LayoutHeft 25-1.pmd - Das Magazin für Kunst, Architektur und Design
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Metz | Lothringen<br />
Meisterwerke?<br />
Hochkarätige <strong>Kunst</strong> in kühner <strong>Architektur</strong> - das neue Centre Pompidou-Metz<br />
| Centre Pompidou-Metz, Nachtansicht, März 2010 © Shigeru Ban Architects Europe<br />
<strong>und</strong> Jean de Gastines Architekten, mit Philip Gumuchdjian Architekten <strong>für</strong> die<br />
Projektkonzeption des preisgekrönten Wettbewerbs / Metz Métropole / Centre<br />
Pompidou-Metz / Foto Roland Halbe<br />
Zugegeben, um die Ecke ist es nicht, das neue Centre Pompidou<br />
in Metz (Frankreich). Aber auf jeden Fall eine Reise wert. Denn<br />
der Plan scheint aufzugehen, die Stadt an der Mosel mit seinem<br />
Ballungsraum Lothringen über französische Grenzen hinweg als<br />
eine der bedeutendsten europäischen Kulturzentren zu positionieren.<br />
Seit der fulminanten Eröffnung im Mai diesen Jahres ist<br />
der Besucherstrom zu dem autonomen Ableger der renomierten<br />
Pariser Institution nicht abgerissen. Geschuldet ist dieser Andrang<br />
- auch aus den Nachbarländern Belgien, Luxemburg,<br />
Deutschland <strong>und</strong> der Schweiz - sicher vor allem dem Aufsehen<br />
erregendem Museumsbau, einem Werk der Architekten Shigeru<br />
Ban (Japan), Jean de Gastines (Frankreich) <strong>und</strong> Philip<br />
Gumuchdjian (England): Mit seinen drei übereinander gelegten<br />
Betonquadern <strong>und</strong> der darüber schwebenden, netzartigen Dachkonstruktion<br />
aus Holz <strong>und</strong> Textilmembran wirkt es mächtig <strong>und</strong><br />
leicht zugleich.<br />
Neben dieser architektonischen Leistung will man in Metz aber<br />
auch inhaltlich glänzen: Zusätzlich zu einem multidisziplinär<br />
geprägten Kulturprogramm setzt das Centre Pompidou auch in<br />
Metz seinen Anspruch der „kulturellen Demokratisierung“ fort.<br />
Die innovativen Eröffnungsausstellung ist noch bis zum <strong>25</strong>. Oktober<br />
komplett zu sehen, danach wird sie sukzessive umgebaut.<br />
„CHEFS-D’ŒUVRE ? (MEISTERWERKE ?)“ ist auf der gesamten<br />
Ausstellungsfläche (5.000 m²) zu sehen <strong>und</strong> vereint nicht nur<br />
die wichtigsten Künstler des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts von A (Arp) bis Z<br />
(Zaugg), sondern wagt mit ungewöhnlichen Inszenierungen die<br />
Annäherung an einen zentralen Begriff der <strong>Kunst</strong>welt. So wird<br />
in vier getrennten Sektionen ein neuer Blick auf „das Beste, was<br />
diese unvergleichliche Sammlung zu bieten hat“ versucht. Im<br />
Erdgeschoss, dem Grand Nef (Hauptschiff), ist es ein noch eher<br />
konventioneller, chronologischer Blick auf die Entwicklung des<br />
Begriffs <strong>und</strong> seines Bedeutungswandels, der dort beispielhaft<br />
an einzelnen Werken gegeben wird, während im ersten Geschoss<br />
die „Meisterwerke <strong>und</strong> ihre Geschichten“ im Zentrum stehen.<br />
Dabei werden rückblickend die großen Strömungen der malerischen<br />
Avantgarde (Fauvismus, Kubismus etc.) den Anfängen der<br />
konkreten <strong>und</strong> Konzept-<strong>Kunst</strong> gegenübergestellt.<br />
Reisetipp Ausstellungen | <strong>Architektur</strong> o.T. 15<br />
Doch erst das zweite Geschoss – „Ein Traum von Meisterwerken“<br />
- erreicht mittels Ausstellungsarchitektur einen veränderten Blick<br />
auf einzelne „berühmte <strong>Kunst</strong>werke“ der Klassischen Moderne,<br />
indem der Gemälde- <strong>und</strong> Skulptur-Parade erhellendes Zusatzwissen<br />
in Form von Text, Foto <strong>und</strong> Video gegenübergestellt<br />
werden, untergebracht in einem abgetrennten Parcours mit Sichtschlitzen.<br />
Mehr wie eine Demonstration nationaler Erfolge wirkt<br />
der angefügte Raum mit der Geschichte französischer Museumsarchitektur.<br />
In der dritten Etage „Meisterwerke auf ewig“ wird<br />
der Aktualität des Begriffs nachgegangen: Ist in Zeiten der medialen<br />
Reproduzierbarkeit <strong>und</strong> der konzeptuellen Herangehensweise<br />
vieler Gegenwartskünstler der Glaube an die Einzigartigkeit<br />
der <strong>Kunst</strong>werke nicht obsolet?, fragen die Kuratoren ihre<br />
Besucher. Tatsächlich wird hier in der Präsentation volksk<strong>und</strong>licher<br />
Arrangements (Georges-Henri Rivières „Almabtrieb“) <strong>und</strong><br />
ethnographischer Objekte im Kontext zeitgenössischer <strong>Kunst</strong> das<br />
Dilemma der <strong>Kunst</strong>museen überdeutlich: statt den westlichen<br />
Mythos von Genie <strong>und</strong> Meisterwerk aufzulösen, wird er – trotz<br />
Reflexion <strong>und</strong> Erweiterung – gerade dort manifestiert.<br />
| Galerie 2, «Ein Traum von Meisterwerken», Ansicht „Große Kartell-Galerie“, Links<br />
„Parade der Meisterwerke“, Foto Rémi Villagi<br />
Wer sich nun entweder dem flanierenden Genuss oder der vertiefenden<br />
Auseinandersetzung – beides ist möglich - hingegeben<br />
hat, sollte sich nach einer erholsamen Pause im Museumscafé<br />
oder Museumsgarten noch unbedingt das FRAC (Fonds régional<br />
d’art contemporain) Lorraine im hübschen Städtchen ansehen.<br />
In der regionalen Stiftung (<strong>und</strong> Sammlung) <strong>für</strong> Gegenwartskunst<br />
erwarten ihn Ausstellungen mit international bedeutenden Positionen,<br />
die nicht nur fre<strong>und</strong>lichst betreut, sondern weit weniger<br />
pompös viel näher dran sind an der Reflexion des Begriffs<br />
<strong>und</strong> den Fragestellungen der Zeit.<br />
| CHARLOTTE BRINKMANN<br />
| Centre Pompidou-Metz<br />
1, parvis des Droits de l’Homme, F-57020 Metz Cedex 1,<br />
T. 0033 - 3 87 153 939, www.centrepompidou-metz.fr<br />
48 NORD 6 EST - Frac Lorraine<br />
Fonds régional d’art contemporain<br />
1 bis rue des Trinitaires, F-57000 Metz<br />
T. 0033 - 387 742 002, http://www.fraclorraine.org