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ECHO Karriere 2016

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INTERVIEW<br />

„Lehrmeinung und Praxis<br />

nicht immer deckungsgleich“<br />

FH Kufstein Tirol. Geschäftsführer Thomas Madritsch erläutert seinen <strong>Karriere</strong>pfad,<br />

spricht über die Entwicklung und Stärken der FH, berufsbegleitendes Studieren und<br />

sieht die FH nicht als Konkurrenz zu den Universitäten.<br />

Sie sind seit einigen Jahren Geschäftsführer<br />

der FH Kufstein Tirol und schon von Beginn an<br />

dabei. Wie ist Ihre <strong>Karriere</strong> verlaufen?<br />

Thomas Madritsch: Ich komme aus dem technischen<br />

Bereich, habe die HTL in Jenbach absolviert. Ich<br />

wollte immer studieren und habe mich in Graz für<br />

den Wirtschaftsingenieur inskribiert. Ich hatte sogar<br />

schon eine Wohnung dort. Der Direktor der HTL hat<br />

mir eine Woche vor Studienbeginn nahegelegt, mir<br />

eine Stelle für Forschung und Entwicklung in Liechtenstein<br />

anzuschauen. Im ersten Moment wollte ich<br />

ablehnen, ich wollte ja studieren. „Anschauen kostet ja<br />

nichts“, hat mein Vater damals gemeint. Danach war<br />

ich acht Jahre in Liechtenstein, habe dort Forschungsund<br />

Entwicklungslabors geleitet. Sehr rasch habe ich<br />

erkannt, dass man sich, wenn man weiterkommen<br />

will, ständig weiterbilden muss. Ich habe dann den<br />

kaufmännischen Teil der Meisterprüfung fürs Installationsgewerbe<br />

gemacht, habe in Schlosshofen einen<br />

Universitätslehrgang für Betriebswirtschaft und Marketing<br />

gemacht. Danach hatte ich ein Angebot, in den<br />

Vertrieb zu gehen. So kam es dazu, dass ich eine Vertriebsniederlassung<br />

mit 43 Mitarbeitern geleitet habe.<br />

Da ist meine Liebe zur Organisations- und Personalentwicklung<br />

entstanden. Am MCI habe ich dann den<br />

ersten FH-Studiengang für unternehmensgestaltende<br />

Berufe absolviert. Nach meinem Abschluss war ich<br />

acht Jahre Niederlassungsleiter, bis mich der Gründer<br />

der FH Kufstein, Professor Walter Mayr, angesprochen<br />

hat, den Studiengang Facility Management zu<br />

leiten. „In den Bildungsbereich wechsle ich nicht“,<br />

wollte ich im ersten Moment ablehnen. Nachdem<br />

mir Professor Mayr von seiner Vision erzählt hat, aus<br />

Kufstein eine Bildungsstadt zu machen und innovative<br />

Studienprogramme für die Wirtschaft zu entwickeln,<br />

habe ich dann zugesagt. Mich hat diese Vision<br />

angesteckt. Im Fachhochschulbereich hat man die<br />

Chance, sich weltweit zu positionieren, wie uns das<br />

etwa im Segment Facility Management gelungen ist.<br />

Wir waren die Ersten in Europa, die dafür international<br />

zertifiziert wurden. Mein Dissertationsvorhaben<br />

habe ich im Bereich Gesundheitswissenschaft an der<br />

UMIT in Hall vollzogen.<br />

Ist es die große Stärke von Fachhochschulen, dass dort<br />

Vortragende mit Praxiserfahrung zum Einsatz kommen?<br />

Ja. Das ist auch unser Auftrag. Wir bieten eine akademische<br />

Berufsausbildung und fordern von den Lehrenden<br />

mindestens fünf Jahre Praxiserfahrung. Wir haben<br />

als Fachhochschule die Chance, jungen Menschen<br />

etwas mitzugeben, das nicht konkret im Lehrbuch<br />

steht, sondern zwischen den Zeilen – eine Chance darauf<br />

hinzuweisen, dass Lehrmeinung und Praxis nicht<br />

unbedingt deckungsgleich sein müssen.Wir sind auch<br />

etwas flexibler als öffentliche Institutionen. Wenn wir<br />

eine gute Idee haben, können wir sie schnell umsetzen.<br />

Das freut mich an meinem Job.<br />

Wie lange dauert es von der ersten Idee für einen neuen<br />

Studiengang bis zu dessen Umsetzung?<br />

Gute eineinhalb bis zwei Jahre. Wobei das nicht nur an<br />

uns liegt, sondern auch am Akkreditierungsverfahren.<br />

Der Zeitraum umfasst auch die Vermarktungszeit von<br />

mindestens einem halben Jahr.<br />

Wie hat sich die FH seit ihrer Gründung entwickelt?<br />

Im Jahr 1997 haben wir mit den zwei Studiengängen<br />

Facility Management und International Business Studies<br />

in einem kleinen Gebäude am Rand der Stadt<br />

begonnen. Heute bieten wir 21 akademische Studienprogramme,<br />

elf Weiterbildungslehrgänge und zwei<br />

MBAs an, sitzen im Herzen Kufsteins und servicieren<br />

2000 Studierende aus 50 Ländern. Wir sind sehr international<br />

und verstehen uns nach wie vor als die internationale<br />

Fachhochschule. Das Besondere an Kufstein<br />

ist, dass all unsere Vollzeitstudierenden mindestens ein<br />

Semester im Ausland verbringen, in manchen Studiengängen<br />

sogar ein Jahr. Das ist Bestandteil eines persönlichen<br />

Reifeprozesses. In allen Studiengängen haben<br />

wir außerdem mindestens 20 Prozent Englischanteil,<br />

Foto: Kröll<br />

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