2016-04: TOP Magazin Dortmund | WINTER
Genuss: C.T.C. – Mit Matthias Kutschmann in der Steak-Akademie Event: Kinderlachen-Gala 2016 Menschen: Sascha Grammel
Genuss: C.T.C. – Mit Matthias Kutschmann in der Steak-Akademie
Event: Kinderlachen-Gala 2016
Menschen: Sascha Grammel
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Kultur<br />
„Ich schenkte der Welt<br />
Träume aus Licht“<br />
Webbers „Sunset-Boulevard“ im Opernhaus <strong>Dortmund</strong><br />
Der Sunset Boulevard liegt im Westen<br />
von Los Angeles. Sein Name ist eng mit<br />
der amerikanischen Filmindustrie und<br />
der„Traumfabrik“ Hollywood verbunden.<br />
1911 wurde dort das erste Studio der Stadt,<br />
die Nestor Motion Picture Company<br />
eröffnet. Zu Beginn wohnten die<br />
meisten Filmschaffenden in bescheidenen<br />
Häusern, was sich in den Zwanziger<br />
Jahren änderte, als Hollywood seine<br />
Goldene Ära erlebte und sich die Gagen<br />
in ungeahnte Höhen emporschwangen.<br />
In der Umgebung des Sunset Boulevard<br />
entstanden zahlreiche Villen, in denen<br />
die Stars residierten. Als sich aber Anfang<br />
der Dreißiger Jahre mehr und mehr der<br />
Tonfilm durchsetzte, bedeutete dies für<br />
viele Stummfilmdarsteller das Ende ihrer<br />
Karriere, so auch für Norma Desmond, die<br />
Protagonistin von Andrew Lloyd Webbers<br />
Musical „Sunset Boulevard“, das auf dem<br />
Filmdrama „Boulevard der Dämmerung“<br />
von Billy Wilder basiert.<br />
Die Musik ist, wie man sie von Webbers<br />
Musicals kennt, eingängig, das Zeug<br />
zum Hit hat aber in diesem Musical, das seit<br />
dem 8. Oktober im <strong>Dortmund</strong>er Opernhaus<br />
zu sehen ist, wohl keine Nummer. Und die<br />
deutsche Übersetzung der Texte von Don<br />
Black und Christopher Hampton, schon<br />
in der Originalsprache nicht gerade literarische<br />
Höchstleistungen, klingen in der<br />
deutschen Übersetzung von Michael Kunze<br />
bisweilen noch ein bisschen trivialer.<br />
HINREISSENDE KOSTÜME<br />
Nichts auszusetzen indes ist an der musikalischen<br />
Umsetzung durch die <strong>Dortmund</strong>er<br />
Philharmoniker, die unter der Leitung von<br />
Ingo Martin Stadtmüller schmissig, farbig<br />
und über weite Strecken präzise aufspielen.<br />
Geschickt ist das Bühnenbild von<br />
Heike Meixner, die durch Drehelemente<br />
sehr rasche Szenenwechsel ermöglicht.<br />
Der eigentliche Hingucker sind aber die<br />
Kostüme, für die sie ebenfalls verantwortlich<br />
zeichnet, vor allem diejenigen der Protagonistin:<br />
Hin und wieder glaubt sich der<br />
Zuschauer in eine Art-Déco-Modenschau<br />
versetzt. In der Titelrolle ist Pia Douwes<br />
zu erleben, die die Norma Desmond stolz<br />
darstellt, aber auch anrührend verletzlich,<br />
wenn sie ihrer Vergangenheit nachtrauert:<br />
„Ich schenkte der Welt Träume aus Licht“<br />
… Ihr zur Seite steht ihr Butler, der sich<br />
im Laufe des Stückes als ihr Ex-Ehemann<br />
Max von Mayerling entpuppt: KS. Hannes<br />
Brock hat in dieser Rolle leider nicht<br />
allzu viel zu singen, verkörpert aber den<br />
verletzten Mann, der immer eine schützende<br />
Hand über die alternde Diva hält<br />
mit ungeheurer Bühnenpräsenz. Als Joe<br />
Gillis agiert Oliver Arno mit hellem, aber<br />
weitestgehend unauffälligem Tenor, während<br />
Wietske van Tongeren eine äußerlich<br />
ansprechende Betty Schaefer darstellt,<br />
wobei die mädchenhafte Stimme<br />
ein wenig irritiert und zu dem äußeren<br />
Erscheinungsbild nicht ganz passen will.<br />
BUTLER AUS „ADDAM‘S FAMILIY“<br />
Die Regie von Gil Mehmert wartet mit<br />
einigen äußerst witzigen Einfällen auf:<br />
So wird das Auto, mit dem Joe Gillis seinen<br />
Gläubigern entkommt, durch an eine<br />
Stange montierte Scheinwerfer markiert,<br />
und auch das „Schlachtschiff“, mit dem<br />
Norma Desmond – ein letztes Mal – zu<br />
den Paramount Pictures fährt, wird flugs<br />
aus verschiedenen Bauteilen zusammengesetzt.<br />
Und Max von Mayerling, der nicht<br />
nur als Butler, sondern auch als „Kulissenschieber“<br />
fungieren muss, wirkt beim ersten<br />
Hinschauen wie gerade der „Addam‘s<br />
Family“ entstiegen.<br />
Das hervorragende Ensemble sorgt für<br />
turbulente Szenen, die Melissa King<br />
äußerst präzise und einfallsreich choreografiert<br />
hat. Insgesamt ein unterhaltsamer,<br />
bunter, aber auch nachdenklich<br />
machender Abend! n<br />
Text: Martina Lode-Gerke,<br />
Fotos: stage picture<br />
100 Winter <strong>2016</strong> · top magazin DORTMUND