ECHO Karriere 2016
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manche Studiengänge haben zwei verpflichtende<br />
Fremdsprachen. Wir sind als FH mittlerweile groß<br />
genug, aber eben auch noch klein genug, um ein persönliches<br />
Verhältnis zu den Studierenden aufbauen<br />
zu können, zu interagieren. Das wird auch vielfach<br />
sehr geschätzt.<br />
Berufsbegleitende Studien werden immer wichtiger. Wie<br />
sieht es damit in Kufstein aus?<br />
Mit der akademischen Weiterbildung sprechen wir<br />
stark Studierende an, die im Berufsalltag stehen, sich<br />
aber weiterbilden wollen. Sehr viele unserer Studiengänge<br />
bieten wir sowohl in Vollzeitform als auch<br />
berufsbegleitend an. Wir haben dafür das Modell<br />
Freitagnachmittag und den Samstag. Mit zwei Ausnahmen<br />
sind alle unsere Masterstudiengänge berufsbegleitend.<br />
Es gehört zu unserem didaktischen Modell,<br />
dass die Studierenden die Problemstellungen aus<br />
den Unternehmen mit ins Studium nehmen, um dort<br />
Lösungen zu finden und umgekehrt die Kenntnisse<br />
aus dem Studium in die Praxis einfließen zu lassen.<br />
Das ist eine super Symbiose. Man lernt als Studierender<br />
nicht nur von den Professoren, sondern auch<br />
voneinander. So baut man sich ein Netzwerk auf. Prozentuell<br />
ausgedrückt sind etwa 40 Prozent unserer Studierenden<br />
berufsbegleitend bei uns.<br />
Die Fachhochschulen stehen immer wieder im Zentrum<br />
bildungspolitischer Diskurse.<br />
Was kann man sich Schöneres wünschen, als dass die<br />
Politik proklamiert, sie wünscht sich einen höheren<br />
Anteil an FH-AbsolventInnen. Wir wollen ja auch<br />
die Universitäten entlasten und bieten durch unsere<br />
Organisationsstruktur die Möglichkeit, schneller und<br />
kostengünstiger ausbilden zu können. Die Schweiz<br />
und Deutschland leben uns das vor, wo die Anteile<br />
der FachhochschulabsolventInnen wesentlich höher<br />
sind als bei uns. Die Politik hat es in der Hand, den<br />
Anteil der FH-Studienplätze zu erhöhen.<br />
Damit dürften angesichts der Verteilungsfrage von Finanzmitteln<br />
die Universitäten wenig Freude haben.<br />
Die Universität ist nicht die große, böse Konkurrenz<br />
der Fachhochschule. Unser Zweck ist die akademische<br />
Berufsausbildung, die verschulter ist als ein<br />
Universitätsstudium. Wenn jemand die klassische<br />
Wissenschaftskarriere anstrebt, empfehle ich auch die<br />
Universität. Wer vom Lerntypus her das Umsorgte<br />
eher braucht, ist an der FH besser aufgehoben. Wir<br />
haben in Österreich zirka 48.000 FH-Studierende<br />
und 280.000 Uni-Studierende – das entspricht einem<br />
Verhältnis von 1:6. Beim AbsolventInnenvergleich<br />
Thomas Madritsch kommt – wie fast alle FH-Lehrenden – aus der wirtschaftlichen Praxis.<br />
stehen den 12.700 FH-AbsolventInnen zirka 34.000<br />
Uni-AbsolventInnen gegenüber, was einem Verhältnis<br />
von 1:3 entspricht. Betrachtet man die AbsolventInnen,<br />
die innerhalb der Toleranzzeit studieren, ist das Verhältnis<br />
bereits 1:1. Ich denke, die Zahlen sprechen für sich.<br />
Haben Sie derzeit neue Studien in Vorbereitung?<br />
Wir warten gerade, ob wir den Zuschlag für ein Studium<br />
im Bereich Industrie 4.0 bekommen. Das ist ein<br />
top-aktuelles Thema, das von der Wirtschaft gefordert<br />
wird und zu dem es noch wenige Angebote gibt. Wir<br />
orientieren uns an einem zweigeteilten Markt, zum einen<br />
an der Nachfrage der Studierenden, zum anderen<br />
an der Nachfrage der Wirtschaft. Das ist durchaus ein<br />
Spannungsfeld. Schade finde ich es, dass wir es gesellschaftlich<br />
betrachtet in den ersten neun Schulstufen<br />
nur sehr schwer schaffen, die Technikbegeisterung – die<br />
junge Menschen durchaus empfinden – aufrechtzuerhalten.<br />
Ein Kind ist grundsätzlich an allem interessiert.<br />
Dennoch verliert sich die Begeisterung auf dem Weg<br />
durch die Schule – Physik, Chemie oder Mathematik<br />
sind meist das Problem. An den Hochschulen kommen<br />
diese SchülerInnen nicht mehr an. Unser Ziel ist es jedenfalls,<br />
durch innovative Studiengangsprodukte die<br />
Lücke zwischen Angebot und Nachfrage im Technikbereich<br />
zu schließen.<br />
FHs sind mit dem Vorwurf der totalen Ökonomisierung der<br />
Bildung konfrontiert. Wie stehen Sie dazu?<br />
Totale Ökonomisierung? Andere Länder steuern den<br />
Zugang zu Bildung viel stärker. Volkswirtschaftlich betrachtet:<br />
Die Halbwertszeit des Wissens ist so gering,<br />
ein Studium von zehn Jahren daher wenig zweckmäßig.<br />
FHs können den Markt schon in einem Drittel der<br />
Zeit mit Nachwuchs versorgen. Ich sehe uns aber nicht<br />
als Uni-Konkurrenz, sondern als wertvolle Ergänzung<br />
am Bildungsmarkt. <br />
Interview: Marian Kröll<br />
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