Alnatura Magazin - November 2017
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KOLUMNE<br />
Von Basis-Ökos<br />
und Bio-Hipstern<br />
Darf man mit dem Sprit<br />
fressenden SUV beim Bio-<br />
Markt vorfahren und den<br />
Einkauf dann heim ins gentrifizierte<br />
Großstadtviertel bringen oder<br />
verstößt das gegen die Regeln<br />
der nachhaltig lebenden Ökos? Wie viel muss man<br />
»richtig« machen, um für eine bestimmte, von einer Gruppe<br />
Menschen erfundene Kategorie qualifiziert zu werden?<br />
Und wer bestimmt das eigentlich?<br />
Wir Menschen denken in Schubladen. Wir teilen die Welt<br />
auf in gut und böse, in dazugehörig und ausgeschlossen,<br />
in wir und sie. Wir ordnen uns selbst Gruppen zu, die uns vermeintlich<br />
Sicherheit geben und eben das Gefühl, bei den<br />
Guten zu sein.<br />
Erstaunlich, wie dogmatisch andere Menschen danach beurteilt<br />
werden, was sie vor allem alles nicht machen oder wie<br />
sie nicht sind, während man selbst immer etwas Bestimmtes<br />
tut oder ganz genau so ist.<br />
Ich persönlich halte nicht mehr viel von SUVs und ertappe<br />
mich bei solchen Gedanken. Dabei ist es gar nicht lange her,<br />
da war das anders. Zack, innerhalb von ein bis zwei Jahren<br />
habe ich fast gänzlich die Seiten gewechselt. Und jetzt? Mir<br />
wurde mal gesagt: »Während du selbst mit dem Finger auf<br />
andere zeigst, zeigen mindestens drei Finger auf dich selbst.«<br />
Schauen Sie mal nach, es stimmt tatsächlich. Und erinnern<br />
uns die Dinge, die wir an anderen kritisieren, nicht doch ein<br />
klein wenig an die eigene Fehlbarkeit?<br />
Wie muss man gekleidet sein, um in einer Bank nach einem<br />
Kredit zu fragen? Darf man im ausgeleierten Batik-Leinenhemd<br />
erscheinen oder verstößt das gegen die Regeln der kapitalgebenden<br />
Gesellschaft?<br />
Schnell wird man von einer Situation zur anderen vom<br />
Mitglied der Gruppe zum Sonderling. Und es sind meistens<br />
die Regeln anderer, die bestimmen, in welche<br />
Schublade man gerade gehört. Wir selbst sind<br />
dabei passiv.<br />
Bleiben wir lieber aktiv wie positiv und<br />
schauen darauf, was »die anderen« denn eigentlich<br />
machen, nicht danach, was sie nicht<br />
machen. Und damit meine ich die guten Dinge.<br />
In den genannten Beispielen sitzt in dem SUV<br />
vielleicht eine fürsorgliche Mutter, die ihren<br />
Kindern eben kein konventionelles Gen-Food zum Frühstück<br />
servieren will, sondern beste Bio-Qualität. Und der<br />
Kleidungsstil des überaus erfolgreichen Programmierers<br />
hat heute nun wirk lich nichts mit seinem Bildungsniveau,<br />
Einkommen oder der Fähigkeit zu tun, sein Haus abbezahlen<br />
zu können.<br />
Die Gesellschaft ist heute viel facettenreicher geworden<br />
und es lohnt sich, genauer hinzusehen. Man erkennt oft<br />
Gemeinsamkeiten, auch wenn es an anderer Stelle durchaus<br />
Differenzen geben kann.<br />
Schauen wir also auf das, was uns eint: Es ist mindestens<br />
einmal eine gewisse Affinität zur Umwelt, wenn Sie<br />
diesen Text lesen. Und wenn wir uns das nächste Mal in<br />
einer Filiale begegnen, wäre es doch toll, wenn wir die<br />
Gemeinsamkeit sehen, uns von der Andersartigkeit inspirieren<br />
lassen und daran denken, wie wir etwas Sinnvolles<br />
tun, ganz unabhängig von den manchmal täuschenden<br />
ersten Eindrücken.<br />
››› Julian Stock, 35, ist Sortiments manager bei <strong>Alnatura</strong>.<br />
Er befasst sich mit den Entwick lungen und Trends bei den<br />
Ernährungsgewohnheiten und setzt sich für eine nachhaltige<br />
Le bensweise ein. Seine Artikel finden Sie auch<br />
online unter alnatura.de/kolumne<br />
Schreiben Sie ihm, wenn Sie möch ten:<br />
julian.stock@alnatura.de<br />
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