Ausgabe 02/09 - Siemens Mobility
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Vielflieger am Flughafen: Wo mobile Arbeit zum Leitbild wird, da entsteht eine andere Welt als die, die uns vertraut ist<br />
reisen zu dürfen. Es wurde als Auszeich -<br />
nung verstanden, wenn man sich weitgehend<br />
autonom, also aus der direkten<br />
Kontrolle der Vorgesetzten hinausbewegen<br />
durfte. Doch die Zeiten ändern sich<br />
gerade, nicht nur wegen des krisenbedingten<br />
Downgradings in punkto Reisekomfort.<br />
Vor dem Hintergrund der Prognosen ist den<br />
Unternehmen daran gelegen, dem Reisen<br />
das Flair des Besonderen zu nehmen. Im<br />
Zuge der Globalisierung gilt Mobilität zu -<br />
nehmend als normal und selbstverständlich.<br />
Die Forderung nach umfassender Be -<br />
weglichkeit erobert immer mehr Bereiche:<br />
Mobile Laboranten und Buchhalter? Vor<br />
wenigen Jahren noch eine absurde Idee –<br />
heute schon Alltag für viele in der globalen<br />
„networked firm“. Aber was genau ist ei -<br />
gentlich mobile Arbeit? Zunächst einmal<br />
nichts prinzipiell Neues, sondern für Außendienstler,<br />
LKW-Fahrer, Piloten, Schaffner<br />
und viele andere seit jeher beruflicher All -<br />
tag. Durch den Einsatz von Informationsund<br />
Kommunikations-Technologien hat<br />
sich mobile Arbeit allerdings stark verändert.<br />
Laut ECaTT-Norm (Electronic Com -<br />
merce and Telework Trends) ist die Online-<br />
Datenübertragung inzwischen Bestandteil<br />
der Definition. Da mit umfasst der Begriff<br />
neben der Mobi lität von Menschen heute<br />
auch die Mobi lität von Arbeit und ihrer<br />
Inhalte, die als Datenpakete auf die Reise<br />
geschickt werden können.<br />
Auf Dauer gerät die oft<br />
fragile Balance von<br />
Unterwegssein und<br />
Ankommen ins Wanken<br />
Wenn also die Prognosen stimmen und<br />
Arbeit immer mobiler wird, was sind dann<br />
die sozialen Folgen? Die moderne Soziolo -<br />
gie geht davon aus, dass mobiles Arbeiten<br />
die Beziehungen von Menschen tiefgreifend<br />
prägt, verändert und letztlich auch<br />
gefährden kann. Wenn soziale Bedürfnisse<br />
ständig zurücktreten müssen, gerät die oft<br />
fragile Balance von Unterwegssein und<br />
An kommen, von Präsenz und Absenz ins<br />
Wanken. Wie die Menschen ihre hohen<br />
Mobilitätserfordernisse mit ihren sozialen<br />
Netzwerken vereinbaren können, hängt<br />
einerseits davon ab, ob und wie sie strukturell<br />
dabei unterstützt werden. Eine gro -<br />
ße Rolle spielen aber auch ihre individuellen<br />
Mobilitätskompetenzen: die Fähigkeit,<br />
auch über weite Distanzen hinweg gute<br />
und stabile Beziehungen zur Familie, zu<br />
Freunden und Kollegen zu pflegen.<br />
Aber auch wenn die virtuelle soziale<br />
Con nectivity noch so hoch ist: Wer dauerhaft<br />
reist, kann keine verlässlichen familiären<br />
oder freundschaftlichen Hilfeleistun -<br />
gen übernehmen. Wer in Haushalt, Kinder -<br />
betreuung oder bei der Versorgung von<br />
Angehörigen einen aktiven Part übernehmen<br />
will, für den fällt mobile Arbeit als<br />
Karriereweg meist aus. Die Konsequenz<br />
daraus: Der Trend zur mobilen Arbeit birgt<br />
viele Chancen, aber auch viele soziale Ri si -<br />
ken. Eine Gesellschaft, die mobiles Arbeiten<br />
normalisiert und sogar zur Norm macht,<br />
schafft neue Verhältnisse zwischen An we -<br />
senden und Reisenden, Mobilen und Im -<br />
mobilen, zwischen Menschen, die da sind<br />
und solchen, die sich im Transit befinden.<br />
Wo mo bile Arbeit zum Leitbild wird, da entsteht<br />
eine andere Welt als die, die uns vertraut<br />
ist. Eine, in der wir uns zwar ständig<br />
treffen, sich aber die Frage stellt, wann und<br />
wo wir uns tatsächlich begegnen – zumindest,<br />
wenn wir nicht verabredet sind. «<br />
2/20<strong>09</strong> its magazine 15