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Heimat-Rundblick 120

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Wer hat Hinweise?<br />

Nachforschungen über einen verschollenen Künstler<br />

Nordwestlich vom Worpsweder Barkenhoff<br />

zieht ein kleines Waldgebiet einen<br />

Hang hinauf, der oben durch die Lindenallee<br />

begrenzt wird. Dort begegnet man<br />

einer Reihe prächtiger alter Landhaus-Villen<br />

aus der Frühzeit der Künstlerkolonie.<br />

Der Architekt aller alten Gebäude in der<br />

Lindenallee sei Alfred Schulze, heißt es<br />

gelegentlich. Doch das stimmt so pauschal<br />

nicht. Das älteste dieser Gebäude – mit der<br />

Hausnummer 23 - liegt etwas versteckt am<br />

Abhang unterhalb der Allee. Im Katasteramt<br />

von Osterholz-Scharmbeck findet<br />

man die alten Flurkarten mit den Hinweisen<br />

auf die ersten Eigentümer. Demnach<br />

noch der falsche Hinweis auf den vermeintlichen<br />

Architekten: „wohl Alfred<br />

Schulze“. Der Architekt, Erbauer und erster<br />

Bewohner war aber dessen älterer Bruder<br />

Walter. Sein signierter Bauentwurf ist noch<br />

erhalten (in Familienbesitz).<br />

Als erster wohnte hier der Bauherr Walter<br />

Schulze mit seiner Ehefrau Johanna<br />

(„Hanne“) Schulze (später Fritsch) mit<br />

ihrer Schwester Asta Lange, wenige Jahre<br />

danach vorübergehend auch sein jüngerer<br />

Bruder Alfred. Im Lokaljargon ist dieses<br />

Haus als das „Saebens-Haus“ bekannt. Das<br />

war nur zeitweilig zutreffend. Im Jahr 1915<br />

übernahm der Kunsthändler Herbert von<br />

nicht genannt hatte, rätselten die späteren<br />

Herausgeber des Buches und fügten im<br />

Anhang die (falsche) Vermutung an: „mit<br />

dem Architekten ist vermutlich Alfred<br />

Schulze gemeint“ (S. 551). Seitdem wurde<br />

dieser Fehler multipliziert und tauchte in<br />

zahllosen Schriften über Worpswede auf.<br />

Alfred Schulze, der 6 Jahre jüngere Bruder,<br />

hatte später eine Reihe von Gebäuden in<br />

Worpswede gebaut, danach auch in<br />

Lübeck, Ostfriesland und Holstein. Das<br />

eigentliche Werk des älteren Bruders Walter,<br />

dem vielseitigen Künstler und kreativen<br />

Lebensreformer, blieb dagegen weitgehend<br />

unbeachtet und unterschätzt.<br />

Entwurf zum Wohnhaus Walter Schulze 1907/ © B. Schulze-Stanjek<br />

Postkarte von Walter Schulze („WSW“) 1914 / ©<br />

B. Schulze-Stanjek<br />

ließ im Jahr 1907, als der Hang noch völlig<br />

unbebaut war, der Eigentümer Heinrich<br />

Behrens eben dieses Grundstück vermessen<br />

und verkaufte es dem „Kunstmaler<br />

Walter Schulze“.<br />

Das „Saebens-Haus“ –<br />

eigentlich das<br />

„Schulze-Haus“<br />

Aus architektonischer Sicht war dieses<br />

erste Haus in der Lindenallee damals ungewöhnlich.<br />

Ein Strohdachhaus mit großzügigen<br />

Ausmaßen, einer unkonventionellen<br />

Anordnung der Innenräume und kunstvoller<br />

Außengestalt. Im Winter 1908 brannte<br />

das Haus vollständig nieder, ein vergessener<br />

Lötkolben hatte den Torf in einer Zwischenwand<br />

entzündet. Doch bald wurde<br />

es wieder errichtet. Dieses Gebäude steht<br />

heute unter Denkmalschutz. In der Denkmalliste<br />

des Landesamtes steht immer<br />

Garvens das Haus; dann wohnten hier die<br />

Schriftstellerin Eugenie von Garvens, in<br />

den zwanziger Jahren auch der Maler und<br />

Fotograf Hans Saebens und anschließend<br />

Freifrau von Spiegel. Eigentlich müsste es<br />

das „Schulze-Haus“ heißen.<br />

Heinrich Vogelers<br />

Mitarbeiter<br />

Heinrich Vogeler war 1906 auf den jungen<br />

Künstler Walter Schulze (geb. 1880)<br />

aufmerksam geworden, lud ihn nach<br />

Worpswede ein und stellte ihn als architektonischen<br />

Mitarbeiter ein. In Vogelers<br />

Autobiographie „Werden“ liest man:<br />

„Ich stellte mir einen Architekten an...<br />

Der Architekt baute sich in dem nahegelegenen<br />

Kiefernwald am Berge an. ...Ein hölzernes<br />

Strohdachhaus baute er sich, das er<br />

mit seiner Frau und deren Schwester<br />

bewohnte. (S.143f.)<br />

Da Vogeler in diesem Text den Namen<br />

Die Bahnhöfe<br />

des Moorexpress<br />

Man kann gut nachvollziehen, dass ein<br />

bekannter Künstler wie Heinrich Vogeler<br />

nicht ständig seine Mitarbeiter als Miturheber<br />

seiner architektonischen Arbeiten<br />

nennt; das ist bis heute nicht üblich. Auch<br />

deshalb existieren nur sehr wenige Spuren,<br />

die von der Zusammenarbeit der Beiden<br />

zeugen. Manchmal jedoch unterschrieb<br />

Walter selbst die Entwürfe, so z.B. beim<br />

Bahnhof Weyerdeelen-Umbeck und dem<br />

in Neu Sankt Jürgen, meistens allerdings<br />

Heinrich Vogeler persönlich – als Arbeitgeber<br />

und Initiator. Mit Sicherheit hat Walter<br />

Schulze bei den meisten Entwürfen der<br />

Bahnhöfe der Bremervörde-Osterholzer<br />

Eisenbahn mitgewirkt; jedenfalls prämierte<br />

ihn im Jahr 1910 der Worpsweder Verschönerungsverein<br />

ausdrücklich für die<br />

„Baupläne zu den Bahnhöfen“.<br />

Manchmal benennt Heinrich Vogeler die<br />

20 RUNDBLICK Frühjahr 2017

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