PT-Magazin_03_2017
Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung
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© ake1150 - Fotolia<br />
Daher verfiel man auf die Idee, die<br />
ungeliebte deutsche Einheit konsensfähig<br />
zu machen, indem man zur Marginalisierung<br />
des gefürchteten Großdeutschland<br />
zwischen Kohl und Mitterand<br />
vereinbarte, die Währungsunion einzuführen<br />
und die Politische Union weiter<br />
zu verschieben. Mit dem Wegfall der<br />
starken D-Mark hofften die Nachbarn<br />
Deutschlands, die ökonomische Stärke<br />
des neuen wiedervereinigten Deutschland<br />
zu paralysieren. Bekanntlich kam<br />
es anders: Deutschland wurde mit<br />
dem Euro als Exportweltmeister weiter<br />
gestärkt und schaffte mit der Agenda<br />
2010 unter Kanzler Schröder, sich global<br />
leistungsfähig aufzustellen, während<br />
Frankreich, Italien, Spanien, Griechenland<br />
u. a. die billige Währung nutzten,<br />
um ihren Wohlstand auf Pump zu erhalten<br />
und Reformen zu verweigern.<br />
Nach der Finanzkrise konnte die<br />
Europäische Zentralbank diese Länder<br />
nur mit Nullzinspolitik vor der Pleite<br />
retten. Retten hieß: Zeitgewinn. Die Zeit<br />
wurde jedoch nicht genutzt. Während<br />
billiger Zins, billiger Euro und billiges Öl<br />
die Exportmaschine Deutschland aufblühen<br />
ließen, ging in Resteuropa wenig,<br />
die Umverteilung erfolgte mit der finanziellen<br />
Repression statt mit Eurobonds.<br />
Das heißt „in der Sahara wurde der Sand<br />
knapp“, den gebeutelten Ländern wurde<br />
nicht geholfen und Deutschland erlebt<br />
eine Party mit garantierter Katerstimmung.<br />
Die Europäische Union in Brüssel<br />
und Straßburg verfolgte die sozialistische<br />
Wahnvorstellung, dass Umverteilung<br />
(= Strukturfonds, Fördermittel,<br />
Subventionen) das ökonomische<br />
Ungleichgewicht der Länder und Regionen<br />
beseitigen könnte und scheiterte<br />
absehbar. Obwohl die USA eine Sprache<br />
haben und eine Nation sind, haben sie es<br />
bisher nicht geschafft, etwa den Unterschied<br />
zwischen den „Südstaaten“ und<br />
den „Nordstaaten“ des Bürgerkriegs 1861<br />
ff. bezüglich wirtschaftlicher Prosperität,<br />
Einkommen usw. aufzuheben.<br />
Wie in vielen Teilen Europas ist auch<br />
ihre Industrie (Eisen, Stahl usw.) weitgehend<br />
am Ende. Wie in Europa verhindern<br />
eine Währung und ein Zentralbankzins,<br />
dass regionale autonome Wachstumsentscheidungen<br />
mit angemessener<br />
Währung und Kreditvergabe auch nur<br />
entstehen. Der Nationalismus verspricht<br />
dagegen, den einzelnen Gebieten ihre<br />
Handlungsfreiheit wieder zu geben,<br />
sich vor den unangenehmen Folgen der<br />
Globalisierung zu schützen (vor allem<br />
Armuts -und Arbeitsmigration) und die<br />
Diktatur des Zentralstaats zu beenden.<br />
Das Problem ist, dass die neuen<br />
Nationalisten ihren Gegnern ökonomisch<br />
nicht überlegen sind. Die einzige<br />
innovative ökonomische Power der USA<br />
sitzt in Kalifornien. Die Gründer von<br />
Google, PayPal und Tesla sind Immigranten.<br />
Immigranten führten schon 2005<br />
im Silicon Valley 52 Prozent aller Startups<br />
und 25 Prozent aller amerikanischen<br />
Technologieunternehmen. Als Paul Warburg<br />
1902-1913 als Immigrant half, die<br />
amerikanische Zentralbank (Fed) nach<br />
europäischem Vorbild zu entwerfen,<br />
waren die USA als Bankenstandort provinziell,<br />
nach der Gründung dominierten<br />
sie die globalen Finanzströme.<br />
Zeitgleich mit der Fed-Einführung<br />
schafften sie die Zölle ab, die Trump (ein<br />
Bauunternehmer, der, den kommunistischen<br />
Diktaturen ähnlich, nur Beton<br />
als Quelle des Wirtschaftswachstums<br />
kennt) wieder einführen will. Die USA<br />
wurden great, weil sie global wurden.<br />
Wer Bloomberg oder CNBC schaut, sieht<br />
den internationalen Fokus, deutsche<br />
Nachrichtensender ersticken in lokalem<br />
Mief. Europa wird sich überlegen<br />
müssen, wie es die regionalen Optionen<br />
nutzt und zugleich zu einem globalen<br />
Denken und Handeln kommt, sicher<br />
nicht mit den Rezepten des Nationalismus.<br />
ó<br />
Über den Autor<br />
Dr. Volker Gallandi ist Rechtsanwalt und<br />
Buchautor. Er beschäftigt sich unter anderem<br />
mit Staatsschutzdelikten und Pressefreiheit.<br />
Seine Kanzlei sitzt im hessischen<br />
Gorxheimertal.<br />
7<br />
<strong>PT</strong>-MAGAZIN 3/<strong>2017</strong><br />
Gesellschaft