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Taxi Times Special 2016 - Kauf

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ROLLSTUHLTAXIS<br />

ROLLSTUHLTAXIS<br />

DIE HECKSPEZIALISTEN<br />

Auf die für den Rollstuhltransport notwendigen Umrüstungen<br />

haben sich zahlreiche Unternehmen spezialisiert.<br />

Diese sind bei den <strong>Taxi</strong>unternehmern sehr beliebt, weil ihre<br />

Lösungen deutlich kostengünstiger ausfallen als werkseitige<br />

Angebote der Hersteller. Über langjährige „<strong>Taxi</strong>- Erfahrung“<br />

verfügt unter anderem die Firma AMF-Bruns, deren Hauptsitz<br />

im niedersächsischen Apen liegt, die aber in ganz<br />

Deutschland und teilweise auch in den Nachbar ländern mit<br />

Partnerwerkstätten arbeitet. Die Nachfrage nach Fahrzeugen<br />

mit Heckausschnitt ist dort mittlerweile so groß, dass man<br />

kürzlich eine zweite Fertigungslinie für Umbauten dieser<br />

Art eröffnete. Nicht ganz so industriell, aber genauso profes -<br />

sionell wird ein paar Kilometer weiter bei Reha Automobile<br />

in Bad Zwischenahn umgerüstet. Jelschen gehört mittler -<br />

weile zur Berliner REHA Group, hat seine Fachkompetenz<br />

dadurch aber nicht eingebüßt. MobiTEC aus dem schwä bi -<br />

schen Berkheim produziert weit über die Landes -<br />

grenzen Bayerns und Baden-Württembergs<br />

hinaus. In Nordrhein-Westfalen (Velen)<br />

ist Schöttler beheimatet. In Brandenburg<br />

hat sich das gleichnamige<br />

<strong>Taxi</strong>zentrum als Umrüster eta -<br />

bliert, und das Unternehmen<br />

Schoon sitzt in Wiesmoor.<br />

DIE FACHMESSEN<br />

Es gibt weitaus mehr Umrüstbetriebe für die Rollstuhlbeförderung,<br />

als wir im nebenstehenden Beitrag aufzählen konnten.<br />

Der Vorteil für den Kunden: Durch diesen Wettbewerb bleiben<br />

die Preise realitätsnah. Wer sich dazu auch ein Bild von der<br />

Qualität machen will, kann durch ganz Deutschland touren<br />

oder aber eine der speziellen Fachmessen besuchen. In Fulda<br />

etwa findet jährlich im Mai die RETTmobil statt. Deren Schwerpunkt<br />

liegt auf Fahrzeugen für den Blaulichtein satz. Zwischen<br />

Blaulicht und Sirene mischen sich aber auch regelmäßig eine<br />

Handvoll Rolli-Umrüster unter die Aussteller.<br />

Zu den größten jährlichen Fachmessen für Personen mit Behinderung<br />

zählt die Düsseldorfer REHACARE Ende September.<br />

Hier machen Fahrzeugumrüstungen nur einen kleinen Teil der<br />

Messe aus, und die meisten Firmen kommen auch nur noch alle<br />

zwei Jahre – immer in den ungeraden Kalenderjahren. Eigentlich<br />

wäre es aus <strong>Taxi</strong>sicht umgekehrt besser, denn nur wenige<br />

Wochen nach der REHACARE findet in den geraden Jahren ein<br />

paar Kilometer weiter in Köln die Europäische <strong>Taxi</strong>messe statt.<br />

DIE RECHTSNORMEN<br />

Wie muss eigentlich ein Rollstuhlfahrgast gesichert wer den?<br />

Eine gesetzliche Regelung gibt es dazu nicht, dafür aber die<br />

DIN-Norm 75078 Teil 2, die juristisch gesehen nur empfehlenden<br />

Charakter hat. Die Norm verbindet die Roll stuhlmit<br />

der Personensicherung. An der jeweils<br />

stabilsten Stelle auf den beiden Seitenteilen<br />

des Rollstuhl rahmens werden<br />

Vorrichtungen an gebracht<br />

(Kraftknoten), an denen verschiedene<br />

Gurte befestigt<br />

7 FAKTEN<br />

ZUR ROLLSTUHL-<br />

BEFÖRDERUNG<br />

Ausrüstung, Abrechnung,<br />

Ausstellung –<br />

Hilfestellungen bei der<br />

Rollstuhlbeförderung.<br />

Von Jürgen Hartmann<br />

Beispiel<br />

für einen<br />

Kraftknotenadapter.<br />

werden. Eine zusätzlich<br />

ange brachte Kopfund<br />

Nackenstütze<br />

erhöht die Sicher -<br />

heit. Es ist rat sam,<br />

F ahrzeuge nach<br />

DIN 75078 Teil 1<br />

und Teil 2 umrüsten<br />

zu las sen, da<br />

diese von sozialen<br />

Einrich tungen<br />

bei deren Ausschreibungen<br />

für<br />

Behindertenfahrten<br />

ins Pflichtenheft<br />

geschrie ben werden.<br />

Hier präsentieren sich mittlerweile so viele (auch internationale)<br />

Umrüstanbieter, dass man hinterher garantiert die richtige<br />

Entscheidung für ein rollstuhltaugliches <strong>Taxi</strong> treffen kann.<br />

Auf der Europäischen <strong>Taxi</strong>messe – alle zwei Jahre Anfang November in<br />

Köln – zeigen etliche Umrüster ihre Lösungen zur Rollstuhlbeförderung.<br />

FOTOS: Altec, AMF, LTC, Schoon, <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />

DER UMWELTKONFLIKT<br />

Das beliebteste Rollstuhltaxi im europäischen Raum ist der VW Caddy.<br />

Ihn gibt es auch mit dem umweltschonenden Erdgasantrieb TGI. Unglücklicherweise<br />

sind – aus Sicht der Rollstuhlumrüster – die Gastanks im<br />

Unter flurbereich verbaut, also genau dort, wo für den Rollstuhlzugang das<br />

Heck ausgeschnitten werden muss. Der Caddy TGI ist deshalb mit einer<br />

Roll stuhltauglichkeit nicht kombinierbar. Das gilt auch für bauähnliche<br />

Modelle anderer Hersteller wie den Fiat Doblo und Opel Combo.<br />

Nicht viel besser sieht es im Segment der Minibusse aus. Caravelle, Vito,<br />

Transit und andere werden werkseitig gar nicht erst mit alternativen<br />

Antrieben angeboten. Selbst Toyota, die ihre Hybriderfahrung mittlerweile<br />

in vielen Pkw-Varianten erfolgreich einsetzen, wird bei seinem im<br />

Herbst <strong>2016</strong> neu erscheinenden Busmodell nur Benzin- und Dieselmotorisierungen<br />

anbieten.<br />

Geduld muss auch haben, wer in elektrisch betriebenen <strong>Taxi</strong>s Fahr gäste<br />

im Rollstuhl befördern will. Der Nissan e-NV200 kann aus ähn lichen<br />

Gründen wie der Caddy TGI nicht mit einem Heckausschnitt<br />

versehen werden. Somit könnte das<br />

erste rollstuhltaugliche Elektro-<strong>Taxi</strong><br />

ab 2018 als London-<strong>Taxi</strong> unterwegs sein.<br />

Das Unternehmen wird seine nächste<br />

Generation ausschließlich strombetrieben<br />

bauen und plant dann<br />

auch eine Expansion (außer halb<br />

Großbritanniens) nach Europa.<br />

DIE ABRECHNER<br />

Ab 2018 soll das<br />

London-<strong>Taxi</strong> mit<br />

Elektromotor und<br />

Rollstuhlsitzplatz<br />

in ganz Europa<br />

erhältlich sein.<br />

Ein nicht unerheblicher Teil der<br />

Rollstuhlbeförderungen sind<br />

Krankenfahrten zu Strahlen- oder<br />

Dialysebehandlungen. Die Fahrtkosten<br />

übernehmen die Krankenkassen,<br />

die Abrechnung mit ebenjenen<br />

hat allerdings schon manchen <strong>Taxi</strong>unternehmer<br />

verzweifeln lassen. Ein fehlendes<br />

Häkchen auf der „Verordnung einer Krankenfahrt“<br />

nimmt mancher Sachbearbeiter gerne zum Anlass, den Betrag<br />

gar nicht zu zahlen oder eigenmächtig zu kürzen. Wer nicht elektro<br />

nisch abrechnet, bekommt sowieso bis zu fünf Prozent der<br />

Summe gekürzt. Der Einsatz spezieller Abrechnungs software<br />

ist bei häufigen Krankenfahrten mittlerweile unumgänglich,<br />

und Anbieter gibt es zahlreich. Viele von ihnen arbeiten so eng<br />

mit dem <strong>Taxi</strong>gewerbe zusammen, dass ihre Softwarelösungen<br />

an die individuellen Anforderungen zeitnah angepasst werden<br />

können. Alternativ zur eigenen Abrechnungssoftware, die bei<br />

einigen Softwareschmieden gleich in die komplette Auftragsvermittlung<br />

integriert ist, übernehmen auch Dienstleister die<br />

Abrechnung mit den Krankenkassen. Die Angebotspalette reicht<br />

hier von kostengünstiger Nutzung einer Online-Plattform bis<br />

DER<br />

RECHTSTIPP<br />

Achten Sie darauf, dass Sie ihre<br />

Rollstuhlfahrten nicht als<br />

„Krankentransporte“ bewerben, denn dies<br />

setzt eine Genehmigung nach den<br />

Rettungsdienstgesetzen voraus und kann<br />

von Mitbewerbern, also von echten<br />

Krankentransportunternehmen, wegen Irreführung<br />

abgemahnt werden.<br />

Der richtige Begriff für<br />

<strong>Taxi</strong>- bzw. Mietwagenunternehmen<br />

ist „Krankenbeförderung“.<br />

DIE HILFSMITTEL<br />

Um den behinderten Menschen mitsamt Rollstuhl<br />

ins Auto schieben zu können, muss der<br />

Höhenunterschied zum Fahrzeug überwunden<br />

werden. Das geht mit Schienen, einer Rampe<br />

oder einem Lift. Zwei Schienen oder eine<br />

Rampe werden entweder lose am Fahrzeug<br />

angelegt und ansonsten irgendwo im Innern<br />

verstaut oder hinter der Heckklappe angebracht<br />

und im Bedarfsfall herausgeklappt.<br />

Als Fahrzeuglift sind zwei Varianten möglich –<br />

entweder als eine Art Ladebordwand, die bei<br />

Nichtgebrauch immer senkrecht im Fahrzeugheck<br />

steht, oder als Kassette, die im Fahrzeugboden<br />

verbaut wird. Die zuletzt genannte<br />

Lösung ist sicher die bequemste, aber<br />

auch die aufwändigste und<br />

teuerste. Fast alle Umrüster<br />

bieten auch die passenden<br />

Schienen, Ram pen oder<br />

Lifte an. Andere Unternehmer,<br />

wie beispielsweise<br />

Altec aus Singen,<br />

haben sich vor allem<br />

auf diese Hilfs mittel<br />

spezialisiert.<br />

hin zur kompletten Übernahme sämtlicher Abrechnungstätig -<br />

keiten – inklusive Entgeltauszahlung nur wenige Tage nach der<br />

Abgabe beim Abrechnungsdienstleister. Was allerdings weder<br />

Softwaremodule noch Abrechnungsdienstleister können: die<br />

Fahrpreise mit den Kassen verhandeln. Das ist Aufgabe der<br />

<strong>Taxi</strong>verbände und klappt in den Regionen am besten, in denen<br />

sich die einzelnen Unternehmen nicht gegenseitig unterbieten.<br />

22 SEPTEMBER / <strong>2016</strong> TAXI<br />

TAXI SEPTEMBER / <strong>2016</strong><br />

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