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Gesund und aktiv Nr. 10

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Service <strong>und</strong> Vorsorge<br />

Das Berliner Testament<br />

Für immer verbindlich oder kann es noch geändert werden?<br />

Der „Klassiker“ des gemeinschaftlichen<br />

Testamentes<br />

von Eheleuten ist das Berliner<br />

Testament. Das Berliner<br />

Testament regelt, dass<br />

sich die Eheleute zunächst<br />

wechselseitig zu Alleinerben<br />

einsetzen <strong>und</strong> die gemeinsamen<br />

Kinder zu gleichen<br />

Teilen zu Schlusserben eingesetzt<br />

werden.<br />

Dies dient zunächst einmal<br />

der (Alters-)Absicherung<br />

des länger lebenden Ehegatten<br />

<strong>und</strong> zum anderen<br />

dem Erhalt des Vermögens<br />

in der Familie. Schon zu<br />

Lebzeiten beider Eheleute<br />

ist das Berliner Testament<br />

für die Testierenden verbindlich.<br />

Es kann nämlich<br />

nicht einfach nur von einem<br />

der Eheleute durch ein neues<br />

Testament einseitig ab-<br />

© Foto: www.konitzer.it / pixelio.de<br />

geändert oder widerrufen<br />

werden. Vielmehr soll jeder<br />

Ehepartner in seinem Vertrauen<br />

auf den Fortbestand<br />

des gemeinschaftli- chen<br />

Testamentes geschützt<br />

werden. Daher ist die Aufhebung<br />

oder Abänderung<br />

eines Berliner Testamentes<br />

nur durch ein neues gemeinsames<br />

Testament der<br />

Eheleute möglich. Zwar gibt<br />

es die Möglichkeit eines einseitigen<br />

Widerrufes, dieser<br />

ist jedoch an strenge Formen<br />

geb<strong>und</strong>en. Der einseitige<br />

Widerruf muss von einem<br />

Notar beurk<strong>und</strong>et <strong>und</strong><br />

dem anderen Ehegatten<br />

förmlich zugestellt werden,<br />

damit dieser auch sicher<br />

Kenntnis von dem Widerruf<br />

erlangt <strong>und</strong> für sich selbst<br />

entscheiden kann, ob er ein<br />

neues Testament errichten<br />

will.<br />

Verstirbt einer der Ehegatten,<br />

wird die Bindung des<br />

Berliner Testamentes noch<br />

strenger. Die Erbeinsetzung<br />

der Kinder kann in aller Regel<br />

nicht mehr abgeändert<br />

werden. Diese Bindungswirkung<br />

eines Berliner Testamentes<br />

soll sicherstellen,<br />

dass der Ehegatte, der zuerst<br />

verstirbt, sich darauf<br />

verlassen können soll, dass<br />

nach dem Tod des anderen<br />

Ehepartners die Kinder<br />

tatsächlich Schlusserben<br />

werden. Für den Längerlebenden<br />

hat dies letztlich zur<br />

Folge, dass er auf Entwicklungen<br />

in der Beziehung<br />

zu den Kindern nicht mehr<br />

durch eine Änderung des<br />

Berliner Testamentes reagieren<br />

kann. Gerät also ein<br />

Kind „auf die schiefe Bahn“,<br />

oder es kommt zu einem<br />

Kontaktabbruch, so bleibt<br />

es dennoch Erbe des länger<br />

lebenden Elternteils. Auch<br />

wenn beispielsweise durch<br />

eine Immobilienübertragung<br />

auf eines der Kinder die<br />

Wertigkeit des Nachlasses<br />

erheblich verändert wurde,<br />

ist eine Korrektur des Testamentes<br />

nicht mehr möglich.<br />

Andererseits bietet die<br />

Bindungswirkung auch einen<br />

Schutz gegen „Überredungskünste“<br />

einzelner Kinder<br />

oder auch Dritter, die ein<br />

Interesse haben, anstelle<br />

der bisherigen Erben zu Erben<br />

eingesetzt zu werden.<br />

Wichtig bei der Errichtung<br />

eines Berliner Testamentes<br />

ist deshalb, dass sich die<br />

Testierenden über die Frage<br />

der Bindungswirkung Gedanken<br />

machen <strong>und</strong> auch in<br />

ihrem Testament positiv etwas<br />

dazu sagen, ob die<br />

Erbeinsetzung der Kinder<br />

bindend sein soll oder nicht.<br />

Dabei sind klare Formulierungen<br />

zu wählen, damit bei<br />

Streitigkeiten nicht Gerichte<br />

bemüht werden müssen,<br />

wie in dem nachfolgenden<br />

Beispiel. In selbst verfassten<br />

Testamenten liest man<br />

immer wieder mal die folgende<br />

Formulierung in verschiedenen<br />

Variationen:<br />

„Wir, die Eheleute, setzen<br />

uns gegenseitig als Alleinerben<br />

ein. Das heißt, der<br />

überlebende Ehegatte ist<br />

Alleinerbe <strong>und</strong> hat die Verfügungsgewalt<br />

über das gesamte<br />

Vermögen.“<br />

Hier stellte sich dem OLG<br />

Bamberg Anfang diesen<br />

Jahres nun die Frage, ob<br />

mit der Formulierung zur<br />

Verfügungsgewalt über<br />

das gesamte Vermögen<br />

gemeint war, dass auch<br />

eine Änderung des Berliner<br />

Testamentes möglich sein<br />

sollte. Dies hat das OLG<br />

Bamberg allerdings verneint,<br />

so dass die weiteren<br />

Testamente wegen der eingetretenen<br />

Bindungswirkung<br />

des Berliner Testamentes<br />

unwirksam waren.<br />

Der Zusatz, so das OLG<br />

Bamberg, habe lediglich<br />

klarstellende Bedeutung<br />

dahingehend, dass der<br />

länger lebende Ehegatte<br />

uneingeschränkter Alleinerbe<br />

des Erstversterbenden<br />

sein solle. Der Zusatz<br />

hat also mehr Verwirrung<br />

als Klarheit geschaffen. Auf<br />

eindeutige Formulierungen<br />

in einem Testament kommt<br />

es also an.<br />

Christoph Daniel · Fachanwalt für Erbrecht<br />

Berliner Straße 4 · 58452 Witten<br />

Tel. 0 23 02 / 27 90 90 · Fax 0 23 02 / 27 90 80<br />

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20 I ges<strong>und</strong> <strong>und</strong> <strong>aktiv</strong> I November/Dezember 2016 Sonderveröffentlichung

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