LayoutHeft 25-1.pmd - Das Magazin für Kunst, Architektur und Design

„Man kann den Stuhl nicht neu erfinden!“ Das sagt jeder Designer,
auch wenn sich fast alle an neuen Stuhlideen versucht haben.
Die ernsthaften Designer forschen, wie sich Sitzkomfort
optimieren lässt. Sie arbeiten mit den Errungenschaften der Industrie,
die durch neue Materialenwicklungen und Herstellungsmethoden
immer wieder Impulse gibt, die Designer zu neuen
Formen inspirieren. In der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts
revolutionierten Bugholz-, Formholz- und Stahlrohrbiegen
sowie erste Spritzgusstechnik das Stuhldesign. In den letzten 50
Jahren haben hochkomplexe Verfahren im Spritzguss und die
Entwicklung der Lasertechnologie zu Innovationen im Design
geführt. Im Gegensatz dazu haben sich künstlerisch ambitionierte
Gestalter genau um das Gegenteil bemüht und fantasievolle
Sitzskulpturen geschaffen, die meist per Hand Arbeit gefertigt
werden.
Das Spannungsfeld zwischen künstlerisch-handwerklicher Arbeit
und industrieller Innovation inspirierte Rüdiger Joppien, Leiter
der Abteilung europäisches Kunsthandwerk und Kurator der
Ausstellung. Zudem konnte das Museum seine Sammlung im
| „Well Tempered Chair“ – Ron Arad lässt auf schwingendem Stahlblech wippen
Foto: Maria Thrun
Hamburg
Design und Marketing
Zum Sommer hat sich Babette Peters, Hamburgs Direktorin
hamburgunddesign, einen Relaunch ihrer Website
hamburgunddesign° geleistet. Jan Müller-Wiefel, der auch
Peters´ regelmäßigen digitalen Newsletter gestaltet, zeichnet
dafür verantwortlich und hat hamburgischen Vorgaben Folge
geleistet. Der Hamburger Gestalter, dessen Name für die unorthodoxe
Kunst-, Design- und Grafik-Zeitschrift „Gudberg“ und
trendige grafische Ideen für den FC St.Pauli steht, musste ein
obligatorisches Element einbauen: einen roten Balken, der wie
ein Bug wirken soll. Diese Corporate Identity hat sich Hamburg
als Markenzeichen vor einiger Zeit verordnet. Penetrant dominiert
sie seitdem hanseatische Aktivitäten – von der Behörden
Website bis zu geringfügig öffentlich geförderten Projekten. Der
Balken scheint die hamburgunddesign°-Website von Müller-
Design
| Der chinesische Documenta-Künstler Ai Wei Wei machte traditionelle,
zeitgenössische Stuhlformen zum Kunstgegenstand. Foto: Dennis Conrad
o.T. 19
letzten Jahr um 20 Schlüsselwerke aus den letzten Jahrzehnten
bereichern. Anlass genug, einen Überblick auf die jüngste Stuhl-
Geschichte zu inszenieren.
Rund 100 Beispiele aus dem Grenzgebiet zwischen Kunst und
Design werden zu sehen sein. Verspielte Geniestreiche und technische
Innovationen. Zu den Exponaten zählen die schwingende
Stahlskulptur „Well Tempered Chair“ des Documenta-Künstlers
und Designer Ron Arad, der Stahlblech-Sessel „Very Round“ von
Luise Campbell, der mit unzähligen traditionellen Stoffpüppchen
gepolsterte Sessel „Multidao“ der Brüder Humberto und Fernando
Campana und auch einige der traditionellen zeitgenössischen
Holzstühle, die der chinesische Künstler Ai Wei Wei auf der Documenta
12 zeigte.
| PETRA SCHWAB
| Bis 13. März 2011
Ideen sitzen. 50 Jahre Stuhldesign
Museum für Kunst und Gewerbe
Steintordamm 1, 20099 Hamburg, T. 040 428134-2732,
www.mkg-hamburg.de
| hamburgunddesiggn°: Neue Website, neue Farben, klöternde Klötzchen
Wiefel irritiert zu haben: Neben dem roten Bug geht der Schriftzug
„Design“, bauklötzchenartig hingeworfen, im Gewirr aus rosarot-blauen
Flaggen und Wellen (?) unter. Was will
hamburgunddesign° damit sagen?
www.gudberg.de, www.hamburgunddesign.de
| PETRA SCHWAB