ewe-aktuell 4/2017
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Jahrgang 20 - Dezember <strong>2017</strong><br />
Orientierung finden<br />
WEITERE THEMEN IN DIESER AUSGABE<br />
Die Zeit vergeht<br />
Berichte der Freiwilligen<br />
Gemeinden im Bistum Monze
Seite 2 Seite 3<br />
Editorial<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
„Warum ist deine Haut schwarz?“<br />
“Why is your skin black?”<br />
Liebe Leser,<br />
ich habe mich geirrt: in meinem letzten Vorwort hatte<br />
ich die Prognose gewagt, Deutschland habe zum<br />
Erscheinungsdatum eine neue Regierung – welch<br />
absurde Vorstellung!<br />
Dafür hat Sambias Nachbarland Simbabwe einen neuen<br />
Präsidenten. Simbabwe ohne Mugabe – auch eine<br />
absurde Vorstellung.<br />
Und blickt man sich<br />
in der Welt um, so<br />
findet sich noch manch<br />
anderes Absurdes,<br />
seien es Winterspiele<br />
am Schwarzen Meer,<br />
eine Fußball-WM in<br />
der Wüste oder, ganz<br />
<strong>aktuell</strong>, in meiner<br />
Heimat, die Aktion<br />
„Bonn leuchtet“ – eine<br />
Woche nachts in bunten<br />
Farben angestrahlte<br />
öffentliche Gebäude,<br />
um während der Klimakonferenz mal so richtig Strom<br />
zu verpulvern.<br />
Manches davon lässt sich erklären, anderes weniger, oft<br />
bedarf es zumindest einer gewissen Orientierung, im<br />
Großen wie im Kleinen.<br />
Von der Suche nach Orientierung höre ich viel in den<br />
<strong>aktuell</strong>en Berichten der Freiwilligen. Vieles ist neu und<br />
anders, für Deutsche in Sambia und auch für Sambier<br />
in Deutschland. Das ist oft aufregend, aber auch nicht<br />
immer gleich ganz toll. Ich freue mich daher über sehr<br />
ehrliche Einschätzungen der Freiwilligen und über ihre<br />
Offenheit und ihr Bemühen, sich mit dem „Anderen“<br />
anzufreunden und so Orientierung zu finden.<br />
Eine gute Orientierung wünsche ich euch und Ihnen<br />
auch im kommenden Jahr – auf das wir für alle<br />
Absurditäten gerüstet sind!<br />
Johann Heilmann<br />
2<br />
5<br />
10<br />
16<br />
18<br />
Mbonyiwe<br />
Jolina<br />
Alisha<br />
Gemeinden im<br />
Bistum Monze<br />
Editorial<br />
Chilala<br />
Charleen<br />
Ausgewählt<br />
Machtwechsel<br />
Hoffnung?<br />
3<br />
7<br />
14<br />
17<br />
Die Zeit vergeht sehr schnell und es fühlt sich an, als<br />
wäre ich gerade erst vor ein paar Tagen angekommen,<br />
obwohl ich jetzt seit bereits drei Monaten und<br />
drei Wochen hier bin. Ich habe bereits viele Dinge<br />
gesehen und viele Orte besucht. Auch habe ich bereits<br />
Freunde kennengelernt wie beispielsweise meine<br />
Arbeitskollegen, andere Freiwillige aus Südamerika<br />
und andere Deutsche in meiner Seminargruppe, die Ihr<br />
freiwilliges soziales Jahr absolvieren und letztendlich<br />
natürlich die Kinder aus<br />
dem Kindergarten.<br />
Das Wetter spricht mich<br />
leider absolut nicht an.<br />
Es wird jeden Morgen<br />
kälter und die Sonne<br />
ist nie zu sehen. Am<br />
30.10.<strong>2017</strong> hatte ich<br />
die Chance mit meiner<br />
Familie für einen Urlaub<br />
in die Niederlande zu<br />
reisen. Es war ein toller<br />
Urlaub für mich und<br />
eine tolle Erfahrung,<br />
die ganzen Wunder<br />
der Welt zu sehen. Die<br />
ganzen Gewässer haben<br />
mich allerdings nicht so<br />
in Holland überrascht,<br />
weil ich schon ein wenig<br />
über die Niederlande im<br />
Voraus wusste.<br />
Auf meiner Arbeitsstelle,<br />
dem Kindergarten, fühle<br />
ich mich sehr wohl und<br />
mein Deutsch verbessert<br />
sich mit jedem Tag – die<br />
Kinder helfen einem<br />
da ganz besonders. Sie<br />
haben lauter Fragen und<br />
sind immer neugierig.<br />
Die lustigste Frage, die<br />
ich gefragt wurde war<br />
„Warum ist deine Haut<br />
schwarz?“.<br />
Ich bin wirklich<br />
überwältigt, wenn<br />
Time moves very fast, it is only like a few days ago<br />
when I came to Germany but in reality, it‘s now 3<br />
months and 3 weeks. And in this period, I have seen a<br />
lot of things and been to many places.I have also made<br />
a number of friends, that‘s my colleagues at work,<br />
fellow volunteers from South America, as well as other<br />
Germans who are having their social year who we are<br />
in the same seminary group with and of course, the<br />
kids at my kindergarten.
Seite 4 Seite 5<br />
Fragen stellen und Lernen<br />
Learning and asking questions<br />
die Kinder sich meinen Namen richtig merken,<br />
weil „Mbonyiwe“ für die meisten eine große<br />
Herausforderung ist und hier in Deutschland hört es<br />
sich immer eher nach „Bonive“ an. Ich habe auch ein<br />
paar Probleme mit der Aussprache vor allem bei den<br />
Wörtern die ein „ü“ enthalten, aber ich gewöhne mich<br />
langsam daran.<br />
Ich habe mich nun auch der deutschen Kultur<br />
wie Zeitmanagement, Engagement zur Arbeit,<br />
Terminplanung und anderen Dingen angepasst, die<br />
dazu beitragen, dass man ein besserer Mensch in der<br />
Gesellschaft wird.<br />
Nach einer sehr langen Zeit konnte ich es nicht<br />
mehr ohne Nshima aushalten und ich habe mich<br />
entschlossen, es zusammen mit meiner Mutter<br />
zum Mittag zu kochen. Der ganzen Familie hat es<br />
geschmeckt und sie würden es alle gerne noch einmal<br />
essen.<br />
Mbonyiwe Banda<br />
The weather is not favouring me at all,<br />
it‘s getting colder each morning I wake up,<br />
I hardly see the sun, However, on 30.10.17<br />
to 01.11.17, I had a chance to travel to the<br />
Netherlands with my family for our holiday,<br />
it was really a good vacation for me and nice<br />
experience to see such beautiful wonders of<br />
the world. But the several big water bodies<br />
didn‘t surprise me a lot because I had a little<br />
history (information) about Holland.<br />
At my place of work, kindergarten, I‘m<br />
really doing well and my German is getting<br />
better by the day. The kids are the best<br />
persons to be with. They are full of questions<br />
and always curious, but the funny question<br />
I was one day asked was, „why is your skin<br />
black „?<br />
I‘m overwhelmed when the kids try to remember<br />
my name correctly because „Mbonyiwe“ is mostly<br />
a challenge for people and now here In Germany it<br />
sounds like ‚Bonive‘. And like suit I have difficulties<br />
also in mentioning words with the letter “ü”, but am<br />
slowly assimilating it.<br />
I‘m now adapted to the German way of life<br />
like time management, commitment to work, time<br />
management and other vital things that push one to<br />
be a better person in society. After a long time, I could<br />
no longer hold my cravings for Nshima then I decided<br />
to prepare it for lunch with my mother. The whole<br />
family liked the meal and wished to have it again.<br />
Mbonyiwe Banda<br />
Wenn man an einem neuen Ort ist, dann muss man<br />
immer besonders darauf achten, was alles passiert.<br />
So war es bis jetzt für mich. Die drei Monate in<br />
Deutschland waren für mich eine Zeit des Lernens<br />
und des Fragenstellens, um immer sicher zu gehen<br />
warum, wie, und wann. Bestimmte Dinge sollten gut<br />
gemacht werden und alles ist gut für mich. Ich beginne<br />
wirklich die Momente hier zu genießen, weil ich nun<br />
mehr kennenlerne und verstehe.<br />
Man kann das Leben<br />
wirklich genießen, wenn<br />
man an einem Ort ist, an<br />
dem man lernen kann, wie<br />
andere Menschen leben.<br />
Außerdem erhält man<br />
dieses Wissen, wenn man<br />
in der Lage ist, Fragen zu<br />
stellen über die Dinge,<br />
denen wir uns nicht immer<br />
alle direkt bewusst sind.<br />
Dies führt wirklich dazu<br />
das Leben genießen zu<br />
können.<br />
Neben vielen anderen<br />
Dingen lerne ich auch<br />
gerade zu schwimmen. Es<br />
ist sehr spannend und ein<br />
tolles Hobby für meine<br />
Freizeit.<br />
Meine Freiwilligenarbeit<br />
findet im Krankenhaus<br />
statt, was wirklich in<br />
meinem Interesse ist. Die<br />
Arbeit macht mir Spaß und<br />
ich lerne sehr viel dort.<br />
Die Familie ist jedoch am<br />
allerwichtigsten für mich.<br />
Meine Gastfamilie hilft mir<br />
dabei Deutsch zu lernen.<br />
Ich finde es sehr interessant<br />
und auch einfach, von<br />
meinem kleinen Gastbruder<br />
und Schwester zu lernen.<br />
Außerdem fühle ich mich<br />
sehr frei und auch sicher in<br />
When one is a at a new place, one needs to pay extra<br />
attention to everything that happens,It has been<br />
like that for me. The three months in Deutschland<br />
have been a time of learning and asking questions to<br />
specifically be sure why? How? And when? Certain<br />
things should be done well, everything is good with<br />
me and I am beginning to enjoy most moments<br />
because I am getting to know more.<br />
Life is really enjoyable in a place, when one learns
Seite 6 Seite 7<br />
meiner Familie. Ich freue mich, allen mitzuteilen, dass<br />
es mir sehr gut geht! Vielen Dank<br />
Chilala Mpile<br />
and knows the way of life of the people around,<br />
furthermore, this knowledge comes about when one<br />
is able to be to ask questions where one is not aware of<br />
something, it really leads to a great enjoyment of life....<br />
Besides learning many other different things, I have<br />
also started to learn how to swim, it is so exiting and<br />
good to spend my free time.<br />
My voluntary work in the hospital is also good, the<br />
work in the hospital is really in my great interest and<br />
I am learning so much. Family is one of the most<br />
important things, my guest family is very good to me,<br />
with my Deutsch language, I find it very interesting<br />
and easy to learn from my young guest brothers and<br />
sister, in addition, I feel very free and safe with my<br />
family. I am happy to report that everything is good<br />
with me. Thank you!!!!<br />
Chilala Mpile<br />
Mehr und mehr im sambischen<br />
Alltag<br />
Nach drei Monaten in Sambia habe ich mich nun schon<br />
an vieles gewöhnt und bin stolz sagen zu können, dass<br />
ich mir hier mein eigenes Leben aufgebaut habe.<br />
Von Montag bis Freitag gehe ich arbeiten in<br />
der St. Mulumba Special School für behinderte<br />
Kinder. Ich muss sagen, am Anfang war es eine<br />
Herausforderung für mich in einem so neuen Umfeld<br />
meinen Platz zu finden, zumal ich schließlich keine<br />
ausgebildete Lehrerin bin und den Umgang mit den<br />
verschiedensten Behinderungen nicht gewöhnt war.<br />
Mit der Zeit habe ich aber gelernt, die Kinder richtig<br />
einzuschätzen und jeden Schüler als einzigartig und<br />
anders wahrzunehmen. Besonders einige der Kinder<br />
mit Downsyndrom in der ersten Klasse sind mir ans<br />
Herz gewachsen. Mit ihnen habe ich meine<br />
ersten Wochen verbracht, und wir haben<br />
zusammen gemalt, gesungen und getanzt.<br />
More and more part of the zambian<br />
daily life<br />
After 3 months in Zambia I am finally used to a lot of<br />
new things and traditions and I am proud to say, that<br />
I managed to build my own life here.<br />
Monday to Friday I work at St Mulumba Special School,<br />
which is a school for children with various disabilities.<br />
Although it was a challenge in the beginning to find<br />
my place in the new environment, especially because<br />
I am not a teacher and I am not trained to interact<br />
with the disabled children, I learnt now that every<br />
child is different and special, and deserves to be loved<br />
in his own way. Above all some of the children with<br />
Downsyndrom became more like my own children<br />
for me, I spent my first weeks with them and they<br />
showed me how they draw, sing and dance.<br />
Nach einiger Zeit habe ich dann meinen<br />
Schwerpunkt auf die Klassen der<br />
Gehörlosen verschoben, um einen weiteren<br />
Bereich der Schule kennenzulernen. Dank<br />
der geduldigen Hilfe von einigen tauben<br />
Kollegen beherrsche ich inzwischen sogar<br />
eine ganze Menge der Gebärdensprache hier<br />
und kann mich mit Kindern und Lehrern<br />
unterhalten. Gebärdensprache macht uns<br />
allen an der Schule so viel Spaß, dass wir<br />
manchmal auch unter den Hörenden nur<br />
mit Zeichen kommunizieren. Irgendwie<br />
ist diese Sprache simpel und schnell und<br />
schließt die Gehörlosen mit ein. Das<br />
einzige Problem besteht dann, wenn<br />
Gehörlose mit Blinden kommunizieren<br />
möchten, das ist nämlich meistens nur<br />
über einen gesunden Vermittler möglich.<br />
In den verbleibenden Wochen bis zum<br />
Ende des Terms im Dezember möchte<br />
ich auch den Unterricht bei den blinden<br />
Schülern besuchen und zumindest einen<br />
Versuch starten, die Blindenschrift Braille<br />
zu erlernen.
Seite 8 Seite 9<br />
Neben all den spannenden Erfahrungen aus dem<br />
Unterricht hat mir die Schule aber noch etwas<br />
ganz anderes ermöglicht: Freunde zu finden. Ich<br />
hatte das Glück, zusammen mit einigen Student<br />
Teachers aus Lusaka meine Arbeit hier zu<br />
beginnen. Da wir alle neu und relativ jung waren,<br />
habe ich schnell Kontakt zu ihnen geknüpft.<br />
Inzwischen sind mir einige von ihnen wirklich<br />
ans Herz gewachsen, und wir verbringen auch<br />
unsere Nachmittage nach der Arbeit zusammen.<br />
Bei ihnen habe ich sozusagen ein zweites Zuhause<br />
gefunden, und ich weiß, dass ich bei ihnen immer<br />
willkommen bin. Das ist wirklich toll! Nur schade,<br />
dass sie bald wieder zurück nach Lusaka aufs<br />
College müssen, aber dann kommen wir uns eben<br />
gegenseitig besuchen…<br />
Außerdem habe ich herausgefunden, dass zum<br />
Beispiel drei weitere Volontäre aus Deutschland und<br />
eine weitere Volontärin aus Norwegen in meiner Stadt<br />
wohnen. Manchmal tut es eben einfach gut, mit Leuten<br />
aus der Heimat über die gemachten Erfahrungen zu<br />
After some time I focussed more on the deaf children,<br />
to learn more about the different partsof the school.<br />
Thanks to the patient help of my deaf collegues<br />
and pupils I can by now say almost everything in<br />
sign language and am able to communicate with<br />
the children. Sign language is very much fun and<br />
extremely popular at my school, so that we sometimes<br />
even use it between the hearing, because it is simple<br />
and fast and includes our deaf friends. The only<br />
problem comes up when deaf and blind people want<br />
to communicate, then they need help from someone<br />
to translate. In my next weeks I plan to visit some of<br />
the vision impaired lessons too, to learn more about<br />
the writing techniques in Braille.<br />
Apart from those experiences my school made<br />
something very important possible for me: Finding<br />
my own friends. Luckily, I started my work there<br />
together with a group of young student teachers from<br />
Lusaka, who made it easy for me to socialize. Also the<br />
other collegues are very openminded and nice, so that<br />
I became close to some of my workmates. Now we<br />
spend our afternoons after work together and I found<br />
something like a second home with them. Just sad that<br />
they have to get back to Lusaka soon, but then we will<br />
visit each other …<br />
I also found out that there are 3 other german<br />
volunteers and one volunteer from Norway in my<br />
town. Sometimes it just feels good to see them and<br />
to talk about our experiences here and our far away<br />
homes, so I really enjoy their company.<br />
quatschen, und so genieße ich auch ihre Gesellschaft<br />
sehr.<br />
Ansonsten habe ich auch in der Kirche mehr<br />
Anschluss gefunden, seit ich im englischen Chor<br />
singe. Singen ist etwas super Schönes, was Freude und<br />
Gemeinschaft bringt. Jeden Dienstag, Donnerstag<br />
und Samstag proben wir zusammen. Letzten Samstag<br />
haben wir sogar zusammen einen Ausflug an den<br />
Karibasee gemacht, wo wir gegrillt, gebadet und<br />
natürlich gesungen und getanzt haben.<br />
Wenn ich nicht bei Freunden, in der Schule oder<br />
in der Kirche bin, dann findet man mich Zuhause.<br />
Auch wenn mir das Einleben hier aufgrund der<br />
Sprachbarriere zum Teil immer noch nicht ganz<br />
so leicht fällt, gebe ich mir wirklich Mühe, mich zu<br />
integrieren. Letztens habe ich zum Beispiel deutsche<br />
Brötchen und eine Pizza gebacken, die bei allen sehr<br />
gut angekommen sind. Meine Mutter wollte sogar<br />
aufhören, Brot zu kaufen, und mein Vater hat sich<br />
einen Tag lang g<strong>ewe</strong>igert, das typische Nshima zu<br />
essen. Im Alltag komme ich dann<br />
aber doch nicht dazu, jeden Tag<br />
für 10 Leute zu backen…<br />
Abschließend kann ich sagen,<br />
dass sich mein Wunsch aus dem<br />
letzten Bericht erfüllt hat: Wenn<br />
ich über die Straßen laufe, merke<br />
ich, dass sich die meisten an den<br />
Anblick einer Weißen gewöhnt<br />
haben und mir nur noch selten<br />
“Mzungu“ oder “Mugua“<br />
hinterherrufen. Vielmehr freuen<br />
sich die Menschen, die mich<br />
tatsächlich kennen, wenn sie<br />
mich sehen, und rufen mir ein<br />
“Taonga, muli bwanji?“ hinterher<br />
(Taonga, wie geht’s?). Ich bin<br />
also nicht mehr nur die Fremde,<br />
sondern werde Tag für Tag mehr<br />
ein Teil Sambias.<br />
Jolina Bilstein<br />
Moreover I am part of my church since I joined the<br />
english church choir. Singing is something amazing, it<br />
brings joy and togetherness. Every Tuesday, Thursday<br />
and Saturday we rehearse for the Sunday mass. Last<br />
Saturday we even had a picnic near the Karibalake,<br />
where we made barbeque, sang and danced.<br />
If I am not with friendy, at work or at church, you will<br />
find me home. Although I still find it hard sometimes<br />
to feel like I was with my own family because of the<br />
language barrier, I try to integrate by doing things like<br />
baking buns or pizza with my family. My mom here<br />
liked my buns so much that she told me she never<br />
wants to buy bread again, and my dad refused to eat<br />
Nsima for one day. In reality, I do not manage to bake<br />
everyday, but at last once in a while I make buns for<br />
everyone…<br />
To sum it up I can say that my wish from the last<br />
report became true: When I cross a street nowadays,<br />
I feel that people are used to seeing me around. Most<br />
of them stopped calling me “Mzungu“ or “Mugua“.<br />
Only those ones<br />
who really know<br />
me are happy to see<br />
me and greet me<br />
with “He Taonga,<br />
muli bwanji?“ I<br />
am not the white<br />
stranger anymore,<br />
but become every<br />
day more a part of<br />
Zambia.<br />
Jolina Bilstein
Seite 10 Seite 11<br />
Ein Friedensgruß<br />
A Zambian home is never calm<br />
Man sagt, wenn man die Zeit genießt, vergeht sie<br />
schneller. Das kann ich definitiv bestätigen, denn<br />
die letzten 88 Tage und somit fast drei Monate sind<br />
rasend schnell vergangen. Ich habe mich gut hier<br />
eingelebt und langsam routiniert sich mein Alltag.<br />
Ich habe angefangen im Krankenhaus zu arbeiten und<br />
bin der Jugendgruppe sowie dem Chor meiner Kirche<br />
beigetreten. Was ich dort für Erfahrungen gesammelt<br />
habe, erfahrt ihr nun im Folgenden.<br />
Ich arbeite seit nun einem Monat von montags bis<br />
freitags im Monze Mission Hospital und finde es<br />
People say when you enjoy yourself time flies. Now I<br />
agree cause the last 88 days and nearly three months<br />
fleiw very fast. I have immerse myself quickly and<br />
good so that everything turns to daily routine now.<br />
I started working in a hospital, joined the Youths and<br />
quire from church. In the following I will tell u what<br />
Inhaber experienced there.<br />
Since nearly one month I‘m working Mondays till<br />
Fridays in the Monze Mission Hospital and I enjoy<br />
working there so much that I‘m sure that I will stay<br />
there for the complete year.<br />
Within the frame of an internship I got<br />
the permission to work in every of the 25<br />
Departments, from Children Ward to the<br />
Theatre.<br />
How long I work in which department I can<br />
decide by myself.<br />
First I had a short guidance where someone<br />
showed me all the departments.<br />
Alone there I got many new impressions.<br />
The Mission Hospital has around 230 workers,<br />
including 40 Doctors and has capacities for<br />
around 330 patients.<br />
The Hospital has many yellow buildings, which<br />
are all connected like a labyrinth. From inside it<br />
looks a little bit like German Hospitals in the 50s.<br />
They are big halls with up to 50 Beds for the<br />
Patients. Sometimes the beds aren‘t enough so<br />
that some have to sleep at the floor.<br />
Often privacy is just made through cloth which<br />
are hanging from the ceiling.<br />
First u started working in High Cost Department<br />
where staff and their relatives are treated which<br />
are insurances by the companies where there are<br />
working. Less people have this insurance so that<br />
we also had less work, in comparison to the other<br />
departments. Nevertheless I learned medical<br />
basics and made the patients files. I extra started<br />
first at High Cost, cause I have known that I have<br />
the possibility to learn things calmly there, so<br />
that It will be easier in the other departments<br />
where more work has to be done.<br />
Especially at Female Ward was a lot to do. Now<br />
bisher so klasse, dass ich jetzt schon sagen kann, dass<br />
ich sicherlich während meines ganzen Aufenthaltes<br />
dort arbeiten werde.<br />
Im Rahmen eines Praktikums habe ich die Erlaubnis<br />
bekommen, in jeder der 25 Abteilungen arbeiten zu<br />
dürfen, von der Kinderstation bis zum OP.<br />
Wie lange ich auf welcher Station arbeite, steht mir<br />
vollkommen frei.<br />
Zuerst gab es eine kleine Führung, bei der mir alle<br />
Stationen gezeigt wurden.<br />
Allein bei der Führung habe ich viele neue Eindrücke<br />
sammeln können.<br />
Das Mission Hospital umfasst ein Personal von ca. 230<br />
Personen, inklusive 40 Ärzten und hat Kapazitäten für<br />
ca. 330 Patienten.<br />
Das Krankenhaus besteht aus mehreren einstöckigen<br />
gelben Gebäuden, die ein bisschen wie ein Labyrinth<br />
ineinander übergehen. Von innen sehen die meisten<br />
Gebäude aus, als würden sie aus den 50er Jahren<br />
stammen.<br />
Die Männer-, Frauen- und Kinder-Station erinnert<br />
mich ein wenig an die Krankenstation von Hogwards.<br />
Große Säle mit bis zu 50 Metallbetten. Manchmal sind<br />
die Patienten aufgrund von Platzmangel gezwungen<br />
auf dem Boden zu schlafen. Privatsphäre wird meist<br />
nur durch Stofffetzen geschaffen, die vereinzelt von<br />
der Decke herunterhängen.<br />
Zuerst habe ich im High Cost Department gearbeitet.<br />
Dort werden Angestellte und ihre Angehörigen<br />
untersucht und behandelt, die eine betriebliche<br />
Krankenversicherung haben oder extra zahlen.<br />
Da sich dies in der Regel jedoch nur wenige leisten<br />
können, gab es dort im Vergleich zu den anderen<br />
Stationen nicht so viel zu tun.<br />
Dort habe ich jedoch einige medizinische Grundlagen<br />
lernen können und Akten für die Patienten angelegt.<br />
Mir schien das High Cost Department als besonders<br />
gut geeignete erste Station, da ich die dort erworbenen<br />
Grundlagen und Fähigkeiten direkt in der nächsten<br />
Station anwenden konnte, wo sich die Arbeit als<br />
stressiger herausgestellt hat. Vor allem auf der<br />
Frauenstation, gab es immer viel zu tun.<br />
Viele Patienten haben mich am Anfang für eine<br />
I‘m at Male Ward we‘re it is similar.<br />
At the beginning many patients were thinking that<br />
I‘m a doctor, so that I first had to explain that I just<br />
graduated from school.<br />
Less doctors are specialists like I know it from<br />
Germany, that‘s why doctors here know a lot of all<br />
areas.<br />
Before we help and treat the patients we (the Nurses<br />
and Students) have to clean everything.<br />
In reference to medicine most people get Saline,<br />
Iodine and Paracetamol. I learned that most patients<br />
use traditional healthcare at home. For example one<br />
patient was bitten by a Cobra and was treated at home<br />
with leaves which drag out the patients, before he<br />
came to the hospital. I heard people saying that he<br />
survived because of that. I‘m not sure if it‘s true or not<br />
but nevertheless he survived what‘s great!<br />
I‘m not sure on which station I will Station I will work<br />
next, but I‘m sure no matter in which department I<br />
work, I will also enjoy being there!<br />
At the weekends I go to the quire at Saturday‘s, where<br />
I will be taught to sing soprano. Sundays after church I<br />
visit the Youths meetings, where we discuss with each<br />
other, share experiences and enjoy time together.<br />
Once a Youth told me that people here call hard<br />
working or strong persons ‚German Machines‘. It‘s<br />
really interesting to interact with each other.<br />
It‘s easy to be a part of this group so that I‘m always
Seite 12 Seite 13<br />
Ärztin gehalten, sodass ich erst mal<br />
erklären musste, dass ich gerade mal<br />
mein Abitur habe.<br />
In Sambia gibt es relativ wenige<br />
Ärzte, die sich auf Fachbereiche<br />
spezialisieren, so wie wir es aus<br />
Deutschland gewohnt sind. Deshalb<br />
verfügen die Ärzte hier über<br />
bemerkenswert viel Wissen.<br />
Bevor die Patienten behandelt werden,<br />
wird alles von den Krankenschwestern<br />
bzw. Studenten und nun auch von mir<br />
gereinigt, da das Reinigungspersonal<br />
sich auf andere Bereiche beschränkt.<br />
Was die Medikamente betrifft, so<br />
werden überwiegend Salzlösungen,<br />
Jod und Paracetamol eingesetzt.<br />
Gleichzeitig werden in den privaten Haushalten<br />
traditionelle Heilmittel benutzt.<br />
Manchmal sind diese Maßnahmen sogar<br />
überlebenswichtig.<br />
Ein Patient wurde zum Beispiel nach einem<br />
Schlangenbiss mit Mangoblättern behandelt, um<br />
das Gift herauszuziehen und danach direkt ins<br />
Krankenhaus gebracht. Die Ärzte haben tatsächlich<br />
gesagt, dass der Junge wahrscheinlich nur dadurch<br />
überlebt hat. Was da wirklich dran ist, werde ich wohl<br />
nie erfahren, aber ich bin froh, dass es anscheinend<br />
geholfen hat.<br />
Auf welcher Station ich als nächstes arbeiten werde,<br />
weiß ich noch nicht. Was ich jedoch weiß, ist, dass ich<br />
nach den interessanten Erfahrungen, die ich bisher<br />
im Krankenhaus machen konnte, ich es sicherlich<br />
genauso genießen werde wie bisher.<br />
happy when it is finally Sunday again.<br />
Sundays I meet friends from work or church.<br />
On 24 October was the Independence Day. After mess<br />
we drove all together with the Youths on the back of a<br />
counter to the Atschanga River.<br />
We have made a Picknick, were swimming, roasted<br />
Chicken, danced and sung together.<br />
They tried to teach me how to dance. I failed, but I‘m<br />
sure that I will learn in the following nine month how<br />
to dance like a Zambian.<br />
It was a wonderful day which I won‘t forget that fast!<br />
I still feel very comfortable in my family and am<br />
planen. Dort hat mir ein Jugendlicher z.B. erzählt,<br />
dass starke oder fleißige Menschen hier ‚German<br />
Machines‘ genannt werden, aufgrund des guten Rufes,<br />
den deutsche Maschinen hier haben.<br />
Man kann sich gut und leicht in die Gruppe einbringen,<br />
sodass ich mich jeden Sonntag auf das Treffen freue.<br />
An den anderen Tagen verabrede ich mich mit den<br />
Studenten aus dem Krankenhaus oder Jugendlichen<br />
aus der Kirche.<br />
Am 24. Oktober war der Unabhängigkeitstag. Ich<br />
bin gemeinsam mit den Youths zum Atschanga River<br />
gefahren.<br />
Der Tag wurde mit einem Gottesdienst eröffnet,<br />
danach ging es mit allen auf der Ladefläche eines<br />
Pick-Ups zum See.<br />
Dort angekommen haben wir ein Picknick gemacht,<br />
sind geschwommen, haben Chicken gegrillt,<br />
zusammen getanzt und gesungen.<br />
Die Youths haben mir vergeblich versucht beizubringen<br />
sambisch zu tanzen. Trotzdem bin ich zuversichtlich,<br />
dass ich im Laufe des Jahres noch lernen werde, wie<br />
man das sambische Tanzbein schwingt.<br />
Es war eine unglaubliche Kulisse, die ich nicht so<br />
schnell vergessen werde.<br />
Nach wie vor fühle ich mich super wohl in meiner<br />
Familie und bin überaus glücklich darüber, dass<br />
meine Gasteltern mich wirklich wie eines ihrer Kinder<br />
behandeln.<br />
Ich habe von meiner Familie sogar einen Tonga-<br />
Namen erhalten und werde von nun an nicht mehr<br />
irrtümlicherweise Chareen oder Charleeni, sondern<br />
Lumuno genannt.<br />
Es ist schön, dass Namen hier eine Bedeutung haben.<br />
Die Bedeutung meines Namens ist ‚Frieden‘.<br />
thankful that they treat me like their own child.<br />
I even got a new tonga name, so that people call me<br />
now Lumuno.<br />
It‘s nice to have a Tonga name, cause I‘m proud to be<br />
a part of that culture.<br />
I can‘t wait till it‘s finally Christmas and my siblings<br />
and cousins are back from Boarding Schools and<br />
Colleges.<br />
That‘s why it‘s more calm at home. Okay actually a<br />
Zambian home is never that calm.<br />
Charleen Kovac<br />
Am Wochenende gehe ich samstags zum Chor, wo<br />
mir ab nächster Woche sogar beigebracht wird, wie<br />
ich Sopran singen kann.<br />
Sonntags nach der Kirche treffe ich mich mit den<br />
Youths, einer kirchlichen Jugendgruppe, der ich<br />
beigetreten bin.<br />
Die Youths sind eine Gruppe von 15 bis 25-jährigen,<br />
die sich jeden Sonntag treffen, um sich auszutauschen<br />
und gemeinsame Veranstaltungen oder Projekte zu<br />
Ausnahmsweise kann ich es sogar kaum erwarten, dass<br />
endlich Weihnachten ist und alle meine Geschwister<br />
und Cousinen wieder zuhause sind.<br />
Die meisten gehen momentan auf Internate oder aufs<br />
College, sodass es relativ ruhig zuhause ist. Naja okay,<br />
so richtig ruhig ist es in einem sambischen Haus ja<br />
meistens nie.<br />
Charleen Kovac
Seite 14 Seite 15<br />
„Du bist angekommen“<br />
Hier in Mazabuka, schon früh am Morgen, nämlich<br />
zwischen fünf und sechs Uhr: Meine Mutter und meine<br />
Bruder können mir jetzt schon auf Deutsch einen guten<br />
Morgen wünschen. Meiner Schwester habe ich sogar<br />
schon ganze Sätze auf Deutsch beigebracht. Nach dem<br />
Aufstehen und noch vor dem Frühstück wird erstmal<br />
das Haus geputzt und die Wäsche gewaschen, mit den<br />
Händen versteht sich.<br />
Wenn es ums Essen geht, wird hier eigentlich fast<br />
immer gekocht, auch zum Frühstück. Hühner<br />
werden im Vorgarten geschlachtet und Fische selber<br />
ausgenommen. Nshima kochen kann ich jetzt schon von<br />
A bis Z ganz alleine, denn das ist eines der wichtigsten<br />
Dinge, die man hier als Mädchen können sollte. An<br />
einem Tag habe ich meiner Gastmutter geholfen, eine<br />
bestimmte Art von Gemüse zuzubereiten: Die Blätter<br />
haben wir, nachdem wir sie alle einzeln von ihrem<br />
Strunk gerupft haben, dann in einer Art großen Mörser<br />
aus Holz zu einem Brei gestampft. Dabei habe ich mich<br />
richtig wie eine sambische Hausfrau gefühlt, wie ich so<br />
in meinem Chitenge auf einer Bambusmatte sitze und<br />
Essen zubereite auf eine Art und Weise, die ich vorher<br />
nur aus Filmen kannte.<br />
Ich arbeite jetzt in einer Vorschule. Die Schule besteht<br />
aus einem einzigen<br />
Klassenraum, 30<br />
Kindern zwischen 2<br />
und 6 Jahren, einer<br />
Lehrerin und mir. Ich<br />
helfe den Kindern<br />
zu lernen bis 10 zu<br />
zählen oder ihren<br />
Namen zu schreiben.<br />
Ganz besonders<br />
freue ich mich<br />
jeden Freitag auf<br />
die Tonga-Stunde,<br />
denn da kann ich<br />
auch noch die eine<br />
oder andere Vokabel<br />
lernen. Das hilft<br />
mir aber auch nicht<br />
weiter, da die meisten<br />
Kinder zwar Englisch<br />
verstehen, aber fast<br />
ausschließlich Tonga<br />
sprechen.<br />
Ein großer Unterschied zu Deutschland ist zum<br />
Beispiel, dass wenn das Handy der Lehrerin im<br />
Unterricht klingelt, sie auch abhebt. Denn es könnte ja<br />
was Wichtiges sein. In Deutschland könnte ich mir das<br />
nicht vorstellen. Aber schon alleine der Fakt, dass selbst<br />
2-jährige hier schon zur Schule gehen, hat mich sehr<br />
erstaunt. Und das ist etwas, was ich nicht recht verstehe,<br />
da ich der Meinung bin, dass Kinder in Deutschland<br />
genauso schnell lernen, auch wenn sie bis zu ihrem<br />
sechsten Lebensjahr nur spielen.<br />
Auch an meinem Arbeitsplatz habe ich unabsichtlich<br />
eine deutsche Verhaltensweise auf die Lehrerin<br />
übertragen: Sie erzählte mir eines Tages, dass ich ihr<br />
beigebracht hätte, die Hefte der Kinder nach Fächern<br />
geordnet fein säuberlich auf das Pult zu legen, um auf<br />
den Unterricht vorbereitet zu sein.<br />
Auf meinem Weg zur Arbeit und auch wieder zurück<br />
begrüßen mich sehr viele Menschen. Das liegt zum<br />
einen daran, dass ich als Weiße nun mal in meinem<br />
Viertel sehr auffalle. Aber zum anderen auch daran, dass<br />
es Teil der sambischen Kultur ist, jeden zu begrüßen,<br />
den man kennt, wenn auch nur flüchtig. Sobald ich<br />
in meine Straße einbiege, geht´s aber so richtig los:<br />
Sobald eines der vielen Kinder, die dort wohnen, mich<br />
sieht und meinen Namen ruft,<br />
stürmen auch die anderen<br />
Kinder aus ihren Häusern und<br />
Gärten, und ich darf erstmal<br />
nicht weiter gehen. Dann<br />
umarmen mich viele kleine<br />
Kindern oder wollen auf den<br />
Arm genommen werden. Die<br />
etwas älteren Kinder wollen<br />
sich mit mir unterhalten, ganz<br />
egal wie erschöpft ich von der<br />
Arbeit bin.<br />
Im Oktober ist mir nochmal<br />
aufgefallen, wie stark hier der<br />
Bezug zur Bibel ist. Es ist der<br />
Monat des Rosenkranz. Das ist<br />
eine bestimmte Art zu beten,<br />
nämlich mit einer Gebetskette.<br />
So haben wir in diesem Monat<br />
jeden Abend mit der ganzen<br />
Familie zusammengesessen<br />
und den Rosenkranz gebetet: Für jede einzelne Perle<br />
haben wir gemeinsam das j<strong>ewe</strong>ilige Gebet gesprochen.<br />
Das hat seine Zeit gedauert.<br />
An einem Tag habe ich meine Schwester in ihrer Schule<br />
besucht. Auch hier wurde der Bezug zur Religion<br />
deutlich: Sie haben eine große Marienstatue auf dem<br />
Schulhof stehen und eine eigene Kirche auf dem<br />
Schulgelände.<br />
Ich war auch bei einer sambischen Hochzeit dabei,<br />
die erstaunlicherweise bescheidener ausgefallen ist,<br />
als ich es mir vorgestellt hatte. Das einzige, was mich<br />
sehr überrascht hat, war, dass auch die Gäste weiß<br />
tragen durften und nicht nur die Braut, wie ich es aus<br />
Deutschland kenne.<br />
Die sambische Zeit, also das viele Warten, ist für mich<br />
kein Problem. Ich glaube, das liegt daran, dass ich mich<br />
von Anfang an darauf eingestellte habe, dass Warten<br />
jetzt zu meinem Alltag gehört…<br />
Ich habe jetzt übrigens auch einen sambischen Namen:<br />
Wiza. Das ist Mambwe und bedeutet etwa so was wie<br />
„Du bist angekommen“. So richtig angekommen fühle<br />
ich mich zwar noch nicht, da ich es sehr schwer finde,<br />
mit der ständigen Aufmerksamkeit auf der Straße<br />
klar zu kommen. Aber ich bin zuversichtlich, dass es<br />
mir mit der Hilfe von ein paar Freunden bald leichter<br />
fallen wird. Alles in allem fühle ich mich mit jedem<br />
Tag wohler hier und freue mich, noch eine Weile hier<br />
bleiben zu dürfen.<br />
Alisha Ernst
Seite 16 Seite 17<br />
Ausgewählt<br />
Gemeinden im Bistum Monze - Heute: Kalomo<br />
Seit Jahren beobachten wir mit Sorge, dass sich für<br />
die Freiwilligendienste im Ausland immer weniger<br />
Jugendliche interessieren. Nicht nur wir im <strong>ewe</strong>,<br />
sondern auch andere Entsendeorganisationen, mit<br />
denen wir verbunden sind, berichten ähnliches.<br />
Umso erfreulicher, dass wir für das Entsendejahr<br />
2018/ 2019 einige B<strong>ewe</strong>rbungen hatten.<br />
Wir hatten für das 2. Adventwochenende ins KHG-<br />
Haus nach Heimbach eingeladen und ein intensives<br />
Wochenende vorbereitet, um die drei verbliebenen<br />
B<strong>ewe</strong>rber/in umfassend informieren und testen zu<br />
können. Alle Beteiligten müssen das Gefühl haben,<br />
dass wir zueinander passen. Erstmals haben wir auch<br />
die sambischen Freiwilligen Chilala und Mbonyiwe<br />
mit einbezogen. Sie waren mit ihrer Kenntnis von<br />
Land und Leuten und insbesondere als sambische<br />
Jugendliche wichtig, sodass im Gespräch und in<br />
Rollenspielen authentische sambische Wirklichkeit<br />
spürbar war.<br />
Am Ende musste dem Wunsch unserer Partner in<br />
Sambia entsprechend ausgewählt werden.<br />
Diese Aufgabe kam den beiden Verantwortlichen<br />
Gesine und Helen (zum ersten Mal in dieser neuen<br />
Aufgabe) und dem Vorsitzenden zu.<br />
Wir haben gewählt:<br />
Silja Thönnes und Ben Lukas Koch, beide aus Aachen<br />
sind die Gesichter des <strong>ewe</strong> im Freiwilligen Jahr 2018/<br />
2019 in Sambia<br />
Guido Schürenberg<br />
Wer einfach nur von Lusaka nach Livingstone fährt,<br />
hat oberflächlich schnell das Gefühl, dass auf dem Weg<br />
nicht viel anzutreffen ist und die Städte praktisch bloß<br />
aus ein paar Ansammlungen entlang der Hauptstraße<br />
bestehen. Dem oberflächlichen Betrachter mag es<br />
auch in Kalomo so gehen. Wer duchrast, erkennt<br />
vielleicht noch den Schriftzug des „Kalomo Hotel“<br />
und hat dann noch knapp 130 km bis Livingstone<br />
und zu den Viktoriafällen vor sich. Doch natürlich ist<br />
Kalomo mehr, wie nicht zuletzt auch mittlerweile drei<br />
ehemalige <strong>ewe</strong>-Freiwillige erzählen können.<br />
Tatsächlich war Kalomo zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
die erste Hauptstadt des britischen Nordrhodesien,<br />
bevor diese 1907 nach Livingstone verlagert wurde.<br />
Das Haus des damaligen Administrators gilt als<br />
heute noch einziges erhaltenes Zeugnis von Kalomos<br />
Hauptstadtvergangenheit, ein kleiner Gedenkstein<br />
am Straßenrand weist darauf hin. Gerade abseits der<br />
Hauptstraße ist Kalomo aber heute ein lebendiger Ort<br />
– und außerdem Ausgangspunkt für Fahrten in den<br />
südlichen Teil des Kafue-Nationalparks. Eine weitere<br />
Aufwertung soll die Stadt in Kürze erfahren: Im<br />
Rahmen eines nationalen Plans zur Verbesserung der<br />
Gesundheitsversorgung<br />
plant die Regierung<br />
die Errichtung von<br />
sogenannten „first level<br />
hospitals“, zunächst in<br />
einigen Pilotdistrikten.<br />
Kalomo ist einer davon,<br />
Weiterfahrten vom alten<br />
Krankenhaus in die<br />
besser ausgestatteten<br />
Choma, Zimba oder<br />
sogar Livingstone<br />
gehören dann der<br />
Vergangenheit an.
Seite 18 Seite 19<br />
Machtwechsel auf der anderen Seite des Sambesi – Hoffnung für Sambias<br />
Nachbarn Simbabwe?<br />
Bis zur Unabhängigkeit 1964 war die Geschichte Sambias<br />
eng mit der des südlichen Nachbarlandes Simbabwe<br />
verbunden. In der Föderation Rhodesien und Nyasaland<br />
stand Sambia gemeinsam mit Simbabwe und Malawi<br />
unter britischer Verwaltung. Doch während Sambia<br />
und Malawi offiziell in die Unabhängigkeit entlassen<br />
wurden, erklärten weiße Siedler in Simbabwe (damals<br />
noch Südrhodesien) 1965 einseitig ihre Unabhängigkeit.<br />
Erst nach einem langen Befreiungskampf bekam die<br />
schwarze Bevölkerungsmehrheit 1980 ihre Freiheit –<br />
und mit Robert Mugabe ihren ersten Regierungschef.<br />
Jener Robert Mugabe führte Simbabwe auch noch 37<br />
Jahre später an – zumindest offiziell, denn es war längst<br />
kein Geheimnis mehr, dass der inzwischen 93-Jährige<br />
nicht mehr umfassend Herr seiner geistigen Kräfte<br />
war. Insider berichteten, er brauche 20 Stunden Schlaf<br />
am Tag. Er war bisweilen in öffentlichen Sitzungen<br />
eingenickt, und dass er zu verschiedenen Anlässen<br />
dieselbe Rede vortrug, fiel zwar allen Anwesenden auf,<br />
ihm selbst aber wohl nicht. Doch nun ist Mugabe als<br />
Präsident Geschichte. Nach einem unblutigen Putsch,<br />
der am Abend des 14.11. diesen Jahres seinen Anfang<br />
nahm und offiziell nicht so heißen durfte, hat Simbabwe<br />
nun einen Präsidenten, der nicht mehr Mugabe heißt.<br />
Am 19.11. wurde der 75-jährige Emmerson Mnangagwa<br />
als neuer Präsident vereidigt. Auch der sambische<br />
Präsident Edgar Lungu war zugegen.<br />
Ist das eine gute Nachricht? Hört man den meisten<br />
Simbabwern zu, so muss die Antwort „ja“ lauten. Zu<br />
groß ist die Hoffnung, dass es nach dem<br />
Ende der Mugabe-Ära wirtschaftlich<br />
endlich wieder aufwärts geht. Nach<br />
hoffnungsvollem Start hatte Mugabe sich<br />
zunehmend zum Diktator gemausert und<br />
das Land komplett herunterwirtschaftet.<br />
Wahlen wurden systematisch gefälscht,<br />
die Opposition eingeschüchtert,<br />
tyrannisiert und verfolgt. So machte<br />
sich nach dem Putsch zwar zunächst<br />
gespenstische Stille auf den Straßen des<br />
Landes breit. Doch als Mugabe, den man<br />
unter Hausarrest gestellt hatte, offiziell<br />
abdankte, brandete großer Jubel im<br />
ganzen Land auf. Sogar die Opposition<br />
klatschte Beifall, und Exil-Simbabwer<br />
feierten wilde Partys.<br />
Und natürlich muss man den Abgang<br />
Mugabes mit der Hoffnung auf einen politischen und<br />
wirtschaftlichen Neuanfang verbinden. Doch diese<br />
Hoffnung nährt sich allein aus der Tatsache, dass es nun<br />
nicht mehr Mugabe ist, der Geschicke leitet. Bei näherer<br />
Betrachtung gibt es nicht viele Gründe zu Optimismus:<br />
1. Wie viel Macht Mugabe vor dem Putsch noch hatte,<br />
ist schwer zu beurteilen. Dass das Militär aber eine<br />
zentrale Rolle im simbabwischen Machtpoker spielt, ist<br />
offensichtlich. Solange Mugabe den Einfluss des Militärs<br />
und dessen Zugang zu Geld und Rohstoffen sicherte,<br />
bestand kein Grund zu einem Putsch. Als Mugabe<br />
jedoch Mnangagwa als Vize-Präsidenten entließ, um<br />
seine Ehefrau Grace für seine Nachfolge in Stellung<br />
zu bringen, überspannte er den Bogen. Mnangagwa<br />
selbst kommt aus dem Militär und genießt dort starken<br />
Rückhalt. Mit seiner Entlassung lieferte Mugabe dem<br />
Militär den Anlass für den Putsch. Ob sich nun also<br />
an den Machtverhältnissen und den Interessen der<br />
Regierenden etwas ändert, ist fraglich.<br />
2. Emmerson Mnangagwa steht für vieles, nicht aber<br />
für einen ehrlichen Neuanfang. Er war stets treuer<br />
Begleiter Mugabes und an dessen Seite schon in den<br />
achtziger Jahren mitverantwortlich für Massaker an der<br />
Volksgruppe der Ndebele, während derer mutmaßlich<br />
20.000 Menschen ums Leben kamen. Mnangagwa war<br />
treibende Kraft bei Farmenteignungen und zahlreichen<br />
Einschüchterungsaktionen der Opposition. Dass er sich<br />
nun plötzlich zum Demokraten<br />
wandelt, wäre eine große<br />
Überraschung.<br />
3. Eigentlich sendet der Putsch<br />
eine völlig falsche Botschaft aus.<br />
Auch wenn es offensichtlich war,<br />
dass die vergangenen Wahlen<br />
stets massiv manipuliert waren, so<br />
war Mugabe doch ein Präsident,<br />
der durch einen, wenn auch nicht<br />
demokratischen, Wahlprozess<br />
an die Macht kam bzw. sich dort<br />
hielt. Die Lektion nun ist: Wenn<br />
wir eines Herrschers überdrüssig<br />
sind, brauchen wir einen<br />
Militärputsch. Das öffentlich<br />
geäußerte Einverständnis der Opposition spiegelt die<br />
herrschende Meinung diesbezüglich eindrücklich<br />
wider. Nach demokratischem Verständnis muss es<br />
jedoch darum gehen, Wahlen zunehmend freier und<br />
fairer zu gestalten, um Machtwechsel zu ermöglichen.<br />
Dies mag westlich naiv klingen, doch welche Bedeutung<br />
sollen die Wahlen im kommenden Jahr in den Augen<br />
der Bevölkerung haben, wenn Machtwechsel nur durch<br />
den Einsatz des Militärs zustande kommen können?<br />
4. Die Wahlen im kommenden Jahr: Mugabe wollte<br />
wieder antreten, das Volk war ihm überdrüssig. Es<br />
hätte schon eines massiven Einschüchterungs- und<br />
Manipulationsapparats bedurft, um seinen Wahlsieg<br />
erneut zu sichern. Nun wird Mnangagwa als Kandidat<br />
der Regierungspartei ZANU-PF antreten, denn das<br />
er sich nur als Übergangspräsident versteht und im<br />
kommenden Jahr wieder abtritt, ist nicht zu erwarten.<br />
Er ist der Mann des Militärs. Dass er die Wahlen nicht<br />
gewinnt, wird das Militär nach dem Aufwand des<br />
Putsches kaum zulassen. Und im Volk kann er sich<br />
nun trotz seiner Vergangenheit an der Seite Mugabes<br />
als derjenige profilieren, der der Mugabe-Ära ein Ende<br />
gesetzt hat.<br />
5. Auch ein Blick auf den Zustand der Opposition<br />
stimmt nicht positiv. Zugegeben: Die Entbehrungen<br />
und Einschüchterungen waren hart in den letzten<br />
knapp 20 Jahren. Mehr als einmal wurde der Chef<br />
der wichtigsten Oppositionspartei MDC, Morgan<br />
Tsvangirai, Opfer von Gewalt. Doch musste die<br />
MDC immer wieder Abspaltungen hinnehmen, und<br />
ihr demokratisches Verständnis scheint, wie auch<br />
die Äußerungen zum Putsch zeigen, begrenzt. Viel<br />
schwerer wiegt jedoch die Tatsache, dass sich die MDC<br />
die Rolle des Herausforderers mit der erst kürzlich<br />
gegründeten Partei von Joice Mujuru teilen muss. Und<br />
Mujuru steht nun weder für Demokratie noch für einen<br />
wie auch immer gearteten Neuanfang. Sie stand lange<br />
Zeit genauso eng an der Seite Mugabes wie Mnangagwa<br />
und machte sich Hoffnung auf dessen Nachfolge. Erst<br />
als ihre Ambitionen zu offensichtlich wurden, wurde sie<br />
2014 aus der ZANU-PF ausgeschlossen.<br />
Es bleibt also nicht viel außer der Hoffnung, dass nun<br />
ein neuer Dialog mit Simbabwe entsteht. Ein Dialog,<br />
in dem die anderen Staats- und Regierungschefs im<br />
südlichen Afrika ihre Verantwortung wahrnehmen<br />
(von denen sich allerdings nur wenige bisher als<br />
Demokraten profiliert haben) und an dem vor allem<br />
auch Großbritannien und die Europäische Union<br />
wieder teilnehmen und somit sanften Druck ausüben<br />
können. Von China, immer noch ein treuer Partner<br />
Simbabwes, wird dieser Druck sicherlich nicht<br />
kommen. Den Simbabwern bleibt zu wünschen, dass es<br />
ihnen ermöglicht wird, auf vielfältige Weise selbst ihr<br />
Schicksal in die Hand zu nehmen, um den dringend<br />
benötigten Wandel einzufordern.<br />
Johann Heilmann