stahlmarkt 09.2017 (September)
Aus dem Inhalt: Steel International / IT, Digitalisierung / Stahlhandel & Stahl-Service-Center / Logistik & Handhabung, Lagertechnik / Schweissen & Schneiden
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26 K Branchenbericht<br />
Hüttentechnik erwartet mittelfristig<br />
Stagnation des Marktes<br />
Anlagenbauer wollen Innovationsführerschaft und Kundennähe nutzen<br />
Frankfurt/Main. Bei den Anlagenbauern von Hütten- und Walzwerkstechnik<br />
keimt Hoffnung, dass sich die mehrjährige Investitionsflaute der<br />
Stahlindustrie langsam dem Ende zuneigt. Die Anfragen haben mancherorts<br />
zugenommen. Doch eine echte Wende zum Besseren ist flächendeckend<br />
nicht erkennbar. Die Auftragswerte, über deren Höhe sich die Branche vor<br />
zehn Jahren freuen konnte, erscheinen unerreichbar.<br />
Die Durstrecke hält noch an. Wenn die<br />
Großanlagenbauer der Hütten- und Walzwerkstechnik<br />
in ihre Auftragsbücher blicken,<br />
dann haben sie wenig Anlass, schon<br />
bald wieder mit guten Zeiten zu rechnen.<br />
Wie bereits 2016, so werden die Unternehmen<br />
auch im laufenden Jahr weniger als die<br />
Hälfte der Auftragsmenge verbuchen können,<br />
die 2011 anfiel. Danach ging es fast<br />
kontinuierlich abwärts. Von 3,8 Mrd. € fielen<br />
die Bestellungen auf 1,4 Mrd. €. Zieht<br />
man die Rekordzahlen der weltweit führenden<br />
Branche heran, die sie in der Überhitzungsphase<br />
vor der globalen Finanzkrise<br />
(2008: 5,9 Mrd. €)<br />
erreichte, so wird<br />
das Dilemma noch<br />
offenkundiger. Um<br />
rund drei Viertel ist<br />
das jährliche Auftragsvolumen<br />
seitdem<br />
geschrumpft –<br />
mit Kapazitätsabbau,<br />
Arbeitsplatzverlusten und enormen<br />
Umstrukturierungen als Folge. Die oft mehrere<br />
Jahre dauernde Bearbeitung der Bestellungen<br />
wirken sich noch länger aus. Die<br />
Krise der Stahlindustrie in vielen Regionen<br />
der Welt hat – wie immer – auch die Ausrüster<br />
gebeutelt. Und Erholungstendenzen<br />
in der Stahlbranche, wie sie derzeit verschiedentlich<br />
erkennbar werden, ziehen erfahrungsgemäß<br />
erst zeitverzögert spürbare<br />
Investitionen nach sich. Großprojekte bleiben<br />
auch künftig rar und hart umkämpft, in<br />
den Industrieländern sind sie kaum noch<br />
vorstellbar. Immerhin gibt es bei den Anlagenherstellern<br />
Hoffnung, dass der Tiefpunkt<br />
erreicht ist. Einen wirklichen Aufschwung<br />
sieht aber niemand.<br />
Enorme Überkapazitäten<br />
in der Stahlindustrie<br />
So betrachten die Unternehmen und auch<br />
die Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau<br />
im Verband Deutscher Maschinen- und<br />
Anlagenbau (VDMA) die Lage notgedrungen<br />
ausgesprochen nüchtern: »Das Marktumfeld<br />
im Hütten- und Walzwerksbau bleibt<br />
»<br />
Das Marktumfeld im Hütten- und Walzwerksbau<br />
bleibt auch 2017 schwierig. Überkapazitäten belasten<br />
die Stahlhersteller.<br />
Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau im Verband Deutscher<br />
Maschinen- und Anlagenbau (VDMA)<br />
auch 2017 schwierig. Überkapazitäten be -<br />
lasten die Stahlhersteller. Beim Abbau der<br />
Kapazitäten konnten bisher keine essenziellen<br />
Fortschritte erzielt werden. Die Auslastung<br />
der sich im Markt befindlichen Anlagen<br />
liegt im weltweiten Durchschnitt unter<br />
70 %, wobei zum Teil deutliche regionale<br />
Unterschiede bestehen. Verschärft wird die<br />
Lage durch makroökonomische und geopolitische<br />
Herausforderungen, die kurzfristig<br />
nicht zu lösen sind. Die Investitionsbereitschaft<br />
ist in diesem Umfeld weiterhin gering,<br />
und auch bereits getroffene Investitionsentscheidungen<br />
werden zunehmend hinterfragt.<br />
Entsprechend ist auch mittelfristig<br />
davon auszugehen, dass der Markt für Hütten-<br />
und Walzwerkseinrichtungen stagnieren<br />
wird«, so die Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau.<br />
Positiv lässt sich anmerken, dass die Un -<br />
ternehmen – wenn schon kein ins Auge<br />
fallendes Wachstum – so doch keine Einbrüche<br />
wie in den vergangenen Jahren mehr<br />
erwarten. Ersatzinvestitionen und Modernisierung<br />
sind in den Stahlwerken naturgemäß<br />
nicht dauerhaft aufzuschieben. Vereinzelt<br />
gibt es auch neue Produktanfragen<br />
insbesondere im Bereich Sonderstähle. Insgesamt<br />
hat sich die Nachfrage deshalb leicht<br />
belebt. Aufträge daraus könnten vor allem<br />
2018 und 2019 folgen. Der erwähnte Auftragseingang<br />
von 1,4 Mrd. € bedeutete<br />
2016 einen Rückgang um 13 % gegenüber<br />
2015 (1,6 Mrd. €). Im Einzelnen sanken die<br />
Inlandsbestellungen 2016 um 19 % auf 137<br />
(Vorjahr 170) Mill. €. Das ist der niedrigste<br />
Wert seit zehn Jahren. Spitzenjahr war 2011<br />
mit 567 Mill. €. Aus dem Ausland kamen<br />
Orders in Höhe von 1,288 (1,461) Mrd. €,<br />
ebenfalls ein Minusrekord. Im Jahr 2007<br />
glänzte die Branche mit Auslandsbestellungen<br />
von 5,490 Mrd. €.<br />
China: Nur zögernder<br />
Kapazitätsabbau<br />
Der Blick auf die einzelnen Märkte fällt<br />
zwangsläufig zuerst auf China. Dort wird die<br />
Hälfte des gesamten Rohstahls erzeugt. Und<br />
in China existieren die höchsten Überkapazitäten.<br />
Die Produktion der chinesischen<br />
Hüttenwerke lag 2016 mit 808 Mill. t leicht<br />
über dem Vorjahr. Die Regierung in Peking<br />
beabsichtigt nach eigenen Aussagen zwar,<br />
mittelfristig 100 Mill. bis 150 Mill. t Kapazität<br />
aus dem Markt zu nehmen und die<br />
Industrie damit stärker zu konsolidieren. Der<br />
aktuelle Produktionsanstieg spiegelt jedoch<br />
wider, dass die Reorganisation der chinesi-<br />
<strong>stahlmarkt</strong> 9.2017