02/2017
Fritz + Fränzi
Fritz + Fränzi
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Erziehung & Schule<br />
Kinder schätzen es sehr, wenn<br />
sie im Gespräch eine aktive<br />
Rolle einnehmen können.<br />
Alle Kinder haben Menschenrechte<br />
Kinder in aller Welt sind Träger und Trägerinnen von<br />
Menschenrechten. Kein Mensch, keine Behörde<br />
und kein Staat darf Kinderrechte verweigern.<br />
Kinderrechte sind zu schützen und anzuerkennen.<br />
Jedes Kind hat das<br />
Recht auf Leben,<br />
Recht auf Gesundheit,<br />
Recht auf Schutz,<br />
Recht auf eine eigene Meinung (das ist die<br />
Mitwirkung),<br />
Recht auf Bildung,<br />
Recht auf eine gewaltfreie Erziehung,<br />
um nur einige der UN-Kinderrechtskonvention<br />
(www.unicef.ch > So helfen wir > Kinderrechte)<br />
aufzuzählen.<br />
Wenn uns interessiert, wie die Kinderrechte in der<br />
Schweiz besser umgesetzt werden können und<br />
was wir tun können, um diese zu stärken, sollten<br />
wir nicht vergessen, dass die Rechte der Kinder<br />
längst nicht überall eingehalten werden. In einigen<br />
Ländern gibt es kein sauberes Wasser, keine<br />
Schulen, müssen Kinder arbeiten, werden sie früh<br />
verheiratet oder als Kindersoldaten eingesetzt.<br />
>>> je doch die Pflicht der zuständigen<br />
Behörde, sich mit dem Wunsch<br />
von Tim auseinanderzusetzen: Wie<br />
war die Beziehung zu den Grosseltern<br />
in der Vergangenheit? Möchte<br />
Tim vielleicht«nur» den ständigen<br />
Streitereien der Eltern entfliehen<br />
oder einem Loyalitätskonflikt ausweichen?<br />
Welche Möglichkeiten<br />
gäbe es, dass Tim trotzdem bei seinen<br />
Grosseltern wohnen könnte?<br />
Mit der Mitwirkung von Kindern<br />
erhöht sich aber auch deren Be <br />
reitschaft, einen Entschluss, der von<br />
den Entscheidungsträgern getroffen<br />
wird, zu akzeptieren. Kinder schätzen<br />
es im Gespräch allgemein, wenn<br />
sie eine aktive Rolle übernehmen<br />
können. Sie möchten als Person in<br />
ihrem gesamten Lebensumfeld<br />
wahrgenommen werden und nicht<br />
nur als ein «Problemfall».<br />
Fortschritt erreicht<br />
Die Anerkennung von Mitwirkungsrechten<br />
und Kinderrechten hat in<br />
den letzten Jahrzehnten unbestreitbar<br />
Fortschritte gemacht. Der rechtliche<br />
Schutz von Kindern bleibt aber<br />
trotz neuer normativer Vorgaben<br />
und praxisorientierter Standards in<br />
der Schweiz uneinheitlich und ist auf<br />
gewisse Sachbelange beschränkt.<br />
Zudem hinkt die Umsetzung im Alltag<br />
noch hinterher, und der Bekanntheitsgrad<br />
der Mitwirkungsrechte<br />
lässt teilweise noch zu wünschen<br />
übrig.<br />
Eine im 2013 publizierte Studie<br />
zum Ländervergleich in Europa in<br />
Sachen Jugendstrafrecht attestiert<br />
der Schweiz und Schottland etwa<br />
eine sehr gute Berücksichtigung der<br />
Mitwirkung von Jugendlichen. Die<br />
Umsetzung der Mitwirkungsrechte<br />
von Kindern ist im Alltag jedoch vor<br />
allem in Schulbelangen noch verbesserungsfähig.<br />
Auch eine Befragung von 50 Mitgliedern<br />
erstinstanz licher Gerichte<br />
in der Romandie aus dem Jahre 2012<br />
zeigt, dass vor allem Kinder in<br />
«hochstrittigen» Fällen angehört<br />
werden und solche, die 10 Jahre oder<br />
älter sind. Darüber hinaus wird erst<br />
rund jedes hundertste Kind in einem<br />
gerichtlichen oder behördlichen<br />
Verfahren in der Schweiz durch eine<br />
Verfahrensvertreterin oder einen<br />
Verfahrensvertreter professionell<br />
unterstützt.<br />
Eine Studie aus dem Jahre 2011,<br />
welche die Kindesschutzsysteme<br />
untersuchte, kommt unter anderem<br />
zum Schluss, dass die Mitwirkung<br />
der Gesamtfamilie und eine unabhängige<br />
Kontrollinstanz in der<br />
Schweiz hilfreich sein könnten.<br />
Zwei jüngere EU-Studien aus<br />
dem Jahre 2015 (ohne Berücksichtigung<br />
der Schweiz) kommen zum<br />
Schluss, dass noch Handlungsbedarf<br />
besteht, dass die Schutzbestimmungen<br />
bei Kindern noch zu wenig be <br />
kannt sind, den Erwachsenen an der<br />
erforderlichen Kompetenz fehlt und<br />
dass gewisse Gruppen von Kindern<br />
noch weniger Möglichkeiten zur<br />
Mitwirkung haben.<br />
Was können Eltern tun?<br />
Eltern können ihre Kinder unterstützen,<br />
die Mitwirkungsrechte wahrzunehmen.<br />
Sie können zum Beispiel<br />
dazu beitragen, dass ihr Kind die<br />
Informationen, die zu seiner Meinungsbildung<br />
nötig sind, in einer<br />
verständlichen Weise erhält. Sie können<br />
dazu beitragen, dass ihre Kinder<br />
schon am Familientisch lernen mitzuwirken.<br />
Ferner ist sicherzustellen, dass<br />
alle Personen, die das Kind in einem<br />
Verfahren informieren, anhören,<br />
begleiten und vertreten, eine positive<br />
Grundhaltung gegenüber den<br />
Kindern haben und eine entsprechende<br />
Schulung (Grundkenntnisse<br />
in Recht, Kenntnisse der Kinderpsychologie)<br />
aufweisen.<br />
Zusätzlich sollte eine unabhängige<br />
Ombudsstelle oder -person in der<br />
Schweiz als Anlaufsstelle für Kinderrechte<br />
errichtet werden und sicherstellen<br />
können, dass die Kinderrechte<br />
durchgesetzt werden. Eine solche<br />
Institution wäre auch in Gesetzgebungsverfahren<br />
zu Kinderrechten<br />
einzubeziehen. Ihr käme auch Koordinationsfunktion<br />
zu.<br />
Sandra Hotz<br />
ist Juristin und Co-Leiterin des Projekts<br />
«Kinder fördern. Eine interdisziplinäre<br />
Studie zum Umgang mit ADHS» am Institut<br />
für Familienforschung und -beratung der<br />
Universität Freiburg. Sie beschäftigt sich<br />
mit Kinderrecht und Fragen der<br />
Selbstbestimmung von Patienten.<br />
>>><br />
48 Februar <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi