ECHO Karriere 2016
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INTERVIEW<br />
„Verzahnung von Theorie und<br />
Praxis ist unerlässlich“<br />
HAK Innsbruck. Direktorin Sabine Wechselberger betont die Vorteile berufsbildender<br />
Schulen, setzt auf praxisbezogene Ausbildungszweige und rät den Schülern, sich im<br />
Rahmen der Tage der offenen Tür einen persönlichen Eindruck vermitteln zu lassen.<br />
Jährlich stehen tausende Schüler und Eltern<br />
vor der schwierigen Entscheidung, die richtige<br />
Wahl für die zukünftige schulische und<br />
berufliche Laufbahn treffen zu müssen. Was<br />
kann man tun, um diese grundlegende Entscheidung zu<br />
erleichtern?<br />
Sabine Wechselberger: Ich bin grundsätzlich eine<br />
Verfechterin der berufsbildenden Schulen, und das<br />
nicht nur, weil ich Direktorin einer BHS bin. Als<br />
Mutter eines Gymnasiasten weiß ich aus Erfahrung,<br />
dass viele Schüler nach dem Gymnasium nicht weiter<br />
wissen, was sie studieren sollen, und dann in ein Loch<br />
fallen, weil sie keinen adäquaten Job bekommen. Es<br />
ist der große Vorteil der BHS, nach dem Abschluss<br />
sowohl studieren zu können als auch einen Beruf zu<br />
haben oder während des Studiums jobben zu können.<br />
Die Gesamtschuldebatte ist wieder einmal am Siedepunkt,<br />
Befürworter und Gegner bleiben einander wenig schuldig.<br />
Wie ist Ihr Standpunkt beim Thema Gesamtschule?<br />
Bei Gymnasien und Neuen Mittelschulen handelt<br />
es sich gewissermaßen um unsere Zubringerschulen.<br />
Die Ergebnisse, die wir von den ländlichen Neuen<br />
Mittelschulen haben, sind durchaus gut, die Schüler<br />
sind gleichwertig mit Gymnasiasten. Im Übrigen<br />
gibt es leider große Unterschiede zwischen den einzelnen<br />
Neuen Mittelschulen.<br />
Richtet sich die Bildungswahl stärker nach den Perspektiven<br />
am Arbeitsmarkt?<br />
Das würde ich schon sagen. Wir haben in der HAK<br />
jetzt Patenmodelle eingeführt, wo jeder Absolvent<br />
schon fast eine Jobgarantie hat. Jeder Schüler bekommt<br />
in der zweiten Schulstufe einen Paten, entweder<br />
aus dem Banken- oder Versicherungsbereich<br />
oder einen Steuerberater. So entsteht schon während<br />
der Schulzeit eine Bindung zwischen dem Schüler<br />
und dem Arbeitgeber. Bei den Tagen der offenen Tür<br />
merkt man, dass Jobperspektiven durchaus eine große<br />
Rolle bei der Bildungswahl spielen. Wir haben viele<br />
Eltern, die eine Handelsakademie besucht haben und<br />
ihre Kinder wieder dorthin schicken in dem Wissen,<br />
dass die Qualität der Ausbildung stimmt.<br />
Seit wann gibt es an der HAK in Innsbruck ein derart<br />
ausdifferenziertes Bildungsangebot?<br />
Begonnen hat das mit dem Lehrplan von 2004. Mit<br />
meinem Kommen 2013 habe ich die hak.firi ins<br />
Leben gerufen. Die hak.cws ist auch sehr praxisorientiert.<br />
Mit dem neuen Lehrplan 2014 haben wir<br />
zusätzlich ein weiteres Stundentafel-Feintuning vorgenommen<br />
und uns den gesellschaftlichen Erfordernissen<br />
angepasst.<br />
Diese Ausbildungen finden in engem Kontakt mit der<br />
Wirtschaft statt. Hat dieses Modell Vorbildcharakter für<br />
andere Schulen?<br />
Ich denke, die Verzahnung von Praxis und Theorie<br />
ist für jede Ausbildung unerlässlich. Ein völlig losgelöstes<br />
Lehren von Theorie hat meiner Meinung nach<br />
keine Zukunft.<br />
Wo kann man sich am besten über das vielfältige Angebot<br />
der Bildungslandschaft informieren?<br />
Mittlerweile machen alle Neuen Mittelschulen und<br />
Gymnasien Berufsorientierungsveranstaltungen. Einige<br />
NMS laden auch die Schulen ein, sich vor Ort<br />
vorzustellen. Das ist natürlich eine gute Gelegenheit,<br />
aus erster Hand zu informieren. Als Informationsquelle<br />
nicht wegzudenken ist auch das Internet, weil<br />
man dort auf den Internetseiten der Schulen in aller<br />
Ruhe nach Infos suchen kann und sich das zu Hause<br />
im Familienverband anschauen kann. Außerdem<br />
gibt es auf der Seite des Landesschulrats zahlreiche<br />
neutrale Informationen. Auf keinen Fall entgehen<br />
lassen sollte man sich die Tage der offenen Tür in den<br />
einzelnen Schulen. Eine große Rolle spielt außerdem<br />
noch eine mündliche Empfehlung von Verwandten<br />
oder Bekannten.<br />
Foto: Kröll<br />
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