Ättis 95-Geburtstag
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erheben soll, allemal bedeutet. Hans-Ueli hat uns seine<br />
Botschaft übergeben, von Jean-Pierre wissen wir, dass<br />
er kandidiert, von Eveline, dass sie sich scheiden lässt,<br />
von Vater, dass er Frau Marti liebt, von Frau Marti,<br />
dass sie sich gut amüsiert, von Mutter, dass sie säuft<br />
und es im Bett gerne brutal hat.<br />
Ich möchte hier an die Offenheit und den persönlichen<br />
Ton von Hans-Ueli, Jean-Pierre, Eveline, Vater, Frau<br />
Marti und Mutter, der sich in ihren in bekenntnishafter<br />
Manier schimmernden Worten, deren Klang uns einen<br />
schwebenden Augenblick lang tief in uns hineinhorchen<br />
liess, so offenherzig manifestierte, mutig<br />
anschliessen und auch mein Seelenkästlein eine Spalte<br />
breit öffnen. Und was findet sich darin? Worte. Viel<br />
Ungesagtes. Seit zwanzig Jahren hätte ich dringend<br />
etwas zu sagen. Oft kitzelten mir die Wörter auf der<br />
Zunge, formten die Lippen schon eine Silbe, dann hiess<br />
es wieder „Ä Guete“. Und ich ass, bemerkte meinen<br />
Riesenhunger, leerte den Teller, schöpfte nach und<br />
vergass, was ich sagen wollte. Das Essen legte sich<br />
schwer auf meinen Magen, drückte mich auf den Stuhl<br />
und mir wurde schlecht, weil etwas nicht gesagt war.<br />
Was aber war dies? Manchmal rumpelten Worte durch<br />
meinen Leib, die waren wie Äxte, die einen Wald<br />
umlegen. Sie arbeiteten sich hoch aus dem Magendschungel<br />
und rodeten die Speiseröhre, sie kappten das<br />
Gaumensegel, schabten den Belag von der Zunge,<br />
hangelten über den Kiefer, schlugen ihre Schneide in<br />
zartes Lippenfleisch: Ä Guete, zum Wohl, Prost.<br />
Clemens schiesst mit der Pistole auf Vater und<br />
Mutter – ohne sichtbare Wirkung allerdings.<br />
Werner im Schlaf. Susanne, jetzt git’s de grad d<br />
<strong>Geburtstag</strong>sturte.<br />
Grossvater ergreift im Schlaf die Hand von Susanne. Hesch ghört<br />
Marie, es het no Turte.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
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Kein Aufführungsrecht.<br />
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