ausgabe
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
AiB 7-8 | 2017<br />
arbeits- und gesundheitsschutz<br />
titelthema<br />
Gefahren lauern<br />
auch im Büro<br />
gefährdungsbeurteilung Auch bei der Arbeit am Bildschirm kann<br />
die Gesundheit von Beschäftigten strapaziert werden.<br />
Hier das Wichtigste zur Gefährdungsbeurteilung bei Büroarbeitsplätzen.<br />
VON MANFRED WULFF<br />
Die Arbeitgeber sind nach dem Arbeitsschutzgesetz<br />
(ArbSchG) seit<br />
1996 verpflichtet, Gefährdungsbeurteilungen<br />
durchzuführen, um<br />
für die Beschäftigten die mit ihrer Arbeit verbundenen<br />
Gefährdungen zu ermitteln sowie<br />
erforderliche Maßnahmen des Arbeitsschutzes<br />
zu ermitteln und zu ergreifen. Dieser Pflicht<br />
aus § 5 ArbSchG sind bisher nicht sehr viele<br />
Arbeitgeber nachgekommen. Die Mehrheit<br />
der Arbeitgeber führt keine Gefährdungsbeurteilungen<br />
durch, jedenfalls nicht solche,<br />
die einer rechtlichen und fachlichen Prüfung<br />
standhalten. Die Gefährdungsbeurteilung ist<br />
für die Arbeitnehmer von hoher Bedeutung,<br />
da der Arbeitgeber bereits bei Vorliegen einer<br />
Gefährdung der Gesundheit eine Handlungspflicht<br />
bezüglich der Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen<br />
hat. Es reicht aus, dass die<br />
Gefährdungsfaktoren eine Schädigung oder<br />
Beeinträchtigung der physischen und psychischen<br />
Gesundheit hervorrufen können. 1 Eine<br />
unmittelbare Gefahr der Gesundheit ist nicht<br />
erforderlich. Gerade bei den Arbeitsbedingungen<br />
auf Büroarbeitsplätzen ist es wichtig, durch<br />
Gefährdungsbeurteilungen mögliche Gefährdungen<br />
festzustellen, weil in diesem Bereich<br />
viele verschiedene Faktoren eine Gesundheitsgefährdung<br />
begründen können. Daher müssen<br />
sich Arbeitnehmervertretungen unter Beachtung<br />
der Besonderheiten, die an Büroarbeitsplätzen<br />
anzutreffen sind, für eine Durchführung<br />
der Gefährdungsbeurteilung einsetzen.<br />
Die Rechtsprechung hat in den letzten Jahren<br />
die Mitbestimmungsrechte konkretisiert.<br />
Danach hat der Betriebsrat mitzubestimmen,<br />
an welchen Arbeitsplätzen welche Gefährdungen<br />
anhand welcher Kriterien und Methoden<br />
nach welchen Zeitplan zu beurteilen sind und<br />
welche Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen<br />
abzuleiten und durchzuführen sind. 2<br />
Auch bei den Inhalten der Arbeitsschutzunterweisung<br />
besteht ein Mitbestimmungsrecht. 3<br />
Diese Mitbestimmungsfelder werden durch die<br />
Vergabe der Aufgaben an Dritte gemäß § 13<br />
Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) nicht<br />
eingeschränkt. Da der Arbeitgeber die Gefährdungsbeurteilung<br />
selbst oder durch Dritte<br />
durchführen muss, kann der Betriebsrat zusätzlich<br />
mitbestimmen, welche Qualifikationen die<br />
durchführenden Personen besitzen müssen. 4<br />
Gefährdungen im Büro<br />
An Büroarbeitsplätzen sind klassische Gefährdungsfaktoren<br />
durch die verwendeten Arbeitsmittel<br />
und durch die Arbeitsumgebung<br />
immer existent: Licht, Klima, Lärm, Ausstattung<br />
mit Schreibtisch, Schreibtischstuhl,<br />
Bildschirm oder etwa Tastatur. Bei den Gefährdungsbeurteilungen<br />
wird immer wieder<br />
festgestellt, dass sowohl Schreibtische und<br />
Schreibtischstühle nicht nach ergonomischen<br />
Gesichtspunkten optimal gestaltet als auch<br />
die Arbeitsmittel wie Bildschirm und Tastatur<br />
falsch angeordnet sind.<br />
Aber es gewinnen auch Gefährdungsfaktoren<br />
an Büroarbeitsplätzen an Bedeutung, die<br />
mit der Arbeit direkt zu tun haben, wie zum<br />
Beispiel die Übertragung von immer mehr<br />
Arbeitsaufgaben ohne Zeit- oder Personalaufstockung,<br />
die Einführung neuer Arbeits<br />
darum geht es<br />
1. Klassische Gefährdungsfaktoren<br />
an Büroarbeitsplätzen<br />
sind:<br />
Licht, Klima, Lärm und<br />
falsche ergonomische<br />
Gestaltung von Büromöbeln<br />
und Computern.<br />
2. Daneben gibt es<br />
psychische Gefährdungsfaktoren,<br />
wie immer<br />
mehr Arbeit, neue<br />
Technik, Erhöhung der<br />
Vorgaben oder fehlende<br />
Qualifikation.<br />
3. Der Betriebsrat muss<br />
bei den Ermittlungen<br />
der Gefahren die Arbeitnehmer<br />
einbeziehen.<br />
Das schafft Akzeptanz<br />
für die Durchsetzung<br />
der Maßnahmen.<br />
1 Vergl. HK-ArbSchR/Blume/Faber § 5 Rn. 24. 2 Vergl. u.a. BAG 8.6.2004 – 1 ABR 4/03.<br />
3 Vergl. BAG 11.1.2011 – 1 ABR 104/09.<br />
4 BAG 18.8.2009 – 1 ABR 43/08.<br />
17