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ausgabe

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AiB 7-8 | 2017<br />

rechtsprechung<br />

auf Unterlassung beabsichtigter und zukünftig<br />

zu erwartender weiterer Verstöße des Arbeitgebers<br />

gegen einen sich aus § 87 Abs. 1 BetrVG<br />

ergebendes Mitbestimmungsrecht hat, das der<br />

Betriebsrat auch im Wege einer einstweiligen<br />

Verfügung geltend machen kann. Der erforderliche<br />

Verfügungsgrund war im vorliegenden<br />

Fall gegeben, da die Arbeitgeberin das Bestehen<br />

eines Mitbestimmungsrechts grundsätzlich<br />

bestritt.<br />

}}<br />

Praxistipp<br />

Anhand dieses Falles wird wieder einmal<br />

deutlich, dass das Einschalten der Arbeitsgerichtsbarkeit<br />

in vielen Fällen zum Erfolg<br />

in der Sache führt und vor allem die<br />

Arbeitgeberseite den Betriebsrat zumeist<br />

zukünftig auch ernst nimmt. Um letztendlich<br />

nicht als »Papiertiger« zu enden, sollte<br />

jeder Betriebsrat im Fall des Falles nicht lange<br />

fackeln: Sofern hinzugezogene Experten<br />

ein Mitbestimmungsrecht bejahen, sollte<br />

eine Beschlussfassung mit dem Ziel, einen<br />

Rechtsanwalt mit der Durchführung eines<br />

Verfahrens zu beauftragen, erfolgen.<br />

Kernbereich der Mitbestimmung<br />

Schließlich handelt es sich bei den Fällen<br />

des § 87 BetrVG um den Kernbereich der<br />

Mitbestimmung. Von daher sollten auch<br />

sämtliche vom Gesetzgeber eingeräumten<br />

Möglichkeiten genutzt werden, um ein Mitbestimmungsrecht<br />

im Interesse der betroffenen<br />

Arbeitnehmer zu sichern. Bei eindeutigen<br />

Tatbeständen – wie hier – sollte man<br />

den Arbeitgeber auch darauf hinweisen,<br />

dass durch sein Verhalten eine Behinderung<br />

der Betriebsratsarbeit (§ 78 BetrVG)<br />

vorliegt, wobei es sich empfiehlt, spätestens<br />

beim dritten Ignorieren auf mögliche strafrechtliche<br />

Konsequenzen (vgl. § 119 Abs. 1<br />

Nr. 2 BetrVG) hinzuweisen, um die Arbeitgeberseite<br />

zur Räson zu bringen. Auch<br />

kommt im Einzelfall eine grobe Pflichtverletzung<br />

des Arbeitgebers im Sinne des § 23<br />

Abs. 3 BetrVG in Betracht.<br />

Auch in Fällen, bei denen nicht eindeutig<br />

klar ist, ob eine Maßnahme der Mitbestimmung<br />

unterfällt oder mitbestimmungsfrei<br />

ist und mit der Arbeitgeberseite keine vernünftige<br />

Verständigung möglich ist, sollte<br />

der Betriebsrat die Arbeitsgerichtsbarkeit<br />

einschalten oder das für Arbeitgeber kostenintensive<br />

Einigungsstellenverfahren einleiten,<br />

denn auch die Einigungsstelle prüft<br />

das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts<br />

als Vorfrage.<br />

Einer eingehenden Prüfung bedarf es immer<br />

dann, wenn durch Weisung des Arbeitgebers<br />

sowohl das Ordnungsverhalten als auch das<br />

Arbeitsverhalten geregelt werden soll (Doppelcharakter).<br />

Hier muss nach der Rechtsprechung<br />

des BAG 4 genau geprüft werden,<br />

welcher Regelungszweck überwiegt.<br />

Wolf-Dieter Rudolph,<br />

Rechtsanwalt und Referent für BetrVG, Berlin.<br />

4 BAG 23.6.2016 – 1 ABR 18/14.<br />

gesetzestext<br />

§ 23 Abs. 3 BetrVG<br />

Der Betriebsrat oder eine<br />

im Betrieb vertretene<br />

Gewerkschaft können bei<br />

groben Verstößen des<br />

Arbeitgebers gegen seine<br />

Verpflichtungen aus diesem<br />

Gesetz beim Arbeitsgericht<br />

beantragen, dem<br />

Arbeitgeber aufzugeben,<br />

eine Handlung zu unterlassen,<br />

die Vornahme<br />

einer Handlung zu dulden<br />

oder eine Handlung<br />

vorzunehmen. Handelt<br />

der Arbeitgeber der ihm<br />

durch rechtskräftige<br />

gerichtliche Entscheidung<br />

auferlegten Verpflichtung<br />

zuwider, eine Handlung<br />

zu unterlassen oder die<br />

Vornahme einer Handlung<br />

zu dulden, so ist er<br />

auf Antrag vom Arbeitsgericht<br />

wegen einer jeden<br />

Zuwiderhandlung nach<br />

vorheriger Androhung zu<br />

einem Ordnungsgeld zu<br />

verurteilen.<br />

(...)<br />

weiterbildung<br />

Bei Bildungsmaßnahmen mitbestimmen<br />

BAG, Beschluss vom 26.4.2016 – 1 ABR 21/14<br />

Bei der Durchführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung hat der Betriebsrat<br />

nach § 98 Abs. 1 BetrVG mitzubestimmen. Eine betriebliche Berufsbildungsmaßnahme liegt<br />

nicht vor, wenn im Betrieb eine Fortbildung/Schulung eines externen Arbeitnehmers zu dessen<br />

Qualifikation für eine Tätigkeit bei einem externen Unternehmen stattfindet. In diesem<br />

speziellen Fall kann der Betriebsrat nicht mitbestimmen.<br />

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