E_1949_Zeitung_Nr.025
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Hr. 25 - BERN. 1. Juni <strong>1949</strong><br />
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Burgenfahrt<br />
abseits der breiten Routen<br />
Gruyere gegen den < Dent de Broc >-<br />
steht. Wertvoll sind die Wandmalereien aus der<br />
Mitte des H.Jahrhunderts.<br />
Wer Freund einer Burgenfährt ist, sollte<br />
diese Route einmal fahren. Die Tour von Bern<br />
über Freiburg nach Bulle, über Gruyere nach<br />
Chäteau-d'Oex, durchs Tal der Simme nach<br />
Einigen (romanisches Kirchlein aus dem<br />
10. Jahrhundert) und über Thun nach Bern zurück<br />
lässt sich an einem Tag gut machen. Es ist<br />
eine Fahrt für all jene, die abseits der bekannten<br />
Routen längst Vergangenes und längst Vergessenes<br />
wiederzufinden hoffen. P.R.<br />
Der Autokauf<br />
Anmerkung: Am 1. Dezember erschien im<br />
Tagblatt der Stadt B. folgender Hinweis:<br />
< Die Verhandlung gegen den Autodieb<br />
Ewald Janussen und drei Komplicen findet<br />
heute früh 9 Uhr vor der III. Strafkammer<br />
des Landgerichtes statt. •<br />
Die vorstehende, heute nicht mehr sehr ungewöhnliche<br />
<strong>Zeitung</strong>snotiz hing mit der eigenartigen<br />
Geschichte zusammen, wie Mark Panter<br />
unverhältnismässig lange Zeit benötigte, um zu<br />
einem Auto zu kommen, trotzdem er über genügend<br />
Bargeld verfügte, um ein halbes Dutzend<br />
dieser Fahrzeuge zu bezahlen. Anfang des Jahres<br />
inserierte Panter wegen eines gut erhaltenen<br />
Kraftwagens, dessen ihm notwendig erscheinende<br />
Reize er in einem Inserat gehörig schilderte.<br />
Schon am nächsten Morgen erschien ein eleganter<br />
Herr in einem noch viel eleganteren<br />
Wagen vor dem Hause Mark Fanters. Wegen<br />
einer dringlichen Auslandsreise des eleganten<br />
Herrn war dieser bereit, gewissermassen gegen<br />
ein Spottgeld den noch viel eleganteren Wagen<br />
zu verkaufen. Panter konnte feststellen, dass der<br />
geforderte Preis nicht allzu unverschämt war, so<br />
dass er das geforderte Geld auch sofort; bar in<br />
die Hand des eleganten Herrn deponierte, worauf<br />
dieser sich nach höflicher Verabschiedung<br />
entfernte.<br />
Zwei Stunden später erschienen drei sehr<br />
würdig aussehende Herren, die sich als Kriminalbeamte<br />
legitimierten und nachwiesen, dass<br />
das eben erst gekaufte Auto gestohlen sei und<br />
seinem rechtmässigen Besitzer wieder zugestellt<br />
werden müsse.<br />
Zu diesem Zweck nahmen die Kriminalisten<br />
den eleganten Wagen auch gleich wieder mit.<br />
Schon einen halben Tag später sah Panter, der<br />
auf seine ihm angezeigte Vorladung auf das Kriminälpolizeiamt<br />
wartete, genau denselben eleganten<br />
Wagen durch die Strassen fahren. Sofort<br />
fässte er den Gedanken, dass vielleicht auch der<br />
Besitzer dieses Wagens plötzlich in das Ausland<br />
verreisen müsse und er diesen — den Wagen —<br />
vielleicht kaufen könne.<br />
r Er fuhr in einem Taxi dem Wagen nach,<br />
mu§|t6 aber, als er ihn eingeholt hatte, feststellen,<br />
'dass einer der drei Kriminalbeamten von<br />
gesfe'rp genau so einen Wagen besass, wie der<br />
ihpa fälschlicherweise verkaufte und vorher ge-<br />
Im Februar hatte Panter, der immer noch auf<br />
die kriminalpolizeiliche Vorladung wartete, den<br />
Kriminalbeamten so weit, dass dieser ihm den so<br />
heiss begehrten Wagen verkaufte. Zwar war dieser<br />
bedeutend teurer als der erste, aber der<br />
Preisunterschied war ja deutlich erklärbar.<br />
Der Kriminalbeamte konnte sich nach diesem<br />
Verkauf noch nicht sehr weit entfernt haben, als<br />
bei Mark Panter wieder zwei würdig aussehende<br />
Herren erschienen, sich als Kriminalbeamte auswiesen<br />
und Anspruch auf das Auto machen wollten.<br />
Verständlicherweise war Panter durchaus<br />
gegen diese Absicht, geriet in Wut, nannte die<br />
Leute erzürnt Diebe und Betrüger und warf<br />
ihnen ausser diesen Beleidigungen noch einige<br />
keramische Erzeugnisse an die Köpfe, worauf<br />
einige Monate später die Verhandlungen wegen<br />
Beamtenbeleidigung, tätlichen Angriffes, Nöti.<br />
gung und Widerstandes gegen die Staatsgewalt<br />
erfolgten. Während einer Verhandlungspause<br />
wurde auf dem Korridor des Gerichtes gerade<br />
ein Mann vorbeigeführt, dem in einem benachbarten<br />
Zimmer soeben neuerdings mehrere Monate<br />
Gefängnis zudiktiert worden waren.<br />
Mark Panter erkannte in diesem Manne den<br />
angeblich ins Ausland gereisten Verkäufer des<br />
ersten Wagens und neben ihm die drei Kriminalbeamten,<br />
die zuerst den gestohlenen Wagen an<br />
den ursprünglichen Besitzer hatten zurückbringen<br />
wollen. Irgend etwas in Panter gab ihm Anlass,<br />
seinen Wärter auf diese Gruppe aufmerksam<br />
zu machen, worauf der ganzen Gruppe zunächst<br />
der Ausgang aus dem Gerichtsgebäude<br />
gesperrt wurde, wonach sich dann allerhand '.<br />
herausstellte.<br />
Der nette Autoclub war soeben wieder dabei,<br />
seinen Führer durch eine schon verschiedentlich<br />
ausprobierte List aus dem Gerichtsgebäude zu<br />
befreien. Die Einspielung auf das Benehmen von<br />
Kriminalbeamten war ihnen schon lange geläufig.<br />
Draussen wollte man sich wieder einen Wagen<br />
stehlen und ihn möglichst bald hinterher<br />
gleich zweimal an irgendeinen Panter verkaufen.<br />
Man hatte mit diesem Geschäft bei Leuten<br />
wie unserem Mark Panter recht angenehme Erfahrungen<br />
und Einnahmen gemacht.<br />
Einige Tage später war Panter wieder an der<br />
frischen Luft, da ihm schliesslich doch noch Bewährungsfrist<br />
zugebilligt worden war. Sein Bestreben,<br />
zu einem Auto zu kommen, konnte er<br />
zwar nicht gänzlich unterdrücken, aber er verlangte<br />
von da ab von allen Verkäufern oder Angestellten<br />
irgendwelcher Automobilhandlungen<br />
Geburtsschein, Taufschein, Impfschein, soweit<br />
möglich Konfirmationsschein und Nachweise<br />
über das unvorbestrafte Leben sämtlicher Eltern,<br />
Grosseltern, Onkel, Tanten, Neffen und Nichten<br />
und sonstiger Verwandten dieser Autoverkäufer.<br />
Aber trotzdem wäre Mark Panter wahrscheinlich<br />
niemals zu einem Auto gekommen,<br />
wenn nicht der schliesslich ermittelte wirkliche<br />
Besitzer des zweimal zu Unrecht an Panter<br />
verkauften Autos sich bei ihm gemeldet<br />
hätte und Panter, da er selbst infolge der merkwürdigen<br />
Vorgänge um seinen Wagen daran die<br />
rechte Freude verloren hatte, eben diesen Wagen<br />
verkauft haben würde. Worauf sich nun nur<br />
noch die Statistiker und Mathematiker hinzusetzen<br />
brauchen, um auszurechnen, wie oft Mark<br />
Panter seinen Wagen bezahlen musste, um einmal<br />
in seinen Besitz zu kommen.<br />
Bulle, La Tour-de-Treme, Vuadens. Namen,<br />
die manchem Militärmotorfahrer noch in Erinnerung<br />
sind. Gute Strassen, die ins Tal der<br />
Sarine führen. Von Bulle nach Montbovon ins<br />
Pays-d'Enhaut, nach Chäteau-d'Öex, über Saanenmöser<br />
nach Zweisimmen, ins Tal der Simme<br />
an den Thunersee. Abseits dieser romantischen,<br />
waldreichen Route finden wir Namen wie<br />
Gruyere, Grandvillars, Broc usw., finden wir<br />
Burgen und Schlösser, klare Wasser und Seen.<br />
In Bulle ist es das unter Bischoff Bonifazius,<br />
angeblich 1230 erbaute Schloss mit dem Rundturm<br />
und den Kegeldächern, das weit das Feld<br />
beherrscht, aber ausser seinem historischen Datum<br />
fast nichts Sehenswürdiges zur Schau trägt.<br />
Man hat jedoch von hier einen schönen Rundblick;<br />
das Tal ist weit, und die Strassen führen<br />
nach allen Richtungen: nach Vuadens und Vaulruz<br />
(mittelalterliches Schloss), nach Broc und<br />
dem romantischen Seelein, das an der Strasse<br />
zum Jaunpass führt, nach Valsainte (bekannt<br />
durch das 1294 gegründete Karthäuserkloster<br />
von Girard de Corbiere, des Herrn zu Charmey;<br />
in der Klosterkirche finden wir Zelebrantensitze<br />
aus Ittingen und einen bemerkenswerten Kirchenschatz.<br />
*) Man sollte eigentlich an dieser<br />
Stelle von einer « Burgen-, Klöster- und Kirchenfahrt<br />
> snrechen, denn das Sehenswürdige<br />
abseits der Fahrstrassen finden wir fast ausschliesslich<br />
auf Burgen, Klöster und Kirchen<br />
beschränkt, sofern wir auf die Liebreize der<br />
kühlen Landschaft verzichten. Auch über dem<br />
Dorfe Jaun finden wir die Ueberreste einer<br />
aus dem vierzehnten Jahrhundert stammenden<br />
Burg, der «Bellegarde» Gleich einem<br />
romantischen Felsennest liegt Gruyere in der<br />
Höhe südlich Bulle. Ein Hügelstädtchen mit<br />
meist spätgotischen Häusern, früher als Bollwerk<br />
bezeichnet. Hier weilte auch der Hofnarr<br />
des Grafen Peter IV Wer nach Gruyere «hinaufsteigt<br />
», sollte die Route von Bulle aus nehmen;<br />
die Strasse ist gut gebaut. Bemerkenswert<br />
sind das Schloss mit dem Rundturm aus dem<br />
13. Jahrhundert, wo schon die Grafen von<br />
Gruyere. die Landvögte und Oberamtmänner<br />
wohnten Der Maler D. Bovy restaurierte anno<br />
1848 das Schloss mit Hilfe der Maler Corot,<br />
Barth Menn. F L. Francois, welche die Historienbilder<br />
schufen. Von hier sieht man zu den<br />
« Gastlosen • und zum « Dent de Broc •. Berge,<br />
iie die Landschaft beherrschen. Gruyere verdient<br />
es. dass man hier länger weilt; es bietet<br />
dem Kunstfreund, dem Freund alter Bauten und<br />
Hern Romantiker manch Sehenswürdiges.<br />
Grandvillard liegt weit abseits der Route<br />
lach Montbovon an der Sarine und hat ländlichen<br />
Charakter. Ein kleines Dorf, das die Feinschmecker<br />
aufsuchen. Ferienort vieler Aerzte<br />
1er Waadt Erstmals findet dieses Jahr hier ein<br />
fugendferien Tager der Schweiz statt, nachdem<br />
1er « Hotel-Plan • das Flabdörfli bei Grandvillard<br />
den Jugendlichen und Freunden von<br />
• Ferien per Rad » in den Dienst stellte. Ein gut<br />
gelegener Punkt für Touren ins Berner Oberland<br />
und an den Genfersee.<br />
Von Grandvillard fahren wir über Chäteaud'Oex<br />
nach Saanen, wo die renovierte Kirche<br />
des St Mauritius, ein Bau der Jahre 1444/47,<br />
•) Nach H.Jenny «Kunstführer der Schweiz».<br />
Die grösste Lichtreklame der Welt<br />
Die Amerikaner lassen sich die Einführung<br />
ihrer neuen Modelle etwas kosten. Als General<br />
Motors im letzten Winter den neuen Chevrolet<br />
für <strong>1949</strong> lancierte, da musste die New-Yorker<br />
Oeffentlichkeit auch nachts daran erinnert<br />
werden. Zu diesem Zwecke würde eine Lichtreklame<br />
errichtet, die die grösste ihrer Art auf<br />
der ganzen Welt sein soll und die nun den<br />
nächtlichen Besuchern des Broadway dauernd<br />
den neuen «Chewy» wieder in Erinnerung ruft.<br />
anischen Reklamestatistiker haben ausgerechnet, dass mehr als anderthalb<br />
Millionen Menschen jede Nacht dieses neue lichtsignal sehen.<br />
Seine Leuchtkraft reicht über 15 km hinweg,<br />
und selbst in dem entfernten Staat Island kann<br />
man es noch erkennen. Die Reklame ist (Amerikaner<br />
lieben genaue Zahlenangaben) 30 m<br />
breit und 23 m hoch; alle 15 Sekunden erscheint<br />
unter dem 10 m breiten Markenzeichen die genaue<br />
Zeitangabe, und die seitlichen kleinen Lichter<br />
scheinen in ununterbrochenem Fluss nach<br />
oben zu wandern. Rund 10 000 Birnen werden<br />
für diese Grosspropaganda benötigt.<br />
Ißiide;: «Friendsi Magazine, New York)<br />
Dieses komplizierte Schaltbrett sorgt dafür, dass der richtige<br />
Rhythmus im Wechsel der Zeichen eingehalten wird.<br />
Das Auswechseln einer defekter Birne an der Chevrolet Leuchtreklame ist eine Aufgabe<br />
für Schwindelfreie.