HANSEstyle 2 | 2017
Mode, Kultur, Genuss. Hamburg.
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City Managerin Brigitte Engler mit<br />
Johannes Lichtenthaler. Im Rücken ein<br />
Bauprojekt von Art-Invest: Der „Alte<br />
Wall“ soll wieder Einkaufsboulevard<br />
werden. Die Eröffnung ist für September<br />
2018 geplant.<br />
SERIE<br />
WIRTSCHAFT & POLITIK<br />
Das Innenstadtgespräch<br />
Für jede <strong>HANSEstyle</strong> trifft Hamburgs City Managerin, Brigitte Engler, Menschen, die die Innenstadt<br />
bewegen. Diesmal: Johannes Lichtenthaler, Geschäftsleitung und Partner bei Art-Invest,<br />
dem Projektentwickler, der unter anderem dem „Alten Wall“ neues Leben einhaucht.<br />
Foto: Marius Engels<br />
Mit Ihrem Projekt am Alten Wall verantworten Sie eines<br />
der größten innerstädtischen Bauvorhaben Hamburgs.<br />
Wie kam es zu der Begeisterung für diesen Standort?<br />
Johannes Lichtenthaler: In den letzten 70 Jahren wurde<br />
das Gebäude als Bankgebäude genutzt und der Alte Wall als<br />
Parkplatz. Aber schon vor über 100 Jahren war der Alte Wall<br />
ein stark frequentierter Einkaufsboulevard, der mit seiner<br />
attraktiven, inzwischen historischen Architektur und seiner<br />
Lage direkt neben Rathaus und Handelskammer Bürger und<br />
Besucher angezogen hat. Diese schöne und hochwertige Einkaufslage<br />
wieder aufleben zu lassen – das ist unser Bestreben.<br />
Wie wird der Alte Wall die Hamburger City künftig bereichern?<br />
Uns ist es gemeinsam mit der Handelskammer, dem Denkmalschutz,<br />
den Behörden und den umliegenden Anwohnern<br />
gelungen, mit dem Alten Wall das größte BID (Anm. Business<br />
Improvement District) in Europa auf die Beine zu stellen. Dies<br />
führt dazu, dass das gesamte Nikolaiviertel bald nicht wiederzuerkennen<br />
ist: Die Straßen werden mit großen Bürgersteigen<br />
als Flanierbereiche ausgelegt, hinzu kommen zahlreiche Neubauten<br />
und Renovierungen, die den Bereich deutlich schöner<br />
machen. Der Alte Wall wird nun als Scharnier und als Magnet<br />
zwischen der östlichen, konsumorientierten Innenstadt und<br />
der westlichen, markenorientieren Innenstadt fungieren. Der<br />
Alte Wall kombiniert dann – hinter der längsten zusammenhängenden<br />
historischen Fassade in Hamburg – hochwertigen<br />
Einzelhandel mit toller Gastronomie und Kunst. Wichtig sind<br />
auch die Büroflächen in den oberen Etagen und die öffentliche<br />
Tiefgarage unter dem Komplex.<br />
Am Jungfernstieg/Ecke Große Bleichen modernisieren<br />
Sie ein vierteiliges Alster-Ensemble, das ein 1899 erbautes<br />
Bankhaus, ein Gebäude aus der Zeit vor dem Hamburger<br />
Brand 1842 und zwei weitere, jüngere Häuser umfasst. Wo<br />
liegen die großen Herausforderungen bei der Modernisierung<br />
historischer Gebäude mitten in der Innenstadt?<br />
Das Bankhaus wurde von Martin Haller 1899 für die Dresdner<br />
Bank, die heutige Commerzbank, erbaut und seitdem immer<br />
„Diese schöne und hochwertige<br />
Einkaufslage wieder aufleben zu<br />
lassen – das ist unser Bestreben.“<br />
Johannes Lichtenthaler<br />
selbst genutzt. Allerdings haben sich in den letzten gut 100 Jahren<br />
die Anforderungen an das Bankgeschäft verändert, dazu<br />
wurden die Häuser im Laufe der Jahrzehnte stark verbaut.<br />
Unser Ziel war, den historischen Kern herauszuarbeiten und<br />
die historische Kassenhalle zum Jungfernstieg ebenerdig zu<br />
öffnen. Gleichzeitig wurde das Gebäudeinnenleben vollständig<br />
umgeplant, damit es heutigen Anforderungen an Nutzbarkeit,<br />
Flexibilität und Sicherheit gerecht wird. Die Bürger<br />
und Besucher Hamburgs profitieren auch davon, da nun der<br />
Jungfernstieg deutlich belebter wird und sich die Schaufester<br />
der Geschäfte über zwei Etagen in die Großen Bleichen hinein<br />
ziehen. Die größte aktuelle Herausforderung bei diesem Projekt,<br />
nachdem die Planungsphase gut überstanden ist, ist die<br />
Koordination der Bauphasen und der Bestandsmieter.<br />
Die Fertigstellung am Jungfernstieg ist für 2019 geplant.<br />
Neben neuen Büros entstehen wie am Alten Wall auch<br />
Einzelhandelsflächen. Vor dem Hintergrund des zunehmenden<br />
Onlinehandels: Arbeiten Sie an Konzepten, um<br />
E-Commerce und stationären Handel zu verbinden?<br />
Die Digitalisierung hat aus unserer Sicht eine ähnliche Dimension<br />
wie die Industrialisierung vor über 100 Jahren. Alle<br />
Bereiche durchleben einen Veränderungs- und Anpassungsprozess.<br />
Da es hier keine sogenannten Benchmarks gibt,<br />
müssen die Beteiligten jeweils nach besten Möglichkeiten damit<br />
umgehen und sich darauf einstellen. Einzelhändler, die<br />
frisch, agil und zukunftsgewand sind, werden diesen Prozess<br />
deutlich leichter und erfolgreicher überstehen und in die Jahre<br />
gekommene Konzept ersetzen. Hinzu kommt, dass in einer<br />
digitalen Welt Authentizität und begreifbare Marken wieder<br />
wichtiger werden. All dies lässt sich in einer Innenstadt mit<br />
toller Aufenthaltsqualität, viel Gastronomie und ergänzenden<br />
Freizeitangeboten bestens verbinden.<br />
Sie kennen unter anderem Wien, Berlin, Trondheim und<br />
Salt Lake City sehr gut. Was macht für Sie die Hamburger<br />
Innenstadt einzigartig?<br />
Ich schätze besonders die Wasserlage an Alster und Elbe. Es<br />
ist wichtig, sich selbst und die Stadt, in der man wohnt, in einen<br />
internationalen Kontext zu stellen. Ende letzten Jahres<br />
haben wir hauptsächlich für das Projekt Alter Wall einige europäische<br />
Metropolen besucht, damit wir als Bauherr beurteilen<br />
können, welche Konzepte vielleicht „the next big thing“<br />
sind und welche womöglich in Hamburg auch toll funktionieren<br />
könnten. Hiervon wird sich einiges Einzigartiges im Alten<br />
Wall wiederfinden. Die Hamburger dürfen gespannt sein.<br />
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