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Credit Suisse bulletin, 1999/06
Credit Suisse bulletin, 1999/06
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ECONOMIC RESEARCH<br />
waltungsräte können immer mehr zur<br />
Kasse gebeten werden. Politische Unruhen<br />
und wirtschaftliche Umwälzungen,<br />
Naturkatastrophen und menschliches Versagen<br />
beeinflussen den Geschäftserfolg<br />
der Unternehmen. Die Verantwortlichen<br />
müssen sich also überlegen, wieweit sie<br />
diese Risiken vermindern können.<br />
RG: Erweiterte Märkte bedeuten erweiterte<br />
Risiken. Und genau dieses klassische Unternehmerrisiko<br />
soll nun abgetreten werden ?<br />
CR: Wenn ein Unternehmer nicht angemessen<br />
versichert ist, nicht über ausreichend<br />
Eigenkapital oder Reserven verfügt,<br />
gleichen solche Risiken einem<br />
Hasardspiel. Sie können in den Bankrott<br />
führen. Hier setzt der alternative Risikotransfer<br />
(ART) mit einer integrierten Betrachtung<br />
der Finanz-, Geschäfts- und<br />
Betriebsrisiken an. Damit wird eine wirksame<br />
und kostengünstige Abdeckung des<br />
Risiko-Portefeuilles angestrebt.<br />
RG: Aber jede Bank nimmt sorgfältige Bonitätsprüfungen<br />
vor, und Versicherungen<br />
analysieren die Höhe eines potenziellen<br />
Schadens und berechnen die Wahrscheinlichkeit<br />
eines Schadenfalles. Welche Neuerung<br />
bietet alternativer Risikotransfer ART ?<br />
CR: Bei hohen Risiken können Kredite<br />
nicht gewährt werden, sobald die angemessenen<br />
Zinsen die vom Gesetzgeber<br />
festgelegte Obergrenze übersteigen würden.<br />
Und gewisse schwer kalkulierbare<br />
Risiken können nur zu unbezahlbaren Prämien<br />
versichert werden. Gelingt es dagegen,<br />
ein Portefeuille durch Bank-, Versicherungs-<br />
und Kapitalmarktinstrumente<br />
kosteneffizient zu steuern, gewinnt ein<br />
Unternehmen an Bonität und Kreditwürdigkeit.<br />
Unter anderem lassen sich hohe<br />
Risiken verbriefen und kommen als handelbare<br />
Wertpapiere auf den Markt. Für<br />
den Umgang mit Risiken, die nicht über<br />
traditionelle Versicherungspolicen gedeckt<br />
werden können, wurde der «alternative<br />
Risikotransfer» ART kreiert. Im breiten<br />
Spektrum der Allfinanz werden so Versicherungsleistungen<br />
und Bankleistungen<br />
kombiniert.<br />
RG: Ist diese Form des Risikotransfers auch<br />
für kleine und mittlere Unternehmen denkbar<br />
oder beschränkt sich dieses Angebot<br />
ausschliesslich auf multinationale Konzerne<br />
?<br />
CR: Im Moment spielt ART vorwiegend<br />
bei multinationalen Unternehmungen, weil<br />
sehr hohe Prämien anfallen. Noch bestehen<br />
wenig Erfahrungswerte. Aber sobald<br />
ausreichend Daten verfügbar sind, könnten<br />
diese Instrumente für mittelgrosse<br />
Unternehmen angewendet werden.<br />
RG: Fördert diese erweiterte Deckung unternehmerische<br />
Innovation ?<br />
CR: Grosskonzerne sind eingestiegen:<br />
Sie gestalten über ART ihr Risikomanagement<br />
umfassender und erreichen ihr Unternehmensziel<br />
kostengünstiger. Sie binden<br />
weniger Kapital und erweitern so ihren<br />
Handlungsspielraum.<br />
RG: Und welche gesamtwirtschaftlichen<br />
Auswirkungen zeitigt der alternative Risikotransfer<br />
?<br />
CR: Je mehr Unternehmen durch ein<br />
umfassendes Risikomanagement ihre<br />
Leistungen kostengünstiger erbringen<br />
und erweitern können, desto höher ist der<br />
gesamtwirtschaftliche Nutzen. Werden<br />
zudem traditionell nicht versicherbare<br />
Grossrisiken verbrieft, die von Naturkatastrophen<br />
ausgelöst werden, steigt die<br />
Deckungskapazität für die Wirtschaft.<br />
Anlegerinnen und Anleger profitieren von<br />
entsprechenden Wertpapieren, weil sie<br />
nicht von allgemeinen Entwicklungen in<br />
gewissen Branchen abhängig sind.<br />
RG: Während gewisse Entwicklungen auf<br />
dem Kapitalmarkt absehbar sind, sind Entwicklungen<br />
im Bereich des alternativen Risikotransfers<br />
absolut nicht festzumachen.<br />
Wer kann schon abschätzen, wann ein<br />
Erdrutsch ganze Produktionsräume eines<br />
Unternehmens in Südamerika verschüttet ?<br />
SO WERDEN HÖCHSTE RISIKEN TRAGBAR<br />
Ein mittleres Unternehmen hat den Auftrag erhalten, eine neue Anlage zu entwickeln<br />
und innert zwei Jahren in ein Drittland zu liefern. Vereinbart wird ein<br />
Festpreis bei gestaffelter Bezahlung; die letzte Rate wird 180 Tage nach<br />
erfolgreicher Inbetriebnahme fällig. Festgeschrieben werden darüber hinaus<br />
eine hohe Konventionalstrafe bei Lieferverzug, massive Garantieverpflichtungen<br />
und Serviceleistungen.<br />
Die Entwicklungskosten können sich nur auszahlen, sofern die neu entwickelte<br />
Anlage zusätzliche Abnehmer findet. Während der Entwicklungsund<br />
Produktionszeit verändern sich die Preise für Rohstoffe, Halb- und<br />
Fertigfabrikate. Wechselkurs-Schwankungen, unerwartete technische oder<br />
personelle Schwierigkeiten können den Ablauf der Arbeiten behindern. Politische<br />
und rechtliche Turbulenzen oder Katastrophen können die Erfüllung<br />
des Auftrages und die Weitervermarktung der Anlage gefährden.<br />
Während für die Betriebsrisiken traditionelle Versicherungslösungen und für<br />
die Finanzrisiken Derivate zur Verfügung stehen, gelten viele der umschriebenen<br />
Risiken als traditionell nicht versicherbar. Zwei Instrumente des alternativen<br />
Risikotransfers können das traditionelle Risikomanagement teilweise<br />
ersetzen, teilweise ergänzen. Bei Finite-Risk-Lösungen findet der Risikoausgleich<br />
innerhalb der gleichen Unternehmung während einer festen Vertragsdauer<br />
statt. Im Mehrsparten-Mehrjahresprogramm werden versicherbare und<br />
nicht versicherbare Risiken eines Unternehmens kombiniert und so Diversifikationsgewinne<br />
erreicht.<br />
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CREDIT SUISSE BULLETIN 6 |99