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Medienpolitik<br />
Wake-up Call<br />
für Facebook<br />
dpa-Interview mit Stephan Scherzer über<br />
Instant Articles<br />
Die Ansichten über Sinn und Unsinn der Zusammenarbeit mit<br />
Facebook gehen auseinander. Das gilt unter Verlagen insbesondere<br />
für dessen Projekt »Instant Articles«, bei dem Berichte direkt<br />
in dem sozialen Netzwerk ohne Verlinkung auf eine andere Website<br />
veröffentlicht werden. Auch Stephan Scherzer, Hauptgeschäfts führer des<br />
Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), ist bei der Be wer tung<br />
gespalten: »Wir sehen Bewegung, aber es tut sich zu wenig, deshalb ist<br />
es gut, wenn weltweit starke Marken jetzt mal den Stecker ziehen«, sagte<br />
er im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur zum Ausstieg von<br />
»New York Times« und »Guardian«.<br />
dpa | Wie ist Ihr Zwischenfazit für die Nutzung von Instant Articles<br />
durch deutsche Verlage?<br />
STEPHAN SCHERZER | Facebooks Strategie ist es, die Menschen im<br />
sozialen Netzwerk zu halten und nicht weiterzuleiten, um dort mit Werbung<br />
Geld zu verdienen – im vergangenen Jahr immerhin knapp 28 Milliarden<br />
Dollar. Das macht das Verhältnis zu den Verlagen durchaus ambivalent.<br />
Für mich ist der Ausstieg der »New York Times«, des »Guardian«,<br />
von »Forbes« und »Quartz« ein deutlicher Wake-up Call für Facebook,<br />
da die aktuelle Zusammenarbeit zu einseitig ist. Auch in Deutschland<br />
stellen sich viele Häuser diese Frage. Aber anders als in den USA wird<br />
hier noch getestet und bewertet.<br />
Welche Erwartungen haben sich erfüllt?<br />
Grundsätzlich haben Verlage das Verständnis, mit einem globalen Konzern<br />
zu tun zu haben, der einen nicht ansatzweise auf Augenhöhe behandelt.<br />
Der Qualitätsinhalt der Verlage zahlt mehr bei Facebook ein als<br />
bei den Häusern selbst. Es hat viel zu lange gedauert, bis Registrierungsmöglichkeiten<br />
für Verlagsangebote wie Newsletter, Abos und Events<br />
umgesetzt wurden. Eine nutzerfreundliche Weiterleitung von Traffic auf<br />
Verlagsseiten fehlt ebenso wie Paid-Content-Optionen – wie etwa bei<br />
WeChat, das in vielem innovativer ist. Facebook könnte sich überlegen,<br />
ob es Umsatzgarantien für Editorial-Media-Seiten mit redaktionellem<br />
Content gibt. Die Verlage sind kritisch, skeptisch und erwarten von<br />
Facebook – gerade aufgrund der monopolartigen Position – eine ernsthafte<br />
Verbesserung der Zusammenarbeit.<br />
Sehen Sie bei Facebook schon Bewegung?<br />
Wir sehen Bewegung, aber es tut sich zu wenig, deshalb ist es gut, wenn<br />
weltweit starke Marken jetzt mal den Stecker ziehen. Das hat durchaus<br />
eine taktische Komponente. Es ist gut zu sagen, man testet noch, man<br />
probiert es aus. Wenn allerdings die Augenhöhe fehlt, sich die Redaktionen<br />
und Verlage gegängelt fühlen, darf sich Facebook über die Kritik<br />
und die Folgen nicht wundern. Facebook könnte redaktionelle Inhalte<br />
als Chance sehen, gerade weil die Kritik an der Qualität der Umfelder,<br />
sogenannter Fake News und Hate Speech, da ist. Werbekunden stellen<br />
vermehrt die Frage: Wo steht eigentlich meine Werbung, neben welchen<br />
Inhalten? Redaktionelle Inhalte bekannter Marken geben Lesern und<br />
Werbungtreibenden vertrauensvolle Umfelder.<br />
Das Interview führte Andreas Heimann, dpa.<br />
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