B&C_JAHRESBERICHT_2015_web
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B & C | JAHRBUCH <strong>2015</strong><br />
betont die Transformation von einem<br />
rein quantitativen zu einem qualitativen<br />
Wachstum hin, mit weniger<br />
Umweltschäden und mehr umgesetzten<br />
Innovationen.<br />
Wie werden sich Russland und Europa<br />
weiter entwickeln?<br />
SKALA-KUHMANN: Zu Russland kann<br />
man nur spekulieren. Die weitere<br />
Entwicklung hängt meines Erachtens<br />
davon ab, ob Russland wieder stärker<br />
auf der internationalen Weltbühne<br />
eingebunden wird. Ich denke, da sind<br />
wir auf bestem – oder sollte ich sagen,<br />
auf besserem – Weg. Ein weiteres<br />
Ausgrenzen Russlands ist für unsere<br />
Wirtschaft nicht von Vorteil. In<br />
Europa sehe ich positive Tendenzen,<br />
die auf die Politik der Europäischen<br />
Zentralbank sowie auf die Reformen<br />
in großen Teilen Randeuropas zurückzuführen<br />
sind. Wir haben eine wachsende<br />
Zahl an Arbeitsplätzen in der<br />
Eurozone. Damit dürfte auch der<br />
private Verbrauch zulegen.<br />
Wo wird Europa in zehn bis 20 Jahren<br />
stehen? Werden wir dann noch eine<br />
bedeutende Rolle im Konzert der<br />
Nationen und in der Weltwirtschaft<br />
spielen?<br />
SKALA-KUHMANN: Eine Antwort<br />
auf diese Frage ist wirklich spekulativ.<br />
Wirtschaftspolitisch könnte es solide<br />
weiter gehen, immer allerdings in<br />
Abhängigkeit von stabilem Wachstum<br />
in den Schwellenländern. Dabei sollten<br />
wir auch Afrika im Auge haben. Wachstum<br />
in Afrika und Indien, neben China,<br />
könnte der nächste globale Wachstumstreiber<br />
sein. Gelingt es aber nicht, die<br />
geopolitische Unordnung in den Griff zu<br />
bekommen, besteht Gefahr für Europa –<br />
insbesondere, wenn rechtspopulistische<br />
Parteien, die einen EU-Austritt<br />
propagieren, überhandnehmen. Ein<br />
Austritt Großbritanniens zum Beispiel<br />
könnte Europa sprengen, den gemeinsamen<br />
Markt ebenso wie die gemeinsame<br />
Währung. Die Auswirkungen<br />
mag ich mir lieber nicht vorstellen.<br />
Welche wirtschaftlichen Konsequenzen<br />
werden die aktuellen Krisen im<br />
Nahen Osten mit ihren Flüchtlingswellen<br />
auf die Wirtschaft haben?<br />
SKALA-KUHMANN: Es ist nicht wegzudiskutieren,<br />
dass die politischen,<br />
kulturellen und wirtschaftlichen Folgen<br />
des Flüchtlingsstroms von <strong>2015</strong><br />
gravierende Folgen haben könnten.<br />
Wobei allerdings hauptsächlich<br />
Deutschland betroffen wäre. Nach<br />
meiner Kenntnis sind die wirtschaftlichen<br />
Folgen derzeit schwer einschätzbar.<br />
Es gibt jedoch Stimmen, die von<br />
Gelingt es nicht, die geopolitische<br />
Unordnung in den Griff<br />
zu bekommen, besteht Gefahr<br />
für Europa.<br />
einem kurzfristigen positiven Konjunktureffekt<br />
sprechen – zumindest in<br />
Deutschland. Die Mehrausgaben für<br />
die Unterbringung und Versorgung<br />
der Flüchtlinge soll wie ein kleines<br />
Konjunkturprogramm wirken. Eine<br />
Auswirkung auf die Weltwirtschaft<br />
sehe ich indirekt durch die Schwächung<br />
Europas. Wenn wir das nicht<br />
„gemeinsam schaffen“, um hier die<br />
deutsche Kanzlerin zu zitieren, fallen<br />
der gemeinsame Markt und möglicherweise<br />
auch die Währungszone<br />
auseinander. Eine Weltwirtschaftskrise<br />
wäre nicht auszuschließen.<br />
Themenwechsel: Die Weltwirtschaft<br />
wird ja in vielen Bereichen stark von<br />
der voranschreitenden Digitalisierung<br />
beeinflusst. Zu welchen Verschiebungen<br />
der wirtschaftlichen Macht wird<br />
die Digitalisierung führen?<br />
SKALA-KUHMANN: Wir stehen mit<br />
der sogenannten Industrie 4.0 vor<br />
einer neuen industriellen Revolution.<br />
Es geht darum, die Industrieproduktion<br />
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