Glück
Credit Suisse bulletin, 1999/06
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HABIB KOITÉ<br />
DIE EISBRECHER<br />
DAS BULLETIN HILFT IHNEN DURCH DEN<br />
WINTER – MIT MUSIK FÜR BEIN UND HERZ.<br />
VON MARIANNE BERNA<br />
Es waren die goldenen<br />
Fünfziger. Wer angeben wollte,<br />
ging mit einer taubenblauen<br />
Swissairtasche in die<br />
Badi, am Nierentisch nippte<br />
man Martini. Zum «Lunch» im<br />
«Tea Room» gab es Riz Casimir<br />
und zum Dessert an Weihnachten<br />
eine Ananas. Man<br />
fühlte sich wahnsinnig kosmopolitisch.<br />
Und aus dem Deckel<br />
des tragbaren Grammophons<br />
schluchzte Harry Belafonte<br />
«Banana Boat» und «Island in<br />
the Sun» – der Soundtrack<br />
der neuen Weltbürger. Die<br />
ersten Stückchen Weltmusik.<br />
Seit Menschengedenken<br />
essen wir Kartoffeln, die eigentlich<br />
aus Peru stammen, Jahrzehnte<br />
schon telefonieren wir<br />
mit Johannesburg, und nun<br />
holen wir uns auch noch Informationen<br />
aus der ganzen Welt<br />
innert Sekunden auf den Bildschirm.<br />
Die Unterhose wurde<br />
in Ägypten hergestellt, die<br />
Computersoftware hat man in<br />
Indien programmiert. Das Gefühl,<br />
der Duft all dieser Weltgegenden<br />
aber bleibt unsern<br />
Nasen, Herzen und Köpfen<br />
vollkommen fremd.<br />
Es brauchte die moderne<br />
Unterhaltungselektronik, um<br />
dem Medium weltweit, wirklich<br />
weltweit neue Dimensionen<br />
zu verschaffen, das wie<br />
kein anderes Düfte, Gefühle,<br />
Ideen transportieren kann. Die<br />
Musik erfuhr mit Radio, Grammophon<br />
und all ihren modernen<br />
Abkömmlingen nicht nur<br />
eine nie geahnte Verbreitung,<br />
sondern auch fundamentalste<br />
Umbrüche. Klar – für Musikerinnen<br />
wie Komponisten ist es<br />
etwas komplett anderes, ob<br />
sie ein Lied am Jahrmarkt<br />
oder in der Kirche vortragen,<br />
oder ob sie übers Radio Millionen<br />
erreichen. Ganz wichtig<br />
ist auch die Tatsache, dass<br />
mittels eines Mikrophons eine<br />
Stimme zu höchstem Ruhm<br />
gelangen kann, die ohne ein<br />
solches kein Mensch auch nur<br />
vernähme, weil sie nämlich zu<br />
schwach wäre, um überhaupt<br />
gehört zu werden. Das heisst,<br />
Stimmtechnik und «Können»<br />
im klassischen Sinn sind praktisch<br />
hinfällig. Und schliesslich<br />
die Umwälzung, die sich<br />
als wesentlichste erwiesen<br />
hat – nämlich die gegenseitige<br />
Beeinflussung von Stilen, die<br />
sich auf direktem Weg nie begegnet<br />
wären.<br />
Natürlich haben Menschen<br />
immer migriert und dabei ihre<br />
Musiken miteinander vermischt.<br />
Schottisch und Polka<br />
sind jedenfalls nicht allein auf<br />
Schweizer Mist gewachsen –<br />
das hört man ja schon den<br />
Namen dieser Gattungen an.<br />
Und es ist Allgemeinwissen,<br />
dass die amerikanischen Populärmusikstile,<br />
von Dixie bis<br />
Samba, im Wesentlichen aus<br />
den afrikanischen hervorgegangen<br />
sind, die den eingeschleppten<br />
Sklaven absolut<br />
nicht abzugewöhnen waren.<br />
Die elektronischen Medien<br />
haben solche uralten Prozesse<br />
aber tausendfach verstärkt,<br />
beschleunigt und auf<br />
ihre Weise beeinflusst.<br />
Nehmen wir zum Beispiel<br />
die Rumba. Das heisst, Rumba<br />
nennt sich dieser Stil vor<br />
allem in Afrika. Im «Ursprungsland»,<br />
auf der Insel Kuba,<br />
würde man es wohl eher Son<br />
nennen, von dem die Rumba<br />
nur eine relativ unbedeutende<br />
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