soziologie heute August 2011
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<strong>August</strong> <strong>2011</strong> <strong>soziologie</strong> <strong>heute</strong> 43<br />
Mobilität von Kindern“ untersuchten<br />
Dr. Andreas Redecker und Björn<br />
Frauendienst (Geographisches Institut<br />
der RUB) das Verkehrsverhalten<br />
und die Mobilitätsmöglichkeiten von<br />
Kindern im Alter zwischen sieben<br />
und 15 Jahren an fünf Grund- und<br />
fünf Realschulen in Nordrhein-Westfalen.<br />
Die Forscher belegen, dass das<br />
Auto als Transportmittel stark an<br />
Bedeutung gewonnen hat und dass<br />
Kinder öfter von einem Erwachsenen<br />
zur Schule begleitet werden als<br />
früher. Zur weiteren Untersuchung<br />
des Themas bekamen die Bochumer<br />
bereits ein Folgeprojekt genehmigt.<br />
Mit Bus, Bahn und Auto zur Schule<br />
„Die Veränderungen haben sich vor<br />
allem an Grundschulen gezeigt und<br />
da wiederum vor allem an bestimmten<br />
Standorten“, fasst Frauendienst<br />
zusammen. In seiner Dissertation<br />
wird er sich z. B. damit beschäftigen,<br />
warum sich das Verkehrsverhalten<br />
von Kindern an zwei der untersuchten<br />
Schulen sehr unterschiedlich<br />
entwickelt hat. Generell kommen<br />
<strong>heute</strong> weniger Kinder zu Fuß oder<br />
mit dem Fahrrad zur Schule als noch<br />
vor zwanzig Jahren. Auto und öffentliche<br />
Verkehrsmittel sind hingegen<br />
wichtiger geworden. Diese Entwicklung<br />
führen die Forscher u. a. darauf<br />
zurück, dass die Grundschulbezirke<br />
in NRW aufgehoben und Grundschulen<br />
geschlossen wurden, so dass die<br />
Kinder weitere Wege als früher zur<br />
Schule zurücklegen müssen.<br />
Erwachsene statt Kinder als Begleitung<br />
Ein weiteres Hauptergebnis der vom<br />
Deutschen Verkehrssicherheitsrat<br />
finanzierten Studie ist, dass Kinder<br />
<strong>heute</strong> öfter von Erwachsenen und<br />
nicht nur von anderen Kindern zur<br />
Schule begleitet werden. „Das hängt<br />
zum Teil mit der Angst der Eltern<br />
und Kinder vorm Straßenverkehr<br />
und mit der Angst vor fremden Personen<br />
zusammen“, erklärt Redecker.<br />
„Aber auch Schulweg und Wohnsituation<br />
haben sicher einen Einfluss.“<br />
Laut der Untersuchung scheint die<br />
Tatsache, dass Eltern ihre Kinder<br />
vermehrt begleiten und öfter das<br />
Auto für den Schulweg nutzen, mit<br />
einer geringeren Anzahl an Unfällen<br />
auf dem Schulweg einherzugehen.<br />
Die stärkere Nutzung des Autos ist<br />
jedoch auch eine Gefahr für die verbleibenden<br />
Fußgänger.<br />
Veränderungen sind nicht nur positiv<br />
„Hätte die Begleitung von Kindern auf<br />
dem Schulweg nur den Effekt, dass<br />
sie weniger Gefahren ausgesetzt sind,<br />
wären die Beobachtungen als durchaus<br />
positiv zu bewerten“, betont<br />
Björn Frauendienst, der sich auch<br />
privat in seiner Heimatstadt Witten<br />
bei der Verkehrswacht engagiert.<br />
„Die reduzierte Selbstständigkeit der<br />
Kinder steht allerdings auch im Zusammenhang<br />
mit einer schlechteren<br />
physischen Konstitution, mangelnder<br />
Raumkenntnis und dem Fehlen<br />
von realen Übungsmöglichkeiten, wie<br />
sich Kinder sicher im Verkehr verhalten<br />
sollen. Gerade diesen Konflikt<br />
weiter herauszustellen ist Ziel unserer<br />
Arbeit.“ Um die Diskussion auch<br />
mit internationalen Wissenschaftlern<br />
weiterzuführen, stellen die RUB-Forscher<br />
die Projektergebnisse in diesem<br />
Sommer auf Tagungen in Canterbury,<br />
London und Glasgow vor.<br />
Jeder zehnte Europäer mittleren Alters nimmt<br />
Antidepressiva<br />
von Mark Fallak, Institut für Zukunft der Arbeit<br />
Rund acht Prozent aller Europäer<br />
nahmen im vergangenen Jahr Medikamente<br />
gegen Depressionen. Besonders<br />
stark betroffen ist die Altersgruppe<br />
von 45 bis 54 Jahren. Darauf<br />
weist eine aktuelle Studie des Instituts<br />
zur Zukunft der Arbeit (IZA) hin,<br />
die auf der Befragung von 30.000 Europäern<br />
in 27 Ländern basiert.<br />
Der britische Ökonom Andrew Oswald,<br />
der am IZA in Bonn forscht und die Studie<br />
mitverfasst hat, hält den Befund für<br />
alarmierend: „Gemessen an Wohlstand<br />
und Sicherheit ging es den Europäern<br />
nie besser als <strong>heute</strong>. Dass trotzdem so<br />
viele Menschen mit Chemie nachhelfen<br />
müssen, um glücklich zu sein, sollte<br />
uns zu denken geben.”<br />
Verbrauch überraschenderweise unter<br />
dem EU-Durchschnitt, obwohl die<br />
Deutschen bei der Lebenszufriedenheit<br />
im unteren Mittelfeld rangieren.<br />
Was für alle Staaten gleichermaßen zutrifft:<br />
Im mittleren Alter leiden die Menschen<br />
besonders häufig unter Depressionen.<br />
Das deckt sich mit Studien zur<br />
Lebenszufriedenheit, die bei Endvierzigern<br />
am geringsten ist. „Warum es zu<br />
diesem Knick kommt, ist wissenschaftlich<br />
noch nicht belegt”, sagt Oswald.<br />
Zu den nachweisbaren Risikofaktoren<br />
für psychische Erkrankungen zählen<br />
Scheidung und Arbeitslosigkeit.<br />
Foto: Rainer Sturm, pixelio.de<br />
Am häufigsten greifen die Portugiesen<br />
zu Antidepressiva (16 Prozent), am<br />
seltensten die Griechen (3 Prozent).<br />
In Deutschland (5 Prozent) liegt der<br />
Die englischsprachige Studie ist über die IZA-<br />
Homepage abrufbar:<br />
David G. Blanchflower / Andrew J. Oswald:<br />
Antidepressants and Age<br />
IZA Discussion Paper No. 5785<br />
http://ftp.iza.org/dp5785.pdf