<strong>COMPACT</strong><strong>Spezial</strong> _ FDP Zu Gast bei der Weltelite «(…) und das Faszinierende ist, es gibt kaum eine Konferenz, wo man gleichzeitig mit dem Führer der Sozialisten in Portugal ins Gespräch kommt und dem Chef von Google, um auch unterschiedliche Meinungen, unterschiedliche Positionen und Werte auszutauschen und mal richtig – unter Ausschluss der Öffentlichkeit – miteinander zu streiten. (…) Bitte keine Verschwörungstheorien, sie sind unbegründet.» (FDP-Chef Christian Lindner über seine Teilnahme an der Bilderberg-Konferenz 2013 im englischen Hertfordshire) Bilderberger-Klassiker Henry Kissinger. Foto: Gerald R. Ford School of Public Policy, University of Michigan, CC BY-ND 2.0, flickr.com Bild rechts: Genscher auf dem Spiegeltitel nach der Bundestagswahl 1980. Foto: picture alliance / Sven- Simon Bild links: Die beiden Sieger der NRW-Wahl 2017: Christian Lindner und Armin Laschet (CDU). Foto: picture alliance / SvenSimon Auch bei der Deutschen Atlantischen Gesellschaft und der Atlantikbrücke, beides Denkfabriken mit direktem Draht zur anglo-<strong>am</strong>erikanischen Machtelite, ist der FDP-Vorsitzende Mitglied. Typisch für sein Taktieren ist die Einwanderungspolitik: Zwar fordert er die Begrenzung der Aufnahme von Neusiedlern nach einem Punktesystem nach dem Vorbild von Kanada und Australien. Aber von geschlossenen Grenzen und der konsequenten, das heißt massenhaften Abschiebung der Scheinasylanten, ist weit und breit nichts zu hören. Stattdessen wollen die Liberalen auch hier nur dasselbe wie Merkel, nämlich die Verteilung der Asylbewerber nach einer bestimmten Quote auf alle EU-Mitgliedsstaaten. Das kann man gut oder schlecht finden, aber fest steht: Obwohl schon vor zwei Jahren beschlossen, klappt dieses Modell nicht. Die sogenannte europäische Lösung hat zu immer neuen Belastungen für Deutschland geführt. Licht und Schatten Lindner studierte Politikwissenschaften, Öffentliches Recht und Philosophie, schon mit 21 zog er als jüngster Abgeordneter aller Zeiten in den nordrhein-westfälischen Landtag ein und wurde mit 34 zum jüngsten Parteivorsitzenden der Geschichte. Im realen Leben, abseits der Politik, umstrahlt ihn weniger güldenes Licht. Als zum Jahrtausendwechsel die Internet-Blase anschwoll, wollte Lindner mitverdienen und gründete eine Internetfirma, die allerdings nach kurzer Zeit Insolvenz anmelden musste. Pikant: Die sogenannte Moomax GmbH nahm zur Anschubfinanzierung einen Kredit von rund zwei Millionen Euro auf, wobei 1,4 Millionen aus öffentlichen Mitteln st<strong>am</strong>mten. Als die Firma ein Jahr später vor die Wand fuhr, musste der Kredit aufgrund des Bankrotts nicht zurückgezahlt werden. In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erklärte Lindner 2012, dass die Mittel «sehr überwiegend» verwendet worden seien, um Arbeitsplätze zu schaffen. Kurze Zeit später k<strong>am</strong> heraus, dass es nicht einmal zehn waren… Laut FAZ könnte ein Großteil des Geldes in die Taschen der Geschäftsführer geflossen sein. Er ist Merkels optimaler Partner – oder optimales Opfer. Für Kanzlerin Angela Merkel ist Lindner wegen seiner charmanten Windschlüpfrigkeit der optimale Partner – oder soll man sagen: das optimale Opfer? Eine FDP mit einem Ergebnis um zehn Prozent könnte ihr für eine weitere Amtszeit die notwendige Mehrheit bringen, ihrer schlaffen Performance ein Quäntchen Charme, Witz und Feuer einhauchen. Tatsächlich scheint das Establishment nach dem Ende des Schulz-Hypes wieder an eine schwarzgelbe Lösung zu glauben. Erstmals – so berichteten große Zeitungen Ende Mai 2017 – gebe es auf Bundesebene eine Mehrheit für Merkel-CDU und Lindner-FDP. Bild-Kolumnist F. J. Wagner verfasste nach dem NRW-Triumph (12,6 Prozent) eine wahre Eloge auf Lindner, der die Leiche FDP «aus dem Grab geholt» habe. In einem Offenen Brief schreibt er: «Das Einzige, was mich irritiert hat an Ihrem Lebenslauf, ist, dass Sie Ihre Geheimratsecken transplantiert haben. Mehr Haare <strong>am</strong> Kopf. Es ist das Einzige, was ich an Lindner idiotisch finde. Haare einpflanzen. Er ist so ein toller Mann, leider ist er anscheinend auch eitel.» Dabei ist doch gerade diese Schönheitsoperation so typisch für die Liberalen: Mehr Schein als Sein. 54
Grüne Kriege, Kapital und Kindersex: Mutation einer Friedenspartei 55