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02/2017

Fritz + Fränzi

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Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi<br />

meiner fast 30-jährigen Erfahrung<br />

als Primarlehrerin: Langeweile<br />

braucht es, hin und wieder. Langeweile<br />

aushalten muss man lernen. In<br />

unserer digitalisierten, schnelllebigen<br />

Zeit mehr denn je. Aus der Langeweile<br />

entspringen viele kreative<br />

Ideen; sie ist der Wegbereiter für die<br />

Fantasie. Und Fantasie braucht es für<br />

das psychische Wohlbefinden und<br />

einen erfolgreichen Spracherwerb.<br />

Das freie Spiel ist für die gesunde<br />

Entwicklung eines Kindes die wichtigste<br />

Fördermassnahme. Im freien<br />

Spiel lernt das Kind mit Hilfe seiner<br />

Fantasie aus wenig etwas Spannendes<br />

zu machen. Diese Fantasie entsteht<br />

aber nur, wenn Langeweile<br />

vorausgeht. Erst aus langweiligen<br />

Situationen entsteht Kreativität, entstehen<br />

gute Ideen zum Spielen. Egal<br />

ob mit sich selbst, mit einem Spielkameraden<br />

oder einer erwachsenen<br />

Person: Das Eintauchen in die eigene<br />

Fantasiewelt braucht Zeit, will<br />

geübt sein und geht nie auf Knopfdruck.<br />

Die Familienagenda entrümpeln<br />

Auch beim Spracherwerb spielt das<br />

freie Spiel eine wichtige Rolle.<br />

Obwohl jedes Kind sein eigenes<br />

Tempo hat, gelingen den meisten<br />

Kindern mit etwa zwei Jahren bereits<br />

längere Sätze, und mit vier Jahren<br />

können sich die meisten Kinder verständlich<br />

ausdrücken. Dann bleiben<br />

nochmals etwa acht Jahre Zeit bis zur<br />

korrekten Verwendung der Sprache<br />

nach unseren Grammatikregeln.<br />

Und genau dieses Üben passiert, vor<br />

allem in der Zeit bis Mitte Unterstufe,<br />

im freien Spiel, in der Interaktion<br />

mit gleichaltrigen Spielpartnerinnen<br />

oder in der Auseinandersetzung mit<br />

sich selbst.<br />

Der Spracherwerb ist kein be -<br />

wusster Lernprozess. Für den<br />

Sprach erwerb ist es wichtig, dass<br />

Kinder aktiv sprechen, ihre Kommunikation<br />

selber gestalten. Nur so<br />

können die notwendigen Verknüpfungen<br />

im Gehirn entstehen. Um<br />

sich die sprachlichen Reize und<br />

Anzeige<br />

Fantasie fördert das psychische<br />

Wohlbefinden und den<br />

erfolgreichen Spracherwerb.<br />

An regungen zu holen, die die Kinder<br />

in der jeweiligen Phase ihrer<br />

Sprachentwicklung benötigen,<br />

braucht es unendlich viel Übung.<br />

Und genau dies bietet das Rollenspiel.<br />

Und was heisst das nun konkret<br />

für die Freizeitgestaltung in der<br />

Familie?<br />

Entrümpeln Sie Ihre Familien -<br />

agenda. Bieten Sie Ihrem Kind<br />

immer wieder Zeit und Raum für<br />

Langeweile. Insbesondere sehr aktive<br />

Kinder, mit einem enormen<br />

Bedürfnis nach Bewegung, brauchen<br />

Langeweile, um herauszufinden,<br />

was ihnen guttut, um zur Ruhe<br />

zu kommen, um sich zu spüren.<br />

Organisieren Sie bewusst langweilige<br />

Situationen für Ihr Kind und fördern<br />

Sie damit die Fantasie. Gönnen<br />

Sie Ihren Kindern bildschirmfreie<br />

Zeiten und verfallen Sie nicht aus<br />

einer falschen Motivation heraus in<br />

Hyperaktivismus.<br />

Langeweile kann man üben<br />

Das Gleiche gilt für die Schule. Ich<br />

lasse meinen Kindern in der Unter-<br />

K’WERK<br />

K’Werk Zürich | Bildschule 4–16<br />

Kursprogramm und Anmeldung<br />

www.kwerk-zürich.ch<br />

Das K’Werk ist eine Bildschule für<br />

Kinder und Jugendliche von 4–16 Jahren.<br />

K’ steht für Kinder, Kurse, Kunst,<br />

Kreativität, Kultur, Kontinuität.<br />

stufe immer wieder Zeit, um sich mit<br />

sich selbst zu beschäftigen, stelle<br />

Freiräume mit offenen Aufgabenstellungen<br />

zur Verfügung. Der Lehrplan<br />

sieht solche inszenierten «Langeweilezeiten»<br />

vor. Selbstverständlich werden<br />

diese mit zunehmendem Alter<br />

weniger durch Rollenspiele gefüllt.<br />

Ab der zweiten Klasse beispielsweise<br />

durch das Erfinden von Geschichten<br />

oder offene Aufgaben im kreativen<br />

Bereich. Manchmal sind Papier<br />

und Bleistift wirkungsvoller als die<br />

neueste App auf dem iPad.<br />

Viele Kinder tun sich anfangs<br />

schwer damit, aber Langeweile aushalten<br />

und Geduld haben, bis daraus<br />

Kreativität entsteht, kann man üben.<br />

Es fühlt sich mit der Zeit gut an. Das<br />

ist Motivation genug, es erneut auszuprobieren<br />

und auszuhalten.<br />

Nein, früher war nicht alles besser.<br />

Und ich habe auch nichts gegen<br />

iPad, Hunderobotor und andere<br />

digitale Spielsachen. Aber ich mag<br />

ebenso Eile mit Weile, Briobahn und<br />

Schere, Leim und Papier. Langeweile<br />

ist keine Zeitverschwendung. Im<br />

Gegenteil. Langeweile bildet.<br />

ICICI<br />

Ausstellung «Bauplatz Kreativität»<br />

der Bildschulen Schweiz:<br />

17. März – 2.April <strong>2017</strong><br />

Räffelstrasse 10, Zürich Binz<br />

Februar <strong>2017</strong>51

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