Heimat-Rundblick 120
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Johanna Eißler – Blumen waren ihre Passion<br />
So ist ein Artikel in der WÜMME-<br />
ZEITUNG vom 10. 1. 2017 überschrieben,<br />
hingewiesen wird auf eine Ausstellung des<br />
Kunstvereins Fischerhude. Wer war<br />
Johanna Eißler?<br />
Sie wird am 12. September 1901 in<br />
Helmsheim, Baden-Württemberg, als Tochter<br />
eines Landwirts geboren. Nach ihrer<br />
Konfirmation besucht sie für ein Jahr die<br />
katholische Schwesternschule in Bruchsal,<br />
wird Gesellschafterin eines Barons für dessen<br />
Tochter, beginnt eine Ausbildung als<br />
Kinderpflegerin und wird schließlich<br />
„Wochenpflegerin“ für die Tochter von Professor<br />
Hoffmann in Karlsruhe, einem Kunstliebhaber.<br />
Sie begleitet Mutter und Kind auf<br />
Reisen und nimmt an Familienfeiern teil,<br />
sie ist in die Familie integriert.<br />
Das Heimweh ist jedoch stärker, sie kehrt<br />
zu Mutter und Schwester zurück und<br />
unterstützt die Familie durch Näharbeiten.<br />
Als sie 23 Jahre alt ist, wird sie von einem<br />
Schauspielerehepaar in Rostock als Kinderpflegerin<br />
engagiert. In den nächsten neun<br />
Jahren folgen Umzüge nach Braunschweig<br />
und Danzig, schließlich begleitet sie die<br />
Ehefrau auf einer Reise nach Argentinien.<br />
Mit 32 Jahren das<br />
erste Bild gemalt<br />
Nach der Rückkehr aus Südamerika, sie<br />
ist jetzt 32 Jahre alt, überlegt sie, wie sie<br />
ihre Zukunft gestalten soll. In der Nähe<br />
von Bad Tölz lernt sie eine Malerin kennen,<br />
die sie zur Malerei anregt. Sie malt ihr<br />
erstes Blumenbild: Zinnien.<br />
Immer wieder hält sie sich in München<br />
auf und sucht Arbeit, denn ihre Ersparnisse<br />
Buchtitel: Jeder Strauß ein Fest, Der Lebensweg der<br />
Malerin Johanna Eißler, Verlag Atelier im Bauernhaus,<br />
Fischerhude, 2001<br />
schmelzen dahin. Bei einem Damenkränzchen<br />
(sic!) erfährt sie, dass Otto Modersohn<br />
eine Hausdame bzw. Haushälterin<br />
sucht. Sie fährt nach Fischerhude und<br />
bleibt, trotz anfänglicher Ernüchterung<br />
über die Umgebung, mehr als 45 Jahre; sie<br />
wird ein Familienmitglied der Modersohns.<br />
„Sie war ein Teil unserer Familie, sie<br />
war wie ein Großmutter für uns“ (Antje<br />
Modersohn, Enkelin von Otto M., im Bremer<br />
Regionalfernsehen „buten un binnen“<br />
am 17. 1. 17).<br />
Angeregt durch Modersohn und andere<br />
Künstler versucht sie sich selbst an der<br />
Malerei. Zur Sparsamkeit erzogen benutzt<br />
sie die nicht ganz ausgedrückten Farbtuben<br />
Modersohns. „Ich glaube schon, dass<br />
sie sich hat verführen lassen, um mit den<br />
Resten zu malen“ (W.D. Stock in „buten un<br />
binnen“, s.o.)<br />
Sie ist begabt und malt fast ausschließlich<br />
Blumen. Sie malt die Sträuße so, wie<br />
sie sie vorfindet, und zwar im Wechsel der<br />
Jahreszeiten, von den bunten Frühlingssträußen<br />
über blühende Rosen bis zu den<br />
prächtigen Herbstblumen, meistens in<br />
Vasen an einer Tischkante stehend.<br />
Doch erst drei Jahre vor ihrem Tod, im<br />
April 1978, wird sie durch eine Einzelausstellung<br />
bei Netzel in Worpswede geehrt.<br />
Kritiker loben sie, sie erfährt Anerkennung<br />
in der Presse. Im Katalog zu dieser Ausstellung<br />
heißt es: „Doch ist zu betonen, daß<br />
die Neigung zum Malen, zum Sehen in<br />
Farben, schon frühzeitig in ihr ans Licht<br />
gekommen war, um nun in der mit Kunst<br />
gesättigten Atmosphäre des Modersohn-<br />
Hauses auf ungeahnte Weise gefördert zu<br />
werden“. (M.Bertzbach: Jeder Strauß ein<br />
Fest, Fischerhude 2001, S.88).<br />
In den letzten drei Jahres ihres Lebens<br />
kämpft sie mit gesundheitlichen Problemen<br />
und muss täglich viele Tabletten einnehmen.<br />
Am 24. Juli 1981 stirbt sie beim Einkaufen<br />
in Fischerhude, ihr Herz hat ausgesetzt.<br />
Marlene Dietrich sang einst: „Sag‘ mir,<br />
wo die Blumen sind, wo sind sie geblieben...?<br />
Es ist nicht bekannt, ob Johanna<br />
Eißler das Lied je gehört hat, aber sie hätte<br />
Zinnien auf blauem Grund, 1972, Öl/Holz, 58 x<br />
40 cm, Johanna-Eißler-Stiftung<br />
Christian Modersohn (1916–2009), Portrait<br />
Johann Eißler, um 1937, Öl/Holz, 45 x 34 cm,<br />
Otto-Modersohn-Museum<br />
Osterblumen, 1974, Öl/Leinwand, 50 x 40,5 cm,<br />
Privatbesitz<br />
30 RUNDBLICK Frühjahr 2017