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Heimat-Rundblick 120

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Von der Weser bis zur Elbe …<br />

Kritische Betrachtungen zum Niedersachsenlied<br />

Kürzlich war ich Gast auf einem Kommersabend<br />

eines Ortsvereines anlässlich seines<br />

besonderen Jubiläums. Es war eine<br />

äußerst „löbliche“ und gleichermaßen „redliche“<br />

Veranstaltung. Rede um Rede füllte<br />

nämlich den festlichen Rahmen aus. Zum<br />

Abschluss erhoben sich alle Teilnehmer, fassten<br />

sich an Händen und sangen mehr oder<br />

weniger inbrünstig das Lied der Niedersachsen.<br />

Die Nationalhymne, so erfuhr ich später,<br />

schien dem Veranstalter zu hoch angesetzt.<br />

Nach dem Absingen aller vier Strophen,<br />

selbst hatte ich kopfschüttelnd eine<br />

Schweigezeit eingelegt, befasste ich mich<br />

eingehender mit dem vorliegenden Text.<br />

Meine Empörung wuchs. Da sprach ja der<br />

blanke Chauvinismus aus den Zeilen. Meine<br />

Recherchen im Internet ergaben, dass dieses<br />

Lied im Jahre 1934, also ein Jahr nach der<br />

Machtergreifung der Nationalsozialisten, zu<br />

Papier gebracht wurde. Damit wäre denn<br />

wohl auch der beschwörende Landsmannschafsgeist<br />

im Sinne des Blut- und Boden-<br />

Bewusstseins zu erklären.<br />

Doch, wenn es da heißt: „Von der Weser<br />

bis zur Elbe …“, entspricht der geografische<br />

Rahmen ganz und gar nicht den heutigen<br />

Grenzen. Gemeint war damals das<br />

welfische Stammland Hannover, das sich<br />

einstmals in Personalunion mit England als<br />

stolzes Königreich präsentierte.<br />

In unseren <strong>Heimat</strong>gefilden bildete die<br />

Unterweser über Generationen eine<br />

patriotische Gesinnungsgrenze zwischen<br />

den Welfentreuen und den Oldenburgern.<br />

Nach dem Kriege sah sich die britische<br />

Besatzungsmacht aufgerufen, aus ihrer<br />

Zone ein einheitliches Bundesland zu bilden.<br />

Osnabrück, Emsland, Oldenburg,<br />

Ostfriesland, Schaumburg-Lippe, Braunschweig<br />

und Hannover kamen sozusagen<br />

unter einen Hut. Es entstand das Land Niedersachsen<br />

mit recht unterschiedlichen<br />

kulturellen Traditionen und landsmannschaftlichen<br />

Identitäten. Der erste Ministerpräsident<br />

Hinrich Kopf, ein bekennender<br />

Welfe, war ständig bemüht, seine Landeskinder<br />

in seinem Sinne einheitlich auszurichten.<br />

Er reiste durch die Lande, sprach<br />

mit den Leuten am liebsten niederdeutsch,<br />

griff gern zum Skatblatt und sang vor<br />

allem das Niedersachsenlied. Er soll so<br />

lange geübt haben, bis es angeblich alle<br />

beherrschten. Doch eigentlich hätte es<br />

ihm dabei durch den „Kopf“ gehen müssen,<br />

dass dieser anmaßende Text<br />

antiquiert und, gemessen an der neuerlichen<br />

Situation, geografisch und politisch<br />

völlig inkorrekt ist.<br />

Auch der Volkssänger Heino schmetterte<br />

ungeniert die fragliche Landeshymne in<br />

den Äther.<br />

Weil Fans des Fußballclubs Hannover 96<br />

beim Abspielen dieses Liedes an der Stelle<br />

„Heil Herzog Widukinds Stamm!“ ständig<br />

den rechten Arm zum Hitlergruß erhoben,<br />

zog der Verein mit einem Verbot Konsequenzen<br />

aus dieser peinlichen Entartung.<br />

Komponist (1926) und Texter (1934)<br />

des Liedes war der aus Hohegeiß (Harz)<br />

gebürtige Volksschullehrer und Musikpädagoge<br />

Hermann Grote. Über eine<br />

rechtslastige Gesinnung konnte ich bei<br />

meinen Recherchen nichts erfahren.<br />

So mancher sangesfreudige Mensch<br />

wird zugeben, dass die Melodie des Liedes<br />

eingängig und schmissig erscheint. Darin<br />

liegt wohl vornehmlich der Grund hartnäckiger<br />

Beharrung.<br />

Ich finde allerdings, dass sich auch hier<br />

immer noch eine pathetische Verklärung<br />

andeutet. So stelle ich denn abschließend<br />

einen Text, den ich aus Verärgerung über<br />

mein eingangs beschriebenes Jubiläumserlebnis<br />

verfasste, meinen Lesern zur Begutachtung<br />

vor. Optisch abgerundet wird dieser<br />

Beitrag durch einen gesamtniedersächsischen<br />

Bilderbogen, der die besondere<br />

Eigenart und Schönheit dieses Landes<br />

widerspiegeln möge.<br />

Text und Fotos: Wilko Jäger<br />

Das Niedersachsenlied<br />

Hermann Grote, 1934<br />

Von der Weser bis zur Elbe, von dem Harz bis an das Meer,<br />

stehen Niedersachsens Söhne, eine feste Burg und Wehr.<br />

Fest wie unsere Eichen halten alle Zeit wir stand,<br />

wenn Stürme brausen übers Deutsche Vaterland.<br />

Wir sind die Niedersachsen. sturmfest und erdverwachsen,<br />

Heil Herzog Widukind Stamm.<br />

Wo fielen die römischen Schergen? Wo versank die welsche Brut?<br />

In Niedersachsens Bergen, an Niedersachsens Wut.<br />

Wer warf den röm'schen Adler nieder in den Sand?<br />

Wer hielt die Freiheit hoch im Deutschen Vaterland?<br />

Das war'n die Niedersachsen, sturmfest und erdverwachsen,<br />

Heil Herzog Widukind Stamm.<br />

Auf blühend roter Heide starben einst viertausend Mann,<br />

für Niedersachsens Treue traf sie der Franken Bann.<br />

Viertausend Brüder fielen von des Henkers Hand,<br />

viertausend Brüder für ihr Niedersachsenland.<br />

Das war'n die Niedersachsen, sturmfest und erdverwachsen,<br />

Heil Herzog Widukind Stamm.<br />

Aus der Väter Blut und Wunden wächst der Söhne Heldenmut.<br />

Niedersachsen soll's bekunden: Für Freiheit, Gut und Blut!<br />

Fest wie unsere Eichen halten alle Zeit wir stand,<br />

wenn Stürme brausen übers Deutsche Vaterland.<br />

Wir sind die Niedersachsen, sturmfest und erdverwachsen,<br />

Heil Herzog Widukind Stamm.<br />

Ein Lied für Niedersachsen<br />

Text: Wilko Jäger<br />

Von der Ems bis an die Elbe und vom Harz bis an das Meer<br />

erstreckt sich ein’s der schönsten Länder in unserm Deutschland ringsumher.<br />

Hier gibt es bunte Städte, Flüsse, Berge, Seen,<br />

Heide, Moor und Himmelsweite, wo die Wolken zieh’n.<br />

Wir sind in Niedersachsen mit diesem Land verwachsen.<br />

<strong>Heimat</strong>, zu der wir steh'n!<br />

Auf der Lüneburger Heide und im Oldenburger Land,<br />

im wunderschönen Weserbergland und an der Waterkant'.<br />

Da sind unsere Wanderziele, Frohsinn Schritt für Schritt,<br />

Entdeckungsfahrt auf stillen Wegen - Kommt doch einfach mit!<br />

Wir sind in Niedersachsen mit diesem Land verwachsen.<br />

<strong>Heimat</strong>, zu der wir steh'n!<br />

Lütt un Lütt, auch Kohl und Pinkel, Bregenwurst und Räucheraal,<br />

gut gespeist in jedem Winkel, doch, wer die Wahl hat, hat auch die Qual.<br />

So kehren wir gern zurück an manch vertrauten Ort,<br />

schätzen sehr die Gastlichkeit und bleiben gerne dort.<br />

Wir sind in Niedersachsen mit diesem Land verwachsen.<br />

<strong>Heimat</strong>, zu der wir steh'n!<br />

Zwischenzeitlich entstand ein veränderter Text, der gerne bei Interesse<br />

unter Wikipedia eingesehen werden kann.<br />

8 RUNDBLICK Frühjahr 2017

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