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Service <strong>und</strong> Vorsorge<br />
Das Berliner Testament<br />
Für immer verbindlich oder kann es noch geändert werden?<br />
Der „Klassiker“ des gemeinschaftlichen<br />
Testamentes<br />
von Eheleuten ist das Berliner<br />
Testament. Das Berliner<br />
Testament regelt, dass<br />
sich die Eheleute zunächst<br />
wechselseitig zu Alleinerben<br />
einsetzen <strong>und</strong> die gemeinsamen<br />
Kinder zu gleichen<br />
Teilen zu Schlusserben eingesetzt<br />
werden.<br />
Dies dient zunächst einmal<br />
der (Alters-)Absicherung<br />
des länger lebenden Ehegatten<br />
<strong>und</strong> zum anderen<br />
dem Erhalt des Vermögens<br />
in der Familie. Schon zu<br />
Lebzeiten beider Eheleute<br />
ist das Berliner Testament<br />
für die Testierenden verbindlich.<br />
Es kann nämlich<br />
nicht einfach nur von einem<br />
der Eheleute durch ein neues<br />
Testament einseitig ab-<br />
© Foto: www.konitzer.it / pixelio.de<br />
geändert oder widerrufen<br />
werden. Vielmehr soll jeder<br />
Ehepartner in seinem Vertrauen<br />
auf den Fortbestand<br />
des gemeinschaftli- chen<br />
Testamentes geschützt<br />
werden. Daher ist die Aufhebung<br />
oder Abänderung<br />
eines Berliner Testamentes<br />
nur durch ein neues gemeinsames<br />
Testament der<br />
Eheleute möglich. Zwar gibt<br />
es die Möglichkeit eines einseitigen<br />
Widerrufes, dieser<br />
ist jedoch an strenge Formen<br />
geb<strong>und</strong>en. Der einseitige<br />
Widerruf muss von einem<br />
Notar beurk<strong>und</strong>et <strong>und</strong><br />
dem anderen Ehegatten<br />
förmlich zugestellt werden,<br />
damit dieser auch sicher<br />
Kenntnis von dem Widerruf<br />
erlangt <strong>und</strong> für sich selbst<br />
entscheiden kann, ob er ein<br />
neues Testament errichten<br />
will.<br />
Verstirbt einer der Ehegatten,<br />
wird die Bindung des<br />
Berliner Testamentes noch<br />
strenger. Die Erbeinsetzung<br />
der Kinder kann in aller Regel<br />
nicht mehr abgeändert<br />
werden. Diese Bindungswirkung<br />
eines Berliner Testamentes<br />
soll sicherstellen,<br />
dass der Ehegatte, der zuerst<br />
verstirbt, sich darauf<br />
verlassen können soll, dass<br />
nach dem Tod des anderen<br />
Ehepartners die Kinder<br />
tatsächlich Schlusserben<br />
werden. Für den Längerlebenden<br />
hat dies letztlich zur<br />
Folge, dass er auf Entwicklungen<br />
in der Beziehung<br />
zu den Kindern nicht mehr<br />
durch eine Änderung des<br />
Berliner Testamentes reagieren<br />
kann. Gerät also ein<br />
Kind „auf die schiefe Bahn“,<br />
oder es kommt zu einem<br />
Kontaktabbruch, so bleibt<br />
es dennoch Erbe des länger<br />
lebenden Elternteils. Auch<br />
wenn beispielsweise durch<br />
eine Immobilienübertragung<br />
auf eines der Kinder die<br />
Wertigkeit des Nachlasses<br />
erheblich verändert wurde,<br />
ist eine Korrektur des Testamentes<br />
nicht mehr möglich.<br />
Andererseits bietet die<br />
Bindungswirkung auch einen<br />
Schutz gegen „Überredungskünste“<br />
einzelner Kinder<br />
oder auch Dritter, die ein<br />
Interesse haben, anstelle<br />
der bisherigen Erben zu Erben<br />
eingesetzt zu werden.<br />
Wichtig bei der Errichtung<br />
eines Berliner Testamentes<br />
ist deshalb, dass sich die<br />
Testierenden über die Frage<br />
der Bindungswirkung Gedanken<br />
machen <strong>und</strong> auch in<br />
ihrem Testament positiv etwas<br />
dazu sagen, ob die<br />
Erbeinsetzung der Kinder<br />
bindend sein soll oder nicht.<br />
Dabei sind klare Formulierungen<br />
zu wählen, damit bei<br />
Streitigkeiten nicht Gerichte<br />
bemüht werden müssen,<br />
wie in dem nachfolgenden<br />
Beispiel. In selbst verfassten<br />
Testamenten liest man<br />
immer wieder mal die folgende<br />
Formulierung in verschiedenen<br />
Variationen:<br />
„Wir, die Eheleute, setzen<br />
uns gegenseitig als Alleinerben<br />
ein. Das heißt, der<br />
überlebende Ehegatte ist<br />
Alleinerbe <strong>und</strong> hat die Verfügungsgewalt<br />
über das gesamte<br />
Vermögen.“<br />
Hier stellte sich dem OLG<br />
Bamberg Anfang diesen<br />
Jahres nun die Frage, ob<br />
mit der Formulierung zur<br />
Verfügungsgewalt über<br />
das gesamte Vermögen<br />
gemeint war, dass auch<br />
eine Änderung des Berliner<br />
Testamentes möglich sein<br />
sollte. Dies hat das OLG<br />
Bamberg allerdings verneint,<br />
so dass die weiteren<br />
Testamente wegen der eingetretenen<br />
Bindungswirkung<br />
des Berliner Testamentes<br />
unwirksam waren.<br />
Der Zusatz, so das OLG<br />
Bamberg, habe lediglich<br />
klarstellende Bedeutung<br />
dahingehend, dass der<br />
länger lebende Ehegatte<br />
uneingeschränkter Alleinerbe<br />
des Erstversterbenden<br />
sein solle. Der Zusatz<br />
hat also mehr Verwirrung<br />
als Klarheit geschaffen. Auf<br />
eindeutige Formulierungen<br />
in einem Testament kommt<br />
es also an.<br />
Christoph Daniel · Fachanwalt für Erbrecht<br />
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20 I ges<strong>und</strong> <strong>und</strong> <strong>aktiv</strong> I November/Dezember 2016 Sonderveröffentlichung