2016-04: TOP Magazin Dortmund | WINTER
Genuss: C.T.C. – Mit Matthias Kutschmann in der Steak-Akademie Event: Kinderlachen-Gala 2016 Menschen: Sascha Grammel
Genuss: C.T.C. – Mit Matthias Kutschmann in der Steak-Akademie
Event: Kinderlachen-Gala 2016
Menschen: Sascha Grammel
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Kultur<br />
Dynamit in der Musikwelt<br />
Der Literaturnobelpreis für Bob Dylan löst bisweilen Unverständnis aus: Die erste Reaktion<br />
eines weltweit anerkannten Literaturforschers war wohl halb witzig und halb ernst gemeint:<br />
„Oh Gott, jetzt muss ich das grauenvolle Genuschel auch noch lesen …“<br />
In die erlauchte Reihe der Nobelpreisträger<br />
kann sich nun auch ein Popmusiker<br />
einreihen, denn in diesem Jahr ging der<br />
Nobelpreis im Fach Literatur an den amerikanischen<br />
Musiker und Lyriker Bob Dylan,<br />
der als einer der einflussreichsten Musiker<br />
des 20. Jahrhunderts gilt. Mit ihm ist<br />
zum ersten Mal ein Liedermacher mit dem<br />
begehrten Preis ausgezeichnet worden. Der<br />
Sänger, Gitarrist, Mundharmonikaspieler,<br />
Pianist und Organist wandte sich, nachdem<br />
er erste Erfolge als Folkmusiker hatte verbuchen<br />
können, ab Mitte der 1960er Jahre der<br />
Rockmusik zu, flocht aber im Laufe seiner<br />
Karriere auch Elemente aus anderen Musiktraditionen<br />
wie Country, Blues und Gospel<br />
ein. Insgesamt schrieb Dylan bisher mehr<br />
als 500 Lieder und seine Texte gelten für die<br />
Folk- und Rockmusik als wegweisend. „Blowin‘<br />
In The Wind“ und „Like A Rolling Stone“<br />
gehören zu seinen berühmtesten Liedern.<br />
EIN MODERNER HOMER<br />
Zur Begründung seiner Entscheidung<br />
führte das Komitee an, man wolle ihn für<br />
seine poetischen Neuschaffungen in der<br />
großen amerikanischen Gesangstradition<br />
ehren. „Dylan ist eine Ikone“, erklärte die<br />
Akademie, „sein Einfluss auf die zeitgenössische<br />
Musik groß.“ Sara Danius, die Chefin<br />
der Schwedischen Akademie, sagte nach<br />
der Bekanntgabe, Dylan sei ein großartiger<br />
Dichter, der sich seit 45 Jahren immer wieder<br />
neu erfinde.“ Dylan schreibe, um mit seinen<br />
Werken aufzutreten, sagte die Jurorin.<br />
Nichts anderes habe der Dichter Homer<br />
vor einigen Jahrtausenden auch getan (die<br />
Minnesänger im Mittelalter übrigens auch<br />
nicht – Anmerkung der Redaktion).<br />
Für den 75-Jährigen Songwriter war der<br />
Preise eine so große Überraschung, dass er<br />
sich erst einmal zwei Wochen in Schweigen<br />
hüllte, bevor er in der britischen Zeitung<br />
„The Telegraph“ erklärte, dass er zur Entgegennahme<br />
des Preises nach Stockholm<br />
reisen wolle. „Selbstverständlich wolle er<br />
den Preis annehmen. „Es ist schwer zu glauben“,<br />
meinte Dylan im „Telegraph“, als er<br />
das erste Mal von der Ehrung erfahren habe,<br />
sei es „fantastisch, unglaublich“ gewesen.<br />
GETEILTE REAKTIONEN<br />
Die Reaktionen nach der Bekanntgabe<br />
waren indes geteilt: „Eine willkommene<br />
Überraschung. Der Nobelpreis für Bob<br />
Dylan feiert einen poetischen und engagierten<br />
Beitrag zu Musik und Literatur im<br />
letzten halben Jahrhundert“, twitterte beispielsweise<br />
EU-Parlamenstpräsident Martin<br />
Schulz. Von einer „mutigen Entscheidung“<br />
schrieb Bundesaußenminister Frank-Walter<br />
Steinmeier in einer schriftlichen Stellungnahme<br />
des Auswärtigen Amtes, „die<br />
Jury habe auch in diesem Jahr wieder die<br />
Genregrenzen gesprengt und ehre einen der<br />
größten Musiker des 20. Jahrhunderts, der<br />
wie kein anderer Millionen Menschen auf<br />
der ganzen Welt mitgerissen und mit seinen<br />
Texten und ihren tiefen Wahrheiten direkt<br />
ihre Herzen erreicht habe.<br />
„Gelegentlich erlaubt sich die Akademie<br />
ein ‚Späßken‘. Die Auszeichnung von Bob<br />
Dylan ist genauso ein Witz wie es die von<br />
Dario Fo war. Am besten, man lacht mit, “<br />
äußerte hingegen Literaturkritiker Denis<br />
Scheck in einem Gespräch mit der Deutschen<br />
Presse-Agentur. Nun ja, da lachen<br />
gesund ist: Wie wäre es mit Madonna, Wolf<br />
Biermann oder Reinhard Mey als nächste<br />
mögliche Kandidaten? n<br />
Text: Martina Lode-Gerke<br />
Foto: Sony Music Entertainment<br />
98 Winter <strong>2016</strong> · top magazin DORTMUND