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COMPACT Magazin 6-2017

Jagd auf Naidoo - Zensur in Deutschland

Jagd auf Naidoo - Zensur in Deutschland

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<strong>COMPACT</strong> Titelthema<br />

ßer als mit den Rechten: Den Islam hält er, ganz im<br />

Gegensatz zu Pegida, keineswegs für eine Bedrohung,<br />

und Moslems sieht er, in seinem Ende 2015<br />

zuerst bei Jürgen Todenhöfer veröffentlichen Song<br />

«Nie mehr Krieg», in Europa genauso verfolgt wie<br />

die Juden vor 80 Jahren. Warum hasst ihn das islamophile<br />

Establishment trotzdem so maßlos? Weil er<br />

sich nicht einspannen lässt in den staatlich verordneten<br />

Antifaschismus. Er trat zwar schon bei Rock<br />

gegen Rechts auf und kritisierte auch immer wieder<br />

Nazi-Gewalt. Aber er gab auch dem Libertären<br />

Oliver Janich ein langes Interview und sprach Anfang<br />

Oktober 2014 bei den Reichsbürgern auf der<br />

Wiese vor dem Bundestag. Auf die Frage, warum<br />

er dort war, sagte er: «Für mich sind das Mitbürger,<br />

die eine Meinung haben, die glauben, sie werden<br />

betrogen und belogen, und das Gefühl habe<br />

ich irgendwie auch.» Man könnte sagen, er bildet<br />

eine Brücke zwischen den Unzufriedenen links<br />

und rechts, aber auch das träfe es nicht. Er ist einfach<br />

ein Mensch, der mit allen anderen Menschen<br />

spricht. Diese Kommunikationsbereitschaft ist gefährlich<br />

für ein Regime, das auf die Spaltung des<br />

Volkes setzt – und auf die Verteufelung von allen,<br />

die irgendwie national denken.<br />

Ein Junge aus Mannheim<br />

Naidoos Offenheit mag mit seiner Herkunft zusammenhängen<br />

– seine Wurzeln sind deutsch,<br />

irisch, indisch und südafrikanisch –, aber auch<br />

mit christlicher Nächstenliebe. Die Bibel entdeckte<br />

er erst spät, als Zivildienstleistender, aber dann<br />

umso inniger: «Es ist nicht meine Botschaft, es ist<br />

die Botschaft Gottes. Ich bin nur der Knecht, der<br />

sie rausbringt.» Wenn er gegen Kinderschänder ansingt,<br />

spricht der Zorn Gottes aus ihm. In der Schule<br />

wurde er rassistisch drangsaliert – und trotzdem<br />

wurde ihm Deutschland zur Heimat. «Für mich<br />

war die Sprache der Schlüssel. Deutsch begeistert<br />

mich: diese Tiefe, dieser Reichtum, diese Deutlichkeit.<br />

Bildlich gesprochen: Ich knie nieder vor dieser<br />

Sprache. Sie ist ein Geschenk. Und das dazugehörige<br />

Land kann ja so schlecht nicht sein, im Gegenteil:<br />

Deutschland ist schön.»<br />

Dass er an der Amerikakritik festhält,<br />

die die Linke längst liquidiert<br />

hat, ärgert diese besonders.<br />

Man wird den Eindruck nicht los: Die heutige Linke,<br />

die das eigene Land und das eigene Volk hasst,<br />

verzeiht Naidoo vor allem diese Heimatliebe nicht.<br />

Dass er, der Dunkelhäutige, sich ihrem Nie-wieder-<br />

Deutschland-Kurs verweigert, finden sie unerhört.<br />

Und dann noch die Tatsache, dass er an der Amerikakritik,<br />

die die Achtundsechziger längst liquidiert<br />

haben, festhält! Auch das hat übrigens einen biographischen<br />

Hintergrund – in den Erfahrungen, «von<br />

denen ich denken kann, dass jemand, der in Mannheim<br />

aufgewachsen ist, sie auf jeden Fall belegen<br />

kann, weil man natürlich sieht: Die besten Grundstücke,<br />

mitten in Mannheim, gehören den Amerikanern.<br />

(...) Also Mannheim ist lange, lange schon besetzt.»<br />

Kein Wunder, dass er dann mit dem T-Shirt «Freiheit<br />

für Deutschland» in eine GEZ-Talkshow marschierte.<br />

Damit hat er die Parole populär gemacht,<br />

auf die sich alle vernünftigen Menschen einigen können<br />

– außer den Marionetten, die ihn jetzt jagen.<br />

«Marionetten»<br />

Der Text zum Song von Xavier<br />

Naidoo.<br />

«Wie lange noch wollt Ihr Marionetten<br />

sein? Seht Ihr nicht, Ihr<br />

seid nur Steigbügelhalter? Merkt<br />

Ihr nicht, Ihr steht bald ganz<br />

allein? Für Eure Puppenspieler<br />

seid Ihr nur Sachverwalter. (…)<br />

Und weil Ihr die Tatsachen schon<br />

wieder verdreht, werden wir einschreiten.<br />

Und weil Ihr Euch an<br />

Unschuldigen vergeht, werden<br />

wir unsere Schutzschirme ausbreiten.<br />

(…)<br />

Aufgereiht zum Scheitern wie<br />

Perlen an einer Perlenkette: Seid<br />

Ihr nicht eine Matroschka weiter<br />

im Kampf um Eure Ehrenrettung?<br />

Ihr seid blind für Nylon<br />

und Fäden an Euren Gliedern,<br />

und hat man Euch im Bundestag,<br />

Ihr zittert wie Eure Gliedmaßen.<br />

Alles nur peinlich, und so was<br />

nennt sich dann Volksvertreter!<br />

Teile Eures Volks nennen Euch<br />

schon Hoch- beziehungsweise<br />

Volksverräter. Alles wird vergeben,<br />

wenn Ihr einsichtig seid.<br />

Sonst sorgt der wütende Bauer<br />

mit der Forke dafür, dass Ihr einsichtig<br />

seid. Mit dem Zweiten<br />

sieht man besser. (…)<br />

Eure Parlamente erinnern mich<br />

stark an Puppentheater. Ihr wandelt<br />

an Fäden wie Marionetten<br />

– bis wir Euch mit scharfer<br />

Schere von der Nabelschnur<br />

Babylons trennen! (…) Als Volkin-die-Fresse-Treter<br />

stoßt Ihr<br />

an unsere Grenzen. Und etwas<br />

namens Pizza-Gate steht auch<br />

noch auf der Rechnung. Bei<br />

näherer Betrachtung steigert<br />

sich doch das Entsetzen. Und<br />

wenn ich nur einen in die Finger<br />

bekomme: Dann zerreiß ich<br />

ihn in Fetzen. Und da hilft auch<br />

kein Verstecken hinter Paragraphen<br />

und Gesetzen.» (Abschrift<br />

nach Gehör)<br />

Campino und die Toten Hosen heizen<br />

im März <strong>2017</strong> in Dresden Anti-<br />

Pegida-Demonstranten auf. Im<br />

Anschluss schwelgte der Alt-Punker<br />

in Gewaltphantasien gegen die<br />

Patrioten. Foto: picture alliance /<br />

Gregor Fischer/dpa<br />

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