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ECHO Karriere 2016

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Gibt es noch Berufsfelder, in denen keine objektive<br />

Weiterbildungsnotwendigkeit besteht?<br />

Das hat es früher vielleicht gegeben, aber wenn<br />

man sich den Wandel mancher Berufe hin zu technologisch<br />

anspruchsvollen Tätigkeiten ansieht,<br />

dann nimmt diese Notwendigkeit immer mehr zu.<br />

Selbstständige müssen auch immer auf dem letzten<br />

Stand der Dinge sein. Insofern glaube ich, dass es<br />

kaum mehr Berufe gibt, die ohne Weiterbildung<br />

auskommen.<br />

„Das neue Lernen“ hat das WIFI schon 1971 proklamiert.<br />

Hat sich das Prinzip lebenslanges Lernen flächendeckend<br />

durchgesetzt?<br />

Es wäre natürlich schön, wenn sich jeder permanent<br />

weiterbilden würde. Ich glaube, in gewisser<br />

Weise tut das auch jeder. Der Kurs ist eine spezielle<br />

Form der Weiterbildung. Eine solche kann aber<br />

auch über andere Medien erfolgen. Das Internet ist<br />

eine große Bildungsquelle. Das informelle Lernen<br />

nimmt genauso zu und hat große Bedeutung. Das<br />

wird häufig übersehen.<br />

Finden individuelle Weiterbildungsanstrengungen<br />

auch auf den Lohn- und Gehaltszetteln ihren Niederschlag?<br />

Wir haben dazu eine Absolventenbefragung durchgeführt.<br />

Im Schnitt ist dabei herausgekommen, dass<br />

sich die Weiterbildung binnen eineinhalb Jahren<br />

rentiert.<br />

Sie haben die Tiroler nicht als Weiterbildungsmuffel<br />

charakterisiert. Halten Sie es folglich für nicht notwendig,<br />

zusätzliche Reize zur Weiterbildung zu setzen?<br />

Wir sehen es als unsere Aufgabe, Anreize zu setzen,<br />

um die Weiterbildung noch attraktiver zu machen.<br />

Wir bauen dazu das Angebot in den Bezirken aus,<br />

weil die Angebotsdichte außerhalb des Ballungsraums<br />

Innsbruck merklich nachlässt. In den Bezirken<br />

sehen wir Bedarf. Außerdem integrieren wir die<br />

Möglichkeit, sich online Wissen anzueignen, sehr<br />

stark in unsere Kurse. Unsere Lernmedien sind immer<br />

auch digital verfügbar.<br />

Was halten Sie von Online-Fernkursen?<br />

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Fernkurse<br />

eine sehr hohe Abbrecherquote haben und zu wenig<br />

Lernerfolg führen. Man darf nicht vergessen,<br />

dass Lernprozesse wesentlich auch soziale Prozesse<br />

sind. Früher hat man geglaubt, dass es ausreicht, je-<br />

manden vor den Computer oder Fernseher zu setzen,<br />

und derjenige eignet sich dann die Kompetenzen<br />

selbstständig an. Heute wissen wir es besser. Die<br />

Aufgabe moderner elektronischer Mittel ist es, den<br />

Inhalt übersichtlich aufzubereiten.<br />

Sie haben die soziale Komponente des Lernens angesprochen.<br />

Inwiefern haben sich die didaktischen Methoden<br />

in der Weiterbildung gegenüber früher verändert?<br />

Innerhalb der Institutionen findet gegenwärtig eine<br />

Bildungsreform statt, von der kaum jemand Notiz<br />

nimmt. Lehrerinnen und Lehrer leisten sehr viel, um<br />

zeitgemäße Unterrichtsformen bieten zu können.<br />

Auch bei AMS-Kursen ist verstärkt bemerkbar, dass<br />

der Mensch in den Mittelpunkt gestellt wird und<br />

dass der Lernprozess individuell maßgeschneidert<br />

wird. Wir haben mit LENA (lebendig und nachhaltig)<br />

mit Experten ein eigenes Lernkonzept entwickelt.<br />

Lehren wird verstärkt zu einer Lernbegleitung,<br />

die den indidividuellen Lernprozess stärken, unterstützen<br />

und vor allem festigen soll. Das hat auch mit<br />

der Haltung des Trainers zu tun. In meiner Schulzeit<br />

bin ich noch in einer Klasse mit 36 Schülern gesessen<br />

und habe acht Stunden lang den Lehrern zugeschaut,<br />

wie sie mit Kreide die Tafel beschrieben haben. Die<br />

Nachhaltigkeit des derart vermittelten Wissens ist<br />

gering. In der Erwachsenenbildung gehen wir eher in<br />

die Richtung, die Stundenanzahl zu reduzieren, dabei<br />

aber den Wissenstransfer zu stärken. Die Kursdauer<br />

hat abgenommen, wir haben Ballast abgeworfen. Der<br />

Kompetenzaufbau ist wichtiger als reines Wissen.<br />

Man kann nämlich sehr viel wissen und nichts können.<br />

Wir schauen, dass aus möglichst wenig Wissen<br />

möglichst viel Können entsteht.<br />

Welche Visionen haben Sie für die Zukunft des WIFI?<br />

Unsere Vision ist es, vom „One-size-fits-all“-Ansatz<br />

wegzugehen und noch zielgruppengerechtere Angebote<br />

zu machen. Dieses Ziel spiegelt sich auch in<br />

der Entstehung eines WIFI-Campus wider, der mit<br />

Gastronomie, Co-Learning-Spaces und dergleichen<br />

zum richtigen Campus für die Erwachsenenbildung<br />

avanciert. Außerdem wollen wir unsere Kompetenz<br />

in der Bildungsorganisation ausbauen und anderen,<br />

die eine Fachkompetenz haben, als Kooperationspartner<br />

zur Verfügung zu stehen, der Infrastruktur,<br />

IT, Lernplattform und alles weitere bereitstellt. Unsere<br />

Vision vom offenen Lernen ist umsetzbar. Wir<br />

wollen als WIFI eine Begegnungsfläche, ein Lernort<br />

sein, wo man sich trifft, sich austauscht und entdeckt,<br />

dass Kompetenzen von Menschen an Menschen<br />

weitergegeben werden. In diesem Prozess wollen wir<br />

gute Gastgeber sein.<br />

Interview: Marian Kröll<br />

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