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GEISTIG FREI UND WISSENSCHAFTLICH UNABHÄNGIG Günter Mühlpfordt zum 90. Geburtstag „Nur was man selbst aufgibt, ist endgültig verloren.“ Der Historiker Professor Dr. Günter Mühlpfordt hat mit dieser Überzeugung unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er sich trotz größter politischer und wissenschaftlicher Isolation, trotz Ausgrenzung und gesellschaftlicher Unterdrückung in der Deutschen Demokratischen Republik niemals aufgegeben hat. Der gebürtige Hallenser studierte an der Universität seiner Heimatstadt und erwarb 1941 den Doktorgrad. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges arbeitete er am Aufbau des Instituts für Osteuropäische Geschichte mit und habilitierte sich im Jahr 1952. Ab 1953 war er Dozent, ab 1954 Professor mit Lehrauftrag. Das gegen ihn 1962 ausgesprochene Berufs- und Publikationsverbot machte ihn zu einem stellenlosen Privatgelehrten ohne regelmäßige Einkünfte. Die erzwungene innere Emigration hat er mit der auch von ihm herbeigesehnten Wiedervereinigung Deutschlands überwunden. Bereits die erste frei gewählte Regierung der Deutschen Demokratischen Republik hat ihn noch vor der Wiedervereinigung als Wissenschaftler vollständig rehabilitiert. Geistig stets frei und wissenschaftlich unabhängig geblieben, hat er seine Forschungen zur mittel- und osteuropäischen Geistesgeschichte im Allgemeinen sowie zur frühen Neuzeit und Aufklärung im Besonderen bis heute unbeirrt und in großer geistiger Frische fortgesetzt. Im Jahr 2011 publizierte er einen Band mit Aufsätzen unter dem Titel „Halle – Leipziger Aufklärung. Kernstück der Mitteldeutschen Aufklärung“ in der von ihm herausgegebenen Schriftenreihe „Mitteldeutsche Aufklärung“. Am 28. Juli 2011 vollendete Günter Mühlpfordt sein 90. Lebensjahr. Dazu beglückwünscht ihn der Mitteldeutsche Kulturrat auf das Herzlichste. Es geht dem Jubilar nicht darum, erlittenes Unrecht zu vergelten, sondern trotz seines hohen Alters durch beharrliche Forschungen zur weiteren Erschließung und Pfl ege der gemeinsamen geistigen Wurzeln in Deutschland sowie in Mittel-, Ost- und Westeuropa beizutragen, damit die durch die Katastrophe des Zweiten Weltkrieges verursachte Spaltung Europas auch geistig Schritt um Schritt überwunden wird. Es ist Günter Mühlpfordt vergönnt, die reichen wissenschaftlichen Früchte eines erfüllten, wenn auch über vier Jahrzehnte in einem gesellschaftlichen Abseits ertragenen Forscherlebens zu ernten. Für die Breite seines wissenschaftlichen Wirkens 31
und seiner Ausstrahlung sprechen die ihm gewidmete siebenbändige Festschrift „Europa in der frühen Neuzeit“, herausgegeben von Erich Donnert (Weimar, Köln, Wien 1997–2003), und der ihm von der Universität Magdeburg 1999 verliehene Eike-von- Repgow-Preis. Seine Schülerin, Frau Dr. Annemarie Haase, hat nach ihrer Flucht aus der Deutschen Demokratischen Republik persönlich und wissenschaftlich beharrlich für ihren Lehrer und geistigen Mentor geworben. In besonderer Weise hat sie dies bis zu ihrem Tode auch in der Stiftung Mitteldeutscher 32 Kulturrat getan, zuerst in der Bundesrepublik Deutschland und seit 1990 im wiedervereinigten Deutschland. Sie hat damit das geleistet, wofür auch der Mitteldeutsche Kulturrat seit seiner Gründung 1954 steht, länderübergreifend Kultur und Wissenschaft aus Deutschlands Mitte zu bewahren, zu pfl egen und auch im Sinne von Günter Mühlpfordt für die Wissenschaften Brücken zu schlagen. Harro Kieser Herbert Pruns
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