02/2017
Fritz + Fränzi
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Erziehung & Schule<br />
>>> Zugewanderten gelegt. Ihr<br />
Erfolg ist entscheidend. Es müssen<br />
Projekte und Initiativen entstehen,<br />
Wirtschaft – also Ausbildungsbetriebe<br />
– und Schule müssen besser<br />
zu sammenarbeiten. Und das<br />
kommt nicht nur den Flüchtlingen<br />
zugute. Allerdings braucht das Zeit,<br />
und wir können nicht so lange warten,<br />
denn die Zugewanderten sitzen<br />
jetzt in den Klassen. Wir müssen<br />
jetzt anpacken! Wir alle werden<br />
neue Menschen und fremde Kulturen<br />
kennenlernen.<br />
Die Lehrpersonen, aber auch die<br />
Schülerinnen und Schüler, die in<br />
der Schweiz gross geworden sind,<br />
werden sich im Unterricht mit den<br />
Folgen von Krieg und Vertreibung<br />
auseinandersetzen und vielleicht<br />
auch in ihrer Freizeit spüren, wie<br />
wichtig eine funktionierende<br />
Demokratie und ein Leben in Freiheit<br />
und Frieden sind.<br />
Fremdenfeindlichkeit, Ressentiments<br />
und Intoleranz sind keine<br />
latenten Schwingungen mehr, sondern<br />
werden im Unterricht, am<br />
Stammtisch, im Parlament, in den<br />
Medien thematisiert werden. Davon<br />
können alle – vom Erstklässler bis<br />
zum Bundesrat – nur profitieren.<br />
Zurück in der Berufs-, Fach- und<br />
Fortbildungsschule in Bern. Die BFF<br />
hat zwölf Klassen im Brückenangebot.<br />
Vor wenigen Jahren waren es<br />
nur sechs. «Den grössten Anteil<br />
machen Schüler aus Eritrea aus»,<br />
sagt die Klassenlehrerin, die an <br />
onym bleiben möchte, im Gespräch<br />
nach dem Unterricht. Rund 30 Prozent.<br />
Bisher waren die Klassen sehr<br />
gemischt, vom Fami liennachzug bis<br />
zum Di plo matensohn erhielten sie<br />
Deutschunterricht.<br />
Neuerdings kommen vor allem<br />
geflüchtete Afghanen und Syrer<br />
dazu. Obwohl Einwanderung und<br />
Integration in der Schweiz schon<br />
lange Teil der Kultur- und Bildungsgeschichte<br />
sind, stehen auch hier die<br />
Lehrerinnen und Lehrer neuen Problemen<br />
gegenüber. Das grösste<br />
davon ist der hohe Anteil an unbegleiteten<br />
minderjährigen Flüchtlingen.<br />
Manche Flüchtlinge waren<br />
seit Monaten, oft auch<br />
seit Jahren allein unterwegs.<br />
Allein im Kanton Bern sei die Zahl<br />
seit 2015 von 100 auf 500 angestiegen.<br />
«Sie sind seit Monaten, manchmal<br />
auch seit Jahren allein unterwegs<br />
gewesen», erzählt die Klassenlehrerin.<br />
Es falle ihnen sehr schwer, sich<br />
plötzlich wieder einer Autoritätsperson<br />
unterzuordnen. Ausserdem<br />
müssten sie soziale Kompetenzen<br />
wie zum Beispiel Pünktlichkeit neu<br />
lernen. «Sie waren lange auf sich<br />
gestellt, und plötzlich ist da wieder<br />
jemand, in dessen Obhut sie sind.<br />
Einige Minderjährige brauchen lange,<br />
um sich daran zu gewöhnen»,<br />
sagt die Klassenlehrerin. Trotzdem<br />
seien sie immer noch Kinder.<br />
Ebenfalls verändert habe sich der<br />
administrative Part: «Man ist immer<br />
in Kontakt mit vielen verschiedenen<br />
Institutionen, nicht mehr mit den<br />
Eltern.»<br />
Auch später reichen die Bedingungen<br />
im sozialen und administrativen<br />
Umfeld der zugewanderten<br />
Jugendlichen weit in den Schulalltag<br />
hinein. «Erst sind sie in Aufnahmeeinrichtungen<br />
untergebracht,<br />
und wenn sie volljährig werden,<br />
sind sie plötzlich doch wieder auf<br />
sich gestellt», sagt die Klassenlehrerin.<br />
Sie erzählt von einem Schüler,<br />
der von einem auf den anderen Tag<br />
in einer Wohngemeinschaft mit<br />
Vielen Geflüchteten<br />
fällt es am Anfang<br />
schwer, sich wieder<br />
einer Autoritätsperson<br />
unterzuordnen.<br />
40 Februar <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi