo er bis 1965 arbeitete, brachte<br />
sein eigenes künstlerisches Schaffen fast zum Erliegen.<br />
Denn er pflegte sich engagiert um die Fortschritten der<br />
einzelnen Schüler <strong>und</strong> Schülerinnen zu kümmern.<br />
Nach der Pensionierung fühlte er sich frei für die Kunst.<br />
Es entstand ein beträchtliches Alterswerk, dem nichts<br />
Sprödes anhaftet. Seine Unbefangenheit gegenüber<br />
der Kunst, seine Unabhängigkeit gegenüber einem künstlerischen<br />
Credo, seine Distanz zu Richtungskämpfen <strong>und</strong><br />
Gruppendisziplin konnte er sich deswegen leisten, weil die<br />
Avantgarde ihre Schlachten geschlagen <strong>und</strong> gewonnen<br />
hatte, als er sich endlich ganz der Kunst zuwenden konnte.<br />
Interpretationen:<br />
Otto Teucher hat seine Kunst aus dem Handwerklichen geschöpft,<br />
nicht aus einer Theorie entwickelt. Prägend ist eine<br />
Suche nach Einfachheit, die er auch in seinen Lehren betonte.<br />
Bei Porträts ging er auf „die Sache“ – das Gegenüber<br />
– ein <strong>und</strong> strebte nicht vor allem einen persönlichen Formkanon<br />
oder einen eigenen „Stil“ an.<br />
Als Bildhauer stellte er sich anfänglich in eine klassizistische<br />
Tradition. Ein „Sitzender Knabe“ in der Poliklinik-Halle<br />
des Universitätsspitals (1945/46) ist noch im Geist der<br />
Bildhauer Haller, Bänninger, Hubacher gehalten. 1949/50<br />
nahm Teucher im Akt eines jungen Mädchens, in Kalkstein<br />
gearbeitet, Abschied von der klassizistischen Ästhetik. Er<br />
vermochte die Form so stark zu verknappen, dass sie kaum<br />
mehr lesbar war.<br />
Teucher sah seine Arbeit als ein Gestalten in Gegensätzen:<br />
Das Zusammenspiel von Voll <strong>und</strong> Leer, von Negativ- <strong>und</strong><br />
Positivform, von Geschlossenheit <strong>und</strong> Aufbrechen kennzeichnet<br />
seine Werke.<br />
Quellentext:<br />
– Vereinfachen, ohne etwas zu verlieren / Fritz Billeter /<br />
Aus der Werkstatt / Helmhaus Zürich 1990