FILMFEST MÜNCHEN MAGAZIN 2017
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KIAROSTAMI SPECIAL<br />
Das Kino hat einen großen Meister<br />
verloren: Abbas Kiarostami starb<br />
letztes Jahr im Alter von 76 Jahren.<br />
Er ist Preisträger der Goldenen<br />
Palme, des Jury Preises von Venedig,<br />
eines Leoparden der Filmfestspiele<br />
in Locarno, verehrt und bewundert<br />
von Fans und Filmemachern in aller<br />
Welt. Spätestens seit facettenreichen<br />
Filmen wie close-up und der<br />
geschmack der kirsche, in denen<br />
er fiktive mit dokumentarischen Elementen<br />
zu komplexen Film-Reflexionen<br />
verschränkte, wird Kiarostami<br />
zu den bedeutendsten Filmemachern<br />
unserer Zeit gezählt.<br />
Seine Werke entlarven unsere<br />
Bereitschaft, sich Illusionen hinzugeben,<br />
wecken das innere Kind und<br />
fragen nach den Figuren außerhalb<br />
des Bildrandes. Sie öffnen sich dem<br />
Zuschauer für diverse Interpretationen<br />
– ganz wie die Poesie, die eigentlich<br />
Kiarostamis größte Leidenschaft<br />
war. Er schrieb Gedichte,<br />
malte zudem und fotografierte. Sein<br />
wacher, nie ruhender Geist, tobte<br />
sich in vielen Medien aus und erweiterte<br />
dabei deren Grenzen.<br />
Zu Ehren von Abbas Kiarostami,<br />
CineMerit Preisträger 2010, zeigt das<br />
filmfest münchen ein besonderes<br />
Double Feature: seinen letzten Kurzfilm<br />
und Seifollah Samadians Essayfilm<br />
76 minuten und 15 sekunden mit<br />
abbas kiarostami. Sein verspielter<br />
Kurzfilm take me home, macht einen<br />
Ball zum Hauptakteur in einem italienischen<br />
Dorf. Einem Jungen davongehüpft,<br />
macht dieser sich auf seine<br />
eigene Reise durch Gassen und über<br />
Treppen, Schatten und Licht. Die<br />
wunderschönen Bilder dürfen gedeutet<br />
oder schlicht genossen werden.<br />
Der Filmtitel 76 minuten und<br />
15 sekunden mit abbas kiarostami<br />
bezieht sich nicht nur auf die Länge<br />
des Films, sondern auch auf das<br />
Alter von 76 Jahren und 15 Tagen,<br />
in dem Abbas Kiarostami starb.<br />
Seifollah Samadian war ein langjähriger<br />
Freund des Regisseurs. Als<br />
Kameramann und Mitarbeiter begleitete<br />
er ihn auf vielen Recherchereisen,<br />
die er mit seiner Videokamera<br />
festhielt. Sein bewegendes Portrait<br />
ist eine Collage aus privatem Videomaterial,<br />
enthält alberne wie tiefgründige<br />
Momente mit dem ansonsten<br />
so zurückhaltenden Meister.<br />
Der Film zeigt einen multitalentierten<br />
Kiarostami, voller Freude<br />
das Leben genießend. Mit Aufmerksamkeit<br />
für das Kleine im Großen<br />
fotografiert er im Schnee, baut ein<br />
Modell für eine Kunstinstallation,<br />
vertont Filmbilder, spielt mit der<br />
Erinnerung an seine Filme.<br />
In einer perfekten letzten<br />
Einstellung schlüpft Kiarostami<br />
in die Hauptrolle einer seiner<br />
berühmtesten Filme quer durch<br />
den olivenhain (1994) und stellt<br />
die bewegende Schluss-Szene<br />
nach. Ein unvergesslich rührender<br />
Moment.<br />
Antonia Mahler<br />
MI 28.6. 20.00 UHR<br />
RIO 2<br />
DO 29.6. 18.00 UHR<br />
HFF KINO 2<br />
TAKE ME HOME<br />
Iran 2016 • Regie Abbas Kiarostami<br />
Länge 16 Min. • OF ohne Dialog<br />
76 MINUTES AND 15<br />
SECONDS WITH<br />
ABBAS KIAROSTAMI<br />
Iran 2016 • Regie Seifollah Samadian<br />
Mit Abbas Kiarostami, Juliette Binoche,<br />
Jafar Panahi, Massoud Kimiai<br />
Länge 76 Min. • OmeU<br />
LIGHTS! CAMERA! ACTION!<br />
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