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Cruiser im Sommer 2017

Cruiser im Sommer Es ist nun ja so: Fast in jedem Coming Out Film gehen die Protagonisten früher oder später BADEN! Das machen sie wirklich und fast immer. Warum ist dem so? Unser Autor versucht unser Sommerthema mehr oder weniger wissenschaftlich anzugehen und kommt zu erfrischenden Erkentnisen. Ausserdem: Mario Puntillo, der tapfere Schneider und weitere spannende Portraits. ​ Kein Sommer ohne unser Gewinnspiel: Dieses Jahr hatten wir supermässige Wettbewerbspreise. Die letzten sind nun an die glücklichen Gewinner verteilt. Danke fürs Mitspielen!

Cruiser im Sommer

Es ist nun ja so: Fast in jedem Coming Out Film gehen die Protagonisten früher oder später BADEN! Das machen sie wirklich und fast immer. Warum ist dem so? Unser Autor versucht unser Sommerthema mehr oder weniger wissenschaftlich anzugehen und kommt zu erfrischenden Erkentnisen.

Ausserdem: Mario Puntillo, der tapfere Schneider und weitere spannende Portraits.



Kein Sommer ohne unser Gewinnspiel: Dieses Jahr hatten wir supermässige Wettbewerbspreise. Die letzten sind nun an die glücklichen Gewinner verteilt. Danke fürs Mitspielen!

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16 KOLUMNE<br />

Porno 17<br />

MICHI RÜEGG<br />

Spielraum für Diversität?<br />

Die lieben kleinen verdammten<br />

Rotznasen<br />

Die schwule Community wird sich grundlegend<br />

verändern, sobald die Heterosexualität das Monopol<br />

aufs Kinderkriegen abgibt. Ein Grund zur Freude?<br />

Mitnichten, findet Michi Rüegg.<br />

Identitätsstiftung durch<br />

Gay-Pornos<br />

Pornographie scheint in der Gay Community eine andere Rolle zu spielen, als es<br />

bei Heterosexuellen der Fall ist. Was ist der Grund für das entspannte Verhältnis<br />

der Schwulen zur Pornographie?<br />

VON Michi Rüegg<br />

I<br />

ch fliege nicht mehr allzu oft in der<br />

Weltgeschichte umher. Vor allem, weil<br />

Fliegen heutzutage eine Zumutung ist.<br />

Soeben bin ich nach Berlin gereist. Mit einem<br />

Nachmittagsflug. Wie bei allem, was an<br />

einem Nachmittag stattfindet, war die Kinder-<br />

und Seniorendichte <strong>im</strong> Flieger enorm.<br />

Kaum hatten sie Platz genommen, stellten<br />

die Senioren ihre Sitzlehnen zurück, schlossen<br />

die Augen und begannen zu sabbern. Die<br />

Kinder hingegen kreischten während der gesamten<br />

Flugzeit vor sich hin. In der Ankunftshalle<br />

kletterten sie aufs Gepäckband.<br />

Wie schön, dass wir schwulen Männer<br />

derzeit noch von Nachwuchs unbelastet<br />

sind. Bei den Lesben hat sich das Kinderkriegen<br />

ja schon eingebürgert. Es wird nicht<br />

mehr lange dauern, da werden auch schwule<br />

Paare Kinder haben. Die Weichen dafür sind<br />

gestellt. Als ich mir mit Anfang Zwanzig<br />

mein Gay-Leben zusammenz<strong>im</strong>merte, war<br />

für mich klar, dass Kinder darin nicht vorkommen<br />

werden. Fragt man heute schwule<br />

Teenager, tönt das anders: Mol, aso ich will<br />

scho en Maa und Chind. Mal ganz davon abgesehen,<br />

dass zwei Väter keinen Mutterschaftsurlaub<br />

bekommen, werden noch weitere<br />

Probleme die schwulen Familien plagen.<br />

Denn hat unsereins erst einmal Söhne<br />

und Töchter, entstehen Betreuungspflichten.<br />

Man kann nicht mehr einfach tun und lassen,<br />

was man will. Vor allem wird das Spontansein<br />

erschwert. Andererseits tun sich<br />

auch neue Märkte auf. So ist davon auszugehen,<br />

dass Schwulensaunas künftig eine Kinderspielecke<br />

anbieten müssen. So, du mümmelst<br />

hier ganz lieb mit Leon und Paula,<br />

während der Papi drüben ein bisschen fummeln<br />

geht. Auch Gayclubs könnten solche<br />

Angebote ins Programm aufnehmen. Bald<br />

schon werden wir an den Hedonistenstränden<br />

von Sitges und Ibiza kleine Kinder in<br />

Dsquared-Badehöschen sehen, die Sandburgen<br />

bauen.<br />

Was tun mit Anne<br />

Catherine und Carl<br />

Johann, während<br />

man dem gepflegten<br />

Chemsex frönt?<br />

Schwierig wird das Online-Dating. Hat<br />

man auf Grindr erst einen kernigen Top oder<br />

einen anschmiegsamen Bottom ausgemacht,<br />

kommt die Frage: Was tun mit Anne Catherine<br />

und Carl Johann, während man dem<br />

gepflegten Chemsex mit einem muskulösen<br />

Latino frönt? Hat man nicht zufällig eine<br />

nette ältere Nachbarin, bei der man die Gofen<br />

deponieren kann, ist man auf Hilfe von<br />

aussen angewiesen. Ich arbeite derzeit an einer<br />

App, einer Art Grindr für Notfallbabysitter.<br />

Man schaut <strong>im</strong> Umkreis, ob irgendjemand<br />

freie Zeit hat und kann dann die<br />

Person zu sich bestellen, ihr die Kids übergeben<br />

und sie zum Spielplatz schicken. Bezahlt<br />

wird via Kreditkarte, wie bei Uber. Vielleicht<br />

liesse sich der Service sogar mit Grindr verlinken,<br />

und auf Knopfdruck kommt irgendwer<br />

sitten.<br />

Es empfiehlt sich auch, die Dildo- und<br />

Accessoires-Sammlung gut zu verstauen. Es<br />

ist zwar ein lustiger Anblick, wenn so ein<br />

kleiner Wurm mit einem Doppeldong<br />

Schlange-<strong>im</strong>-Urwald spielt, aber gelangen<br />

solche Bilder nach aussen, steht bald einmal<br />

die Kesb auf der Matte und bezweifelt die Erziehungsfähigkeit.<br />

Vor allem aber sollten schwule Paare<br />

vor der Anschaffung von Kindern daran<br />

denken, dass die Scheidungsrate bereits bei<br />

Heteros sauhoch ist und man ja irgendwie<br />

auch an die Kosten denken sollte, die eine<br />

Trennung verursacht. Ich sage nur: Internate<br />

sind ja auch nicht grad günstig.<br />

Es stehen Veränderungen an, doch die<br />

Community wird auch mit denen umzugehen<br />

wissen. Ein positiver Effekt der anstehenden<br />

Kinderwelle: Wir werden uns nicht<br />

mehr von unseren Heterofreunden entfremden,<br />

kaum haben deren Frauen geworfen.<br />

Kennt man, nicht? Wir treffen die ehemals<br />

beste Freundin oder den ehemaligen Superkumpel<br />

– doch deren Welt dreht sich nur<br />

noch um das röchelnde kleine Teil, das sie in<br />

einem sündhaft teuren ergonomischen Tragbett<br />

mit sich rumschleppen. Jööö, lueg, er<br />

hät kötzlet!<br />

Ich persönlich werde dem schwulen<br />

Kinderkriegen folgendermassen begegnen:<br />

Geld sparen und nur noch First-<br />

Class-Fliegen. Rücklehne zurückwerfen.<br />

Sabbern.<br />

Von Nathan Schocher<br />

D<br />

ie enge Verbundenheit der Gay Community<br />

mit Pornographie hat ihre<br />

Wurzeln in der Stigmatisierung der<br />

Homosexualität. Die Strafbarkeit und Verfolgung<br />

der Homosexualität führte dazu,<br />

dass sich Schwule lange Zeit nur <strong>im</strong> Verborgenen<br />

treffen konnten. So bildete sich bei<br />

Schwulen eine Subkultur heraus, die best<strong>im</strong>mte<br />

ästhetische Codes entwickelte.<br />

Diese den Heterosexuellen <strong>im</strong> Allgemeinen<br />

unbekannten Codes bezweckten einerseits,<br />

dass Schwule auf Partnersuche einander<br />

leicht erkennen konnten. Andererseits hatten<br />

sie den Effekt eines Community Building,<br />

gemeinsame Codes schweissen eine<br />

Szene, dessen Mitglieder sich <strong>im</strong> Alltag<br />

nicht zueinander bekennen dürfen, zusammen.<br />

So entstand eine schwule Identität, die<br />

sich stark über ästhetische Merkmale definiert.<br />

Welche Rolle spielt nun schwule Pornographie<br />

in der Hervorbringung dieser<br />

Identität?<br />

Idealisierte Männlichkeit<br />

Pornographie hat einen transgressiven Charakter,<br />

das heisst, sie bietet dem Begehren, das<br />

die sexuellen Normen der Gesellschaft überschreitet,<br />

eine Plattform. Da Pornos zeigen,<br />

was sich Menschen he<strong>im</strong>lich wünschen, zeigen<br />

schwule Pornos natürlich eine ganze ➔<br />

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