E_1934_Zeitung_Nr.055
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St. Denis und Bulle und nehmen als allerletzten<br />
Alpenpass den Jaun unter die Räder<br />
und beendigen mit einer Fahrt durchs Simmental<br />
an den Thunersee unsere Kreuz- und<br />
Querfahrt über sämtliche schweizerischen<br />
Alpenpässe.<br />
Wer unternimmt die Tour? Wir empfehlen<br />
sie allen denen, die Freude an unsern<br />
prächtigen Bergen haben und die möglichst<br />
abwechslungsreiche Ferientage erleben<br />
möchten. Aber noch einmal: Fahren Sie die<br />
Alpenpässe nicht in Rekordzeit, sondern besuchen<br />
Sie sie bummelnderweise, und Sie<br />
werden aus Ihren Ferien ein reiches Erlebnis<br />
mit in den Alltag hinübernehmen, -r.<br />
Was braucht man bei<br />
Auslandfahrten ?<br />
Wir sind leider noch nicht in der glücklichen<br />
Lage, bei Auslandsfahrten ohne weiteres<br />
über die Grenzen fahren zu können. Hemmende<br />
Vorschriften, die noch immer die Erfüllung<br />
der verschiedensten Formalitäten verlangen,<br />
zwingen uns bei Auslandsfahrten zu<br />
langweiligen Vorbereitungen. Mit der Freizügigkeit<br />
im internationalen Touristenverkehr<br />
ist es noch nicht weit her, wenn auch<br />
immerhin festgestellt werden muss, dass die<br />
letzten Jahre wieder mancherlei Erleichterungen<br />
gebracht haben, besonders im Verkehr<br />
mit unsern Nachbarstaaten.<br />
Grundsätzlich braucht man für Fahrten<br />
ins Ausland folgende Dokumente:<br />
1. Persönlichen Reisepass, erhältlich beiden<br />
kantonalen Passbureaus.<br />
2. Triptyk oder Grenzpassierscheinheft, erhältlich<br />
bei den Clubs.<br />
3. Internationalen Führerschein, erhältlich bei<br />
den kantonalen Automobil-Bureaus.<br />
Strassen, wie sie z. B. über den Grossen St.<br />
Bernhard und den Septimer führten, zogen<br />
nun die römischen Heere und die Felswände<br />
hallten wider von Waffengeklirr und dem<br />
gleichmässigen Schritt der marschierenden<br />
Kohorten.<br />
*<br />
Vorbei war der Glanz, der Ruhm und die<br />
Macht des römischen Weltreiches. Die Völker<br />
des Nordens waren erwacht, sie hatten<br />
gar oft als Sklaven das sonnige Land südwärts<br />
der Alpen kennengelernt. Sie fluteten<br />
nun auf den Pfaden, die einst ihre Beherrscher<br />
nach Norden geführt hatten, den blauenden<br />
Meeresküsten entgegen.<br />
Schwere Kämpfe entbrannten um die Alpenstrassen<br />
als Schlüssel vom Norden zum Süden;<br />
die römischen Kaiser deutscher Nation<br />
oder die alten Eidgenossen rangen um deren<br />
Besitz. Im Wechsel der Jahrhunderte<br />
war es bald der Söldner, bald der Handelsmann,<br />
der über die gefahrvollen Pässe zog.<br />
Der Verkehr, der so über die Alpen entstand,<br />
führte Tausende und Abertausende<br />
über ihre Höhen und Hess sie viel von ihren<br />
Schrecken verlieren. Der Mensch gewöhnte<br />
sich an die Berge, und langsam, ganz langsam<br />
fing er an, nicht mehr nur ihre Tücken,<br />
sondern auch ihre Schönheiten zu erkennen.<br />
* * *<br />
Um die Wende des vorletzten Jahrhunderts<br />
brach auch in der Geschichte der Alpen —<br />
revolutionär wie das ganze damalige Weltgeschehen<br />
— eine neue Epoche an. Kühne<br />
Forscher erwählten die Alpen zu ihrem Arbeitsgebiet.<br />
Strassen wurden gebaut, regelmässige<br />
Postverbindungen eingerichtet, und<br />
in immer breitere Schichten der Bevölkerung<br />
drang die Erkenntnis von der Schönheit der<br />
Bergwelt.<br />
Bis zu Ende des 19. Jahrhunderts war es<br />
ein dichtes Strassennetz, das den Gebirgszug<br />
der Alpen vom Mittelländischen Meer bis<br />
nach Wien an die Donau kreuz und quer<br />
4. Internationalen Zulassungsschein, erhältlich<br />
bei den kantonalen Automobilbureaus.<br />
5. Zollfreipass, der an den Grenzzollämtern<br />
ausgestellt wird.<br />
6. CH-Schild, bei den Clubs erhältlich.<br />
Wer diese Dinge alle mit sich führt, der<br />
ist sicher, dass er durch ganz Europa ohne<br />
weiteres reisen kann. Nun bestehen- aber<br />
zwischen der Schweiz und den Nachbarstaaten<br />
besondere Abkommen, die in bezug auf<br />
das Mitschleppen obiger Dokumente einige<br />
Erleichterungen bringen.<br />
Wer nach Italien reist, braucht den internationalen<br />
Führer- und den internationalen<br />
Zulassungsschein nicht mehr. Es genügt der<br />
schweizerische Fahrausweis. Ebenso ist Triptyk<br />
oder Grenzpassierscheinheft entbehrlich,<br />
sofern man sich nicht länger als 5 Tage in<br />
Italien aufhält und sich nicht über 1000 km<br />
im Umkreis vom Eintrittszollamte hinaus<br />
begibt. Diese sogenannte Fünftagekarte kann<br />
bei den Sekretariaten des A. C. S. oder bei<br />
den grössern Eintrittszollämtern nach Italien<br />
beschafft werden.<br />
Für Fahrten nach Frankreich sind allerdings<br />
auch heute noch die sämtlichen oben<br />
angeführten 6 Ausweise mitzufiihren. Nur<br />
gerade jetzt, zwischen dem 15. Juni und dem<br />
15. Juli <strong>1934</strong>, anlässlich der «Semaines de<br />
Paris», braucht man nur den Reisepass und<br />
das CH-Schild, weil man an der Grenze ein<br />
sogenanntes «Laissez-passer» erhält, das<br />
die übrigen Ausweise ersetzt. Hoffen wir,<br />
dass dieser Versuch, den Frankreich in den<br />
4 Wochen macht, so günstig ausfällt, dass<br />
es später zu einer definitiven Regelung in<br />
diesem Sinne kommt. Glücklicherweise hat<br />
ja Frankreich seit diesem Jahr seine wirklich<br />
durch nichts mehr zu begründenden Aufenthaltsgebühren<br />
abgeschafft, wobei allerdings<br />
gleich die Einschränkung beizufügen ist,<br />
dass im gleichen Augenblick die Benzinpreise<br />
um 0,50 franz. Fr. pro Liter erhöht wurden.<br />
Wer nach Deutschland reist, braucht Pass,<br />
Triptyk oder Grenzpassierscheinheft, Zollfreipass<br />
und CH-Schild. Es genügt aber an<br />
Stelle der internationalen Papiere der schweizerische<br />
Fahrausweis.<br />
Auch nach Oesterreich reist man unter den<br />
gleichen Bedingungen wie nach Deutschland,<br />
nur mit dem Unterschied, dass dort auch an<br />
Stelle des Triptyks oder Grenzpassierscheinheftes<br />
ein sogenannter Zehntage-Vormerkschein<br />
treten kann, der 5 Schilling kostet<br />
und der noch zweimal um 10 Tage sich verlängern<br />
lässt, wobei jedesmal je 5 Schilling<br />
zu bezahlen sind. ' "' ;<br />
Und noch etwas braucht man, wenn man<br />
ns Ausland reist und woran man nicht zuetzt<br />
denken soll: das sind Karten und Füher,<br />
die zur notwendigen Ausrüstung jedes<br />
Automobilisten gehören. Wohin man auch<br />
mmer fahren mag, in irgendein Land Europas,<br />
der Tourenonkel der «Automobil-Revue»<br />
weiss Ihnen immer einen Führer oder eine<br />
Karte, die Sie auf allen Strassen Europas<br />
sicher führen werden.<br />
durchzog. Es war die Zeit der Landstrassenromantik,<br />
die Zeit, da vielspännige Postkutschen<br />
mit klingendem Gescheite die Fremden<br />
über die Alpenpässe führten. Beschaulich<br />
war das Reisen damals, Tage brauchte<br />
man, um vom Nordfuss zum Südhang der<br />
Alpen zu gelangen, für Strecken, die man<br />
heute in wenigen Stunden durchfährt.<br />
Und es kam die Eisenbahn, und es kam<br />
der Krieg — die Strassen in den Alpen verödeten.<br />
Still war's auf den Bergstrassen geworden,<br />
kaum ein Wanderer, der noch darüber<br />
pilgerte; es schien, als ob diese Gebiete<br />
wieder zurückversinken wollten in die Zeiten<br />
urweltlicher Stille.<br />
Doch einen Augenblick nur dauerte diese<br />
Stille, kaum eine Sekunde, gemessen am Zifferblatt<br />
der Natur. Es kam die Zeit des Automobils<br />
und mit ihm sprunghaft eine Belebung<br />
der Alpenstrassen, wie sie nie auch<br />
nur geahnt werden konnte. Wo früher ein<br />
paar Kutschen den Weg über einen Pass fanden,<br />
da flitzen heute Hunderte von Automobilen<br />
täglich hin- und herüber. Die Strasse<br />
die in einstigen Zeiten genügte, war bald zu<br />
eng und ungeeignet, um den plötzlich anschwellenden<br />
Verkehr zu fassen. Es setzte,<br />
wie schon zur Zeit der Römer, und später<br />
um die Wende des 17. Jahrhunderts, zum<br />
dritten Male ein neues gewaltiges Bauen ein,<br />
welches das Strassennetz des Alpengebietes<br />
in Oesterreich, Italien, der Schweiz und<br />
Frankreich zu einem der vorzüglichsten der<br />
Welt ausweitete.<br />
Mit der Einsamkeit und der Stille in den<br />
Alpen ist es vorbei. Und das ist gut so. Dafür<br />
sind es Tausende, die jährlich kreuz und<br />
quer über die Berge fahren, hinauf und hinunter<br />
durch liebliche Täler und wilde Felsschluchten,<br />
sich niederlassen zur Rast an den<br />
blauen Seen, und sich aus den Bergen wieder<br />
die Kraft und den Mut zur täglichen Arbeit<br />
zu holen.<br />
REISEBLATT DER AUTOMOBIL-REVUE <strong>1934</strong> - N° 55<br />
Aus der Werkstatt des<br />
Tourenonkels.<br />
Wem ist der Tourenonkel nicht bekannt,<br />
dieser Herr mit der grossen Locke, der Ihnen<br />
aus allen Ecken der «Automobil-Revue»<br />
freundlich zulächelt; er, dieser Sonderling,<br />
der, je mehr er von Ihnen, lieber Leser, «belästigt»<br />
wird, um so freundlicher dreinblickt;<br />
denn er ist so begeistert, Tourenauskünfte<br />
und Ratschläge erteilen zu können — er erlebt<br />
ja die Reise mit — allerdings nur in seinem<br />
Landkartenhaus. Viele Tausende von<br />
unseren Lesern haben sich von ihm beraten<br />
lassen, und dass alle mit seinen Ratschlägen<br />
und Routen zufrieden waren, dafür zeugen<br />
die unzähligen Kartengrüsse, die täglich aus<br />
allen Gegenden Europas in seinen Briefkasten<br />
fliegen! Heute will Ihnen der Tourenonkel<br />
berichten, wie es so zu und her geht in<br />
seiner Werkstatt<br />
Lieber Leser!<br />
Ich will Dir ein wenig verraten, wie eigentlich<br />
mein Betrieb funktioniert. Ganz einfach,<br />
wirst Du sagen; da kommen am Morgen eine<br />
Menge Anfragen ins Haus und am Abend<br />
gehen, wenn immer möglich, ebenso viele<br />
Antworten wieder aus. Was in der Zwischenzeit<br />
geschieht, nun da gibt's manchmal viel<br />
Kopfzerbrechen, sind doch die Wünsche unserer<br />
Leser so grundverschieden. Da will einer<br />
eine Tante im Elsass besuchen, ein Mutterherz<br />
will zu ihrer Tochter nach Brüssel fahren,<br />
die dort im Pensionat weilt. Unzählige<br />
möchten an der Riviera ihren Teint verschönern.<br />
Besonders Italiens Kunststätten üben<br />
grosse Anziehungskraft auf viele Autler aus;<br />
andere wünschen die Eigenheiten des Balkans<br />
kennenzulernen und ein besonders Eiliger<br />
will den ganzen Kontinent in 10 Tagen<br />
abklopfen (im dritten Gang) und möglichst<br />
viel sehen. So lauten etwa die vielen Fragen.<br />
Damit es mir überhaupt möglich ist, stets<br />
auf dem laufenden zu sein, habe ich mir<br />
meine Werkstatt als kleine Nachrichten-Zentrale<br />
eingerichtet, in der regelmässig von<br />
Mitarbeitern aus allen Herren Ländern Europas<br />
Meldungen über Strassenzustand und<br />
örtliche Verhältnisse eingehen; auch viele<br />
meiner Freunde berichten mir von ihren Reisen,<br />
was sie für Strassen angetroffen und<br />
wie die jeweiligen Verhältnisse auch sonst<br />
gewesen sind.<br />
Rings um mich ist Karte an Karte gereiht,<br />
auf denen die letzten Meldungen über Zustand,<br />
Bau oder Sperrungen im gesamten,<br />
europäischen Strassennetz gebucht werden.<br />
Ein Schrank mit Dutzenden von Regalen enthält<br />
Literatur über die verschiedensten Gebiete<br />
Europas. Das ist meine Werkstatt, die,<br />
fast möchte ich sagen, einer Drehscheibe der<br />
europäischen Strassen gleicht. Ja, und bald<br />
hätte ich noch vergessen, dann sitzen meine<br />
Mitarbeiter, oder ich, regelmässig am Steuer,<br />
dadurch reihen sich jährlich Tausende von<br />
Kilometern auf dem Zähler und zugleich<br />
häufen sich die Mappen mit den gesammelten<br />
Erfahrungen und Ratschlägen aus den<br />
verschiedensten Tourengebieten.<br />
Nun, nachdem ich geprüft habe, wo Hans<br />
und Heiri hinreisen wollen, wo Müllers die<br />
Sommerfrische zu verbringen wünschen, -wird 1<br />
Ordnung in die Wunschzettel gebracht; nar 1 -;<br />
Gebieten werden die Fragen eingeteilt uti-_L<br />
dann beginnt das oft mühsame Nussknacken.<br />
Zuerst wird, sagen wir mal, die Gruppe Oberitalien<br />
behandelt; eine Anfrage nach der andern<br />
wird «zu Faden geschlagen», die<br />
Strecke wird zusammengestellt, die Kilometerzahl<br />
ermittelt, dann wird das vielgewünschte<br />
Sehenswerte herausgesucht. Des<br />
weitern werden die Sonderwünsche der Feinschmecker<br />
usw. berücksichtigt und der Spezialist<br />
für Hotels gibt die gewünschten Angaben;<br />
dieser Kerl kennt deren viele, über<br />
2000 Hotels von Europa hat er klassenweise<br />
geordnet und kennt ihre Vorzüge. Dann<br />
kommt noch der letzte Hobelschliff; auf<br />
Grund der letzten Meldungen über Strassenzustand<br />
wird die «Probe» verbessert, bis der<br />
Tourenvorschlag perfekt ist und Dir, lieber<br />
Leser, zugeteilt wird, damit Du die denkbar<br />
schönste und genussreichste Reise antreten<br />
kannst.<br />
Du siehst, dass es nicht ganz so einfae<br />
ist, die unendlich vielen Wünsche zu erfassen.<br />
Ich tue mein möglichstes, um den Vorschlag<br />
Dir treffend zu gestalten, aber sollte<br />
er einmal nicht ganz Deinem Wunsche entsprechen,<br />
so sei mir nicht böse; sollten kleine<<br />
Unrichtigkeiten sich eingeschlichen haben, so<br />
teile mir diese so bald wie möglich mit, dafür<br />
bin ich Dir sehr zu Dank verpflichtet und<br />
viele andere Deiner Brüder, denen ja Deine<br />
interessanten Mitteilungen auch zugute kommen.<br />
Damit ich Deine Anfrage ganz und gar<br />
nach Deinem Wunsch ausarbeiten kann, lass<br />
mich über nachfolgende Punkte nicht im<br />
Unklaren: 1. Reiseziel. 2. Was für Orte,müssen<br />
berührt werden? 3. Wieviel Zeit steht<br />
zur Verfügung? 4. Durchschnittliche Tagesetappen<br />
in Kilometer? 5. Zeitpunkt der<br />
Bellinzona, Schloss Uri.