Hannover erleben 2018
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Familie oder Beruf?<br />
Beides!<br />
SPECIAL: HANNOVER FÜR FACHKRÄFTE 93<br />
Praxisnahe Unterstützung für Unternehmen wie für<br />
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Familie<br />
bietet die Koordinierungsstelle Frau und Beruf der<br />
Region <strong>Hannover</strong>. Zu ihren Kernaufgaben zählen die<br />
Beratung von Frauen zum beruflichen Wiedereinstieg<br />
und/oder zur Neuorientierung, die Entwicklung<br />
von gezielten Weiterbildungsangeboten sowie die<br />
Geschäftsstellenarbeit für den Überbetrieblichen Verbund<br />
<strong>Hannover</strong> Region e. V. (ÜBV). Der ÜBV ist ein<br />
Unternehmens-Netzwerk mit dem Ziel, zukunftsorientierte<br />
Personalplanung, flexibles Personalmanagement<br />
und familienfreundliche Arbeitsbedingungen<br />
zu verbessern.<br />
Gefördert wird die Koordinierungsstelle Frau und<br />
Beruf Region <strong>Hannover</strong> vom Land Niedersachsen<br />
und aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF).<br />
Im Interview berichtet Christiane Finner, Leiterin<br />
der Koordinierungsstelle, von ihren Erfolgen und Herausforderungen.<br />
Frau Finner, müssen Sie oft erklären, dass<br />
Familienfreundlichkeit und Wirtschaftlichkeit<br />
keine Gegensätze sind?<br />
In der Region <strong>Hannover</strong> hat sich Familienfreundlichkeit<br />
nicht zuletzt aufgrund der demografischen Entwicklung<br />
auf einem hohen Niveau etabliert, wohl<br />
auch unabhängig von der Konjunktur. Die Unternehmen<br />
haben verstanden, dass familienfreundliche<br />
Arbeitsbedingungen ein entscheidendes Kriterium<br />
bei der Wahl des (zukünftigen) Arbeitgebers sind. So<br />
können sie mit lebensphasenorientierter Personalpolitik<br />
wertvolle Fachkräfte für sich gewinnen und<br />
binden.<br />
Wo liegt die Herausforderung aus Sicht der<br />
Arbeitgeber?<br />
Arbeitgeber müssen „immer am Ball bleiben“, denn<br />
die Wünsche und Lebenswirklichkeiten von Familien<br />
wandeln sich. Zukünftig wird auch die Pflege von<br />
kranken Angehörigen neben der Kinderbetreuung<br />
eine größere Rolle spielen. Immer mehr Mütter sind<br />
erwerbstätig und immer mehr Väter wünschen sich<br />
mehr Zeit für die Familie. Die Mehrheit der Eltern<br />
wünscht sich heute eine partnerschaftliche Aufteilung<br />
von beruflichen und familiären Aufgaben, die<br />
nur gelingen kann, wenn auch Männer die entsprechenden<br />
Angebote zur Vereinbarkeit erhalten und<br />
nutzen. Dabei kommt gerade den Führungskräften<br />
eine Schlüsselrolle zu, wenn es darum geht, Mütter<br />
und Väter in den Betrieben zu erreichen und durch<br />
eine familienfreundliche Unternehmenskultur zur<br />
Balance von Familie und Beruf zu motivieren. Auch<br />
die Digitalisierung und die damit verbundenen<br />
erweiterten Möglichkeiten einer räumlichen und zeitlichen<br />
Flexibilisierung von Arbeit eröffnen Gestaltungsmöglichkeiten<br />
für mehr Vereinbarkeit von Familie<br />
und Beruf. So bleibt Familienfreundlichkeit weiterhin<br />
ein strategisch wichtiges personalpolitisches<br />
Handlungsfeld bei den Arbeitgebern in unserer<br />
Region.<br />
Was raten Sie Berufstätigen oder Arbeitsuchenden,<br />
die eine Familie gründen möchten?<br />
Familie und Beruf zu vereinbaren, gehört heute zwar<br />
ganz selbstverständlich zur Lebensplanung – ist aber<br />
nicht immer einfach. Das berufliche Comeback nach<br />
einer Phase der familienbedingten Berufsunterbrechung<br />
verläuft häufig anders als gedacht.<br />
Nicht einmal der schnelle Wiedereinstieg nach der<br />
Elternzeit garantiert eine reibungslose Rückkehr in<br />
den Beruf. Hinzu kommt die Mehrbelastung durch<br />
Familie und Haushalt, und schließlich muss eine<br />
zufriedenstellende Lösung hinsichtlich der Kinderbetreuung<br />
oder auch der Pflege von Angehörigen<br />
gefunden werden. Mit unserem breit gefächerten<br />
Programm- und Beratungsangebot begleiten wir in<br />
ganz unterschiedlichen Lebenssituationen ein Stück<br />
weit zur Balance von Erwerbs- und Familienarbeit.<br />
Die Beratung der Koordinierungsstelle ist kostenlos<br />
und findet in vertraulichen Einzelgesprächen statt.<br />
Sie steht selbstverständlich auch Männern in Erziehungs-<br />
und Elternzeit offen. Im professionellen Netzwerk<br />
mit Bildungsanbietern, Arbeitsmarktakteuren<br />
und Unternehmen erarbeiten wir individuelle berufliche<br />
Perspektiven, geben neue Impulse, vermitteln<br />
berufsbezogene und persönliche Kompetenzen<br />
durch gezielte Weiterbildungsangebote. Wichtig ist<br />
uns dabei immer auch der persönliche Austausch<br />
der Berufstätigen und Wiedereinsteigerinnen und<br />
Wiedereinsteiger, zum Beispiel in den „Welcome-<br />
Back“-Netzwerktreffen.<br />
Wie schaffen Sie es persönlich, Ihre Work-Life-<br />
Balance zu halten?<br />
Das ist immer wieder auch für mich eine Herausforderung.<br />
Mit der Leitung der Koordinierungsstelle<br />
habe ich eine sehr abwechslungsreiche Aufgabe<br />
gefunden, die große Gestaltungsspielräume bietet.<br />
Einfach ein Job, der zu mir passt – mit Arbeitsinhalten<br />
und vielfältigen persönlichen Kontakten in einem<br />
interdisziplinären Arbeitsfeld, die mich auch ganz persönlich<br />
jeden Tag inspirieren. Ich präferiere wohl eher<br />
eine Work-Life-Integration als eine Balance im Sinne<br />
einer strikten Grenze zwischen Arbeit und Privatem.<br />
Nach intensiven Phasen im Beruf mag ich „spontane“<br />
Auszeiten mit Freunden oder auch ganz für<br />
mich beim Yoga, Joggen oder Musikhören. Zuhause<br />
sein. Reisen. Essen. Mein persönliches Motto ist da<br />
ganz schlicht: Arbeit ist wichtig. Leben auch!<br />
Jan Hetebrügge ■<br />
Die Gesellschaft verändert<br />
sich – Familienstrukturen,<br />
Berufsbiografien<br />
und Lebensentwürfe<br />
entwickeln<br />
sich mit. Die Vereinbarkeit<br />
von Familie und<br />
Beruf gehört heute zu<br />
den wichtigsten gesellschaftspolitischen<br />
Herausforderungen.