COMPACT Magazin 6-2017
Jagd auf Naidoo - Zensur in Deutschland
Jagd auf Naidoo - Zensur in Deutschland
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Flucht aus der BRD<br />
_ von Oliver Flesch<br />
Vor knapp 20 Jahren habe ich mich verliebt in Berlin, damals eine aufregende Metropole.<br />
Doch unser Stadtteil Neukölln ist in die Hände von jener Sorte Ausländer<br />
gefallen, die uns Deutschen das Leben schwer machen. Meine Freundin ist daran fast<br />
kaputtgegangen. Heute leben wir auf Mallorca und sind wieder glücklich.<br />
Erst einmal tief durchatmen. Hab gerade wieder<br />
eine dieser unsäglichen Diskussionen auf Facebook<br />
hinter mir, in der mir ein selbsternannter Experte<br />
weismachen wollte: «Die Behauptung, Frauen würden<br />
sich in Deutschland nicht mehr sicher fühlen, ist<br />
gelogen. Purer Rechtspopulismus.» Habe den Kerl<br />
direkt geblockt. Dem ist nicht mehr zu helfen.<br />
Dass sich unsere Frauen in unserem Land vor Belästigung,<br />
Vergewaltigung und Mord fürchten, ist<br />
eine unwiderlegbare Tatsache, für deren Nachweis<br />
wir noch nicht einmal Zahlen bemühen müssen. Ein<br />
wacher Blick in die Straßen unserer Großstädte<br />
langt völlig. Beispielsweise nach Berlin-Neukölln.<br />
Verführung und Enttäuschung<br />
Wir – meine Clique und ich – wollten nicht normal<br />
sein, damals in den Nullerjahren. Normalität<br />
paart sich ja meist mit Langeweile, uns gierte dagegen<br />
nach einem aufregendem Leben. Unbedingt<br />
wollten wir in die Stadt, die zwar arm, aber eben<br />
auch sexy war und damit unserem Selbstbildnis am<br />
nächsten kam. Unser Credo waren zwei Schlagerzeilen<br />
aus dem Filmklassiker Der eiserne Gustav:<br />
«Du bist verrückt mein Kind, Du musst nach Berlin.<br />
Wo die Verrückten sind, da jehörste hin!»<br />
In meinen ersten drei Jahren hielt unsere Hauptstadt<br />
ihr Versprechen: Berlin ist tatsächlich eine<br />
elektrisierende Stadt, die Dich nicht mehr loslässt,<br />
sobald sie Dich erst einmal in ihren Klauen hat. Also<br />
alles schick in Berlin? Mitnichten. Berlin ist längst<br />
nicht mehr von Sommersprossen übersät, wie in<br />
dem Chanson von Hilde Knef so schön besungen.<br />
Gibt immer noch herrliche Ecken, klar – dort zum<br />
Beispiel, wo die Politiker leben, die aus Berlin die<br />
Stadt mit den meisten türkischen Einwohnern außerhalb<br />
der Türkei gemacht haben.<br />
Möglicherweise würde ich heute noch in Berlin<br />
leben, doch das Schicksal wollte es, dass ich 2012<br />
ein Mädchen aus Neukölln mit dem schönen Namen<br />
Odette kennenlernte. Ich wohnte zu der Zeit<br />
in Kreuzberg 61 und fühlte mich im gentrifizierten<br />
Bergmannkiez sauwohl, doch Odettes Wohnung war<br />
schöner und größer – also zog ich zu ihr. Und damit<br />
begann die Entfremdung zwischen Berlin und mir.<br />
Burka-Dominanz: Straßenszene<br />
aus Neukölln. Foto: picture alliance<br />
/ dpa<br />
«Du bist verrückt<br />
mein Kind, Du<br />
musst nach Berlin.<br />
Wo die Verrückten<br />
sind, da jehörste<br />
hin!»<br />
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