Heimat-Rundblick 120
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Neu hingegen – „um 1705 erbaut“ –<br />
war das Schulhaus, jedoch „aus altem<br />
Material“ und so „in mittelmäßigem<br />
Zustande“.<br />
Wir erfahren auch etwas über die Personen,<br />
die im Amt ihren Dienst versahen. Da<br />
war zunächst der Amtmann Schwartzkopf,<br />
dann der Hausvogt Weinmeister, zwei<br />
Gerichtsdiener, ein Pförtner und der Holzvogt<br />
Hopke, denen überwiegend auch<br />
herrschaftliche Gebäude als Wohnung zur<br />
Verfügung standen; beim Pförtnerhaus<br />
heißt es: „sehr baufällig“.<br />
Aus dem ehemaligen Wohlstand zu Zeiten<br />
des Klosters war also nichts mehr übrig<br />
geblieben. Nicht nur während des Dreißigjährigen<br />
Krieges hatte der Zustand gelitten,<br />
sondern auch die schwedische und<br />
dänische Fremdherrschaft hatte weniger<br />
Interesse am Erhalt des Bestehenden als<br />
vielmehr daran, Gewinne aus den Provinzen<br />
zu erzielen.<br />
Diese historische Bestandsaufnahme<br />
eignet sich nun dazu, um auf dieser<br />
Grundlage anhand der Findorff-Karte nach<br />
Übereinstimmungen bzw. Veränderungen<br />
zu suchen.<br />
Der Bereich des<br />
ehemaligen Klosters<br />
Das mit Abstand älteste Gebäude ist die<br />
aus romanischer Zeit stammende Klosterkirche<br />
St. Marien (C). Errichtet v. a. für die<br />
im Kloster lebenden Benediktinerinnen, in<br />
ihrer Gliederung und mit ihrer Erweiterung<br />
allerdings auch ausgelegt für Gottesdienstbesucher,<br />
die nicht zur klösterlichen Klausur<br />
zählten. So zeigt uns die Karte einen<br />
Grundriss, der die ursprünglich wohl vorhandene<br />
Kreuzform mit Längs- und Querschiff<br />
nur noch mit Mühe erkennen lässt.<br />
Stattdessen befindet sich an der Nordseite<br />
ein zweites Längsschiff, das in seinen<br />
Abmessungen dem Hauptschiff entspricht,<br />
so dass auch von einer Zweihallenkirche<br />
gesprochen wird. Versetzt, aber der<br />
ursprünglichen Symmetrie angepasst bilden<br />
zwei Türme den westlichen Abschluss<br />
des Kirchenbaus, die man im Aufriss gut<br />
erkennen kann. 6 ) Dem Gebäude wird ein<br />
guter Zustand bescheinigt; kleinere Schäden<br />
an Dach und Mauerwerk wurden<br />
offenbar bereits repariert.<br />
Seit 1696 dient die Kirche als Gotteshaus<br />
für die Kirchengemeinde; seit diesem Jahr<br />
stellt Osterholz ein eigenes Kirchspiel dar,<br />
zu dem auch andere Orte zählen.<br />
Das Kloster war bereits 1650 aufgelöst<br />
worden; bis 1692 wurden Kirche und<br />
Wohnbereiche noch von der Landgräfin<br />
Eleonora Catharina und ihrem Hofstaat<br />
genutzt. 7 )<br />
Vordem war das Kloster stets als sehr<br />
wohlhabend beschrieben worden, das<br />
Besitz in zahlreichen Orten innerhalb und<br />
außerhalb des heutigen Landkreises besaß<br />
und daraus beträchtliche Einnahmen erzielen<br />
konnte. 8 )<br />
Grund- und Aufriss der Kirche St. Marien<br />
Auf klösterlichem Grund befindet sich<br />
südlich der Kirche ein Haushalts-Gebäude<br />
(a), das im Special-Plan 9 ) als Vorwercks<br />
Scheure bezeichnet wird.<br />
Special-Plan Amthof<br />
Nur in diesem Special-Plan ist vorher<br />
noch ein Anbau an die Kirche (P) verzeichnet,<br />
„eine Wohnung,…welche dem<br />
Mauer-Meister Steen eigenthümlich zu<br />
Grundriss des Gotteshauses<br />
gehören soll.“ Nördlich des Gotteshauses<br />
wird der Kirchhof noch als Friedhof<br />
genutzt. 10 ) Diesem schließt sich das Gästebzw.<br />
Armenhaus – hier als Gottes-Haus (H,<br />
im Special-Plan O) bezeichnet – von 1562<br />
an. Es lag außerhalb des eigentlichen Klosters;<br />
genutzt wurde es als Hospital und<br />
Pflegehaus (Xenodochium), aber auch als<br />
Herberge für die das Kloster besuchenden<br />
Pilger. In fürstlicher Zeit verband Eleonora<br />
Catharina am 26. Sept. 1664 mit dem<br />
Gebäude eine Stiftung für Bedürftige. Diesen<br />
wurde zugesichert, dass sie dort untergebracht<br />
und gepflegt werden sowie ihren<br />
Lebensabend verbringen sollten. „Verordnen<br />
dehnen armen Leuthen im Gotteshause<br />
zu Osterholtz, zu einem gantzen<br />
Jahr unterhalt für 8 Persohn mit der<br />
Magdt“ 11 ) Es folgt eine detaillierte Aufstellung<br />
der bewilligten Dinge, wie Korn,<br />
Gemüse, Fleisch, Salz, Fisch, Weidevieh,<br />
Ackerland, Brenntorf und -holz, Kleidung.<br />
Dafür haben die Bewohner nach ihren<br />
Fähigkeiten Verrichtungen auszuführen<br />
und „fleißig zur Kirche gehen sollen,<br />
Abends und Morgens ihren Schöpfer<br />
loben undt danken…“ Ist beim Eintritt ins<br />
Gotteshaus noch Vermögen vorhanden, ist<br />
dieses mit einzubringen, wie eine namentliche<br />
Auflistung verdeutlicht, die Pastor<br />
Johann Peter Landwehr 1692 erstellt hat. 12 )<br />
Zu der Zeit lebten 5 Frauen, 1 Mädchen, 3<br />
Männer und die Magd im Armenhaus; von<br />
denen hatten 3 etwas gegeben.<br />
Die Stiftung blieb über den Tod der<br />
Landgräfin hinaus bestehen, an der Nutzung<br />
änderte sich nichts. So sind im Grundriss<br />
13 ) die Kammern für die Bewohner im<br />
Erdgeschoss gut zu erkennen; das Obergeschoss<br />
diente als „Herrschaftlicher Fruchtboden“,<br />
d. h. die Naturalabgaben der zinspflichtigen<br />
Meier konnten neben anderen<br />
Gebäuden auch hier gelagert werden.<br />
Zum kirchlichen Komplex ist noch das<br />
gegenüber gelegene Haus für den Pastor<br />
(D) samt Stall und Gärten zu zählen. In<br />
dem auch als Predigerhaus bezeichneten<br />
Gebäude hatte 1756 Christoph Wilhelm<br />
Goeden seine Dienstwohnung. Ob es mit<br />
dem o. g. identisch ist, kann nicht gesagt<br />
werden. Zu vermuten ist jedoch, dass es<br />
sich um ein anderes handelt, denn ihm<br />
wird jetzt ein guter Zustand bescheinigt.<br />
Für diese Annahme spricht auch sein auffälliger<br />
Standort außerhalb des eigentli-<br />
RUNDBLICK Frühjahr 2017<br />
23