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Cruiser im Sommer 2017

Cruiser im Sommer Es ist nun ja so: Fast in jedem Coming Out Film gehen die Protagonisten früher oder später BADEN! Das machen sie wirklich und fast immer. Warum ist dem so? Unser Autor versucht unser Sommerthema mehr oder weniger wissenschaftlich anzugehen und kommt zu erfrischenden Erkentnisen. Ausserdem: Mario Puntillo, der tapfere Schneider und weitere spannende Portraits. ​ Kein Sommer ohne unser Gewinnspiel: Dieses Jahr hatten wir supermässige Wettbewerbspreise. Die letzten sind nun an die glücklichen Gewinner verteilt. Danke fürs Mitspielen!

Cruiser im Sommer

Es ist nun ja so: Fast in jedem Coming Out Film gehen die Protagonisten früher oder später BADEN! Das machen sie wirklich und fast immer. Warum ist dem so? Unser Autor versucht unser Sommerthema mehr oder weniger wissenschaftlich anzugehen und kommt zu erfrischenden Erkentnisen.

Ausserdem: Mario Puntillo, der tapfere Schneider und weitere spannende Portraits.



Kein Sommer ohne unser Gewinnspiel: Dieses Jahr hatten wir supermässige Wettbewerbspreise. Die letzten sind nun an die glücklichen Gewinner verteilt. Danke fürs Mitspielen!

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8 <strong>Cruiser</strong> zu Besuch bei …<br />

<strong>Cruiser</strong> zu Besuch bei … 9<br />

Mario Puntillo<br />

Mario Puntillo<br />

«Ich mache keine<br />

Wegwerfmode»<br />

Mario Puntillo ist Schneider aus Leidenschaft. Das sieht man seiner Mode<br />

an – und an seinen Schneiderkursen kann man diese auch erleben.<br />

Mario Puntillo in seinem Verkaufsgeschäft in Zürich, welches auch Platz für sein Atelier bietet.<br />

Von Haymo Empl<br />

D<br />

as Ladenlokal ist Atelier und umgekehrt:<br />

Mario Puntillo steht hinter<br />

seinem grossen Pult, welches auch<br />

als Verkaufstresen fungiert und überlegt<br />

sich, wie er seine Kollektionen auf die Frage<br />

«Wie würdest du diese charakterisieren?»<br />

beschreiben soll. Die Antwort liefert er<br />

schliesslich nicht verbal, sondern er zeigt auf<br />

seine Bilder, die <strong>im</strong> Ladenlokal an der Badenerstrasse<br />

in Zürich hängen. Die Models<br />

sind nicht die 17-Jährigen Hungerhaken wie<br />

sonst bei Designern üblich, sondern attraktive<br />

Menschen, denen man ansieht, dass sie<br />

schon halbwegs begriffen haben, wie das Leben<br />

funktioniert. Es sind starke Persönlichkeiten.<br />

Eine Zeitung versuchte sich in der<br />

Beschreibung seiner Werke einst mit dem<br />

Wort «evolutiv». «Organisch wachsend»<br />

würde es ebenso treffend beschreiben. Mario<br />

Puntillo tut sich <strong>im</strong> Gespräch mit dem <strong>Cruiser</strong><br />

bei der Beschreibung seiner eigenen<br />

Mode schwer, weder lässt sich seine Mode<br />

noch seine Person einfach schubladisieren.<br />

Er und seine Designs sind eher als Gesamtkonzept<br />

zu beschreiben und zu verstehen; es<br />

geht eine schon fast rührende Bescheidenheit<br />

von seiner Person aus. Seine Zurückhaltung<br />

entspricht ergo so gar nicht dem Klischee<br />

des schrillen Designers, wie dies von<br />

den Medien sonst gerne transportiert wird.<br />

Nähen, nähen, nähen<br />

Seine Mode ist tragbar, raffiniert und nur auf<br />

den ersten Blick schlicht. Da sind Taschen in<br />

den Jacken, in denen sich auch was verstauen<br />

lässt, klassische Linien werden durchbrochen<br />

und jede Naht ist ein Qualitätsbeweis.<br />

Günstig sind die Kleider nicht – aber letztendlich<br />

amortisiert sich der Preis, denn die<br />

Die Mode von Mario Puntillo wirkt nur auf den ersten Blick schlicht. Bei genauerem Hinsehen<br />

sind es raffinierte Schnitte mit vielen Details.<br />

Mode von Mario Puntillo ist gedacht, um<br />

über viele Jahre getragen werden zu können.<br />

«Das entspricht auch dem Bedürfnis meiner<br />

Kunden», erklärt der Schneider. «Die meisten<br />

können mit der Wegwerfmentalität<br />

nichts anfangen. Diesbezüglich hat sowieso<br />

ein Umdenken stattgefunden», stellt der<br />

48-Jährige fest. «Immer mehr Leute setzen<br />

wieder auf Beständiges und haben von dem<br />

Massenkonsum genug.» Seine Kollektionen<br />

können nach Bedarf auch einem veränderten<br />

Modeempfinden angepasst werden, er<br />

spricht daher auch <strong>im</strong>mer von «Basics», die<br />

er kreiert und verkauft. Es ist eine One-<br />

Man-Show, wobei die «Show» schon länger<br />

nicht mehr Thema ist. «Ich habe mich weitestgehend<br />

von Modezirkus verabschiedet.»<br />

Mario erklärt: «Es gab und gibt in diesem<br />

Geschäft schon <strong>im</strong>mer die eine Fraktion, die<br />

an den grossen Modeschauen in Paris und<br />

Mailand präsentiert und die andere – die<br />

wesentlich grössere – sind Leute, die hart arbeiten<br />

und sich sehr viele Gedanken zum<br />

Produkt machen.» Mario Puntillo zählt sich<br />

zu den letzteren. Das heisst: Sein Handwerk<br />

verstehen, sich vom Alltag inspirieren lassen<br />

und nähen, nähen, nähen. Das setzt grosses<br />

Können voraus. Der gelernte Industrieschneider<br />

hat sich dieses Wissen <strong>im</strong> eigenen<br />

Atelier über die Jahre on the Job angeeignet.<br />

Aber: «Als Industrieschneider lernt<br />

man natürlich bereits in sehr kurzer Zeit alles,<br />

was man wissen muss, es ist eine solide<br />

Grundlage für sämtliche späteren Tätigkeiten<br />

in diesem Beruf. Sein Wissen wiederum<br />

gibt der Schneider selbst auch weiter – Mario<br />

bietet unter dem Namen «Piccoli Eroi» in<br />

seinem Kurslokal auch Schneiderkurse an.<br />

«Ich wurde <strong>im</strong>mer wieder danach gefragt,<br />

und daher habe ich mich dann vor einigen<br />

Jahren entschlossen, mein Fachwissen weiterzugeben»,<br />

erklärt der gebürtige Italiener.<br />

In seinen Kursen lehrt er zuerst die Basics.<br />

«Bei den Frauen wurde dieses Wissen früher<br />

von der Mutter an die Tochter weitergegeben,<br />

aber das ist ja schon länger nicht mehr<br />

der Fall und daher beginne ich meistens<br />

ganz von vorne», so Mario. Es sind aber bei<br />

weitem nicht nur Frauen, die seine Kurse besuchen.<br />

«Ich habe auch <strong>im</strong>mer wieder Männer<br />

in meinen Klein-Kursgruppen, egal ob<br />

Homo oder Hetero.» In den meisten Fällen<br />

sind es Hobbyschneider oder solche, die es<br />

noch werden wollen – in allen Altersgruppen<br />

und auf allen Niveaustufen.<br />

«Piccoli Eroi» heisst auf Deutsch<br />

«Kleine Helden». Der Name passt: «Es ist<br />

für die meisten zuerst eine ziemliche Herausforderung,<br />

manche waren noch gar nie<br />

an einer Nähmaschine. Wenn meine Teilnehmer<br />

dann ihr erstes, selbstgemachtes<br />

Stück in den Händen halten, fühlen sie sich<br />

effektiv wie kleine Helden.» Und verstehen<br />

so ganz nebenbei auch, dass das Schneiderhandwerk<br />

eine wahre Kunst ist. Eine Kunst,<br />

die man aber erlernen kann.»<br />

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